Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. März 2003
Aktenzeichen: 21 W (pat) 311/02

(BPatG: Beschluss v. 25.03.2003, Az.: 21 W (pat) 311/02)

Tenor

Nach Prüfung des Einspruchs wird das Patent 39 33 085 widerrufen.

Gründe

I Auf die am 4. Oktober 1989 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte und am 11. April 1991 offengelegte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent unter der Bezeichnung

"Reinigungseinrichtung mit einem Endoskop"

erteilt worden; die Veröffentlichung der Erteilung ist am 11. April 2002 erfolgt.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Dem Einspruchsverfahren liegt das Patent in der erteilten Fassung mit folgendem Patentanspruch 1 zugrunde:

1. Reinigungseinrichtung mit einem Endoskop, insbesondere einem Coloskop, das einen Arbeitskanal aufweist, miteinem Flüssigkeitsbehälter (3) und einer Pumpeinrichtung (7), mit der Flüssigkeit aus dem Behälter (3) pumpbar ist, wobei an die Pumpeinrichtung (7) eine Verbindungsleitung (4) angeschlossen ist, undeiner Betätigungseinrichtung (11) zur Inbetriebnahme der Pumpeinrichtung (7), dadurch gekennzeichnet, dass das Endoskop einen Anschluß (5) aufweist, der zu mindestens einem Reinigungskanal mit mindestens einer Austrittsöffnung führt, wobei die Verbindungsleitung (4) mit dem Anschluß (5) des Endoskops verbindbar ist, so daß die Reinigungsprozedur während eines über den Arbeitskanal vorzunehmenden Eingriffs durchführbar ist, und die Pumpeinrichtung (7) als eine pulsierend arbeitende Pumpeinrichtung ausgebildet ist, mit der mindestens ein intermittierender, aus der mindestens einen Austrittsöffnung des Endoskops austretender Flüssigkeitsstrahl zur Reinigung der zu untersuchenden Körperhöhle während der Untersuchung erzeugbar ist.

Dem Gegenstand des Patents liegt die Aufgabe zugrunde, eine Reinigungseinrichtung mit einem Endoskop zu schaffen, die einen schnellen und einfachen notfallendoskopischen Eingriff und eine gründliche Reinigung der zu untersuchenden Stelle ermöglicht (PS, Sp 1, Z 49-53).

Zur Begründung des Einspruchs verweist die Einsprechende unter anderem auf folgende Druckschriften:

(D1) JP 62-277 935 A

(D4) JP 1-192 328 A Die Einsprechende hat zu den japanischen Druckschriften englische Übersetzungen der relevanten Passagen eingereicht, auf die sich die folgenden Zitate beziehen.

Die Einsprechende macht geltend, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 zum einen gegenüber dem am Anmeldetag ursprünglich Offenbarten unzulässig erweitert sei und zum andern nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zur Begründung des Einspruchs führt die Einsprechende weiter aus, dass in den ursprünglichen Unterlagen eine Reinigungseinrichtung für ein Endoskop offenbart sei, bei dem der Flüssigkeitsbehälter mit Reinigungskanälen verbunden sei. Das Endoskop weise demnach mehrere Reinigungskanäle auf. Demgegenüber schließe der erteilte Anspruch 1 aufgrund der Formulierung "mindestens einem Reinigungskanal" auch Endoskope mit nur einem einzigen Reinigungskanal ein. Zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit trägt die Einsprechende weiter vor, dass eine Reinigungseinrichtung mit einem Endoskop nach den gattungsbildenden Merkmalen sowie nach dem ersten kennzeichnenden Merkmal (vgl Sp 2, Z 64 bis Sp 3, Z 2) aus der Druckschrift (D1) nahegelegt sei. Das verbleibende Merkmal sei ua aus der Druckschrift (D4) bekannt. Mithin ergebe sich der Gegenstand nach Anspruch 1 in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der Druckschriften (D1) und (D4).

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Der Patentinhaber hat sich zum Einspruch schriftlich nicht geäußert und ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Der Senat entscheidet im Einspruchsverfahren auf Grund mündlicher Verhandlung in entsprechender Anwendung von PatG § 78 (vgl BPatG Mitt 2002, 417, 418 - Etikettierverfahren).

Der frist- und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind innerhalb der Einspruchsfrist die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen im einzelnen dargelegt, so dass der Patentinhaber und insbesondere der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können. Der Einspruch führt auch zum Erfolg.

Der Streitpunkt der unzulässigen Erweiterung sowie die Neuheit können unerörtert bleiben, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (vgl. BGH GRUR 1991, 121 - Elastische Bandage).

Der nach Merkmalen gegliederte Patentanspruch 1 lautet:

a) Reinigungseinrichtung mit einem Endoskop, insbesondere einem Coloskop, das einen Arbeitskanal aufweist, mitb) einem Flüssigkeitsbehälter (3) und einer Pumpeinrichtung (7), mit der Flüssigkeit aus dem Behälter (3) pumpbar ist, wobei an die Pumpeinrichtung (7) eine Verbindungsleitung (4) angeschlossen ist, undc) einer Betätigungseinrichtung (11) zur Inbetriebnahme der Pumpeinrichtung (7)

dadurch gekennzeichnet, dassd) das Endoskop einen Anschluss (5) aufweist, der zu mindestens einem Reinigungskanal mit mindestens einer Austrittsöffnung führt, wobei die Verbindungsleitung (4) mit dem Anschluss (5) des Endoskops verbindbar ist, so dass die Reinigungsprozedur während eines über den Arbeitskanal vorzunehmenden Eingriffs durchführbar ist, e) und die Pumpeinrichtung (7) als eine pulsierend arbeitende Pumpeinrichtung ausgebildet ist, mit der mindestens ein intermittierender, aus der mindestens einen Austrittsöffnung des Endoskops austretender Flüssigkeitsstrahl zur Reinigung der zu untersuchenden Körperhöhle während der Untersuchung erzeugbar ist.

Aus der Druckschrift (D1) ist eine Reinigungseinrichtung mit einem Endoskop 1 bekannt, das einen Arbeitskanal 9 aufweist (vgl Fig 1; entspricht Merkmal a)). Diese Einrichtung enthält weiter einen Flüssigkeitsbehälter 40 und eine Pumpeinrichtung 44, mit der Flüssigkeit aus dem Behälter 40 pumpbar ist, wobei an den Flüssigkeitsbehälter 40 eine Verbindungsleitung 41 angeschlossen ist. In diesem Fall ist die Pumpe an der der Verbindungsleitung abgewandten Seite angeschlossen (vgl Fig 1 iVm S 2, Z 3-25 und S 4, Z 13-18). Es macht jedoch keinen Unterschied, ob die Pumpe auf der der Verbindungsleitung abgewandten Seite oder zugewandten Seite angeordnet ist, da in beiden Fällen der für den Flüssigkeitstransport erforderliche Druck erzeugt werden kann. Diese Tatsache (Merkmal b)) erschließt sich dem Fachmann, einem Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Endoskopieentwicklung, beim Blick auf das Ausführungsbeispiel nach Figur 1 in (D1) ebenso anhand seines Fachwissens, wie das Vorsehen einer Betätigungseinrichtung, beispielsweise eines Fußschalters (vgl Anspruch 3), zum Ein- und Auszuschalten der Pumpeinrichtung. Denn nur damit ist eine gezielte, beispielsweise durch das medizinische Personal vorzunehmende, Inbetriebnahme der Pumpeinrichtung möglich (entspricht Merkmal c)).

Weiter ist der Druckschrift (D1) ein Anschluss 15 am Endoskop zu entnehmen, der zu mindestens einem Reinigungskanal 6 mit mindestens einer Austrittsöffnung 8 führt, wobei die Verbindungsleitung 41 mit dem Anschluss 15 des Endoskops verbindbar ist, so dass die Reinigungsprozedur während eines über den Arbeitskanal vorzunehmenden Eingriffs durchführbar ist (vgl Fig 1 und 2 iVm S 2, Z 4-13, 21-25 und S 3, Z 4-9; entspricht Merkmal d)). Über ein Ventil 17 kann dabei der Zufluss der Flüssigkeit gesteuert werden. Wird der Betätigungsknopf 30 in eine erste Stelung gedrückt, so gelangt die Flüssigkeit über den Reinigungskanal 6 zur Austrittsöffnung 8 und reinigt insbesondere das Beobachtungsfenster 10 am distalen Ende des Endoskops. Drückt man den Knopf 30 weiter bis zum Anschlag, so gelangt die Flüssigkeit über eine Leitung 31 direkt in den Arbeitskanal 9 und dient in diesem Fall der Reinigung der zu untersuchenden Körperhöhle während der Untersuchung (vgl Fig 1 und 2 iVm S 3, Z 13 bis S 4, Z 5).

Mit Ausnahme des Merkmals e) ist der Gegenstand nach Patentanspruch 1 somit aus der Druckschrift (D1) nahegelegt. Dieses Merkmal kann die erfinderische Tätigkeit jedoch nicht stützen, denn in der zum engeren Fachgebiet zu zählenden Druckschrift (D4) ist eine Reinigungseinrichtung mit einem mehrere Reinigungskanäle 3,4 enthaltenden Endoskop beschrieben, die einen Flüssigkeitsbehälter 7 und eine Pumpeinrichtung 9,10,11 mit entsprechender Steuerungseinrichtung 6 aufweist (vgl in (D4) Fig 1 iVm S 2, Z 8 bis S 3, Z 21). An der der Pumpe 9 abgewandten Seite ist dabei eine Verbindungsleitung angeschlossen, die mit einem entsprechenden Anschluss am Endoskop verbunden ist, der seinerseits zu einem eine Austrittsöffnung aufweisenden Reinigungskanal 4 führt (vgl die in Fig 1 dargestellte Trennung zwischen den Baugruppen 1 und 2). Über die Steuereinrichtung 6 wird das Ventil 11 der Pumpeinrichtung so gesteuert, dass die Pumpeinrichtung pulsierend arbeitet und die Flüssigkeit intermittierend aus der Austrittsöffnung austritt, wobei die austretende Flüssigkeit zur Reinigung der zu untersuchenden Körperhöhle während der Untersuchung dient. Der Fachmann erkennt hierbei, dass durch den intermittierenden Betrieb die Spülflüssigkeitsmenge in der Körperhöhle in vorteilhafter Weise reduziert wird (vgl S 2, Z 1-14).

Diese Anregung veranlasst den Fachmann vor dem Hintergrund der Aufgabe, eine gründliche Reinigung der zu untersuchenden Stelle zu ermöglichen (vgl Sp 1, Z 49-53 der Streitpatentschrift), diese in (D4) beschriebene Lehre auf die Reinigungseinrichtung nach (D1) zu übertragen und somit die Pumpeinrichtung als pulsierende Pumpeinrichtung auszubilden, um damit an der Austrittsöffnung einen intermittierenden Flüssigkeitsstrahl zu erzeugen. Für die Reinigung der Körperhöhle einen eigenen Reinigungskanal und nicht den Arbeitskanal zu verwenden, erschließt sich dem Fachmann in diesem Zusammenhang einerseits aus den beiden Reinigungskanälen 3 und 4 nach (D4), die zur Reinigung der Körperhöhle eingesetzt werden, und andererseits aus dem Reinigungskanal 6 nach (D1), der dort zwar hauptsächlich zur Reinigung des Austrittsfensters herangezogen wird, aber durch eine rein handwerkliche Änderung der Austrittsgeometrie auch zur Reinigung der Körperhöhle verwendet werden kann.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist demnach aus einer Zusammenschau der Entgegenhaltungen (D1) und (D4) sowie dem Fachwissen des zuständigen Fachmanns nahegelegt.

Der Patentanspruch 1 hat somit wegen fehlender Patentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand. Mit ihm fallen auch die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 .

Das Patent war bei dieser Sachlage zu widerrufen.

Dr. Winterfeldt Klosterhuber Dr. Franz Dr. Strößner Be






BPatG:
Beschluss v. 25.03.2003
Az: 21 W (pat) 311/02


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