Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 24. Juni 2004
Aktenzeichen: 4 U 29/04

(OLG Hamm: Urteil v. 24.06.2004, Az.: 4 U 29/04)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4. Dezember 2003 verkündete Urteil der III. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise dahin abgeändert, dass die Klage insoweit abgewiesen wird, als es in dem Verbot unter Nr. 1 heisst "und/oder per SMS zu werben bzw. werben zu lassen".

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 7/10 und die Klägerin 3/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte warb in der Jugendzeitschrift "C" Nr. 21 vom 14. Mai 2003 für ihre Dienstleistungen wie im Tenor des landgerichtlichen Urteils abgelichtet.

Der Kläger hält diese Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen, sich Klingeltöne und Logos per 0190 Telefonnummern oder per SMS auf Mobiltelefone übertragen zu lassen, für wettbewerbswidrig. Es werde die geschäftliche Unerfahrenheit und der Spieltrieb der Kinder und Jugendlichen angesprochen und ausgenutzt. Sie nähmen das zu teure Angebot unkritisch wahr, ohne sogleich mit den Kosten belastet zu sein, die ihnen erst mit der Telefonrechnung deutlich würden. Da die Handykosten in aller Regel von den Eltern bezahlt würden, werde mit der angegriffenen Werbung auch in das Erziehungsrecht der Eltern eingegriffen. Angebot und Leistung stünden zudem im krassen Missverhältnis (§ 138 BGB). Die Preisangabenverordnung sei nicht beachtet, weil man nicht wisse, wie teuer der Dienst letztlich tatsächlich sei. Werde eine Bestellung für ein Logo nämlich über die angegebene Servicenummer 0190-802555 vorgenommen, so dauere der Ladevorgang durchschnittlich 4 Minuten.

Desweiteren hat der Kläger auch noch die ebenfalls im Tenor des landgerichtlichen Urteils abgelichtete Werbung der Beklagten in der Jugendzeitschrift "X" Nr. 32/03 als wettbewerbswidrig beanstandet, soweit die Leser darin aufgefordert werden, unter Verwendung einer kostenaufwendigen 0190-Nummer Mailboxansprüche anzuhören bzw. zu erwerben.

Kinder und Jugendliche würden durch die Werbung zum Erwerb der Mailboxsprüche verführt, ohne sich hinsichtlich der tatsächlich anfallenden Telefonkosten orientieren zu können. Soweit sie erotischpornographischen Inhalt hätten, sei die Werbung der Beklagten auch unter dem Aspekt des geschmacklosen Werbens sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 4. Dezember 2003 die Beklagte antragsgemäß verurteilt:

1.

es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Jugendzeitschriften - wie nachfolgend abgebildet - für die Bestellung von Logos, Bildmitteilungen, Bildschirmschonern, per 0190-Telefon-Nummer und/oder per SMS zu werben bzw. werben zu lassen:

Ablichtung von Bl. 118 beifügen.

2.

es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Kinder- und Jugendzeitschriften - wie nachfolgend abgebildet - für das Anhören und/oder die Bestellung von Mailboxsprüchen per 0190-Telefonnummern zu werben bzw. werben zu lassen

und/oder

in Kinderzeitschriften für die Bestellung von Mailboxsprüchen mit erotischpornographischem Inhalt per 0190er Telefonnummer zu werben bzw. werben zu lassen, insbesondere soweit diese - wie nachfolgend abgebildet - unter der Überschrift "Scharfe Sachen & Erotik'" mit den Titeln

"Stecke in einer wichtigen Sache"

"0190-69-69 - Ich verwöhne dich"

"Was brauchst Du"

"Geile Stimme"

"Sexy Singles"

"Wir sind im Barbapopo"

"Kein Anschluss wegen einer Nummer"

"Sexy Job"

"Ganz schön lang..."

angeboten werden.

Ablichtung von Bl. 120

Wegen des Inhaltes des Urteils im Einzelnen wird auf Bl. 116 ff. d.A. verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages behauptet die Beklagte, dass das Herunterladen eines Klingeltones bei ihr durchschnittlich 110 Sekunden dauere. Es sei nämlich davon auszugehen, dass der durchschnittliche Jugendliche heutzutage wesentlich versierter mit dem Mobiltelefon umzugehen verstehe als früher. Bereits im Alter von 10-11 Jahren bekämen die Jugendlichen im Durchschnitt ein Mobiltelefon. Sie erhielten dies in der Regel gekoppelt mit einer "Pre-Paid-Card". Aufgrund des beschränkten Guthabens wüssten die Jugendlichen sehr genau, welche Kosten für das Mobiltelefon anfielen. Sie seien deshalb auch sehr genau darüber im Bilde, welche Kosten für das konkrete Herunterladen von Klingeltönen erforderlich seien. Gänzlich unverständlich sei, aus welchem Grunde der Kläger eine Unterlassung der Bestellung von Logos, Bildmitteilungen und Bildschirmschonern per SMS begehre.

Bezüglich der Werbung in der Zeitschrift "X" wendet die Beklagte ein, diese nicht geschaltet zu haben. Das Booklet werde üblicherweise in der Zeitschrift "C" verwendet und sei nur durch eine Verwechselung in das Heft "X 32" geraten, und zwar nur in einer Größenordnung von ca. 1.000 bis 2.000 Exemplaren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Dortmund vom 4. Dezember 2003 abzuweisen.

Der Kläger beantragt unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist nur insoweit begründet, als der Beklagten durch das angefochtene Urteil auch die Bewerbung von Bestellungen per SMS verboten worden ist, im Übrigen ist die Berufung der Beklagten unbegründet.

Das zu Ziff. 1 ausgeurteilte Verbot ist hinreichend bestimmt, auch soweit es den Verbotsgegenstand auf Jugendzeitschriften eingrenzt. Es handelt sich dabei um einen feststehenden Fachbegriff, der hinreichend deutlich erkennen lässt, welche Zeitschriften von ihm erfasst werden (BGH NJW 1994, 731 - Zigarettenwerbung in Jugendschriften; OLG Hamburg, GRUR RR 2003, 317).

Zu Recht hat das Landgericht die beanstandete Werbung für das Herunterladen von Klingeltönen, Logos u.ä. aus § 1 UWG verboten, soweit die Bestellung per 0190-Telefonnummern erfolgt. Denn es wird die geschäftliche Unerfahrenheit von Jugendlichen in wettbewerbswidriger Weise dadurch ausgenutzt (OLG Hamburg, a.a.O.; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdz. 370; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 1 UWG, Rdz. 198).

Es geht vorliegend nicht um die Erfahrung der Jugendlichen im Umgang mit dem Handy. Insoweit mögen sie Erwachsenen sogar überlegen sein. Auch Werbeangeboten mögen sie grundsätzlich kritisch gegenüberstehen.

Hier geht es allein um den Umgang mit dem Geld. Dabei steht nicht die Frage des Preis-Leistungs-Verhältnisses im Vordergrund, so dass der Vergleich der Beklagten mit der Eintrittskarte für das Pop-Konzert nicht trifft. Vielmehr liegt das sittenwidrige Element hier darin, dass es für den Jugendlichen nicht überschaubar ist, wieviel ihn die Bestellung des gewünschten Logos tatsächlich kosten wird, wenn er sich für die Bestellung einmal entschieden hat. Der angegebene Preis pro Minute, der für das Anwählen der 0190-Telefonnummer zu zahlen ist, hilft dem Jugendlichen dabei nicht entscheidend weiter, weil er zu Beginn des Herunterladens noch nicht sicher abschätzen kann, wie lange dieser Vorgang tatsächlich dauern wird und wieviel ihn das gewünschte Logo tatsächlich kosten wird. Es kommt hinzu, dass der Jugendliche seine Entscheidung für ein bestimmes Logo nachträglich auch nicht mehr ohne Kosten revidieren kann. Er kann zwar den Vorgang abbrechen, wenn dieser länger dauert, als zunächst angenommen, und damit der Erwerb teurer kommt, als zunächst vorgestellt. Das bis dahin vertelefonierte Geld ist aber unwiderbringlich verloren. Der Jugendliche hat dann Geld ausgegeben, ohne irgendetwas dafür bekommen zu haben. Das wird ihn regelmäßig davon abhalten, den Ladevorgang abzubrechen. Er wird vielmehr weiter versuchen, das gewünschte Logo herunterzuladen, in der Hoffnung, dass der Vorgang nun nicht mehr lange dauert. Er wird hoffen, dass die eintretende Verteurung immer noch eher zu verkraften ist, als wenn er bei einem Abbruch des Ladevorganges den gesamten bis dahin angefallenen Betrag verloren gibt. Diese Konsequenzen und einen damit vorhandenen Anstieg der Kosten macht sich der Jugendliche nicht hinreichend klar. Ein verlässliches Abschätzen, was ihn das gewünschte Logo tatsächlich kosten wird, ist ihm nicht möglich, wenn ihm in der Werbung nur der Preis pro Minute für die 0190-Telefonnummer angegeben wird. Er wird darauf spekulieren, dass es, etwa aufgrund seiner Bedienungsfertigkeit, die er sich selbst attestiert, schon nicht so teuer werden wird. Diese Unerfahrenheit, solche anfallenden Kosten realistisch einschätzen zu können, macht sich die Beklagte für den Absatz ihrer Leistungen zu Nutze und handelt damit unlauter nach § 1 UWG.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Einwand der Beklagten, den Jugendlichen würde eine vergleichbare Werbung auch in anderen Zeitschriften, die sich vornehmlich an Erwachsene wenden, begegnen. Es kann hier dahingestellt bleiben, wie eine solche Werbung in anderen Zeitschriften wettbewerbsrechtlich zu beurteilen ist. Denn darüber ist angesichts des begehrten eingeschränkten Verbots nicht zu befinden. Jedenfalls wenn solche Werbung wie hier in Jugendzeitschriften erfolgt, erreicht sie schon wegen des Umfeldes in jedem Falle eine solche Wirkung, wie oben beschrieben, die aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht mehr hingenommen werden kann.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, soweit sich das unter Ziff. 1) ausgeurteilte Verbot auch auf die Werbung für Bestellungen per SMS bezieht. Die Ungewissheit über die Kostenhöhe, die das durchschlagende Unrechtselement bei der Bestellung per 0190-Telefonnummer ist, fehlt hier, so dass dieser Verbotsteil unbegründet ist. Bei der Bestellung per SMS liegt der Betrag für jeden Klingelton und jedes Logo von vornherein fest, so dass der Jugendliche sich durch bloße Addition errechnen kann, was an Kosten auf ihn zukommt. Die Beklagte greift dies in ihrer Berufungsbegründung auch ausdrücklich auf. Soweit das Landgericht im angefochtenen Urteil auf die generelle Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen vor unbedachten Ausgaben abgestellt hat, kann dies allein die Wettbewerbswidrigkeit nicht begründen. Der wettbewerbsrechtliche Schutz kann nicht so weit gehen, dass die Jugendlichen generell vor überteuerten Angeboten bewahrt bleiben müssen. Die Jugendlichen können über das Wettbewerbsrecht nicht vor Ausgaben geschützt werden, die ihre Erziehungsberechtigten für unsinnig halten. Auch der Kläger gibt keine eigenständige Begründung für dieses Werbeverbot für Bestellungen per SMS. In der Klageschrift wird vielmehr diese Art der Bestellmöglichkeit allein in dem Sinne angeführt, dass dadurch die Wettbewerbswidrigkeit der Bestellung per 0190-Telefonnummer nicht entfallen kann. Das ist sicher richtig, kann aber die eigenständige Wettbewerbswidrigkeit der Werbung für Bestellungen per SMS nicht begründen.

Hinsichtlich des Verbotes zu Ziff. 2) ist die Berufung insgesamt unbegründet. Zur hinreichenden Bestimmtheit gilt das, was bereits oben zur hinreichenden Bestimmtheit des Verbotes zu Ziff. 1) ausgeführt worden ist. Auch der Begriff der Kinderzeitschrift hat einen so fest umrissenen Begriffsinhalt, dass für die Beklagte hinreichend deutlich zu erkennen ist, auf welche Art von Zeitschriften sich das Verbot bezieht.

Das Landgericht hat dieses Verbot auch zu Recht ausgesprochen. Es bezieht sich auf die Werbebeilage in der Zeitschrift "x". Soweit sich die Beklagte damit verteidigt, dass diese Werbebeilage versehentlich in diese Zeitschrift geraten sei, kann sie damit schon im Hinblick auf § 13 Abs. 4 UWG unter dem Gesichtspunkt der Beauftragtenhaftung nicht gehört werden. Der Begriff des "Beauftragten" im Sinne dieser Vorschrift ist weit zu fassen (Köhler/Piper, a.a.O., § 13 Rdz. 44). Die Vorschrift lässt den Geschäftsinhaber für jeden verantwortlich sein, der in die betriebliche Organisation dergestalt eingegliedert ist, dass einerseits der Erfolg seiner Handlung zumindest auch dem Geschäftsinhaber zugute kommt, andererseits dem Geschäftsinhaber ein bestimmender und durchsetzbarer Einfluss auf die beanstandete Tätigkeit eingeräumt ist. Hier ist die Werbebeilage jedenfalls im Rahmen der Werbeanstrengungen der Beklagten in die Zeitschrift "Wendy" gekommen. Kraft ihres betrieblichen Weisungsrechtes hätte die Beklagte dies auch jederzeit unterbinden können. Ob die Beklagte insoweit ein Verschulden trifft, darauf kommt es im Rahmen der Beauftragtenhaftung nach § 13 Abs. 4 UWG nicht an. Allein die Zuordnung zum Geschäftsbereich der Beklagten reicht insoweit aus. Sinn des § 13 Abs. 4 UWG ist es gerade, dass der Geschäftsinhaber auch für Fehler seiner Beauftragten einstehen muss, wenn er an sich ihm obliegende Tätigkeiten auf Dritte auslagert wie hier die Bestückung der Zeitschrift "x" mit Werbematerial der Beklagten.

Im Übrigen ist der Vortrag der Beklagten nicht widerspruchsfrei. Schon das Landgericht hat darauf hingewiesen, dass die bestandete Werbebeilage sich auch in dem Exemplar der Zeitschrift x befindet, das die Beklagte als das ordnungsgemäß bestückte Exemplar zu den Akten gereicht hat (vgl. Bl. 115 d.A.). Welche Beilage tatsächlich in die Zeitschrift "x" gehört hätte, die nicht die beanstandete Werbung enthielt, hat die Beklagte nicht dartun können. Im Übrigen spricht auch das Deckblatt der Werbebeilage ("Pferdegeflüster", vgl. Bl. 111 d.A.) schon dafür, dass diese Beilage für die Kinder-Pferde-Zeitschrift "x" bestimmt war.

Auch diese Werbung verstößt gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen.

Soweit dafür geworben wird, die angeführten Sprüche unter einer 0190 Telefonnummer zu bestellen, kann vollinhaltlich auf die oben zu dem Verbot zu Ziff. 1 gegebene Begründung verwiesen werden.

Diese Begründung trägt aber auch das Werbeverbot für das bloße Anhören von Sprüchen. Zwar könnte insoweit mit Hilfe einer Uhr die Zeit gemessen werden, die das Anhören nur dauern soll. Eine solche Betrachtungsweise ist aber unrealistisch. Auch hier besteht die Gefahr, dass den Kindern und Jugendlichen beim Anhören der Sprüche die Zeit gewissermaßen zwischen den Fingern zerrinnt. Auch hier muss nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass der Zusammenhang von Zeitdauer und Kosten den Kindern und Jugendlichen im Augenblick des Telefonates bei einer 0190-Telefonnummer nicht so präsent ist, dass sie die verursachten Kosten zuverlässig abschätzen können. Auch insoweit nutzt also die angegriffene Werbung die Unerfahrenheit der Kinder und Jugendlichen in geschäftlichen Dingen zu ihrem Vorteil aus und ist damit wettbewerbswidrig nach § 1 UWG. Hinzu kommt, dass dieses "Sprücheanhören" gewissermaßen Radio-Ersatzfunktion hat, wo die Zeitspanne des bloßen Hörens keinen Einfluss auf die Kosten hat. Dass dies bei dem "Sprücheanhören" mit Hilfe einer 0190-Telefonnummer so gravierend anders ist, machen sich die Kinder und Jugendlichen nach der Lebenserfahrung in ihrer Begeisterung für die angehörten Sprüche nicht hinreichend klar.

Hinsichtlich des zweiten Verbotsteils fehlt es nicht am Rechtschutzbedürfnis, auch wenn diesem Verbotsteil dieselbe Werbung zugrundeliegt, wie dem ersten Verbotsteil. Zwar wird nach diesem ersten Verbotsteil bereits die Bewerbung sämtlicher Sprüche verboten, also auch die vom zweiten Verbotsteil erfassten sexuell anzüglichen Sprüche. Das schließt wegen des unterschiedlichen Verbotsgrundes ein zusätzliches Verbot der sexuell anzüglichen Sprüche aber nicht aus (BGH GRUR 2004, 246 - Krankenkassenzulassung). Eine solche allein am Verbotsgegenstand orientierte Betrachtung würde dem differenziert zu sehenden Streitgegenstand nicht gerecht. Man kann einem Verbotsbegehren nicht allein deshalb das Rechtschutzbedürfnis absprechen, weil es vom Verbotsgegenstand her inhaltlich schon von einem anderen Verbot erfasst wird. Vielmehr ist auch auf den Verbotsgrund zu achten, um den Streitgegenstand zuverlässig bestimmen zu können. Eine solche differenzierte Betrachtungsweise ist auch deshalb von Nöten, weil die Bestimmung des Streitgegenstandes auch dafür maßgebend ist, auf welche Weise der Beklagte aus einem Verbot wieder herauskommen kann. Auch bei einem einheitlichen Verbotsinhalt können unterschiedliche Verbotsgründe dazu führen, dass der Beklagte auch nur auf unterschiedliche Weise aus dem Verbotsbereich wieder herauskommen kann.

Wie sich aus der Anspruchsbegründung des Klägers (vgl. Bl. 23 d.A.) ergibt, stützt der Kläger den zweiten Verbotsteil allein auf die Anstößigkeit der Sprüche. Verbotsgrund ist hier also nicht die durch die 0190-Telefonnummer bewirkte Preisverschleierung und Kostentreiberei, sondern der Text der Sprüche selbst. Während demgemäß bei dem ersten Verbotsteil ein Umschalten der Werbung auf andere Bestellmöglichkeiten schon aus dem Verbotskern herausführen kann, ist dies beim zweiten Verbotsteil nicht der Fall. Denn die Anstößigkeit der Sprüche als Verbotsgrund bleibt auch dann erhalten.

In der Sache ist dieses Verbot aus § 1 UWG bereits deshalb begründet, weil diese Art des geschmacklosen Werbens sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist. Dies wird von der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung auch nicht in Zweifel gezogen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 24.06.2004
Az: 4 U 29/04


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