Oberlandesgericht München:
Urteil vom 21. Oktober 2010
Aktenzeichen: 29 U 2787/10

(OLG München: Urteil v. 21.10.2010, Az.: 29 U 2787/10)

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 04. März 2010 € Az. 4 HK O 21916/09 € dahingehend abgeändert, dass die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 20. November 2009 aufgehoben und der Verfügungsantrag zurückgewiesen wird.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der in erster Instanz angefallenen Kosten zu tragen.

Gründe

I.

Dem Verfahren liegt eine markenrechtliche Streitigkeit zugrunde.

Die Antragstellerin wurde im Jahr 1932 gegründet. Sie war zunächst auf dem Gebiet der Wintersportbekleidung tätig und erwarb auf diesem Gebiet einen hervorragenden Ruf. Seit geraumer Zeit hat sie sich auch zu einem sehr bekannten Lifestyle-Unternehmen entwickelt und vertreibt Lifestyle-Produkte wie modische Brillen, Schmuckwaren, Taschen, Parfums und Schuhe mit einer Kennzeichnung in Form des Anfangsbuchstabens der Firma Bo. , einem "B".

Die Klägerin ist Inhaberin folgender Marken (in der Reihenfolge ihrer Geltendmachung im hiesigen Verfahren):

a) der als Bildmarke am 31. Oktober 2003 angemeldeten und am 09. Oktober 2009 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (nachfolgend: HABM) registrierten Gemeinschaftsmarke 008640948 ,

eingetragen unter anderem für die Waren der Klasse 25 "Bekleidungsstücke, Schuhwaren und deren Teile (soweit in Klasse 25 enthalten); Kopfbedeckungen" sowie der Klasse 28 "Golftaschen, mit und ohne Räder; spezielle an Skier und/oder Snowboards angepasste Taschen" (vgl. Anl. K 7),

b) der am 10. Februar 1995 angemeldeten und am 06. Februar 1996 registrierten deutschen Wort-/Bildmarke 395 06 079

, eingetragen unter anderem für die Waren der Klassen 18 "Reise- und Handkoffer" und 25 "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" (vgl. Anl. K 24),

c) der am 14. August 1980 angemeldeten und am 23. Juli 1984 aufgrund Verkehrsdurchsetzung registrierten deutschen Wort-/Bildmarke 106 61 47

, eingetragen für die Waren der Klasse 25 "Winterbekleidungsstücke, nämlich Skianzüge und Anoraks, Sportanzüge" (vgl. Anl. K 5),

d) der am 27. Oktober 2005 angemeldeten und am 22. Dezember 2005 registrierten deutschen Wort-/Bildmarke 305 64 135

, eingetragen unter anderem für die Waren der Klassen 18 "Reise- und Handkoffer; Rucksäcke und Taschen (soweit in Klasse 18 enthalten), einschließlich Sporttaschen, Sportschuhtaschen, Reisetaschen, Trage- und Umhängetaschen, Gürteltaschen" und 25 "Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen; Schuhwaren" (vgl. Anl. K 6),

e) der am 06. August 2002 angemeldeten und am 03. September 2002 registrierten deutschen Wort-/Bildmarke 302 39 067

, eingetragen unter anderem für die Waren "Reise- und Handkoffer; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" (vgl. Anl. K 8),

f) der am 11. März 2004 angemeldeten und am 26. April 2004 registrierten deutschen Wort/Bildmarke 304 14 201

, eingetragen unter anderem für die Waren "Taschen aus Leder, Kunststoff und/oder textilen Materialien, Sporttaschen" (vgl. Anl. K 9) und

g) der am 31. Oktober 2003 für die Waren der Klasse 18 "Reise- und Handkoffer; Rucksäcke und Taschen, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind" und 25 "Bekleidungsstücke, Schuhwaren; Kopfbedeckungen" angemeldeten und am 16. März 2010 registrierten Gemeinschaftsmarke 008899940 (vgl. Anl. K 43):

Die Antragsgegnerin stellt seit Mitte der neunziger Jahre Fahrräder unter der Marke "Be. " her. Neben dem Schriftzug "Be. " verwendet sie das nachfolgende Logo

mit dem Anfangsbuchstaben "B" des Unternehmenskennzeichens "Be. ".

Am 20. Oktober 2009 hat die Antragstellerin festgestellt, dass der Fahrradfachmarkt P. Fahrradbekleidung, Taschen und Kopfbedeckungen anbot, die mit einem "B" in der aus Anl. K 11, K 15 ersichtlichen Weise gekennzeichnet waren. Nachforschungen der Antragstellerin ergaben, dass die Firma P. von der Antragsgegnerin mit den fraglichen Waren beliefert wurde.

Hierin sieht die Antragstellerin eine Verletzung ihrer Markenrechte. Auf ihren Antrag vom 19. November 2009 hat das Landgericht am 20. November 2009 folgende einstweilige Verfügung erlassen:

1. Der Antragsgegnerin wird [bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel] verboten,

im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken einschließlich Kopfbedeckungen ein "B" gemäß nachstehenden Abbildungen

zu benutzen, insbesondere die genannten Waren mit diesem Kennzeichen anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben, einzuführen und/oder auszuführen, insbesondere wie aus den nachstehenden Beispielen ersichtlich:

und/oder im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland das Kennzeichen

für Taschen zu benutzen, insbesondere Taschen mit diesem Kennzeichen anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben, einzuführen und/oder auszuführen, insbesondere wie aus dem nachstehenden Beispiel ersichtlich:

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. [Streitwert]

Auf Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht am 04. März 2010 folgendes Urteil erlassen:

1. a) Die einstweilige Verfügung vom 20.11.2009 bleibt in Ziffer 1. mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Verbote gemäß Ziffer I. des Verfügungstenors auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt werden.

b) Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung in Ziffer I. aufgehoben und der Antrag

auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

2. a) Die Kostenentscheidung gemäß Ziffer II. der einstweiligen Verfügung vom 20.11.2009 wird aufgehoben.

b) Von den Kosten des Verfahrens einschließlich des Widerspruchs trägt die Verfügungsklägerin ¾, die Verfügungsbeklagte ¼.

3. [Vorläufige Vollstreckbarkeit]

Zur Begründung ist ausgeführt, der Verfügungsanspruch der Antragstellerin ergebe sich gemäß § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 MarkenG aus den beiden deutschen Wort-/Bildmarken "B mit Kreis" gemäß den Anlagen K 8 und K 9. Beide Zeichen seien durchschnittlich kennzeichnungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Insbesondere seien sie auch eintragungsfähig. Zwischen den vom Verfügungsantrag umfassten Waren und den für die vorstehend aufgeführten Verfügungsmarken geschützten Waren bestehe Warenidentität oder jedenfalls hohe Warenähnlichkeit. Dabei müsse sich die Antragstellerin nicht entgegenhalten lassen, dass die für sie registrierten Waren hauptsächlich Verwendung im Bereich Wintersport fänden. Ebenso könne die Antragsgegnerin der Antragstellerin auch nicht entgegenhalten, dass erstere die angegriffenen Bezeichnungen nur im Bereich Fahrradbekleidung verwende. Damit reiche für die Feststellung der Verwechslungsgefahr eine lediglich geringe Zeichenähnlichkeit aus. Zwischen der angegriffenen Kennzeichnung der Antragsgegnerin "B mit/an offenem Ring oder Kreis" und dem "B im Kreis" der Antragstellerin bestehe gleichwohl hohe Zeichenähnlichkeit. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber auf die Verwendung anderer Kennzeichnungen auf dem einschlägigen Markt mit dem Buchstaben "B" verweise, sei dieser Vortrag unbehelflich.

Soweit sich die Antragstellerin allerdings auf die Gemeinschaftsmarke gemäß Anl. K 7 stütze und hieraus ein Verbot für den Bereich der europäischen Union ableite, sei mangels ausreichender Zeichenähnlichkeit die einstweilige Verfügung vom 20. November 2009 aufzuheben.

Auf die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung. Das erstinstanzliche Urteil habe sich mit wesentlichen Einwänden der Antragsgegnerin zur Frage der Unterscheidungskraft der Verfügungsmarken und der Warenidentität bzw. -nähe nicht auseinandergesetzt. Außerdem sei die nach Ansicht des Erstgerichts bestehende Zeichenähnlichkeit ohne jegliche Begründung bejaht worden. Das angegriffene Urteil des Landgerichts enthalte daher wesentliche Begründungsmängel und sei bereits aus diesem Grunde aufzuheben.

Das Erstgericht habe bei der Prüfung der Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarken außer Acht gelassen, dass deren Eintragungsfähigkeit ausschließlich auf ihrer grafischen Gestaltung beruhe. Die sich durch die Verwendung des Buchstabens "B" für Bekleidungsstücke an beschreibende und freihaltebedürftige Angaben anlehnenden Verfügungsmarken wiesen daher nur eine geringe Unterscheidungskraft auf, ihr Schutzbereich sei entsprechend gering und eng zu bemessen. Allein die grafische Ausgestaltung verleihe dem Buchstaben "B", wie der Entscheidungspraxis des HABM zu entnehmen sei, die für die Eintragungsfähigkeit ausreichende Unterscheidungskraft. Ein einzelner Buchstabe könne als solcher nicht für einen Marktteilnehmer monopolisiert werden. Dass das streitgegenständliche "Bo. -B im Kreis" nur einen geringen Schutzumfang aufweise, zeige zudem die trotz bestehender Warenidentität den Widerspruch der Antragstellerin mangels Zeichenähnlichkeit zurückweisende Entscheidung des HABM vom 21. Januar 2010 € B 1254749 (Anl. W 25). Der Schutzumfang der Verfügungsmarken sei zudem durch auf dem Markt vorhandene ähnliche Drittmarken geschwächt. Insbesondere finde im Bereich der Textilindustrie der Einsatz von Logos mit dem Buchstaben "B" in vielfacher Weise Verwendung. Dass den streitgegenständlichen Kennzeichen der Antragstellerin aufgrund umfangreicher Benutzung eine gesteigerte Kennzeichnungskraft beizumessen sei, werde bestritten. Zwar möge die Marke "Bo. " bekannt sein, dies gelte aber nicht für das verfahrensgegenständliche "Bo. -B" im Kreis bzw. in Alleinstellung.

Die verfahrensgegenständlichen Zeichen stünden sich auch nicht in verwechslungsfähiger Weise gegenüber. Für die Beurteilung dieser Frage sei allein der schriftbildliche Zeichenvergleich maßgeblich. Der klangliche Zeichenvergleich habe unberücksichtigt zu bleiben, da die Benennung der Vergleichsmarken als "B" eine Ausdehnung des Schutzbereichs auf eine beschreibende bzw. freihaltebedürftige Angabe darstellen würde. In schriftbildlicher Hinsicht sei den Vergleichszeichen allerdings nur die grafisch verfremdete Wiedergabe des Buchstabens "B" gemeinsam. Die einzelnen Gestaltungselemente im angegriffenen Logo der Antragsgegnerin unterschieden sich indessen erheblich von denjenigen in den Verfügungsmarken. Dies führe dazu, dass auch der Gesamteindruck der Zeichen deutlich voneinander abweiche. Die Verfügungsmarken der Antragstellerin wiesen einen asymmetrisch gestalteten Buchstaben "B" auf, der sich beim "B im Kreis" in einer symmetrischen, d.h. konzentrischen Kreisform befinde. Dies verleihe dem "B im Kreis" der Antragstellerin einen statischen, stempelartigen Gesamteindruck. Demgegenüber verlaufe der Buchstabe "B" im angegriffenen Zeichen der Antragsgegnerin symmetrisch, während das zusätzliche, an eine Sichel erinnernde Zeichenelement einen dynamischen und schwungvollen Gesamteindruck beim Betrachter erwecke. Der angesprochene Verkehr nehme die bestehenden Zeichenunterschiede auch wahr. Bei hochpreisigen Markenartikeln, wie sie die Antragstellerin vertreibe, sei davon auszugehen, dass der Verkehr im Vergleich zu Waren des täglichen Verbrauchs der Kennzeichnung eines Produkts erhöhte Aufmerksamkeit widme.

Dem Erstgericht könne auch nicht gefolgt werden, soweit dieses von Warenidentität bzw. hoher Warenähnlichkeit ausgegangen ist. Auf die beiden deutschen Marken "B im Kreis" gemäß Anl. K 8 und K 9 hätte das Landgericht seine Entscheidung schon deshalb nicht stützen dürfen, da die Antragstellerin eine rechtserhaltende Benutzung dieser Marken nicht glaubhaft gemacht habe. Überdies bestehe ein deutlicher Warenabstand, da die Antragsgegnerin die angegriffene Kennzeichnung nur für Fahrradbekleidung verwende. Derartige Bekleidung führe die Antragstellerin aber nicht in ihrem Sortiment.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 04. März 2010 aufzuheben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 19. November 2010 insgesamt zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt ergänzend aus: Die Antragsgegnerin verkenne, dass angesichts bestehender Warenidentität selbst bei unterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarken die angegriffene Kennzeichnung der Antragsgegnerin keinen ausreichenden Zeichenabstand einhalte, um die bestehende Verwechslungsgefahr auszuschließen.

Indessen sei der Antragsgegnerin nicht darin zu folgen, dass die Verfügungsmarken lediglich in geringem Umfang kennzeichnungskräftig seien. Dem Einwand, ausreichende Unterscheidungskraft würden die Verfügungsmarken nur durch ihre grafische Gestaltung erfahren, stehe bereits entgegen, dass die Verfügungsmarke gemäß Anl. K 5 als verkehrsdurchgesetztes Zeichen eingetragen wurde. Der Buchstabe "B" sei für Bekleidungsstücke keineswegs beschreibend. Soweit die Antragsgegnerin ein bestehendes Freihaltebedürfnis am Buchstaben "B" reklamiere, sei diese Frage für das Verletzungsverfahren ohne Belang. Der Spruchpraxis des HABM, wonach von einer grundsätzlichen Schutzunfähigkeit von Einzelbuchstaben auszugehen sei, hätten sich in der Vergangenheit weder die deutschen Eintragungsbehörden noch die Rechtsprechung der nationalen Gerichte angeschlossen. Der von der Antragstellerin erhobene Schwächungseinwand entbehre einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage. Zudem sei auf die besondere Bekanntheit der Klagezeichen hinzuweisen, die ihnen eine überdurchschnittliche, zumindest aber durchschnittliche Kennzeichnungskraft verleihe.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin führe der Warenvergleich zu einer absoluten Warenidentität. Auf den Benutzungszwang komme es nicht an, da sich die Gemeinschaftsmarken der Antragstellerin sowie deren deutsche Marke gemäß Anl. K 6 noch in der Benutzungsschonfrist befänden. Abgesehen davon sei jedermann bekannt, dass die Antragstellerin die streitgegenständlichen Zeichen in großem Umfang auf dem Bekleidungssektor verwende. Soweit daneben in der Kennzeichnung auch noch das Firmenschlagwort "Bogner" Verwendung finde, ändere dies nichts an der rechtserhaltenden Benutzung der sich nicht mehr in der Benutzungsschonfrist befindlichen Verfügungsmarke gemäß Anlage K 5. Bei der Beurteilung der Warenidentität bzw. €ähnlichkeit komme es im Übrigen nicht darauf an, welche Waren die Antragstellerin in ihrem Sortiment habe. Entscheidend sei insoweit allein das registrierte Warenverzeichnis.

Ohne Erfolg berufe sich die Antragsgegnerin auf mangelnde Zeichenähnlichkeit. Ihrem diesbezüglichen Vorbringen lege sie eine unzulässige zergliedernde und analysierende Betrachtungsweise zugrunde. Beim Zeichenvergleich sei davon auszugehen, dass der Verkehr die in Rede stehenden Kennzeichen nicht gleichzeitig wahrnehme und miteinander vergleiche, sondern seine Auffassung aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindrucks gewinne. Der Durchschnittsverbraucher achte auch nicht, wie der Vortrag der Antragsgegnerin vermuten lasse, auf die verschiedenen Einzelheiten, sondern nehme die Marke als Ganzes wahr. Deshalb falle ihm vor allem das übereinstimmende "B" auf, ohne der für sich belanglosen und wenig einfallsreichen grafischen Gestaltung sowohl des Verfügungszeichens in Form eines Kreises als auch der angegriffenen Kennzeichnung besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Somit trete der Bildbestandteil der Vergleichszeichen beim Zeichenvergleich in den Hintergrund. Anderes folge auch nicht daraus, dass mit den Verfügungsmarken der Antragstellerin hochpreisige Bekleidungsstücke gekennzeichnet seien. Es gebe keinen Rechtssatz, wonach bei einem höheren Preisniveau eine Verwechslungsgefahr hingenommen werden müsse, weil sich der Verbraucher angeblich näher mit der Ware befasse. Überdies handle es sich beim "B" in der angegriffenen Kennzeichnung der Antragsgegnerin um deren prägenden Bestandteil, so dass dessen in grafischer Hinsicht nur unwesentlich abweichende Verwendung durch die Antragsgegnerin schon aus diesem Grunde zur die Verwechslungsgefahr im konkreten Fall begründenden Zeichenähnlichkeit führe. Jedenfalls liege im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (GRUR 2005, 1042 Rn 28 f. -"THOMSON LIFE") ein Fall der selbständig kennzeichnenden Stellung des zugunsten der Antragstellerin geschützten "B" im zusammengesetzten Zeichen der Antragsgegnerin vor.

Die Antragstellerin hat zunächst Anschlußberufung mit dem Antrag,

auszusprechen, dass die einstweilige Verfügung vom 20.11.2009, soweit Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen betroffen sind, im Gebiet der Europäischen Union gilt,

eingelegt, mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16. August 2010 jedoch wieder zurückgenommen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21. Oktober 2010 und Urteilsverkündung am selben Tag hat die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28. Oktober 2010 erklärt, sie nehme den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.

Die Antragsgegnerin hält die Antragsrücknahme für unwirksam.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins vom 21. Oktober 2010 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist begründet. Dies führt zur Abänderung des Ersturteils im aus dem Tenor dieses Senatsurteils ersichtlichen Umfang mit der Folge der Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 20. November 2009 und der Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrags.

1. Die nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 21. Oktober 2010 von der Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28. Oktober 2010 erklärte Rücknahme des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 19. November 2009 ist unwirksam.

58Es mag zutreffen, dass die Rücknahme eines Verfügungsantrags jederzeit möglich ist, doch findet dies, was im Übrigen auch durch die im Schriftsatz der Antragstellerin vom 28. Oktober 2010 zitierte Fundstelle bei Schuschke/Walter, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 920 Rn. 12 belegt wird, seine zeitliche Grenze im rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens.

59Urteile, gegen die ein statthaftes Rechtsmittel nicht gegeben ist, werden mit der Verkündung rechtskräftig; hierzu gehören im Hinblick auf § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Berufungsurteile der Oberlandesgerichte in Verfahren, die eine einstweilige Verfügung betreffen (vgl. MünchKommZPO/Krüger, 3. Aufl., § 705 Rn. 5; Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 705 Rn. 4; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 705 Rn. 7).

2. Mangels Verzichts der Antragsgegnerin auf Entscheidungsgründe (§ 313a Abs. 1 Satz 2 ZPO) erfolgt die Abfassung des Urteils nach Maßgabe des § 540 ZPO in vollständiger Form.

3. Mit Erfolg wendet sich die Antragsgegnerin gegen die im Urteil des Landgerichts getroffene Feststellung, in der Verwendung der in Ziffer I. dieses Urteils im Einzelnen dargestellten angegriffenen Kennzeichnungen liege eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin an den verfahrensgegenständlichen Marken.

a) Die Auffassung des Landgerichts, die Antragsgegnerin habe die Rechte der Antragstellerin an ihren eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarken 302 39 067 (Anl. K 8, "B im Kreis") und 304 14 201 (Anlage K 9, ebenfalls "B im Kreis") verletzt, hält einer Nachprüfung durch den Senat nicht stand.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; EuGH Urteil vom 3. September 2009, Rs. C-498/07 P, Tz. 38 € La Española; GRUR 2006, 413, Rn. 17 -ZIRH/ SIR; GRUR 2006, 237, Rn. 18 € Picaro/ Picasso; GRUR 1998, 387, Rn. 23 € Sabèl/ Puma; BGH GRUR 2009, 484, Tz. 23 € Metrobus; GRUR 2008, 1002, Tz. 23 € Schuhpark; GRUR 2008, 719, Rn. 18 € idw Informationsdienst Wissenschaft; GRUR 2008, 258, Tz. 20 - INTERCONNECT/ T-Inter-Connect; GRUR 2007, 321, Rn. 18 - COHIBA; GRUR 2006, 60, Rn. 12 € coccodrillo; GRUR 2006, 859, Rn. 16 € Malteserkreuz).

(1) Zwischen den für die Waren "Bekleidungstücke, Kopfbedeckungen" eingetragene Marke 302 39 067 der Antragstellerin (Anl. K 8) und den korrespondierenden streitgegenständlichen Waren der Antragsgegnerin besteht Warenidentität. Gleiches gilt in Richtung auf die von der Antragsgegnerin angebotenen Taschen in Bezug auf die für "Taschen aus Leder, Kunststoff und/oder textilen Materialien, Sporttaschen" registrierte Marke 304 14 201 der Antragstellerin (Anl. K 9).

Ohne Erfolg hält dem die Antragsgegnerin entgegen, dass die Antragstellerin vorwiegend Bekleidungsstücke aus dem Bereich Wintersport anbiete, wohingegen die Antragsgegnerin die angegriffene Kennzeichnung für Fahrradbekleidung verwende, die sich wiederum nicht im Sortiment der Antragstellerin befinde. Für die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist allein von den im Markenregister eingetragenen Waren und Dienstleistungen auszugehen, nicht von denen, für welche die Marken tatsächlich im Verkehr eingesetzt werden (vgl. BGH GRUR 1999, 164, 166 € JOHN LOBB). Vom Schutzbereich der Verfügungsmarke gemäß Anl. K 8 sind somit grundsätzlich sämtliche Arten von Bekleidungsstücken einschließlich Kopfbedeckungen umfasst. Warenidentität besteht daher auch im Verhältnis zur Fahrradbekleidung der Antragsgegnerin, unabhängig davon, dass die Antragstellerin eine solche nicht führt. Gleiches gilt in Richtung auf das für die Verfügungsmarke gemäß Anl. K 9 eingetragene Warenverzeichnis, soweit hier von Belang ("Taschen aus Leder, Kunststoff und/oder textilen Materialien, Sporttaschen").

Soweit die Antragsgegnerin dem auf die Marken gemäß Anl. K 8 und K 9 gestützten Verfügungsbegehren der Antragstellerin den Einwand mangelnder rechtserhaltender Benutzung entgegenhält (§ 26 Abs. 1 MarkenG), ist dem nicht zu folgen. Unabhängig vom Vorbringen der Antragstellerin, wonach die vielfache Verwendung des Verfügungszeichens "B im Kreis" € nicht nur im Zusammenhang mit der Firmenbezeichnung "Bo. ", sondern auch in Alleinstellung € für die in Frage stehenden Waren allgemein bekannt sei, hat die Antragstellerin zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marken ausreichende Benutzungsnachweise vorgelegt (Anl. K 3, K 4, K 27 bis K 38).

(2) Die Verfügungsmarken "B im Kreis" gemäß Anlagen K 8 und K 9 genießen durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Im Gegensatz zur Rechtslage nach dem Warenzeichengesetz, wonach gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG wegen eines unwiderlegbar vermuteten generellen und abstrakten Freihaltungsbedürfnisses Buchstaben vom Schutz als eingetragenes Warenzeichen ausgeschlossen waren (vgl. BGH GRUR 1996, 202, 203 € UHQ; BGH GRUR 2002, 1077, 1078 € BWC), unterliegen Buchstaben in Alleinstellung und Kombinationen denselben Maßstäben wie andere Markenformen. Ihre Kennzeichnungskraft ist nach den Umständen des Einzelfalles zu bemessen. Ihnen kommt als Markenform grundsätzlich normale Kennzeichnungskraft zu (vgl. BGH GRUR 2004, 600, 601 € d-c-fix/CD-FIX; BGH GRUR 1996, 977 € P3-drano/DRANO; OLG Köln MarkenR 2006, 118, 119 € Buchstabe als Reißverschlußanhänger; OLG Hamburg GRUR 2001, 838, 839 € 1001buecher.de; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 581). Hieran ändert grundsätzlich auch die Tatsache, dass die Verwendung von Einzelbuchstaben des Alphabets zahlenmäßig beschränkt ist, nichts. Eine andere Beurteilung ist angezeigt, wenn die konkreten Buchstaben im Bereich der einschlägigen Waren oder Dienstleistungen kennzeichnungsschwache oder schutzunfähige Angaben darstellen (vgl. BGH GRUR 2001, 161 f. € Buchstabe K; BGH GRUR 2000, 608, 610 € ARD-1; GRUR 2002, 626, 628 f. € IMS; GRUR 2002, 1067, 1069 € DKV/OKV). Diesbezüglich hat die Antragsgegnerin zwar vorgetragen, der Buchstabe "B" stelle in der Textilbranche eine gängige Kurzbezeichnung für Bekleidungsstücke dar. Die hierzu als Glaubhaftmachungsmittel vorgelegten Unterlagen (Anl. W 10a bis W 10c) legen allerdings nicht nahe, dass der Verkehr in der Verwendung des Buchstabens "B" in der Textilbranche keinen Herkunftshinweis sehe, sondern eine beschreibende Angabe für Konfektionsgrößen oder für die Breite eines Schuhs.

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat der Behauptung der Antragsgegnerin, die für die Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft leite das Verfügungszeichen "B im Kreis" allein aus ihrer grafischen Gestaltung her, nicht zu folgen. Die Annahme einer von Haus aus lediglich geringen Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarken "B im Kreis" (Anl. K 8, K 9) mit einem sich lediglich auf deren grafische Gestaltung beschränkenden Schutzumfang lässt sich aus Rechtsgründen auch nicht daraus ableiten, dass die Antragstellerin im Eintragungsverfahren vor dem HABM in Richtung auf die Eintragung des "Bo. -B" (ohne Kreis) selbst (noch) die Auffassung vertreten hat, Einzelbuchstaben könnten nicht monopolisiert werden und das "Bo. -B" verdanke ausschließlich seiner grafischen Gestaltung die Eintragungsfähigkeit (vgl. Stellungnahme des Patentanwalts der Antragstellerin gegenüber dem HABM vom 16. Dezember 2004, Anl. W 5, S. 2, und vom 16. September 2008, Anl. W 7, S. 4).

70Die Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarken gemäß Anl. K 8 und K 9 ist auch nicht durch auf dem Markt befindliche Drittmarken beeinträchtigt. Die Schwächung der Kennzeichnungskraft einer Marke kann nur durch benutzte Marken herbeigeführt werden, wobei die Benutzung liquide, somit entweder unstreitig oder glaubhaft gemacht sein muss (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl. 2009, § 9 Rn. 126 mwN.). Hieran fehlt es im Streitfall. Die Vorlage von Registerauszügen (vgl. Anl. W 6) genügt zur Glaubhaftmachung des von der Antragsgegnerin erhobenen Schwächungseinwandes nicht, abgesehen davon, dass die Drittmarken keine relevante Zeichenähnlichkeit zu den streitgegenständlichen Kennzeichen aufweisen. Berücksichtigungsfähig sind insoweit nur Drittmarken, die € in Bezug auf die jeweils verletzungsbegründenden Merkmale - im (Zeichen-) Ähnlichkeitsbereich beider Vergleichsmarken liegen (vgl. BGH GRUR 1971, 577, 578 € Raupentin; Ströbele/Hacker aaO., § 9 Rn. 127).

71Das Vorbringen der Antragstellerin sowie die zur Glaubhaftmachung vorgelegten Unterlagen rechtfertigen aber auch nicht die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarken "B im Kreis" gemäß Anl. K 8 und K 9. Zwar weist die Antragstellerin zu Recht auf die Bekanntheit des Unternehmens der Antragstellerin hin. Dass sich diese allerdings auch auf die Verfügungsmarken in Alleinstellung € und nicht etwa nur auf ihre Verwendung in Verbindung mit dem Firmenetikett "Bo." - bezieht, ergibt sich jedenfalls für das hiesige Verfügungsverfahren aus den vorgelegten Glaubhaftmachungsmitteln nicht in einer Weise, die die Annahme einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft rechtfertigte. Hierzu bedarf es der Feststellung der gesteigerten Verkehrsbekanntheit der Marke unter Berücksichtigung aller hierfür relevanten Umstände (vgl. Ströbele/Hacker aaO., § 9 Rn. 112, 114), namentlich in Bezug auf den von der Marke gehaltenen Marktanteil, die Intensität der Markenverwendung, die dafür aufgewendeten Werbemittel und die dadurch erreichte Bekanntheit in den beteiligten Verkehrskreisen (vgl. BGH GRUR GRUR 2007, 1071, 1072 € Kinder II; GRUR 2008, 903, 904 € SIERRA ANTIGUO), wobei insoweit im allgemeinen objektive Statistiken oder demoskopische Befragungen sowie Angaben über Werbeaufwendungen zuverlässigere Schlüsse auf die Verkehrsbekanntheit einer Marke zulassen (vgl. BGH GRUR 2002, 544, 547 € BANK 24; BGH aaO. € SIERRA ANTIGUO, S. 904). Vor diesem Hintergrund tragen das Vorbringen der Antragstellerin zur Verwendung der Verfügungsmarken "B im Kreis" gemäß Anl. K 8 und K 9 und die hierzu eingereichten Glaubhaftmachungsmittel die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft nicht.

(3) Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarken "B im Kreis" gemäß Anl. K 8 und K 9 bei bestehender Warenidentität sind erhöhte Anforderungen an den von der Antragsgegnerin einzuhaltenden Zeichenabstand zu stellen, um eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr ausschließen zu können.

73Die Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach Klang, Schriftbild und Sinngehalt anhand ihres Gesamteindrucks zu beurteilen, wobei grundsätzlich für die Annahme einer Zeichenähnlichkeit bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügt (vgl. BGH GRUR 2010, 235, Tz. 18 € AIDA/AIDU). Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie die sich gegenüberstehenden Zeichen auf den Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren wirken, der eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. EuGH GRUR 2007, 700, Tz. 35 € HABM/SHAKER). Die sich gegenüberstehenden Zeichen sind jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH aaO. € HABM/Shaker, Tz. 35).

Die Parteien haben insoweit zu Recht die Frage einer Verwechslungsgefahr in schriftbildlicher Hinsicht in den Vordergrund ihres Vortrages gestellt.

(a) Einer Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht steht entgegen, dass der Verkehr die sich gegenüberstehenden Zeichen nicht allein nach dem Buchstaben "B" benennen würde - abgesehen davon, dass der Schutzumfang der als Wort-/Bildmarken eingetragenen Verfügungsmarken unzulässig erweitert würde, stellte man bei der Frage der Zeichenähnlichkeit in phonetischer Hinsicht allein auf das Buchstabenelement ab -, sondern in Richtung auf die Marken der Antragstellerin entweder als "Bo. -B" oder als "B im Kreis". Diese unterscheiden sich klanglich allerdings so erheblich von dem "Be. -B" der Antragstellerin, dass jedwede klangliche Verwechslungsgefahr ausscheidet. Auch eine Verwechslungsgefahr in begrifflicher Hinsicht scheidet im Streitfall aus. Den gegenüberstehenden abstrahierenden Zeichen entnimmt der Verkehr keinen übereinstimmenden oder sich annähernden Begriffsgehalt.

(b) Es stehen sich im Streitfall folgende Zeichen gegenüber:

78Beim schriftbildlichen Zeichenvergleich ist zu berücksichtigen, dass das Schriftbild von Marken erfahrungsgemäß eine genauere und in der Regel sogar wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort (vgl. BPatG GRUR 2004, 950, 954 € ACELAT/Acesal; Ströbele/Hacker aaO., § 9 Rn. 206). Im Bereich hochpreisiger, nicht alltäglich angeschaffter Waren, in dem die Antragstellerin ihre Lifestyle-Produkte anbietet, verbindet der angesprochene Verkehr mit der von ihm gewünschten Marke eine besondere Wertvorstellung. Insofern widmet der Verbraucher der Kennzeichnung einer entsprechenden Ware eine gesteigerte Aufmerksamkeit. Auch wenn er in der Regel nicht zeitgleich mit den Vergleichsmarken konfrontiert wird, werden ihm die bestehenden deutlichen Unterschiede in den Bildbestandteilen der Vergleichsmarken nicht verborgen bleiben. Es sind dies zum einen die unterschiedliche Gestaltung des Buchstaben "B". Während beim "Bo. -B" aufgrund des schräg verlaufenden Mittelstrichs die beiden Bäuche asymmetrisch dargestellt sind und der untere Bauch hervortritt, wodurch der Eindruck einer Brezelform erweckt wird, verlaufen beim "Be. -B" die beiden Bäuche symmetrisch. Der für den Zeichenvergleich maßgebliche Gesamteindruck der angegriffenen Kennzeichnung der Antragsgegnerin wird ferner durch den Verlauf des schräg nach oben aufsteigenden Buchstabens "B" sowie durch die Elipsenform € an einen Fahrradreifen erinnernd - geprägt, in der sich der Buchstabe "B" befindet. Während das "B im Kreis" der Antragstellerin einen statischen, an einen Stempelabdruck anklingenden Gesamteindruck vermittelt, erfährt das angegriffene Kennzeichen der Antragsgegnerin durch die vorbeschriebene grafische Gestaltung ein dynamisches Profil und unterscheidet sich erheblich von den Verfügungszeichen gemäß Anlagen K 8 und K 9.

Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Verkehr achte bei Wort/Bildmarken in erster Linie auf den Wortbestandteil. Für die Ermittlung des bildlichen Gesamteindrucks kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Verkehr bei der visuellen Wahrnehmung einer Wort-/Bildmarke ausschließlich an dem Wort orientiert, ohne den Bildbestandteil € jedenfalls soweit es sich hierbei nicht um völlig bedeutungslose Zutaten handelt (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 € URLAUB DIREKT; GRUR 2007, 235, 237 € Goldhase), wovon im Streitfall nicht auszugehen ist - in sein Erinnerungsbild aufzunehmen (vgl. BGH GRUR 2005, 419, 423 - Räucherkate; GRUR 2006, 859, 862 € Malteserkreuz; GRUR 2008, 254, 257 € THE HOME STORE; BGH aaO. € SIERRA ANTIGUO, S. 904).

Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die sich gegenüberstehenden Marken durch den Buchstaben "B" geprägt würden und deren Übereinstimmung für sich genommen zur Zeichenähnlichkeit führe. Ein Elementenschutz im Sinne eines aus einer älteren mehrgliedrigen Marke herausgelösten Bestandteils ist dem Markenrecht grundsätzlich fremd (st. Rspr., z.B. BGH GRUR 1996, 198, 199 € Springende Raubkatze; BGH aaO. € SIERRA ANTIGUO, S. 905). Die Prägung des Gesamteindrucks einer Marke durch einen einzelnen Bestandteil kann nur angenommen werden, wenn davon auszugehen ist, dass die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (st. Rspr., z.B. BGH aaO. € URLAUB DIREKT; BGH GRUR 2004, 598, 599 € Kleiner Feigling; GRUR 2004, 865, 866 € Mustang; GRUR 2008, 719, 722 € idw Informationsdienst Wissenschaft). Dass dies auf die Bildbestandteile der Vergleichszeichen nicht zutrifft, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen.

Die ältere Marke der Antragstellerin "B im Kreis" wurde im Sinne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs "THOMSON LIFE" (GRUR 2005, 1042, 1044) in das angegriffene jüngere Kombinationszeichen der Antragsgegnerin auch nicht dergestalt übernommen, dass das "B im Kreis" der Antragstellerin eine selbständig kennzeichnende Stellung behielte. Diesbezüglich fehlt es bereits an einer Übereinstimmung der sich gegenüber stehenden Bildbestandteile. Das "B im Kreis" der Antragstellerin findet in der angegriffenen Kennzeichnung der Antragsgegnerin gerade keine Entsprechung. Insofern ist der Streitfall mit der dem Europäischen Gerichtshof in der "THOMSON LIFE"-Entscheidung vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar.

b) Mangels ausreichender Zeichenähnlichkeit besteht auch in Richtung auf die weiteren streitgegenständlichen Verfügungsmarken der Antragstellerin ("B" in Alleinstellung gemäß Anlagen K 7, K 24, K 5, K 6 sowie "B im Kreis" gemäß Anlage K 43) keine die Verfügungsanträge begründende markenrechtliche Verwechslungsgefahr.

Soweit die Verfügungsmarken "B ohne Kreis", also den Buchstaben "B" in Alleinstellung beinhaltend, auf das grafische Element des Kreises verzichten und sich auf das Bildelement des stilisierten Buchstaben "B" beschränken, gelten die vorstehenden Ausführungen unter II. 3 a) dieses Urteils zur mangelnden Zeichenähnlichkeit entsprechend, da dem Verkehr die bildlichen Unterschiede der sich gegenüberstehenden Zeichen nicht verborgen bleiben. Auch wenn er in der Regel nicht mit den Vergleichszeichen in zeitlicher Koinzidenz konfrontiert wird, wird ihm auffallen, dass das angegriffene Zeichen der Antragsgegnerin ein auffälliges Gestaltungselement in Form eines "aufstrebenden" Buchstabens "B" enthält, unterstützt durch die schwungvolle Elipsenform, somit ein das Auge des Betrachters ansprechendes grafisches Moment, das sich von den Verfügungsmarken "B ohne Kreis" deutlich unterscheidet.

Angesichts dessen bedarf der Umstand, dass die vorgenannten Verfügungsmarken - abweichend von den Marken gemäß Anl. K 8 und K 9 € nicht durchgängig Warenidentität zum angegriffenen Zeichen der Antragsgegnerin aufweisen, sondern teilweise lediglich im Ähnlichkeitsbereich liegen, keiner vertieften Erörterung mehr.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 516 Abs. 3 ZPO.






OLG München:
Urteil v. 21.10.2010
Az: 29 U 2787/10


Link zum Urteil:
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