Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 26. August 2013
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 31/13

(BGH: Beschluss v. 26.08.2013, Az.: AnwZ (Brfg) 31/13)

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm an Verkündungs statt am 20. April 2013 zugestellte Urteil des 2. Senats des Sächsischen Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Rechtsanwaltszulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der zulässige Antrag, mit dem der Kläger der Sache nach das Bestehen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), hat keinen Erfolg.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Hierbei ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs nach dem ab 1. September 2009 geltenden Verfahrensrecht der Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur Beschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.; vom 24. Oktober 2012 - AnwZ (Brfg) 47/12, juris Rn. 6 und vom 4. Februar 2013 - AnwZ (Brfg) 31/12, juris Rn. 7). Der Anwaltsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass zu diesem Zeitpunkt - hier: Widerrufsbescheid der Beklagten vom 28. März 2012 - die Voraussetzungen für einen Widerruf vorlagen. Der Vortrag des Klägers ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung zu begründen.

a) Die Ausführungen des Klägers zu seinen Bemühungen während des gerichtlichen Verfahrens, mit dem S. Rechtsanwaltsversorgungswerk eine Ratenzahlung zu vereinbaren, sind schon aus zeitlichen Gründen, da nach dem maßgeblichen Zeitpunkt gelegen, ohne Bedeutung. Abgesehen davon sind die Verhandlungen gescheitert, betreibt die Gläubigerin weiterhin die Zwangs-

vollstreckung und hat die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung beantragt. Der Hinweis des Klägers, dass er sich "im Übrigen" in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befinde, ist ungeeignet, die gegenteilige Annahme des Anwaltsgerichtshofs in Frage zu stellen. Bereits der Umstand, dass es in der Vergangenheit nach den Mitteilungen des zuständigen Gerichtsvollziehers mehrfach zu Zwangsvollstreckungsverfahren des Versorgungswerks gegen den Kläger gekommen ist, die Schulden des Klägers beim Versorgungswerk kontinuierlich angewachsen sind und nach den Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs zum maßgeblichen Zeitpunkt ca. 30.000 € betrugen, steht der Annahme geordneter Vermögensverhältnisse entgegen. Dass ausschließlich das Versorgungswerk gegen den Kläger Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt hat, ist ohne Bedeutung.

b) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur Beschlüsse vom 31. Mai 2010 - AnwZ (B) 54/09, juris Rn. 6; vom 22. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 12/11, juris Rn. 3; vom 11. Juni 2012 - AnwZ (Brfg) 20/12, juris Rn. 4 und vom 21. Februar 2013 - AnwZ (Brfg) 68/12, juris Rn. 10). Hierfür trägt der Rechtsanwalt die Feststellungslast (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2010

- AnwZ (B) 67/08, BRAK-Mitt. 2010, 129 Rn. 11; vom 11. Juni 2012, aaO und vom 5. September 2012 - AnwZ (Brfg) 26/12, NJW-RR 2013, 175 Rn. 5). Die Annahme einer solchen Sondersituation setzt jedoch zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 43/03, NJW 2005, 511; vom 22. Juni 2011, aaO und vom 24. Oktober 2012 - AnwZ (Brfg) 43/12, juris Rn. 9). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Hinweis des Klägers, er führe ein Rechtsanwaltsanderkonto, welches vor Pfändungen geschützt sei, ist demgegenüber ungeeignet, die von Gesetzes wegen vermutete Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden auszuschließen. Die Einrichtung eines Anderkontos schließt weder aus, dass Fremdgeld in den Gewahrsam des Klägers gelangt noch dass Gläubiger darauf Zugriff nehmen können. Im Übrigen sind Selbstbeschränkungen bzw. Sicherungsmaßnahmen eines Einzelanwalts nicht kontrollierbar und können jederzeit - ohne dass die Beklagte dies auch nur erfahren würde - aufgegeben werden; eine Reduzierung der Gefährdung auf ein noch hinnehmbares Maß ist so nicht möglich (vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 31. Mai 2010, aaO Rn. 8; vom 15. März 2012 - AnwZ (Brfg) 55/11, juris Rn. 10; vom 16. Mai 2012 - AnwZ (Brfg) 13/12, juris Rn. 8 und vom 19. November 2012 - AnwZ (Brfg) 56/12, juris Rn. 5).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Tolksdorf König Seiters Quaas Braeuer Vorinstanz:

AGH Dresden, Entscheidung vom 20.04.2013 - AGH 4/12 (II) - 6






BGH:
Beschluss v. 26.08.2013
Az: AnwZ (Brfg) 31/13


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