Verwaltungsgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 31. Januar 2007
Aktenzeichen: 16 K 4658/05.A

(VG Düsseldorf: Beschluss v. 31.01.2007, Az.: 16 K 4658/05.A)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung geht es um die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 8. Dezember 2006. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Erinnerung der Beklagten zurückgewiesen und entschieden, dass die Beklagte die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens tragen muss.

Das Gericht stellt fest, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. Dezember 2006 rechtlich korrekt ist. Die Urkundsbeamtin hat zu Recht die 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG festgesetzt und keine Geschäftsgebühr angerechnet. Gemäß § 164 VwGO setzt der Urkundsbeamte auf Antrag den Betrag der erstattungsfähigen Kosten fest, zu denen auch die Gerichtskosten und die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten gehören. Rechtsanwaltsgebühren, die in einem Vorverfahren angefallen sind, sind nur dann erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt hat. Im vorliegenden Fall umfasst die Kostenfestsetzung nur die im gerichtlichen Verfahren angefallenen Kosten, da kein Ausspruch nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO vorliegt.

Das Gericht argumentiert, dass die Klägerin Anspruch auf die 1,3 Verfahrensgebühr für die Tätigkeit ihres Anwaltes im Klageverfahren hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auf diese Verfahrensgebühr nicht die im Verwaltungsverfahren angefallene Geschäftsgebühr anzurechnen. Die Anrechnungsregelung in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG, die eine Anrechnung der Gebühren im Außenverhältnis vorsieht, führt zu einem sinnwidrigen Ergebnis, da die Gegenseite nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten hätte, weil der Rechtsanwalt vorgerichtlich tätig war. Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG betrifft nur das interne Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant und ist im gerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren würde dieses mit Fragen belasten, die das Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant betreffen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, und es werden keine Gerichtskosten erhoben. Gegen diesen Beschluss ist kein weiteres Rechtsmittel möglich.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

VG Düsseldorf: Beschluss v. 31.01.2007, Az: 16 K 4658/05.A


Tenor

Die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 8. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens.

Gründe

Die nach §§ 165, 151 VwGO zulässige Erinnerung ist unbegründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. Dezember 2006 ist nicht zu beanstanden.

Zu Recht hat die Urkundsbeamtin als unter anderem von der Beklagten der Klägerin zu erstattende Kosten die 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV RVG) festgesetzt und darauf keine Geschäftsgebühr angerechnet.

Nach § 164 VwGO setzt der Urkundsbeamte auf Antrag den Betrag der nach § 162 Abs. 1 VwGO erstattungsfähigen Kosten fest. Hierunter fallen die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. Gebühren und Auslagen des Rechtsanwaltes, die in einem vorgeschalteten Vorverfahren angefallen sind, sind nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO nur dann erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt hat. Aus diesen Regelungen folgt, dass die Kostenfestsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle grundsätzlich nur die im gerichtlichen Verfahren angefallenen Kosten einschließlich der Anwaltskosten umfasst, es sei denn, dass ein Ausspruch nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO vorliegt; ansonsten bleiben Aufwendungen für die außergerichtliche Tätigkeit außer Betracht. Sie sind nicht Teil der Kostengrundentscheidung, die der Urkundsbeamte im Verfahren nach § 164 VwGO zu vollziehen hat.

Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin die 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG für die Tätigkeit ihres Anwaltes im Klageverfahren zu. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auf diese Verfahrensgebühr nicht die im Verwaltungsverfahren angefallene Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG anzurechnen. Eine Pflicht zur Anrechnung folgt auch nicht aus der Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG. Danach wird, soweit wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach den Nummern 2300 bis 2303 (vormals 2400 bis 2403) entstanden ist, diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Nach den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien ist eine Anrechnung bereits aus systematischen Gründen erforderlich, weil der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren entscheidend davon beeinflusst wird, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Sie sei auch erforderlich, um eine außergerichtliche Einigung zu fördern. Es müsse der Eindruck vermieden werden, dass der Rechtsanwalt ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren habe. Die Anrechnungsregelung habe zur Folge, dass bei verwaltungsrechtlichen Mandaten eine Änderung zum geltenden Recht eintrete. Während nach § 118 Abs. 2 S. 1 BRAGO die Geschäftsgebühr beim Übergang in ein gerichtliches Verfahren nicht angerechnet worden sei, könne dieser Rechtszustand im Hinblick auf die angestellten systematischen und prozessleitenden Überlegungen nicht beibehalten werden; dies sei auch vor dem Hintergrund der Regelung des § 17 Nr. 1 RVG zu sehen, der spürbare Verbesserungen der Vergütung in verwaltungsrechtlichen Mandaten zur Folge habe,

vgl. zum Ganzen, BT-Drucksache 15/1971, S. 209.

Dem gesetzgeberischen Willen, mit der Anrechnungsvorschrift eine „doppelte" Honorierung des Rechtsanwaltes zu verhindern und eine außergerichtliche Einigung zu fördern, ist jedoch nicht zu entnehmen, dass damit zugleich eine Entlastung des unterliegenden Prozessgegners gewollt gewesen sein könnte,

vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. April 2006 - 7 E 410/06 -, NJW 2006, 1991 und vom 28. September 2006 - 7 E 957/06 -; BayVGH; Beschlüsse vom 10. Juli 2006 - 4 C 06.1129 - , vom 17. November 2006 - 24 C 06.2463 und 2466 - und unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung Beschluss vom 7. Dezember 2006 - 19 C 06.2279 -; VG München, Beschluss vom 28. September 2006 - M 23 K 05.50405 -; VG Freiburg, Beschluss vom 10. August 2006 - A 3 K 11018/05 -;VG Köln, Beschluss vom 16. März 2006 - 18 K 6475/04.A -; a.A. (Anwendung der Anrechnungsvorschrift auch im Außenverhältnis): BayVGH, Beschluss vom 3. November 2005 - 10 C 05.1131 -, JurBüro 2006, 77; HessVGH, Beschluss vom 29. November 2005 - 10 TJ 1637/05 -, NJW 2006, 1992 f.; VG Minden, Beschluss vom 10. Januar 2007 - 7 L 679/06 - m.w.Nachw.; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 28. Juli 2005 - 5 K 1002/05.A - und vom 15. August 2006 - 3 K 4568/05.A -.

Ein solches Verständnis der Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG würde zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, dass die Gegenseite nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten hätte, weil der Rechtsanwalt bereits vorgerichtlich das Geschäft seines Mandanten betrieben hätte,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. April 2006, a.a.O.; VG München, Beschluss vom 28. September 2006, a.a.O.

Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist im 2. Teil der VV RVG geregelt, der die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwaltes einschließlich der Vertretung im Verwaltungsverfahren betrifft. Damit handelt es sich um eine den außergerichtlichen Bereich betreffende Gebühr, die nach Maßstab des § 162 VwGO im gerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen und damit auch nicht anzurechnen ist. Nach ihrer systematischen Stellung betrifft sie nur das interne Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant und ist damit ein nur im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant wirksamer Rechenvorgang. Gekürzt wird lediglich der Honoraranspruch des Rechtsanwaltes,

vgl. VG Freiburg, Beschluss vom 10. August 2006, a.a.O.; VG Frankfurt, Beschluss vom 13. März 2006 - 2 J 662/06 (1) -.

Damit ist auch gewährleistet, dass der Rechtsanwalt nicht für die (annähernd) gleiche Tätigkeit zwei Mal honoriert wird. Gegen die Anwendung der Anrechnungsvorschrift im Kostenfestsetzungsverfahren spricht zudem, dass das Kostenfestsetzungsverfahren mit allein das Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant betreffenden Fragen belastet werden würde, da der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle prüfen müsste, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, die sich auf 0,5 bis 0,25 beläuft, entstanden ist. Jedenfalls in den Fällen, in denen - wie hier - kein Vorverfahren im Sinne der §§ 68 ff. VwGO stattgefunden hat und deshalb die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes nicht nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO erstattungsfähig sind, hindert die Anrechnungsbestimmung die Festsetzung der vollen Prozessgebühr gegen den Gegner nicht,

vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/ Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl. 2006, VV 2300,2301 RN 41, VV 3100 RN 201.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).






VG Düsseldorf:
Beschluss v. 31.01.2007
Az: 16 K 4658/05.A


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