Bundesgerichtshof:
Urteil vom 25. Februar 2010
Aktenzeichen: Xa ZR 34/08

(BGH: Urteil v. 25.02.2010, Az.: Xa ZR 34/08)

Tenor

Die Berufung gegen das am 8. November 2007 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Beklagte ist Inhaber des am 7. April 1994 unter Inanspruchnahme der Priorität zweier deutscher Patentanmeldungen vom 10. April 1993 und 2. Juni 1993 angemeldeten, auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 620 528 (Streitpatents), das ein Verfahren zur Lagerung von Stückgut betrifft. Im Einspruchsverfahren ist das Streitpatent in geänderter Fassung mit folgendem Wortlaut aufrechterhalten worden:

"Verfahren zur Lagerung von Stückgut (1) an einer Lagerstelle (12) in einem Lager (11) mit in der Höhe begrenzten, unterschiedlich hohen und übereinander angeordneten Lagerstellen (12), bei dem das Stückgut (1) vermessen wird, wobei als Messgröße die Abmessungen (ap) des Stückguts (1) herangezogen werden, bei dem das Stückgut (1) identifiziert wird, bei dem die Abmessungen (ap) als Signal einem Rechner zugeführt werden, bei dem anhand dieses Signals eine entsprechende Lagerstelle (12) ausgesucht wird, an der das jeweilige Stückgut (1) unter Berücksichtigung der Lagerhöhe unter optimaler Raumausnutzung des Lagers (11) abgelegt wird, bei dem als Lager (11) ein Regal oder ein Schubladenlager verwendet wird, bei dem die Stückgüter (1) ausschließlich nebeneinander liegend auf der Lagerfläche der Lagerstelle (12) abgelegt werden, bei dem die Stückgüter (1) nach der Vermessung und Identifizierung direkt auf der Lagerfläche abgelegt werden, bei dem die Lage der abgelegten Stückgüter (1) mit einem Rechner erfasst wird, und bei dem die Entnahme der Stückgüter (1) aus dem Lager (11) rechnergestützt wird."

Die Ansprüche 2 bis 9 sind auf Patentanspruch 1 zurückbezogen.

Die Kläger, deren Klagen das Patentgericht zum Zwecke der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, sowie die Streithelferin haben geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus. Außerdem sei er nicht patentfähig. Die Beklagte hat in erster Linie Klageabweisung beantragt und das Streitpatent mit vier Hilfsanträgen in eingeschränkter Fassung verteidigt.

Das Patentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland antragsgemäß in folgendem Umfang für nichtig erklärt:

- auf den Antrag der Klägerinnen zu 1 und 2 sowie der Streithelferin, soweit es sich auf ein Verfahren zur Lagerung in einem Regal bezieht;

- auf den Antrag des Klägers zu 3 im Umfang der Patentansprüche 1 und 2 sowie der Patentansprüche 4 bis 8, soweit letztere auf die Patentansprüche 1 und 2 oder auf einen ihrer jeweils vorhergehenden Ansprüche mit Ausnahme des Patentanspruchs 3 rückbezogen sind.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der Patentanspruch 1 nunmehr in der nachfolgenden Fassung verteidigt, wobei sich die Rückbeziehung in den Patentansprüchen 2 bis 9, soweit diese angegriffen sind, auf diesen geänderten Anspruch richten soll (Änderungen gegenüber der Fassung aus dem Einspruchsverfahren sind hervorgehoben).

"Verfahren zur Lagerung von Stückgut Stückgütern in Form von einzelnen Apotheken-Artikeln mit in allen drei Dimensionen nicht einheitlichen Abmessungen an einer Lagerstelle (12) in einem Lager (11) mit in der Höhe begrenzten, unterschiedlich hohen und übereinander angeordneten Lagerstellen Lagerflächen (12), bei dem das Stückgut (1) vermessen wird, wobei als Messgröße die Abmessungen (ap) des Stückguts (1) herangezogen werden, bei dem das Stückgut (1) identifiziert wird, bei dem die Abmessungen (ap) als Signal einem Rechner zugeführt werden, bei dem anhand dieses Signals eine entsprechende Lagerstelle (12) ausgesucht wird, an der das jeweilige Stückgut (1) unter Berücksichtigung der Lagerhöhe und des freien Lagerplatzes unter optimaler Raumausnutzung des Lagers (11) abgelegt wird, bei dem als Lager (11) ein Regal oder ein Schubladenlager verwendet wird, bei dem die Stückgüter (1) ausschließlich auch in unterschiedlichen Größen nebeneinander liegend auf der Lagerfläche der Lagerstelle (12) abgelegt werden können, wobei die Lagerflächen ohne vorgegebene Aufteilung in einzelne Lagerstellen belegt werden, bei dem die Stückgüter (1) nach der Vermessung und Identifizierung direkt auf der Lagerfläche abgelegt werden, bei dem die Lage der abgelegten Stückgüter (1) mit einem Rechner erfasst wirdund bei dem die Entnahme der Stückgüter (1) aus dem Lager (11) rechnergestützt wird."

Die Kläger und die Streithelferin treten dem Rechtsmittel entgegen.

Von der Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen hat der Senat abgesehen. Der Beklagte hat ein Privatgutachten von Prof. Dr.-Ing. F. , Leiter des Instituts für Fördertechnik und Logistiksysteme an der Universität K. , vorgelegt.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

A. Zutreffend hat das Patentgericht auch die Klage des Klägers zu 3 als zulässig angesehen. Der Beklagte hat seine insoweit erhobenen Einwendungen nicht mehr aufrecht erhalten, nachdem der Kläger zu 3 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, er sei Geschäftsführer eines Unternehmens aus der Software-Branche und habe die Klage aus strategischen Gründen erhoben. Auch aus Sicht des Senats gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben unzutreffend sind und der Kläger zu 3 als Strohmann für die R. GmbH & Co. KG handelt, die mit dem Beklagten eine Nichtangriffsabrede getroffen hat.

B. Zu Recht hat das Patentgericht die Klagen als begründet angesehen.

I. Das Patentgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Gegenstand des Streitpatents sei dem Fachmann, einem Fachhochschulingenieur mit mehrjähriger praktischer Berufserfahrung im Bereich der Logistik und Lagerung, durch die Ausführungen in dem Aufsatz von Irmer "Ein- und Auslagern in einem Großhandelsunternehmen" (NK4) nahegelegt. Bei dem in diesem Aufsatz beschriebenen Lagersystem für Feinpapier in einer Hochregal-Lagerhalle werde die einzulagernde Ware zwar auf eine Hilfspalette gesetzt, die insgesamt als "Gut" dem Lager zugeführt oder entnommen werde. Deshalb sei das im Übrigen beschriebene Verfahren nach Patentanspruch 1 des Streitpatents durch den Aufsatz nicht vorweggenommen. Es beruhe aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Der Fachmann entnehme dem Aufsatz, dass sich die gewünschte optimale Lagerung bei Einsatz des darin beschriebenen Lagerverfahrens nach dem "chaotischen Prinzip" auch dann einstelle, wenn die einzulagernde Einheit nicht aus einer Palette, sondern aus einem einzelnen Stückgut, beispielsweise einer Einzelpackung bestehe, und zwar unabhängig von der Art und Größe der einzulagernden Güter.

Diese Beurteilung hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren stand.

II. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Lagerung von Stückgut.

1. Nach den Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents war es im Stand der Technik insbesondere im Apothekenbereich üblich, die dort vorkommenden verschiedenen Packungen in Schubladen abzulegen. Als Ordnungsmerkmal diene hierbei in der Regel der Produktname. Dies habe den Nachteil, dass die zur Verfügung stehenden Schubladenflächen nicht optimal zur Lagerung ausgenutzt würden. Bei einem im Stand der Technik bekannten Verfahren zum optimalen Beladen einer Palette mit Stückgütern werde ein Zwischenspeicher benötigt, der etwa 30% der zu lagernden Güter aufnehmen müsse. Dies wird in der Streitpatentschrift als teuer und zeitintensiv kritisiert.

Das Streitpatent betrifft das technische Problem, ein Verfahren zur Lagerung von Stückgütern so auszubilden, dass diese innerhalb kürzester Zeit so gelagert werden können, dass der vorhandene Lagerraum optimal genutzt wird und dennoch eine einfache Entnahme des Stückgutes aus dem Lager möglich ist.

2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent ein Verfahren vor, das in der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 folgende Merkmale aufweist:

a) Das Verfahren dient der Lagerung von Stückgütern in einem Lager an einer Lagerstelle.

a1) Die Stückgüter bestehen aus einzelnen Apotheken-Artikelna2) mit in allen drei Dimensionen nicht einheitlichen Abmessungen.

b) Die Lagerflächen sind in der Höhe begrenzt, unterschiedlich hoch und übereinander angeordnet.

c) Das Stückgut wird vermessen, wobei als Messgröße die Abmessungen des Stückguts herangezogen werden.

d) Das Stückgut wird identifiziert.

e) Die Abmessungen werden als Signal einem Rechner zugeführt.

f) Anhand dieses Signals wird eine entsprechende Lagerstelle ausgesucht, an der das jeweilige Stückgut unter optimaler Raumausnutzung des Lagers abgelegt wird. Hierbei werden berücksichtigt:

f1) die Lagerhöhe undf2) der freie Lagerplatz.

g) Als Lager wird ein Regal oder ein Schubladenlager verwendet.

h) Die Stückgüter können ausschließlich nebeneinander liegend auf der Lagerfläche abgelegt werden.

h1) Dies gilt auch für Stückgüter in unterschiedlichen Größen.

h2) Die Lagerflächen werden ohne vorgegebene Aufteilung in einzelne Lagerstellen belegt.

i) Die Stückgüter werden nach der Vermessung und Identifizierung direkt auf der Lagerfläche abgelegt.

j) Die Lage der abgelegten Stückgüter wird mit einem Rechner erfasst.

k) Die Entnahme der Stückgüter aus dem Lager erfolgt rechnergestützt.

3. In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, durch das erfindungsgemäße Verfahren lasse sich eine Lagerplatzersparnis von wenigstens 50% erreichen. Darüber hinaus werde die logistische Aufgabe gelöst, angeliefertes Stückgut optimal in dem dafür vorhandenen Lagerraum unterzubringen und auch wieder auszugeben.

a) Entscheidend für die Platzersparnis ist die Auswahl des Lagerorts. Diese erfolgt nicht anhand des Produkt- oder Herstellernamens, sondern anhand der Höhe und der Grundfläche des einzelnen zu lagernden Gegenstandes (NK1 S. 3 Z. 2-4 und S. 7 Z. 9-12). Die einzelnen Lagerflächen - Schubladen oder Regalfächer - haben unterschiedliche Höhen. Für die Lagerung eines Gegenstandes wird unter den zur Verfügung stehenden und geeigneten Lagerflächen diejenige mit der geringsten Höhe ausgewählt. Die Lagerfläche und der genaue Lagerort darin - die Lagerstelle im Sinne von Patentanspruch 1 in der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung - werden zudem unter dem Gesichtspunkt der optimalen Raumausnutzung ausgewählt. Hierbei wird eine Lagerfläche nicht in feste Zonen unterteilt. Es ist auch nicht erforderlich, Gegenstände von gleicher Größe nebeneinander anzuordnen (NK1 S. 2 Z. 43-47). Die Aufteilung der Lagerfläche in einzelne Lagerstellen erfolgt vielmehr individuell nach einem in der Streitpatentschrift nicht näher beschriebenen Verfahren.

In der Beschreibung wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, die Stückgüter könnten in einer Schublade nur so gelagert werden, dass ihr in Höhenrichtung der Schublade gemessenes Maß kleiner sei als die Höhe der Schubladenblende. Der Rechner ermittle die Position des Stückguts so, dass es in der betreffenden Schublade gelagert werden könne. Dies könne dazu führen, dass ein Stückgut in einer Schublade nicht hochkant abgelegt werden könne, sondern nur so, dass es mit seiner Breitseite auf der Schubladenfläche liege (NK1 S. 5 Z. 20-25). Hierbei bleibt offen, ob in dem geschilderten Ausführungsbeispiel ein zu lagernder Gegenstand vor der Einlagerung im Bedarfsfall durch Kippen in eine andere Position gebracht wird, so dass er in eine bestimmte Schublade passt. Patentanspruch 1 umfasst angesichts dessen, wie auch die Parteien übereinstimmend vortragen, auch solche Verfahren, bei denen von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht wird, die Seite, mit der der einzulagernde Gegenstand auf dem Boden der Lagerfläche aufliegt, also nicht verändert wird. Erst das in Patentanspruch 3 zusätzlich enthaltene Merkmal, wonach die kleinste Abmessung des Stückguts zur Auswahl der kleinstmöglichen Lagerhöhe herangezogen wird, macht es erforderlich, jeden Gegenstand so abzulegen, dass er eine möglichst geringe Höhe einnimmt.

b) Die einzelnen Gegenstände werden nur nebeneinander abgelegt, also nicht gestapelt. Dies ermöglicht es, jeden Gegenstand einzeln zu entnehmen.

(1) Aus dem Begriff "nebeneinander" folgt nicht, dass die einzelnen Gegenstände nur entlang einer Achse aufgereiht werden dürfen wie beispielsweise Bücher, die in einer einzelnen Reihe in einem Regal aufgestellt sind, oder Paletten in einem Regal, das aufgrund seiner Tiefe nur eine Palette aufnehmen kann. Aus dem in der Beschreibung geschilderten Ausführungsbeispiel und den Abbildungen in Figur 2 der Streitpatentschrift ergibt sich vielmehr, dass die einzulagernden Gegenstände auf einem Schubladen- oder Regalboden in einer Ebene nicht nur nebeneinande An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Ausgeschlossen ist demgegenüber, die Gegenstände innerhalb einer Lagerfläche auf mehreren Ebenen abzulegen, also aufeinander zu stapeln. Die Einfügung des Worts "können" in der verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 hat hieran nichts geändert. Sie führt nicht dazu, dass die Ablage aller Gegenstände in einer Ebene nur noch fakultativ ist. Die nunmehr verwendete Formulierung, wonach die Stückgüter ausschließlich nebeneinander abgelegt werden können, schließt - ebenso wie die Formulierung in der erteilten Fassung - ein Aufeinanderstapeln aus.

(2) Aus der in Merkmal f formulierten Anforderung, das Stückgut sei "unter optimaler Raumausnutzung" abzulegen, lassen sich keine weitergehenden Schlussfolgerungen über die Art und Weise ziehen, in der die Lagerstelle für einen einzelnen Gegenstand ausgewählt wird. Als optimale Raumausnutzung im Sinne des Streitpatents ist ein Verfahren anzusehen, bei dem eine Schublade mit der geringsten möglichen Höhe gewählt wird und die einzelnen Gegenstände auch bei unterschiedlicher Größe ohne vorgegebene Aufteilung in einzelne Lagerstellen neben- und hintereinander auf der gesamten Lagerfläche angeordnet werden. Weitergehende Hinweise dazu, wie die einzelnen Gegenstände auf einer Lagerfläche so anzuordnen sind, dass ein möglichst geringer Anteil der Lagerfläche ungenutzt bleibt, lassen sich der Streitpatentschrift nicht entnehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Fachmann am Prioritätstag derartige Hinweise aus sonstigen Veröffentlichungen entnehmen konnte oder aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ohnehin über entsprechende Kenntnisse verfügte. Nach den Ausführungen in dem vom Beklagten vorgelegten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. F. (E6) war das Problem, bei der Belegung von Lagerflächen Verschnitt nicht nur in der Höhe, sondern auch in den beiden anderen Dimensionen zu vermeiden, zum Prioritätszeitpunkt als sogenanntes mehrdimensionales Verschnittproblem Forschungsgegenstand an Technischen Hochschulen und vom Einsatz in der Praxis noch weit entfernt (E6 S. 11). Das Streitpatent schlägt zur Lösung dieses Problems vor, die Gegenstände auch bei unterschiedlicher Größe ohne vorgegebene Aufteilung in einzelne Lagerstellen auf den einzelnen Lagerflächen abzulegen. Es zeigt aber keine weitergehenden Regeln oder Vorgehensweisen auf, um das angestrebte Ziel einer "optimalen Raumausnutzung" zu erreichen, wie dies beispielsweise in den Entgegenhaltungen NK9 und NK10 und andeutungsweise im Privatgutachten (E6 S. 26 unter III) erfolgt ist.

c) Um die Auswahl der Lagerstelle zu ermöglichen, werden die Abmessungen der zu lagernden Gegenstände nach der Lehre des Streitpatents in allen drei Dimensionen erfasst. Nach der Festlegung der Lagerstelle wird der zu lagernde Gegenstand dort direkt, d.h. ohne Zwischenlagerung und ohne Verwendung von Lagergutträgern oder ähnlichen Hilfsmitteln, auf der Lagerfläche abgelegt.

Damit ist nicht schlechthin ausgeschlossen, dass zu den abzulagernden Gegenständen auch solche gehören, die bereits im Lieferzustand über ein besonderes Hilfsmittel verfügen, um die Lagerung zu erleichtern, beispielsweise eine besondere Unterlage, die die Standfestigkeit erhöht. Die Anforderung, dass die Gegenstände direkt auf der Lagerfläche abzulegen sind, besagt lediglich, dass solche Hilfsmittel nicht im Laufe des patentgemäßen Verfahrens zu den zu lagernden Gegenständen hinzugefügt werden dürfen.

Angesichts dessen kann offen bleiben, ob auch eine quaderförmige Schachtel, in der eine Tube oder eine Flasche verpackt ist, als Lagerhilfsmittel im Sinne des Streitpatents angesehen werden kann. Auch wenn dies zu bejahen wäre, läge eine unmittelbare Ablage im Sinne von Merkmal i vor, wenn der Gegenstand bereits in dieser Verpackung angeliefert und nicht erst im Rahmen des Einlagerungsverfahrens damit versehen wird.

d) Die rechnergestützte Entnahme des gelagerten Gegenstandes wird dadurch ermöglicht, dass jeder Gegenstand vor der Lagerung identifiziert und seine Lage mit einem Rechner erfasst wird. Der Grad der Rechnerunterstützung ist in der Streitpatentschrift nicht näher festgelegt. Nach den Ausführungen in der Beschreibung umfasst das Streitpatent sowohl Verfahren, bei denen Identifizierung, Vermessung, Ablage und Entnahme vollautomatisch erfolgen, als auch Verfahren, bei denen einer oder mehrere dieser Schritte manuell erfolgen, beispielsweise dergestalt, dass die Identifikationsdaten und Maße über eine Tastatur in den Rechner eingegeben werden, der Gegenstand manuell an der vom Rechner festgelegten Lagerstelle abgelegt oder von dort manuell entnommen wird (NK1 S. 9 Z. 2-14).

III. Der Beklagte hat den Gegenstand des Streitpatents mit der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 in zulässiger Weise eingeschränkt.

1. Mit der Ersetzung des Begriffs "Stückgut" durch "Stückgüter in Form von einzelnen Apotheken-Artikeln mit in allen drei Dimensionen nicht einheitlichen Abmessungen" ist der Gegenstand des Streitpatents dahin eingeschränkt worden, dass nur noch Verfahren zur Lagerung von Stückgütern einer bestimmten Art erfasst werden. Der Begriff "Apotheken-Artikel" wird zwar in der Beschreibung des Streitpatents nicht verwendet. Die Beschreibung enthält aber Angaben darüber, welche Abmessungen die in einer Apotheke vorrätigen Artikel typischerweise haben (NK1 S. 5 Z. 54 bis S. 6 Z. 47; NK3 Sp. 9 Z. 23 bis Sp. 11 Z. 5). Dies ermöglicht eine - noch - hinreichende Eingrenzung dieser Gegenstände.

Die Beschränkung auf Apotheken-Artikel im vorgenannten Sinne schränkt den Gegenstand des Streitpatents ein. Nach der bisherigen Anspruchsfassung konnte das Verfahren überall dort eingesetzt werden, wo Stückgut gelagert und entnommen wird (NK1 S. 3 Z. 26 f.). Dies umfasste beispielsweise auch die Lagerung von Papierpaletten mit Gewicht von mehreren hundert Kilogramm in Regalen mit einer Höhe von einem bis zwei Metern, wie dies in der Entgegenhaltung NK4 beschrieben ist. Für Apotheken-Artikel werden nach den Ausführungen in der Beschreibung hingegen typischerweise Schubladenhöhen zwischen 45 und 110 Millimetern eingesetzt (NK1 S. 6 Z. 49-57) und das Gewicht der einzelnen Gegenstände liegt eher im Bereich von einigen hundert Gramm.

Die zusätzliche Einschränkung, dass die Artikel in allen drei Dimensionen nicht einheitliche Abmessungen haben, ist nicht auf einen einzelnen Gegenstand, sondern auf eine Menge von Waren bezogen. Erfasst ist deshalb beispielsweise auch die Lagerung würfelförmiger Gegenstände, sofern diese zu einer Gesamtheit von Waren gehören, die unterschiedliche Abmessungen aufweisen können. Ein Beispiel für die Lagerung solcher Gegenstände ist in den Figuren 2a bis 2c der Streitpatentschrift dargestellt.

2. In der verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 werden die Begriffe "Lagerfläche" und "Lagerstelle" klar voneinander unterschieden. Als Lagerfläche wird die gesamte Fläche einer einzelnen Schublade bzw. eines einzelnen Regalfachs bezeichnet, als Lagerstelle die Teilfläche, auf der ein einzelner Gegenstand abgelegt ist. In der Fassung, die Patentanspruch 1 im Einspruchsverfahren erhalten hat, wurde der Begriff "Lagerstelle" demgegenüber für eine Schublade bzw. ein Lagerfach verwendet. Dies ergibt sich beispielsweise aus Merkmal b, wonach die Lagerstellen in der Höhe begrenzt, unterschiedlich hoch und übereinander angeordnet sind, insbesondere aber aus Merkmal h, wonach die Stückgüter "auf der Lagerfläche der Lagerstelle" abgelegt werden. In der Beschreibung wurde mit "Lagerstelle" demgegenüber von Beginn an derjenige Teil der Lagerfläche bezeichnet, an dem ein bestimmter Gegenstand abgelegt war. Dies ergibt sich beispielsweise aus Absatz 25 der Beschreibung, wo ausgeführt wird, eine Schublade müsse nur wenig aus dem Lager ausgefahren werden, wenn sich eine Lagerstelle in der Nähe der Blende befinde (NK 1 S. 4 Z. 49-51; NK3 Sp. 6 Z. 57 bis Sp. 7 Z. 3). Trotz dieser sprachlichen Ungenauigkeiten wird sowohl in der Fassung aus dem Einspruchsverfahren als auch in der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 jeweils aus dem Zusammenhang hinreichend deutlich, was mit den genannten Begriffen gemeint ist. Inhaltliche Änderungen ergeben sich aus der im Berufungsverfahren vorgenommenen Umformulierung nicht. Die verteidigte Fassung unterliegt deshalb keinen Bedenken - auch wenn sie ihrerseits gewisse Ungenauigkeiten enthält, weil in Merkmal b nicht mehr zwischen der Schublade bzw. dem Regalfach und der darin enthaltenen Lagerfläche unterschieden wird.

3. Dass die Ablage der einzelnen Gegenstände auch unter Berücksichtigung des freien Lagerplatzes erfolgt, wurde bislang nur in der Beschreibung ausdrücklich erwähnt, beispielsweise in Absatz 36 der Streitpatentschrift, wo geschildert wird, dass ein Gegenstand, der an sich für eine niedrigere Schublade vorgesehen ist, in einer höheren Schublade abgelegt wird, wenn die Lagerstellen der niedrigeren Schubladen belegt sind (NK1 S. 5 Z. 51-53, NK3 Sp. 9 Z. 17-22). Die Aufnahme dieses Merkmals in den Patentanspruch führt zu einer Einschränkung, allenfalls zu einer Klarstellung 4. Dass die Lagerflächen ohne vorgegebene Aufteilung in einzelne Lagerstellen belegt werden, ging bislang ebenfalls nur aus der Beschreibung hervor, wo unter anderem ausgeführt wird, es könnten wahllos unterschiedliche Stückgutgrößen nebeneinander angeordnet werden (NK1 S. 2 Z. 43-45; NK3 Sp. 2 Z. 24-29). Patentanspruch 1 ließ demgegenüber zumindest theoretisch die Möglichkeit offen, zusätzlich zu den darin beschriebenen Verfahrensschritten bestimmte Bereiche für bestimmte Packungsgrößen zu reservieren. Nach der nunmehr verteidigten Fassung gehören derartige Verfahrensweisen nicht mehr zum Gegens 5. Entgegen der Auffassung des Klägers zu 3 führt die Einfügung der Worte "können" und "auch in unterschiedlichen Größen" in Merkmal f zu keiner Erweiterung des Gegenstands oder des Schutzbereichs des Streitpatents.

Wie bereits oben dargelegt, ist Merkmal f in der verteidigten Fassung dahin zu verstehen, dass die einzelnen Stückgüter ausschließlich nebeneinander abgelegt werden können. Dies schließt Verfahren aus, bei denen mehrere zu lagernde Gegenstände übereinander gestapelt werden. Das Wort "auch" bezieht sich lediglich auf die unmittelbar nachfolgenden Worte "in unterschiedlichen Größen". Auf das Wort "ausschließlich" kann es schon deshalb nicht bezogen werden, weil dieses nicht nachfolgt, sondern vorangestellt ist.

IV. Der Gegenstand des Streitpatents in der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung geht nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus.

1. Die erst im Laufe des Erteilungsverfahrens in die Beschreibung eingefügte Erläuterung, wonach eine direkte Einlagerung im Sinne von Patentanspruch 1 vorliegt, wenn weder ein Zwischenspeicher noch ein Lagerhilfsmittel verwendet wird (NK1 S. 2 Z. 36-38), entspricht dem Inhalt der ursprünglichen Anmeldung (NK3). Zwar ist dort an der entsprechenden Stelle nur davon die Rede, dass die vermessenen und identifizierten Stückgüter ohne Zwischenlagerung in einem Zwischenspeicher in das Regal- oder Schubladenlager eingelagert werden (NK3 Sp. 2 Z. 7-11). Bei dem in der Beschreibung geschilderten Ausführungsbeispiel werden die zu lagernden Gegenstände jedoch ohne Paletten oder sonstige Lagerhilfsmittel in den Schubladen abgelegt. Auch in den Figuren 1 und 2 sind einzelne Stückgüter zu sehen, die in diesem Sinne direkt auf den Schubladenflächen aufliegen. In der Beschreibung wird ferner ausgeführt, die Ablage der Güter könne dergestalt erfolgen, dass das Personal die Stückgüter anhand einer Ablageliste und eines optischen Koordinatensystems an den Lagerstellen einräumt (NK3 Sp. 2 Z. 47-56). Auch hierbei wäre die Verwendung zusätzlicher Lagerhilfsmittel wenig sinnvoll. Insgesamt ergibt sich aus der Anmeldung damit auch ohne ausdrücklichen Hinweis hinreichend deutlich, dass die Ablage ohne Lagerhilfsmittel zur Erfindung gehört.

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 3 geht aus der Anmeldung hinreichend deutlich hervor, dass die beanspruchte Lehre auch die Bestückung eines Regals mit unterschiedlich hohen Lagerstellen umfasst und die Auswahl der Lagerstelle auch bei Verwendung eines Regals unter Berücksichtigung der Lagerhöhe erfolg Zwar betrifft das Ausführungsbeispiel nur ein Schubladenlager. Patentanspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung bezog sich aber ausdrücklich auf die Verwendung eines Regals oder eines Schubladenlagers.

Dass die unterschiedliche Höhe der einzelnen Fächer im Anspruch nicht ausdrücklich erwähnt wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Nach der Beschreibung ist es für das beanspruchte Verfahren von entscheidender Bedeutung, dass die einzelnen Schubladen unterschiedliche Höhen aufweisen. Wenn dasselbe Verfahren auch für die Einlagerung in einem Regal beansprucht wird, muss folgerichtig auch dieses aus Fächern mit unterschiedlicher Höhe bestehen.

3. In der Anmeldung ist ferner als zur Erfindung gehörend offenbart, dass die Stückgüter ausschließlich nebeneinander liegen.

Sowohl die Schilderung des Ausführungsbeispiels in der Beschreibung als auch die Abbildungen in den Figuren 1 und 2 zeigen Ablageflächen, auf denen die abgelegten Gegenstände nicht aufeinander gestapelt sind. Diese Vorgehensweise ist schon deshalb folgerichtig, weil sonst die automationsgestützte Entnahme von Gegenständen ohne Zwischenspeicher Probleme bereiten würde. Dass dieses Merkmal in der Anmeldung noch nicht in den Patentansprüchen aufgeführt war, führt angesichts dessen zu keiner anderen Beurteilung.

V. Der Gegenstand des Streitpatents ist auch in der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung nicht patentfähig.

1. Der Gegenstand des Streitpatents ist neu.

a) Der Aufsatz "Ein- und Auslagern in einem Großhandelsunternehmen" (NK4) beschreibt ein Hochregallager für Feinpapier. Die eingetroffene Ware wird auf eine Hilfspalette gesetzt und zur Identifizierung mit einem zuvor ausgedruckten Barcode versehen. Anschließend wird sie zu einer Messstation befördert, die die Maße und den Barcode an einen Lagerleitrechner übermittelt. Der Lagerleitrechner weist der Palette einen größenoptimierten Lagerplatz zu. Die Auswahl des Lagerplatzes kann anhand der Artikelnummer, des Einlieferungsdatums, der Zugriffshäufigkeit, der Artikelart oder der Größe und Lagerzone erfolgen. Die Höhe der Regalfächer variiert zwischen 0,9 m und 1,9 m. Transport und Ablage der Palette am zugewiesenen Lagerplatz erfolgen mit Hilfe eines automatisch arbeitenden Regalförderfahrzeugs. Zur Entnahme genügt es, die Artikelnummer in den Lagerleitrechner einzugeben

(1) Der Offenbarungsgehalt dieser Veröffentlichung ist für die Zwecke der Neuheitsprüfung entgegen der Auffassung des Beklagten ohne Heranziehung weiterer Entgegenhaltungen zu bestimmen.

Wie auch der Beklagte im Ansatz nicht verkennt, ist die Prüfung, ob die geschützte Lehre durch eine Entgegenhaltung vorweggenommen ist, grundsätzlich auf Grund eines Einzelvergleichs vorzunehmen. Weitere Unterlagen sind zur Bestimmung des Offenbarungsgehalts nur dann heranzuziehen, wenn in der zu prüfenden Entgegenhaltung darauf Bezug genommen wird, wenn hinreichend deutlich gemacht wird, welche daraus ersichtlichen Informationen in Bezug genommen und zur Grundlage der Entgegenhaltung gemacht werden und wenn sie dem Leser zum jeweils maßgeblichen Datum zugänglich sind (BGH, Urt. v. 4.11.2008 - X ZR 154/05 Tz. 26).

Eine derartige Bezugnahme kann im vorliegenden Zusammenhang nicht darin gesehen werden, dass in dem Aufsatz eine konkrete Anwendung beschrieben wird, nämlich die Hochregallagerhalle eines Papiergroßhändlers, die von Klägerseite als offenkundige Vorbenutzung angeführt worden ist und die auch Gegenstand der Veröffentlichung WN4 ist, in der Standort und Betreiber der Halle genannt werden. Der Aufsatz in NK4 ist als in sich geschlossene Beschreibung des vorgestellten Lagersystems angelegt und enthält weder ausdrücklich noch konkludent die Anregung, die beschriebene Anlage zur Klärung von Einzelheiten in Augenschein zu nehmen oder auf anderem Wege weitere Informationen darüber einzuholen. Zwar mag der Fachmann, der sich für Details interessierte, Anlass und Möglichkeit gehabt haben, nach anderen Veröffentlichungen zu dieser Halle zu suchen und auf diese Weise Standort und Betreiber in Erfahrung zu bringen. Zusätzliche Erkenntnisse, die der Fachmann auf diesem Weg gewinnen konnte, gehören jedoch nicht zum Offenbarungsgehalt der Veröffentlichung NK4 und haben bei der Neuheitsprüfung deshalb außer Betracht zu bleiben. Dies gilt auch, soweit sich aus den Erkundigungen ergeben hätte, dass bei der tatsächlichen Vorbenutzung nicht alle Merkmale der in NK4 offenbarten Lehre verwirklicht wurden. Auch eine nur theoretisch beschriebene, aber nicht praktisch umgesetzte Lehre gehört zum Stand der Technik, sofern der Fachmann am Prioritätstag in der Lage war, sie auszuführen. Dass die in NK4 offenbarte Lehre am Prioritätstag nicht ausführbar war, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die an zahlreichen Stellen eher abstrakt und kursorisch gehaltenen Ausführungen in NK4 können allerdings nicht schon dann als neuheitsschädlich angesehen werden, wenn sich die Merkmale des Streitpatents unter allgemeine Prinzipien subsumieren lassen, die in NK4 offenbart sind oder als bekannt vorausgesetzt werden. Soweit die Darstellung in NK4 einzelne Fragen unbeantwortet lässt oder nur allgemein formulierte Hinweise enthält, sind damit allenfalls solche Ausführungsformen offenbart, die der Fachmann aufgrund seiner Kenntnisse am Prioritätstag ohne weiteres mitliest, etwa weil sie ihm als die übliche Verwirklichungsform der beschriebenen allgemeinen Lehre geläufig sind und sich ihm daher sofort als jedenfalls auch gemeint aufdrängen (vgl. hierzu BGHZ 179, 168 Tz. 28 - Olanzapin; Sen.Urt. v. 10.9.2009 - Xa ZR 130/07, GRUR 2010, 123 Tz. 32 - Escitalopram).

(2) Das in NK4 offenbarte Verfahren weist die Merkmale a, b, d, g, j und k von Patentanspruch 1 des Streitpatents auf.

(3) Nicht vollständig offenbart sind in NK4 die Merkmale c und e, wonach der zu lagernde Gegenstand vermessen und das Ergebnis der Messung einem Rechner zugeführt wird.

Nach den Ausführungen in NK4 wird in der Palettenmessstation "das einzulagernde Gut vermessen"; die Maße und der Barcode der Palette werden dem Lagerleitrechner übermittelt. Dies wird zwar nicht explizit dahin eingeschränkt, dass die Messung nur in einer Dimension erfolgt. Zweifel erweckt insoweit aber der Umstand, dass das Feinpapier auf Paletten gelagert ist. Wie auch die Parteien übereinstimmend vortragen, ist die Größe von Paletten typischerweise normiert. Regelmäßig ist deshalb mit einer überschaubaren Anzahl von in Frage kommenden Palettenmaßen zu rechnen. Angesichts dessen erscheint es nicht erforderlich, jede einzelne Palette nochmals messtechnisch zu erfassen. Es genügt vielmehr, den Typ der Palette und deren Beladungshöhe zu ermitteln und ergänzend zu überprüfen, ob das Ladegut seitlich über die Grundfläche hinausragt. Hinweise darauf, dass sich das in NK4 beschriebene Verfahren auf diese Schritte beschränkt, geben die Ausführungen im Kapitel "Realisierung", wonach die für die Messstation vorgesehene Steuereinheit ("Intelligenzklemme") die Konturen misst, und die Ausführungen im Kapitel "Ablauf", wonach schadhafte Ware oder solche ohne Barcode nach dem Vermessen automatisch auf ein Nebengleis gefahren und nach Schadensbehebung wieder eingeschleust wird. Diese Ausführungen legen den Schluss nahe, dass "schadhafte Ware" durch Überprüfung der Konturen ermittelt wird.

(4) Nicht ausdrücklich offenbart ist Merkmal a2, wonach die Stückgüter in allen drei Dimensionen uneinheitliche Abmessungen haben.

In NK4 wird lediglich ausgeführt, dass die Regalfächer unterschiedliche Höhen aufweisen. Ob darüber hinaus auch die Länge und Breite der eingesetzten Paletten variiert, bleibt offen. Angesichts des bereits erwähnten Umstandes, dass Paletten typischerweise normierte Maße aufweisen, kann nicht angenommen werden, dass der Fachmann dieses Merkmal ohne weiteres mitliest.

(5) Nicht offenbart ist ferner das Merkmal a1, wonach die Stückgüter aus einzelnen Apotheken-Artikeln bestehen.

Wie bereits oben dargelegt wurde, lassen sich Apotheken-Artikel anhand der Beschreibung des Streitpatents sowohl hinsichtlich der Größe als auch hinsichtlich des Gewichts hinreichend deutlich von anderen Waren abgrenzen. Die Artikel, deren Lagerung in NK4 beschrieben wird, unterscheiden sich hinsichtlich beider Parameter deutlich von Apotheken-Artikeln in diesem Sinne. Zwar ist denkbar, dass auch Feinpapier-Packungen eine kleinste Kantenlänge in dem in der Streitpatentschrift genannten Bereich von 15 mm bis 80 mm aufweisen. Das in NK4 beschriebene Lager ist aber vorrangig zur Lagerung größerer Gebinde bestimmt. Dies ergibt sich aus der Höhe der Regalfächer, die mit 0,9 m bis 1,9 m angegeben ist, und aus dem Gewicht einer beladenen Palette, das mit 500 kg bis eine Tonne beziffert wird. Selbst wenn unterstellt wird, dass auf einer Palette mehrere Chargen abgelegt werden - was aus NK4 nicht ausdrücklich hervorgeht - liegt das Gewicht der einzelnen Chargen typischerweise in einem Bereich, der das Gewicht eines Apotheken-Artikels deutlich übersteigt. Auch die in NK4 als Bild 1 wiedergegebene Abbildung einer beladenen Palette zeigt, dass die darauf gelagerten Waren deutlich größere Abmessungen haben als ein Artikel, der in einer Apotheke verkauft wird.

(6) Offenbart sind die Merkmale f, f1, f2 und h, wonach die Lagerstelle anhand der Lagerhöhe und des freien Lagerplatzes ausgesucht und die Stückgüter unter optimaler Raumausnutzung nebeneinander auf der Lagerfläche abgelegt werden.

In NK4 wird unter der Überschrift "Lagerplatzverwaltung" ausgeführt, der Lagerplatz könne unter anderem auch nach der Größe des einzulagernden Guts bestimmt werden. Ob und in welcher Weise diese Möglichkeit in dem beschriebenen Lager tatsächlich genutzt wird, ist aus den oben genannten Gründen unerheblich. Dass eine optimale Raumausnutzung bei Apotheken-Artikeln wegen der größeren Vielfalt der Packungsgrößen möglicherweise schwieriger ist, führt schon deshalb zu keiner anderen Beurteilung, weil das Streitpatent abgesehen von den Merkmalen f1, h, h1 und h2 keine weiteren Angaben dazu enthält, wie diese optimale Raumausnutzung erreicht werden kann.

Der Fachmann entnimmt NK4 darüber hinaus, dass mehrere Paletten in einem Regalfach ausschließlich nebeneinander abgelegt werden. Zwar wird auch dies in NK4 nicht ausdrücklich erwähnt. Angesichts der Art der zu lagernden Gegenstände - Paletten mit Feinpapier mit einem Gesamtgewicht von 500 kg und mehr - und der möglichen Unterschiede in Art und Umfang der Beladung erscheint es aber ausgeschlossen, dass mehrere beladene Paletten aufeinander gestapelt werden.

(7) Nicht vollständig offenbart sind die Merkmale h1 und h2, wonach die zu lagernden Gegenstände auch in unterschiedlichen Größen ohne vorgegebene Aufteilung in einzelne Lagerstellen auf der Lagerfläche abgelegt werden können.

Den Ausführungen in NK4 lässt sich nicht entnehmen, ob die Lagerfläche fest in einzelne Lagerstellen eingeteilt ist, etwa dergestalt, dass ein bestimmtes Regalfach nur mit zwei großen oder drei kleinen Paletten belegt werden kann, wie dies nach dem Vortrag der Klägerin bei dem in NK4 beschriebenen Lager tatsächlich praktiziert wird. Weder aus NK4 noch aus dem sonstigen Stand der Technik kann entnommen werden, dass der Fachmann diese beiden Merkmale auch ohne ausdrückliche Erwähnung ohne weiteres mitliest.

(8) Nicht offenbart ist schließlich das Merkmal i, wonach die Stückgüter nach der Vermessung und Identifizierung direkt auf der Lagerfläche abgelegt werden.

Als Stückgut im Sinne dieses Merkmals sind im Zusammenhang mit NK4 nicht die Paletten anzusehen, sondern die darauf gelagerten Artikel. Zwar könnte nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch eine mit verschiedenen Gegenständen beladene Palette als Stückgut angesehen werden. Nach der Beschreibung des Streitpatents soll das geschützte Verfahren jedoch ermöglichen, die zu lagernden Gegenstände ohne Lagergutträger oder vergleichbare Hilfsmittel abzulegen. Stückgut im Sinne des Streitpatents ist deshalb ein zu lagernder Gegenstand in der Form, wie er zur Lagerung angeliefert wird, nicht aber Hilfsmittel, auf denen der Gegenstand erst im Rahmen des Einlagerungsvorgangs abgelegt wird. In NK4 wird das zu lagernde Feinpapier erst bei der Einlagerung auf Hilfspaletten abgelegt. Stückgut im Sinne von Merkmal i ist deshalb nur das Feinpapier, nicht aber eine mit Feinpapier beladene Hilfspalette.

b) In den anderen Entgegenhaltungen sind ebenfalls nicht alle Merkmale von Patentanspruch 1 des Streitpatents offenbart.

(1) Die Unterlagen des deutschen Gebrauchsmusters 92 03 104 (A32) betreffen eine Vorrichtung zur Lagerhaltung von Gegenständen und eine zugehörige Be- und Entladevorrichtung. Die Vorrichtung besteht aus einem Gestell, das mit Einrichtungen zur Führung von Auflagern ausgestattet ist. Auflager in diesem Sinne ist ein plattenförmiges Bauteil beliebiger Bauart, beispielsweise eine Metallplatte, eine Palette oder ein Gitterboden (A32 S. 27 Z. 13-18). Die einzulagernden Gegenstände, für die als Beispiel pharmazeutische Mittel genannt werden, werden auf einem solchen Auflager angeordnet (A32 S. 22 Z. 25-27). Anschließend werden die Abmessungen des Auflagers ermittelt und eine Lagerstelle ausgesucht, die eine ausreichende Höhe aufweist. An diese Lagerstelle wird das Auflager mittels eines vertikal beweglichen Transferelements transportiert und sodann mittels eines Zahnstangenantriebs horizontal in das Gestell eingeschoben (A32 S. 21 Z. 26 bis S. 22 Z. 23).

Anders als nach der Lehre des Streitpatents wird zur Auswahl der Lagerstelle lediglich die Höhe eines zuvor mit Stückgut beladenen Auflagers herangezogen, nicht hingegen die Länge und Breite der einzelnen Stückgüter, wie dies in den Merkmalen c, e, f und i von Patentanspruch 1 des Streitpatents vorgesehen ist. In welcher Weise und nach welchen Kriterien die einzelnen Stückgüter auf dem Auflager abgelegt werden, geht aus der Entgegenhaltung nicht hervor. Damit bleibt auch offen, ob einzelne Stückgüter entsprechend Merkmal h nur nebeneinander liegend auf die Auflager abgelegt werden.

(2) In der US-Patentschrift 5 175 692 (NK10) wird ein Verfahren offenbart, mit dem in zufälliger Reihenfolge ankommende Pakete mit unterschiedlicher Größe auf einer Palette angeordnet werden. Die Gegenstände werden gestapelt, d.h. nicht nur neben- sondern auch übereinander angeordnet. Um einen geeigneten Ablageort zu ermitteln, müssen zu Beginn des Verfahrens Angaben über Art und Anzahl aller abzulegenden Pakete in den zur Verfahrenssteuerung eingesetzten Rechner eingegeben werden (NK10 Patentanspruch 1 Merkmal a).

Damit unterscheidet sich das in NK10 offenbarte Verfahren von dem Verfahren gemäß dem Streitpatent, bei dem jeder Gegenstand nach der Vermessung und Identifizierung auf der Lagerfläche abgelegt wird, ohne dass Anzahl und Größe der danach angelieferten Gegenstände bekannt sind.

Entsprechendes gilt für das in der Dissertation "Verfahren zum automatischen Palettieren von quaderförmigen Packstücken im beliebigen Sortenmix" (NK9) beschriebene Verfahren. Dort ist zwischen dem Übergabepunkt für die Pakete und der Palette ein Förderband angeordnet, das als Puffer dient, in dem Pakete, die nicht sofort auf der Palette abgelegt werden können, zwischengelagert werden (NK9 S. 89 Bild 45).

(3) In der Zusammenfassung der japanischen Patentanmeldung Sh 61-51401 (NK5) wird ein automatisches Warenlagersystem beschrieben, bei dem die Höhe der einzulagernden Gegenstände gemessen und auf einem an der Ware angebrachten Etikett magnetisch aufgezeichnet wird. Anhand dieser Höheninformation wird rechnergestützt eine geeignete Lagereinheit (storage division unit) ausgesucht.

Anders als nach der Lehre des Streitpatents wird damit sowohl bei der Vermessung der einzulagernden Gegenstände als auch bei der Auswahl der Lagerstelle nur die Höhe des Gegenstandes berücksichtigt, nicht hingegen Länge und Breite. Nicht offenbart wird darüber hinaus, ob eine Lagereinheit mehrere verschiedene Gegenstände aufnehmen kann und nach welchen Kriterien diese gegebenenfalls angeordnet werden.

(4) In der deutschen Offenlegungsschrift 32 08 135 (H2) und der zugehörigen Patentschrift (A14) werden ein Verfahren zur Erkennung, Identifikation oder Qualitätskontrolle von Gegenständen und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens offenbart. In der Beschreibung wird ausgeführt, es sei bekannt, in einem Lager zu lagernde Gegenstände einer Längen-, Breiten- und Höhenvermessung zu unterziehen, um anhand der ermittelten Messdaten einen optimalen Lagerplatz zu berechnen. Dieses Verfahren werde beispielsweise im Buchversandhandel angewendet. Die Bücher würden - je nach Buchformat - chaotisch gelagert.

Nähere Angaben zur Beschaffenheit des Lagerplatzes lassen sich dieser Entgegenhaltung nicht entnehmen. Offen bleibt insbesondere, ob die Lagerflächen unterschiedliche Höhen aufweisen, wie dies beim Streitpatent gemäß Merkmal b erforderlich ist, und ob sie in feste Lagerstellen eingeteilt sind, was beim Streitpatent nach Merkmal h2 nicht der Fall sein darf.

(5) Auch in dem Werk "Materialfluss und Logistik" von Jünemann (H1), das sich in allgemeiner Form mit den unterschiedlichen Möglichkeiten der Bestückung und Verwaltung eines Lagers befasst, ist die Ablage von Stückgütern unterschiedlicher Größe ausschließlich nebeneinander liegend und ohne vorgegebene Aufteilung der Lagerfläche in einzelne Lagerstellen (Merkmale h bis h2) nicht beschrieben.

(6) In der US-Patentschrift 5 175 690 (NK11) wird ein Verfahren zur Verwaltung von Magazinen beschrieben, bei dem Gegenstände gelagert und dem Magazin - zum Beispiel einem in Fächer (compartments) unterteilten Hochregal (Figur 1) - wieder entnommen werden. Die Ablage der Gegenstände (Stückgüter) erfolgt, wie es einleitend heißt, in Abhängigkeit von ihrem Platzbedarf und dem im Magazin verfügbaren Ablagevolumen ("as a function of their dimensions and of the storage volumes available"). Die zu lagernden Gegenstände - im Ausführungsbeispiel Bücher - werden dazu automatisch identifiziert. Ferner wird ihr Platzbedarf ("their dimensions") ermittelt. Auf dieser Grundlage werden rechnergestützt geeignete Lagerstellen ermittelt, von denen nach einem oder mehreren Sortieralgorithmen die "erstbeste" ausgewählt wird. In Patentanspruch 1 wird dazu gelehrt, ein Auswahlkriterium zu verwenden, das auf Minimierung der ungefüllten Raummenge am ausgewählten Ablageort ("minimizing the amount of unfilled space in the selected storage site"), der kürzesten Entfernung und der Entnahmehäufigkeit basiert. Die Bücher können in Hüllen gelagert werden, wobei eine Hülle ein oder mehrere Bücher aufnehmen kann. Als besonders vorteilhaft wird eine Ausführungsform hervorgehoben, bei der sich jedes Buch in einer gesonderten Hülle befindet und alle Hüllen den gleichen Aufbau aufweisen und sich nur in der Dicke unterscheiden. Als eine Alternative wird genannt, mehrere Gegenstände unterschiedlicher Art in ein und demselben Lagerbehälter ("storage unit") zu lagern, ohne dass dieser unterteilt ist, wobei die Gegenstände mit ihrer Ordnungsnummer im Behälter bezeichnet werden könnten ("may be referenced by their sequence number"). Als weitere mögliche Anwendungsgebiete werden beispielhaft die Lagerung von Bändern, Kassetten, Platten, Dokumenten oder Maschinenbauteilen in einer Videothek, einer Diskothek, einem Archiv oder einem Magazin für Ersatzteile genannt.

Damit werden Verfahren beschrieben, bei denen Gegenstände, wie sie in Apotheken gelagert werden, in einem Regal mit Regalfächern (unter anderem) anhand des Platzbedarfs abgelegt werden. Dass die Lagerflächen unterschiedlich hoch sind, ist der NK11 jedoch nicht zu entnehmen; in Figur 1 ist dies nicht der Fall. Die in dieser Hinsicht abstrakt gehaltenen Ausführungen in NK11 lassen auch nicht eindeutig erkennen, in welcher Weise die Gegenstände in den einzelnen Regalfächern angeordnet werden. Insbesondere bleibt offen, ob die Gegenstände ausschließlich nebeneinander angeordnet werden, wie dies in Merkmal h von Patentanspruch 1 des Streitpatents vorgesehen ist, oder ob mehrere Gegenstände auch übereinander gestapelt werden können. Auf eine Anordnung nebeneinander deuten zwar die Ausführungen zu der Lagerung in Lagerbehältern hin; jedoch fehlt es hier an einer Ablage direkt auf der (Regal-)Lagerfläche (Merkmal i).

(7) Die übrigen Entgegenhaltungen liegen weiter ab und bedürfen in diesem Zusammenhang keiner näheren Erörterung.

2. Der Gegenstand des Streitpatents ist durch den Stand der Technik nahegelegt. Der Fachmann konnte in Kenntnis des Prinzips der "chaotischen Lagerung" und der aus vielen Bereichen bekannten Anwendungsbeispiele ohne erfinderische Tätigkeit zur Lehre des Streitpatents gelangen.

a) Die grundlegende Vorgehensweise, die Lagerstelle für einen einzelnen Gegenstand nicht nach inhaltlichen Kriterien wie Produktname oder Anwendungsgebiet, sondern unter dem Gesichtspunkt der optimalen Raumausnutzung zu bestimmen, war, wie auch der Beklagte nicht verkennt, im Stand der Technik bekannt. Die Anwendung dieses auch in der Streitpatentschrift als "chaotische Lagerung" (NK1 S. 2 Z. 44) bezeichneten Prinzips, bei dem auf eine feste Zuweisung bestimmter Gegenstände zu bestimmten Lagerstellen verzichtet wird, macht es erforderlich, exakte Informationen über den Lagerstellen jedes einzelnen Artikels vorzuhalten, wozu sich der Einsatz eines Rechnersystems an Das Prinzip der "chaotischen Lagerung" war am Prioritätstag nicht nur als abstraktes Prinzip bekannt. In den oben behandelten Entgegenhaltungen, beispielsweise NK4, aber auch NK11 und A32, ist offenbart, dass dieses System zur Lagerung von Gegenständen unterschiedlicher Art eingesetzt werden kann. Das Streitpatent greift diese Vorbilder auf und stellt zwei Aspekte in den Vordergrund: zum einen die Vermessung der zu lagernden Güter in allen Dimensionen und die Auswertung dieser Informationen zur Auswahl einer Lagerstelle unter dem Gesichtspunkt optimaler Raumausnutzung, zum anderen eine freie Einteilung der Lagerfläche, auf der die einzelnen Güter je nach Platzbedarf und freier Fläche und ohne Bindung an vordefinierte diskrete Lagerstellen abgelegt werden. Beide Aspekte sind - auch in ihrer Kombination - durch den Stand der Technik nahegelegt.

b) Die optimale Raumausnutzung unter Auswertung der Maße des zu lagernden Guts war beispielsweise aus NK4 bekannt. Bei dem dort offenbarten Verfahren wird zwar, wie oben dargelegt wurde, nur die Höhe des zu lagernden Gegenstandes gemessen. Die übrigen Abmessungen des Lagerguts bleiben aber nicht unberücksichtigt. Sie brauchen nicht durch Messung ermittelt zu werden, weil sie aufgrund der normierten Maße der Paletten ohnehin bekannt sind. Darüber hinaus wird anhand der Konturen überprüft, ob die tatsächlichen Abmessungen den erwarteten entsprechen. Die Heranziehung der gemessenen Höhe zur Auswahl des Lagerfachs ist eine logische Konsequenz der angestrebten optimalen Raumausnutzung. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht nur konsequent, sondern auch naheliegend, zur Optimierung der Raumausnutzung auch die Länge und Breite der Stückgüter zu erfassen, sofern diese nicht schon im Vo Für ein Palettenhochlager mag es zwar eher fern liegen, die Paletten nicht nur neben- sondern auch hintereinander anzuordnen, weil dadurch die im hinteren Bereich eines Regalfachs abgelegten Paletten nicht mehr unmittelbar zugänglich sind. Für die Ablage von Apotheken-Artikeln in einer Schublade oder einem Regal gilt diese Beschränkung hingegen nicht. Für solche Artikel besteht auch bei einem an Produktnamen ausgerichteten Ablagesystem kein zwingender Grund, sie nur in einer Reihe nebeneinander, nicht aber hintereinander anzuordnen. Nach dem Öffnen der Schublade sind auch Gegenstände, die im hinteren Bereich der Schubladenfläche abgelegt sind, ohne weiteres zugänglich. Entsprechende Zugangsmöglichkeiten können auch in einem Regal geschaffen werden - sei es durch Verwendung von ausziehbaren Regalböden, sei es durch entsprechend höhere Ausgestaltung der einzelnen Regalfächer.

c) Die freie Einteilung der Lagerfläche, also der Verzicht auf eine Einteilung der Lagerfläche in diskrete, fest vorgegebene Lagerstellen, auf denen jeweils nur ein Gegenstand abgelegt werden darf, ist ebenfalls durch den Stand der Technik nahegelegt. Dieses Ablagesystem entspricht der Vorgehensweise, die bei Apotheken-Artikeln auch im Falle einer an inhaltlichen Kriterien ausgerichteten Auswahl der Lagerstelle gewählt wurde. Der Fachmann hätte allenfalls dann Anlass gehabt, von der Beibehaltung dieses Systems bei einer "chaotischen Lagerung" von Apotheken-Artikeln abzusehen, wenn es im Stand der Technik konkrete Hinweise darauf gegeben hätte, dass diese Art der Lagerung zwingend eine feste Einteilung der Lagerfläche in diskrete Lagerstellen erfordert. Anhaltspunkte dafür ergeben sich aber weder aus den vorgelegten Entgegenhaltungen noch aus sonstigen Umständen. Deshalb gibt es auch keinen Anlass, den vom Beklagten ergänzend angebotenen Sachverständ Allerdings lassen die vorgelegten Entgegenhaltungen erkennen, dass die Ablage einzelner Gegenstände auf einer Palette oder in einem Lagerbehältnis und die Ablage von Paletten oder Lagerbehältnissen in einem Regal häufig als voneinander zu unterscheidende Probleme angesehen wurden. In den von der Streithelferin vorgelegten Auszügen aus Fachbüchern wird die dort so genannte freie Lagerhaltung häufig in Verbindung gebracht mit einer festen Einteilung der Lagerplätze. So beziehen sich die Ausführungen in dem Werk "Grundlagen der Kommissioniertechnik" (NI2) auf die Zuordnung von Artikeln und Lagerplätzen. Die Möglichkeit, einen Lagerplatz in variabler Weise für die Lagerung mehrerer unterschiedlich großer Gegenstände zu nutzen, wird hingegen nicht angesprochen (NI2 S. 36 f.). Der Artikel "Kapazität und Füllungsgrad von Stückgutlagern" (NI3) befasst sich lediglich mit homogenen Stückgutlagern und beschränkt sich für inhomogene Lager auf den Hinweis, diese könnten in zwei oder mehrere homogene Lager aufgeteilt werden. Als homogen werden hierbei nur Lager angesehen, die lagertechnisch gleiche Ladeeinheiten enthalten. Bereits ein Lager, das mit zwei verschiedenen Typen von Paletten bestückt ist, wird dort als inhomogen bezeichnet. Auch die NK11 zieht die Ablage unterschiedlicher (unterschiedlich großer) Gegenstände nur in Lagerbehältern in Betracht, die sodann ihrerseits in den Fächern eines Hochregals gelagert werden können.

Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass in der Fachwelt ein Vorurteil bestand, das mit der Lehre des Streitpatents überwunden worden wäre. So lehrt beispielsweise auch die Entgegenhaltung NK11, dass die Auswahl der Lagerstelle anhand der Abmessungen nicht nur bei palettierter Ware, sondern auch bei einzelnen Gegenständen wie Büchern vorteilhaft ist und dass es zur Nutzung dieses Verfahrens keiner grundlegend anderer Ablagetechnik - also anders aufgebauter Regale oder Schubladen oder einer besonderen Aufteilung der Lagerfläche in einzelne Lagerstellen - bedarf, sondern lediglich eines anderen Verfahrens zur Auswahl der Lagerstelle und einer hinreichend detaillierten Datenhaltung, um die gelagerten Gegenstände später wieder auffinden zu können. Auch in der Beschreibung des Streitpatents wird ausgeführt, dass die Ablage der Gegenstände in den Schubladen oder Regalfächern durch ein Handhabungsgerät oder aber manuell möglich ist, die Ablagetechnik selbst also nach bekanntem Vorbild erfolgen kann, wenn die mit dem Rechner ermittelte Lage der abgelegten Stückgüter in einer Ablageliste ausgedruckt wird (NK1 S. 2 Z. 53-56).

Aus NK4 ergibt sich keine andere Beurteilung. Bei der Einlagerung von normierten Paletten mag es sich zwar anbieten, die einzelnen Regalfächer so auszugestalten, dass sie eine bestimmte Zahl von Paletten aufnehmen können, wodurch die Lagerstelle für jede einzelne Palette vorgegeben ist. Dies gilt aber unabhängig davon, ob die Lagerstelle für die einzelnen Paletten nach inhaltlichen Kriterien oder allein anhand des Platzbedarfs ausgewählt wird. Bezeichnenderweise liegt der Schwerpunkt der Ausführungen in NK4 nicht bei den Abmessungen der Paletten und Regale oder der Einteilung der einzelnen Regalfächer, sondern bei der Art und Weise, in der der Ablageort für eine Palette bestimmt und in einem Datenverarbeitungssystem verwaltet wird. Unabhängig davon waren auch bei Palettenlagern im Stand der Technik gewisse Ansätze für eine flexible Einteilung der Lagerstellen offenbart: Dies zeigt die konkrete Ausgestaltung des in NK4 beschriebenen Regallagers, bei dem nach dem unstreitigen Parteivorbringen ein Regalfach wahlweise zwei "breite" oder drei "schmale" Paletten aufnehmen kann.

Auch bei dem in NK11 offenbarten Ablagesystem ist kein Zusammenhang erkennbar zwischen der Art und Weise, in der die Lagerfläche in Lagerstellen eingeteilt wird, und dem Verfahren, nach dem die Lagerstelle für einen einzelnen Gegenstand ausgewählt wird. Unter den beschriebenen Ausführungsbeispielen findet sich zudem ein System, bei dem mehrere Bücher in einem nicht weiter unterteilten Behälter abgelegt werden und der Zugriff anhand einer Ordnungsnummer erfolgt. Dieses Ablagesystem ist unabhängig von der Dicke und der Anzahl der in einem Behälter abgelegten Bücher. Es setzt keine Einteilung der in einem Behälter zur Verfügung stehenden Lagerfläche in diskrete Lagerstellen voraus.

Das Streitpatent überträgt die aus dem allgemeinen Fachwissen bekannten und in den Entgegenhaltungen illustrierten Prinzipien auf die Lagerung von Apotheken-Artikeln, indem es vorschlägt, die Gegenstände in an sich bekannter Weise in Schubladen oder Regalen abzulegen, die Lagerstelle für jeden einzelnen Gegenstand jedoch nicht mehr nach Produktnamen oder sonstigen inhaltlichen Kriterien, sondern allein nach dem Kriterium der optimalen Raumausnutzung zu bestimmen. Dieser Schritt war dem Fachmann vor dem aufgezeigten Hintergrund als folgerichtige Ausnutzung der Vorteile der chaotischen Lagerung nahegelegt.

3. Ein eine abweichende Beurteilung der Patentfähigkeit rechtfertigender Gehalt der Unteransprüche wird vom Beklagten nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 2 ZPO. Zu den vom Beklagten zu tragenden Kosten gehören nach § 101 Abs. 2 ZPO auch diejenigen der Streithelferin.

Meier-Beck Mühlens Grabinski Bacher Hoffmann Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 08.11.2007 - 2 Ni 59/05 (EU) -






BGH:
Urteil v. 25.02.2010
Az: Xa ZR 34/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e2bd8c2f35a0/BGH_Urteil_vom_25-Februar-2010_Az_Xa-ZR-34-08




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