Landgericht Bochum:
Urteil vom 16. Oktober 2008
Aktenzeichen: I - 12 O 139/08

(LG Bochum: Urteil v. 16.10.2008, Az.: I - 12 O 139/08)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf 15.000,-- € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist im Besitz von Genehmigungen nach dem Rettungsgesetz NW. Sie ist Inhaberin von elf Genehmigungen zum Krankentransport sowie drei Genehmigungen zur Notfallrettung.

Der Beklagte betreibt eine medizinische Veranstaltungsbetreuung. Auf seiner Internetseite heißt es u. a.:

"Unsere Leistungen

-Individuelle Angebotserstellung für Ihre Veranstaltung mit kompetenter Beratung

und Ortsbegehung

-Qualifiziertes Personal, wie Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Physio-

therapeuten und Ärzte

-Adäquate notfallmedizinische Erstversorgung mit hochwertiger medizinischer

Ausrüstung

-Physiotherapeutisch - sportmedizinische Betreuung

-Rettungsdienstfahrzeuge (Krankenwagen, Rettungswagen, Notarzteinsatz-

fahrzeuge, etc.)

-1-20 Helfer ständig verfügbar, durch enorme Flexibilität auch sehr kurzfristig

abrufbar"

Die Klägerin bewarb sich um den Auftrag für die Durchführung des Sanitätsdienstes bei der Veranstaltung "F 2007" in der K-Halle in C. Durch die Feuerwehr der Stadt C war dem Veranstalter, dem X, mitgeteilt worden, dass von dem vorgesehenen Personal des Sanitätsdienstes im Bedarfsfall auch ein Rettungstransportwagen einzusetzen sei, der von dem Sanitätsdienst zu stellen sei. Auf der Grundlage dieser, vom X weitergeleiteter Angaben, gab die Klägerin ein Angebot ab. Auch der Beklagte bewarb sich um den Auftrag. In seinem Angebot heißt es u. a. unter dem Punkt "Leistung":

"Ein Rettungswagen vor Ort als Unfallhilfsstelle".

Aus wirtschaftlichen Gründen wurde der Beklagte beauftragt. In der Tagesanordnung der Feuerwehr vom 03.12.2007 für den Veranstaltungstag 06.12.2007 heißt es u. a.:

"Sanitätsdienst

Der Sanitätsdienst wird vom "Sanitätsdienst C" wahrgenommen. Die Planung sieht neben dem Einsatz von vier Sanitätern in der K-Halle weitere zwei vor der K-Halle vor. Ebenso werden zwei Sanitäter für eine eventuelle notwendig werdende Verletztenablage abgestellt. Als Rettungsmittel ist ein RTW vor Ort."

Am Ende der Seite heißt es dann unter "Aufgaben der Leitstelle":

"Der Sanitätsdienst C ist im Stadtgebiet C nicht konzessioniert, so dass Transport durch den öffentlichen Rettungsdienst auszuführen sind."

In einer Stellungnahme der Feuerwehr der Stadt C vom 6. Juni 2006 wird ausgeführt:

"Im Rahmen der Veranstaltung der F in der K-Halle am 06.12.07 war die Firma "Sanitätsdienst C" durch den Veranstalter mit der Aufgabenwahrnehmung des Sanitätsdienstes beauftragt.

Bei der Erstellung der Tagesanordnung aufgrund der vorangegangenen Gefährdungsanalyse der o. a. Veranstaltung durch Feuerwehr und Rettungsdienst wurde bereits davon ausgegangen, dass für Aufgaben, die über den üblichen Sanitätsdienst hinausgehen, insbesondere notwendig werdende Kranken- und Rettungstransporte das notwendige Transportmittel im Bedarfsfalle ausschließlich über die Leitstelle der Feuerwehr C zu alarmieren ist. Ein Transport durch die Fa. Sanitätsdienst C war daher von vornherein ausgeschlossen.

Die Aufgaben der Firma Sanitätsdienst C beschränkten sich auf die anfallende sanitätsdienstliche Behandlung vor Ort, ggf. unter Nutzung des RTW’s als "Behandlungsstation". Zu den Aufgaben des Sanitätsdienstes gehören klassischerweise

-Maßnahmen der allgemeinen Betreuung

-Erste-Hilfe-Maßnahmen

-lebensrettende Sofortmaßnahmen (bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes)

Im Rahmen der Durchführung der Abendveranstaltung kam es zu wie Transporten. Dabei handelte es sich zum einen um einen Krankentransport gegen 19.11 Uhr und um einen Rettungstransport gegen 02.39 Uhr. Die Fahrten wurden wie in der Tagesanordnung geregelt über die Leitstelle der Feuerwehr C entgegengenommen und durch den öffentlichen Rettungsdienst ausgeführt. Ein nicht genehmigter Kranken- oder Rettungstransport der Fa. Sanitätsdienst C ist hier nicht bekannt".

Die Klägerin vertritt die Auffassung, durch die Darstellungen seiner Leistungen im Internet suggeriere der Beklagte dem geschäftlichen Verkehr, dass er uneingeschränkt über eigene Fahrzeuge verfüge. Er erwecke dadurch in wettbewerbsrechtlich unlauterer Weise den Anschein, er verfüge selbst über Rettungsdienstfahrzeuge und könne sie einsetzen.

Mit eingehendem weiteren Sachvortrag, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ist die Klägerin darüber hinaus der Auffassung, im Rahmen der Veranstaltung am 06.12.2007 habe der Beklagte ungenehmigten Rettungstransport durchgeführt. Zur Notfallrettung gehöre bereits der Einsatz der lebensrettenden Maßnahmen am Unfallort und der Einsatz des auf dem Fahrzeug vorgeschriebenen technischmedizinischen Equipments.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen,

1. im geschäftlichen Verkehr zur Wettbewerbszwecken als Leistung Rettungsdienstfahrzeug (Krankenwagen, Rettungswagen, Notarzteinsatzfahrzeuge etc.) anzubieten, ohne dazu über Genehmigungen nach den §§ 18 ff RettG NW zu verfügen,

2. bei Sanitätsdiensten Rettungstransportwagen einzusetzen, ohne über eine Genehmigung für die Durchführung von Notfallrettung im Sinne der §§ 18 ff RettG NW zu verfügen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist -gleichfalls mit weiterem Vorbringen- der Auffassung, er habe sich nicht wettbewerbswidrig verhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der dortigen Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu.

1.

Durch seine Darstellung im Internet begeht der Beklagte keine wettbewerbsrechtliche relevante Täuschungshandlung. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird nämlich nicht der Eindruck erzeugt, der Beklagte selbst verfüge über die erwähnten Rettungsdienstfahrzeuge und sei im Besitz der erforderlichen Genehmigungen. Angeboten wird eine umfangreiche medizinische Veranstaltungsbetreuung. Ein potentieller Kunde wird aber nicht davon ausgehen, dass die umfangreich angebotenen Leistungen ausschließlich durch eigene Mitarbeiter und eigene Fahrzeuge erbracht werden. So wird der mögliche Auftraggeber insbesondere nicht davon ausgehen, bei dem Beklagten seien "Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Physiotherapeuten und Ärzte" ständig fest angestellt. Vielmehr wird er davon ausgehen, dass der Beklagte bei Bedarf die erforderlichen Kräfte aufgrund sachgerechter Auswahl hinzuzieht. Entsprechend wird die Annahme des Interessenten bei den einzusetzenden Fahrzeugen sein. Für den Veranstalter spielt es auch keine entscheidende Rolle, ob der Beklagte selbst über fest angestelltes Personal und eigene Rettungsdienstfahrzeuge verfügt. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beklagte in der Lage ist, qualifiziertes Personal und konzessionierte Einsatzfahrzeuge zu stellen, auch wenn er sich dabei anderer Unternehmer bedient. Dass der Beklagte sich auch tatsächlich so verhält, zeigt bereits die frühere Beauftragung der Klägerin durch ihn.

2.

Auch durch die Übernahme des Sanitätsdienstes bei der Veranstaltung F am 06.12.2007 in C hat sich der Beklagte nicht wettbewerbsrechtlich unlauter (§ 3 UWG) verhalten. Bereits in seinem Angebot hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass der Rettungswagen lediglich ""vor Ort als Unfallhilfsstelle" einzusetzen sein sollte. Damit unterschied sich das Fahrzeug aber nicht wesentlich von einem Zelt oder Container mit entsprechender Ausstattung. Auch die Tagesanordnung der Feuerwehr der Stadt C vom 03.12.2007 belegt eindeutig, dass der zuständigen Behörde alle relevanten Umstände bekannt waren. Auch seitens der Feuerwehr war daher klar, dass der Rettungswagen des Beklagten nur als eine Art Behandlungsstation genutzt werden sollte. Damit hat der Beklagte weder eine nicht vorhandene Genehmigung vorgetäuscht, noch sich ansonsten unlauter verhalten. Ob auf Seiten der Feuerwehr zu niedrige Anforderungen an das Vorhandensein von Rettungsfahrzeugen gestellt worden sind, ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu beantworten. Eine eventuelle Fehleinschätzung hat jedenfalls nicht der Beklagten zu verantworten, dessen Einsatzmöglichkeiten bekannt waren.

Die Klage war daher mit der gesetzlichen Kostenfolge abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.






LG Bochum:
Urteil v. 16.10.2008
Az: I - 12 O 139/08


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