Landesarbeitsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 29. September 2009
Aktenzeichen: 6 Sa 492/09

(LAG Düsseldorf: Urteil v. 29.09.2009, Az.: 6 Sa 492/09)

Es kann vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst sein, einen Beauftragten für Abfall- und Gewässerschutz gem. § 54 KrW-/AbfG, § 21 a WHG wieder abzuberufen (in Abgrenzung zur Fallgestaltung bei einem Datenschutzbeauftragten im Urteil des BAG vom 13.03.2007 - 9 AZR 612/05 -).

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.04.2009 - 4 Ca 7951/08 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird auch hinsichtlich Ziffer 2 und 3 der Klageanträge (Ziffer 1 und 2 des Urteilstenors) abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.

4. Die Revision wird für den Kläger hinsichtlich der Klageabweisung gemäß Ziffer 1 zugelassen, im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Kündigung sowie über den Entzug von Beauftragungen als Gewässerschutz-, Immissionsschutz- und Abfallbeauftragter an den Kläger.

Der 58jährige verheiratete Kläger ist Diplomchemiker und seit dem 01.09.1989 zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Beklagten, die ein weltweit operierendes Unternehmen auf den Geschäftsfeldern Wasch- und Reinigungsmittel, Kosmetik- und Körperpflege sowie adhäsiven Technologien betreibt, beschäftigt. Der Kläger war in der Organisationseinheit Umweltschutz tätig. Mit Wirkung vom 01.03.1990 wurde er zum Abteilungsleiter bestellt und zwar zuletzt in der Abteilung "Legal Compliance".

Sein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen betrug im Jahre 2008 12.841,92 €.

Mit Schreiben vom 15.04.1994 bzw. 20.12.1994 bestellte die Beklagte den Kläger zum Betriebsbeauftragten für Abfall gemäß den §§ 11 a - f Abfallgesetz (AbfG) bzw. zum Betriebsbeauftragten für Gewässerschutz gemäß den §§ 21 a - f Wasserhaushaltsgesetz (WHG) für das Werk I. (Bl. 22 u. 23 d. A.).

Mit Schreiben vom 03.06.1998 folgte die Anpassung an die aktuelle Rechtslage im Hinblick auf die Neufassung in § 54 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) unter Hinweis auf § 54 KrW-/AbfG.

Zu den Stellenzielen und Hauptaufgaben wird auf die mit Wirkung vom 01.05.1998 erstellte Stellenbeschreibung (Bl. 191 - 192 d. A.) für den Gewässerschutz- und Abfallbeauftragten Bezug genommen.

Unter dem 12.02.2005 erstellte die Beklagte eine Stellenbeschreibung mit der Tätigkeitsbeschreibung "Gewässerschutz-, Immissionsschutz- und Abfallbeauftragter" (Bl. 25 ff. d. A.). Diese Stellenbeschreibung wurde vom Kläger sowie dem Vorgesetzten unterzeichnet.

Mit Schreiben vom 01.05.2005 (Bl. 31 d. A.) bestellte sie den Kläger zum Immissionsschutzbeauftragten für das Werk I.. Von dieser Position wurde er mit Schreiben vom 11.12.2007 mit Wirkung zum 31.12.2007 abberufen (Bl. 32 d. A.).

Die Abberufung erfolgte vor dem Hintergrund einer Zentralisierung und Konzentration der Beauftragtenfunktion am Standort I..

Im Laufe des Jahres 2008 kam es zwischen den Parteien zu Verhandlungen über ein Ausscheiden im Rahmen einer Vorruhestandsregelung. Eine Einigung kam jedoch nicht zustande.

Mit Schreiben vom 02.12.2008 (Bl. 35 d. A.) wurde der Kläger als Betriebsbeauftragter für Gewässerschutz und Abfall mit Wirkung vom 31.12.2008 abberufen. Mit Schreiben vom 19.12.2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2010 und stellte den Kläger ab 01.01.2009 von der Arbeitsleistung frei.

Mit seiner am 23.12.2008 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen und der Beklagten am 07.01.2009 zugestellten Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung und die Abberufungen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Abberufungen seien rechtswidrig, da die Beklagte ihn zwar abberufen habe, die damit verbundene arbeitsvertragliche Aufgabe aber nicht teilgekündigt habe.

Die Kündigung verstoße gegen § 21 f. Abs. 2 Satz 2 WHG sowie § 58 Abs. 2 Satz 2 BImSchG i. V. m. § 55 Abs. 3 KrW-/AbfG. Zudem sei sie nicht sozial gerechtfertigt.

Der Kläger hat beantragt,

1.

festzustellen, dass der Kläger über den 31.12.2007 hinaus Immissionsschutzbeauftragter gemäß § 53 Bundesimmissionsschutzgesetz der Beklagten am Standort I. der Beklagten ist,

2.

festzustellen, dass der Kläger über den 31.12.2008 hinaus Betriebsbeauftragter für Gewässerschutz gemäß §§ 21 a bis 21 f Wasserhaushaltsgesetz der Beklagten am Standort I. ist,

3.

festzustellen, dass der Kläger über den 31.12.2008 Betriebsbeauftragter für Abfall gemäß § 54 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz für sämtliche inländischen Betriebsstätten der Beklagten ist,

4.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 19.12.2008 aufgelöst ist,

5.

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Abteilungsleiter - Führungskreis II - im Werk Düsseldorf zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt gewesen, ohne Ausspruch einer Teilkündigung den Kläger von seinen Funktionen als Beauftragter im Rahmen ihres Direktionsrechts abzuberufen. Die Beauftragtenfunktionen seien vom Tätigkeitsfeld des Klägers als Chemiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Umweltdezernat umfasst. Zudem sei das Recht des Klägers, sich auf die Unwirksamkeit der Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter zu berufen, verwirkt.

Sie habe ihn unter Ausübung ihres Direktionsrechts berufen und könne ihn auf diesem Wege wieder abberufen. Im Hinblick auf die organisatorische Neuordnung sei auch billiges Ermessen gewahrt worden. Darüber hinaus sei die Abberufung auch als Teilkündigung auszulegen.

Sie hat weiter die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 19.12.2008 verstoße nicht gegen die Vorschriften des Wasserhaushalts- und Bundesimmissionsschutzgesetzes. Diese Vorschriften konstruierten keinen besonderen Kündigungsschutz, sondern stellten lediglich ein Schutzgesetz dar, so dass dem Kläger bei Verletzung des Verbots nur Schadensersatz zustehe.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 15.04.2009 die Klage insoweit für unbegründet erachtet, als der Kläger sich gegen seine Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter berufen hat. Insoweit hat das Arbeitsgericht die Geltendmachung durch den Kläger als verwirkt angesehen. Hinsichtlich der Abberufung des Klägers als Betriebsbeauftragter für Abfall- und Gewässerschutz hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass diese Abberufung nicht vom Direktionsrecht umfasst gewesen sei, eine Teilkündigung nicht ausgesprochen worden sei, die bei Anwendung der Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 13.03.2007 - 9 AZR 612/05 - zur Abberufung eines Datenschutzbeauftragten erforderlich gewesen sei, da die Bestellung zum Beauftragten gleichzeitig eine Änderung des Arbeitsvertrages beinhalte. Eine Teilkündigung habe auch nicht ausgesprochen werden sollen.

Die Kündigung vom 19.12.2008 sei wegen des Kündigungsverbotes gemäß § 58 Abs. 2 BImSchG unwirksam, da eine Kündigung erst ein Jahr nach Abberufung des Beauftragten zulässig sei. Die Schutzvorschriften begründeten einen besonderen Kündigungsschutz. Die Rechtsauffassung der Beklagten sei weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik des besonderen Kündigungsschutzes zu vereinbaren.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt sowie der Kläger form- und fristgerecht Anschlussberufung.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, dass anders als im Falle des Widerrufs der Bestellung eines Bundesdatenschutzbeauftragten zur arbeitsvertraglich wirksamen Abberufung eines Betriebsbeauftragten für Gewässerschutz und Abfall eine Teilkündigung nicht notwendig sei. Eine Verknüpfung von schuldrechtlichem Grundverhältnis zur Bestellung bestehe nicht. Der Widerruf habe deshalb im Rahmen des Direktionsrechts ausgeübt werden können. Die vom Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 13.03.2007 aufgestellten Grundsätze für die den Widerruf einer Beauftragung des Datenschutzbeauftragten könnten nach Wortlaut und Systematik nicht auf die Beauftragten für Abfall und Gewässerschutz angewendet werden. Vielmehr komme allenfalls eine Vergleichbarkeit mit den Vorschriften im Arbeitssicherheitsgesetz in Betracht.

Soweit das Arbeitsgericht ausgeführt habe, dass die Aufgabe der Beauftragten nicht zu den Aufgaben als wissenschaftlicher Mitarbeiter gehöre, könne dem nicht gefolgt werden. Der Kläger sei als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Diplom-Ingenieur im Umweltdezernat tätig gewesen und als solcher auch dem Führungskreis 2 zugeordnet worden. Es seien die Aufgaben übertragen worden, die seinen Kenntnissen und Fähigkeiten im Rahmen dieser Abteilung oblegen hätten, insbesondere auch im Bereich der wasserrechtlich relevanten Verfahren und im Zusammenhang mit der Abfallentsorgung. Durch die Beauftragung zum Beauftragten für Abfall und Gewässerschutz seien ihm keine außerhalb des Direktionsrechts liegenden anderweitigen Aufgaben übertragen worden, die zu einer Änderung des Arbeitsvertrages geführt hätten, sondern es habe sich um eine vom Direktionsrecht umfasste Erweiterung der Aufgabenstellung gehandelt. Entsprechend könnte diese Beauftragung auch im Rahmen des Direktionsrechts widerrufen werden.

Zumindest sei die Erklärung als Teilkündigung auszulegen. Vorsorglich sei mittlerweile unter dem 03.07.2009 eine Teilkündigung ausgesprochen worden.

Weiter trägt die Beklagte vor, dass die Kündigung mit Schreiben vom 19.12.2008, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts zum 31.12.2010, wirksam sei. Die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt, da die Aufgaben anderweitig verteilt worden seien. Sie sei auch nicht unzulässig, da durch die Nichteinhaltung der Jahresfrist die Kündigung als solche nicht unwirksam werde. Vielmehr sei diese Vorschrift als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 anzusehen, die allenfalls Schadensersatz rechtfertige. Zudem habe sie mit der Kündigungsfrist zum 31.10.2010 nach dem Schutzgedanken des Gesetzes die Jahresfrist gewahrt.

Die Beklagte beantragt,

1.

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.04.2009 - 4 Ca 7951/08 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat,

2.

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist insbesondere darauf, dass sich aus den Stellenbeschreibungen ergebe, dass er nunmehr als Hauptaufgaben die Tätigkeiten und Pflichten des Gewässerschutzbeauftragten bzw. Abfallbeauftragten zu erfüllen hätte. Durch die Unterzeichnung der Stellenbeschreibung sei davon auszugehen, dass eine arbeitsvertragliche Vereinbarung insoweit getroffen worden sei, die nicht einseitig widerrufen werden könne.

Hinsichtlich der Anschlussberufung trägt der Kläger vor, dass die Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter zum 31.12.2007 ebenfalls rechtlich unzulässig gewesen sei. Die Beklagte könne sich auch nicht auf Verwirkung berufen, da die Tätigkeit als Immissionsschutzbeauftragter auch nach der Abberufung Gegenstand des Arbeitsvertrages geblieben sei. Zu keinem Zeitpunkt habe er eine geänderte Stellenbeschreibung erhalten, geschweige denn eine geänderte Stellenbeschreibung mit der Beklagten vereinbart.

Es habe daher auch keine Anpassung der arbeitsvertraglichen Pflichten nach der Abberufung stattgefunden. Seine Tätigkeit habe sich insoweit inhaltlich nicht geändert, als er tatsächlich weiter Immissionsschutzaufgaben wahrgenommen habe - so Protokollerklärung vom 29.09.2009 -, lediglich Herr Dr. N. habe die Aufgabe des Beauftragten mit den entsprechenden Funktionen übernommen. Er habe ihm gegenüber erklärt, dass sich nichts ändern würde.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und der Klage insgesamt stattzugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Sachvortrages wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokollerklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2009.

Gründe

A.

Berufung der Beklagten

Die Berufung der Beklagten hatte teilweise Erfolg insoweit, als das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass der Kläger über den 31.12.2008 hinaus Betriebsbeauftragter für Gewässerschutz gemäß § 21 a - f WHG bzw. Betriebsbeauftragter für Abfall gemäß § 54 KrW-/AbfG ist; insoweit war das Urteil teilweise abzuändern.

Die Berufung war jedoch zurückzuweisen, soweit sich die Beklagte gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung durch das Arbeitsgericht und die Ausurteilung der Weiterbeschäftigung gewandt hat.

I.

Die Berufungskammer ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts zu der Auffassung gelangt, dass die Abberufung des Klägers von den Aufgaben als Beauftragter für Abfall und Gewässerschutz gemäß § 54 KrW-/AbfG und gemäß § 21 a WHG vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst war und auch die Abberufung durch die Beklagte mit Wirkung vom 31.12.2008 im Rahmen des Direktionsrechtes unter Wahrung billigen Ermessens zulässig war.

Dabei sei darauf hingewiesen, dass die weiteren Erörterungen sich nur auf die Beauftragung und die Abberufung als Abfall- und Gewässerschutzbeauftragter beziehen. Die Überprüfung der Beauftragung bzw. Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter war nicht erforderlich, weil die Kammer insoweit der Auffassung des Arbeitsgerichts folgt, dass mögliche Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit der Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter verwirkt sind. Insoweit sei auf die Ausführungen unter B unten verwiesen.

1.Der Klageantrag zu 2. und 3. ist zulässig im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien ist ein Rechtsverhältnis im Streit. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Zwischen den Parteien besteht nämlich Streit darüber, ob der Kläger weiterhin Beauftragter für Abfall und Gewässerschutz bei der Beklagten ist (vgl. BAG vom. 13.03.2007 - 9 AZR 612/05 - NZA 2007,563).

2.Gemäß § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht gehört zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses. Bei der Ausübung dieses Rechts steht dem Arbeitgeber regelmäßig ein weiter Raum zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu. Insbesondere hat der Arbeitgeber das Recht, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen festzulegen. Auf der Grundlage dieses Weisungsrechts bestimmt der Arbeitgeber Zeit, Art und Ort der Arbeitsleistung; dabei kann er dem Arbeitnehmer auch einen Wechsel in der Art der Beschäftigung auferlegen, ein Vorgang, der als "Versetzung" nicht immer richtig gekennzeichnet wird oder er kann auch den Arbeitsbereich verkleinern (vgl. BAG vom 27.03.1980 - AP-Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAG vom 24.04.1996 - 5 AZR 1032/94 - PersR 1997, 179; ErfK-Preis, 9. Aufl. 2009 § 611 BGB Rn. 275/277.).

Grundsätzlich sind Vereinbarungen, die dem Arbeitgeber das Recht zur einseitigen Änderung einzelner Arbeitsbedingungen einräumen, zulässig. Nur wenn wesentliche Elemente des Arbeitsvertrages der einseitigen Änderung durch den Arbeitgeber unterliegen mit der Folge, dass das bisherige Gleichgewicht des Vertrages, also das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört wird, wird die Grenze des gesetzlichen Schutzes gegen Änderungskündigungen überschritten (vgl. BAG vom 24.04.1996 a. a. O. m. w. N.).

3.Nach dem unstreitigen Sachverhalt, den vertraglichen Vereinbarungen und den Protokollerklärungen des Klägers in der letzten mündlichen Verhandlung wurde der Kläger ab 01.09.1989 als wissenschaftlicher Mitarbeiter aufgrund seiner Ausbildung als Diplom-Ingenieur bei der Beklagten eingestellt. Er war ausweislich der Mitteilung vom 01.02.1990 im Ressort Ingenieurwesen in der Organisationseinnheit Umweltschutz eingesetzt und wurde mit Wirkung vom 01.03.1990 zum Abteilungsleiter ernannt und dem Führungskreis II zugeordnet. Ausweislich § 1 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages (Bl. 15 d. A.) konnte die Beklagte dem Kläger auch andere Aufgaben übertragen, soweit sie seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen.

a.Ausweislich seiner eigenen Einlassungen in der mündlichen Verhandlung war der Kläger im Bereich Umweltschutz sowohl mit der Abwicklung von wasserrechtlich relevanten Verfahren beschäftigt und wurde 1993 dann zusätzlich Betriebsleiter der zentralen Abwassersicherungsanlage. Darüber hinaus war er mit Fragen der Abfallbeseitigung befasst und wurde sodann 1994 zum Abfallbeauftragten ernannt sowie am 01.01.1995 zugleich mit seiner Berufung zum Hauptabteilungsleiter zum Gewässerschutzbeauftragten.

Nach Einschätzung der Kammer umfasst damit das Tätigkeitsgebiet des Klägers innerhalb der Abteilung Umweltschutz Aufgaben innerhalb des Gewässerschutzes und der Abfallwirtschaft und der Altlastensanierung.

Damit war der Kläger von vornherein für den "rechtssicheren Betrieb der Anlagen sowie für die Entsorgung von Abfall und Abwasser" im Zusammenhang mit der Erwirkung von der erforderlichen Genehmigung und mit der Überprüfung der Verunreinigung von Gewässern im Zusammenhang mit dem bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlagen zuständig. Wenn ihm tatsächlich, wie er zu Protokoll erklärt hat, nunmehr noch die Kontrolle im Rahmen der Beauftragung als Gewässerschutz- und Abfallbeauftragter übertragen worden ist, so wäre dies nach Einschätzung der Kammer weder rechtlich unzulässig noch die Übertragung einer Sonderaufgabe, die über das Direktionsrecht hinausginge. Vielmehr wurde dem Kläger im Rahmen seiner Aufgaben als Hauptabteilungsleiter in der Umweltschutzabteilung die besondere Funktion des Gewässerschutz- und Abfallbeauftragten übertragen. Damit ändert sich weder das Tätigkeitsbild noch sind ihm Aufgaben übertragen worden, die als Sonderfunktion eben einer völlig anders gelagerten Tätigkeit ausgeübt werden müssten. Vielmehr ergibt sich aus der Stellung im Rahmen der Abteilung "Legal Compliance", dass dem Kläger damit im Rahmen seiner bisher obliegenden Aufgaben eine zwar zusätzliche aber nicht völlig anders geartete Tätigkeit zugewiesen wurde.

b.Aufgrund dessen vermag die Kammer auch der "Stellenbeschreibung" vom 01.05.1998 ebenso wie der Stellenbeschreibung aus dem Jahre 2005, in der die Aufgaben als Immissionsschutzbeauftragter zusätzlich aufgeführt worden sind, nicht zu entnehmen, dass insoweit eine Änderung des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien geschlossen wurde.

Die Kammer folgt deshalb der Argumentation der Beklagten, dass allein die Tatsache, dass die beauftragten Funktionen in der Stellenbeschreibung integriert wurden, nicht zur Annahme des Willens der Parteien führte, eine Beschäftigung des Klägers nur noch mit der Funktion als Beauftragter abzuwickeln. Wenn man eine "Aufgabenänderung" mit der Tätigkeit der ausschließlichen Aufgabenwahrnehmung als Beauftragter hätte vereinbaren wollen, hätte es nahegelegen, diese vermeintliche Vertragsänderung in einer Änderung zum Arbeitsvertrag festzulegen. Dies haben die Parteien ausdrücklich nicht gemacht. Der Kläger hat lediglich in der Stellenbeschreibung durch seine Unterschrift bestätigt, dass er die Aufgaben übernommen hat und dass damit bestimmte Funktionen im Rahmen seiner Aufgaben als Abteilungsleiter übernommen wurden.

Die Aufgaben des Abfallbeauftragten bzw. Gewässerbeauftragten folgen jedoch aus den gesetzlichen Bestimmungen. Insoweit beinhaltet sowohl § 55 Abs.1 KrW-/AbfG als auch § 21 b WHG die ausdrückliche Festlegung, dass der Abfallbeauftragte bzw. Gewässerschutzbeauftragte den Betreiber und die Betriebsangehörigen in Angelegenheiten, die für die Abfallbeseitigung bzw. den Gewässerschutz von Bedeutung sind, berät. Im Rahmen dieser Beratung ist der Gewässerschutzbeauftragte berechtigt und verpflichtet, die Einhaltung von Vorschriften, Bedingungen und Auflagen im Interesse des Gewässerschutzes und auch der Abfallwirtschaft zu berücksichtigen. Diese Aufgaben ergeben sich beim Kläger jedoch schon daraus, dass er im Rahmen der Genehmigungsverfahren und damit zusammenhängenden Abwicklungen zusammen mit seinen ihm unterstellten Mitarbeitern die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen per se zu überprüfen hat. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass er im Rahmen seiner Abteilungsleiterfunktion mit sieben Mitarbeitern für Immissionsschutz, Abfallüberwachung, Baugenehmigungen und Wasserrecht (S. 6 u. 7 des Schriftsatzes des Klägers vom 03.04.2009) zuständig war. Damit wird auch der Sachvortrag der Beklagten bestätigt, dass der Aufgabenbereich des Klägers Aufgaben aus dem Bereich des Beauftragten für Abfall und Gewässerschutz umfasste.

Damit wird zusätzlich deutlich, dass die Beklagte im Rahmen ihres Direktionsrechts und im Lichte der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.04.1996 (a. a. O.) im Rahmen des Arbeitsvertrages Aufgaben zuweisen konnte, die keine wesentliche Änderung des Arbeitsvertrages beinhalten und damit auch das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht in Frage gestellt haben.

Insoweit vermag die Kammer auch nicht der Einlassung des Klägers zu folgen, dass sich aus der Stellenbeschreibung ergibt, dass 100 % der Aufgaben des Klägers nunmehr neue Aufgaben beinhalteten, die sich aus der Bestellung als Abfall- bzw. Gewässerschutzbeauftragter ergeben.

Der Kläger verkennt nach Einschätzung der Kammer, dass die Stellenbeschreibung sowohl aus 1998 als auch aus 2005 lediglich das festschreibt, was der Kläger vorher schon erledigt hat und das, was im Rahmen der Aufgaben unter Zitierung der gesetzlichen Bestimmungen (§ 55 KrW-/AbfG und § 21 b WHG) zu den Aufgaben eines Beauftragten gehört.

Selbst wenn man Ziffer 3 der Stellenbeschreibung 1998 (Bl. 192 d. A.), wonach der Kläger "die Anlagenbetreiber in Fragen des Umweltschutzes berät und insbesondere Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung der Menge, Verwertung bzw. Wiedereinsatz und umweltverträgliche Beseitigung von Abfall und Abwasser vorschlägt" mit 20 % der besonderen Einzelaufgabe des Gewässerschutz- und Abfallbeauftragten zuordnet mit der entsprechenden Berichtspflicht, ergibt sich daraus noch nicht, dass der Kläger diese Aufgaben nicht innerhalb seiner Funktion als Hauptabteilungsleiter im Umweltschutzbereich per se wahrzunehmen hat. Selbst wenn man sie einer besonderen Aufgabenstellung als Beauftragter zuweisen würde, würden sie das Tätigkeitsbild als solches für sich genommen nach Einschätzung der Kammer nicht ändern.

c.Auch Ziffer 3 der Stellenbeschreibung von 2005 (Bl. 26 d. A.) zwingt unter Berücksichtigung der Stellenziele und der Hauptaufgaben, die der Kläger vorher schon verrichtet hat, zu keiner anderen Bewertung.

Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 29.09.2009 auch hinsichtlich der Aufgaben als Immissionsschutzbeauftragter bestätigt, dass er bis auf die Aufgabe des Beauftragten, die Herr Dr. N. übernommen habe, weiter im Immissionsschutz Aufgaben wahrgenommen habe. Dies mag ergänzend auch für die Frage des Abfall- und Gewässerschutzbeauftragten als Indiz dienen.

4.Ist demnach zusammenfassend festzustellen, dass der Kläger mit der Übertragung der Aufgaben eines Abfall- und Gewässerschutzbeauftragten im Rahmen des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber zusätzliche Aufgaben, die im Zusammenhang mit der von ihm arbeitsvertraglich zu verrichtenden Tätigkeit standen, zugewiesen wurden, so ist der Beklagten zu folgen, dass der Widerruf der Abberufung und damit die Entbindung des Klägers von den entsprechenden Aufgaben sich als "actus contrarius" im Rahmen des ihr obliegenden Direktionsrechtes zur Bestellung darstellt. Es ist auch nicht feststellbar, dass die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens bei der Abberufung des Klägers als Abfallund Gewässerschutzbeauftragter unbillig im Sinne von § 106 Abs. 1 GewO in Verbindung mit § 315 Abs. 1 BGB gehandelt hätte.

a.Eine Maßnahme in Ausübung des Direktionsrechts wäre nur dann unwirksam, wenn sie nicht billigem Ermessen entspricht. Die Grundsätze der Billigkeit sind gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (BAG vom 12.09.1996 - 5 AZR 30/95 - NZA 1997,381; BAG vom 23.06.1993 - 5 AZR 337/92 - NZA 1993, 1127).

b.Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nicht erkennbar, dass die Abberufung des Klägers auch als Abfall- und Gewässerschutzbeauftragter unbillig wäre. Die Beklagte hat eine unternehmerische Entscheidung getroffen, wonach die unterschiedlichen Aufgaben von drei Abteilungen auf zwei Abteilungen übertragen werden sollten und im Zusammenhang damit die Funktion des Immissionsschutzbeauftragten und des gleichzeitigen Gewässerschutz- und Abfallbeauftragter in einer Person und damit bei Herrn Dr. N. gebündelt werden sollte. Dass eine derartige Bündelung möglich ist, hat der Kläger durch die Wahrnehmung dieser Aufgaben seinerseits bestätigt. Die Beauftragung als Immissionsschutzbeauftragter wurde ihm bereits im Dezember 2007 entzogen. Nunmehr soll er auch als Abfall- und Gewässerschutzbeauftragter von dieser Funktion entbunden werden und Herr Dr. N. damit beauftragt werden. Damit ist zunächst nur seine " Zusatzfunktion" betroffen, seine arbeitsvertraglich bestehenden Aufgaben im Übrigen sind davon unberührt. Ob diese Aufgaben weggefallen sind und eine Kündigung insoweit gerechtfertigt ist, ist an anderer Stelle zu prüfen. Hier geht es lediglich um die Abberufung als Beauftragter. Da das Arbeitsverhältnis als solches durch die Abberufung nicht inhaltsleer wird (vgl. auch oben die Ausführungen unter 3 a und 3 b) und auch vom Kläger unmittelbare Beeinträchtigungen seiner Interessen nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich sind, erscheinen die Abberufungsmaßnahmen deshalb auch nicht unbillig.

5.Die Berufungskammer teilt auch die Auffassung der Beklagten in der Berufungsbegründung, dass der vorliegende Fall mit dem Fall des Bundesarbeitsgerichts zum Datenschutzbeauftragten in der Entscheidung vom 13.03.2007 - 9 AZR 612/05 - nicht vergleichbar ist. Das Bundesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten im dortigen Verfahren Gegenstand arbeitsvertraglicher Vereinbarungen war und deshalb der Widerruf der Bestellung nach § 4 Abs. 3 Satz 4 BDSG nur in Form der gleichzeitigen Kündigung dieser arbeitsvertraglichen Abrede wirksam erfolgen kann. Das ist im Streitfall nach den obigen Erörterungen nicht der Fall. Die Aufgaben als Gewässerschutz und Abfallbeauftragter sind dem Kläger im Rahmen des Direktionsrechtes übertragen worden.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzeswortlaut und die Gesamtsituation bei dem Datenschutzbeauftragten eine andere ist, als bei dem Abfall- bzw. Gewässerschutzbeauftragten. Gemäß § 4 f BDSG ist der Beauftragte für den Datenschutz dem Leiter der öffentlichen und nicht öffentlichen Stelle unmittelbar unterstellt. Er ist in der Ausübung seiner Fachkunde auf dem Gebiet des Datenschutzes weisungsfrei. Die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz kann in entsprechender Anwendung von § 626 BGB bei nicht öffentlichen Stellen auch auf Verlangen der Aufsichtsbehörde widerrufen werden.

Damit hat der Gesetzgeber dem Beauftragten für den Datenschutz eine andere Funktion auch in Zusammenhang mit seinen Kontrollrechten und Aufgaben zugewiesen und ihm eine völlig eigenständige originäre Aufgabenerledigung zugebilligt. Der Datenschutzbeauftragte ist in Ausübung seiner Fachkunde auf dem Gebiet des Datenschutzes weisungsfrei und nicht weisungsunterworfen wie der Kläger, der nur beraten, überwachen und Vorschläge machen kann. Dem Datenschutzbeauftragten können auf seinem Gebiet, anders als dem Kläger, kraft Direktionsrechts keine Aufgaben zugewiesen werden. Die Abberufung kann nur erfolgen, wenn ein wichtiger Grund entsprechend § 626 BGB vorliegt.

Dies bedeutet, dass bei einem Abfall- und Gewässerschutzbeauftragten, anders als bei einem Datenschutzbeauftragten, mit der Bestellung nicht zwingend eine Änderung der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten einhergeht, wenn ihm im Rahmen seiner Aufgabenerledigung eine zusätzliche "Funktion" als Beauftragter übertragen wird. Auch einer Teilkündigung bedarf es deshalb nicht.

Nach alledem war das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern, soweit es dem Feststellungsantrag zu 2. und 3. hinsichtlich des Abfall- und Gewässerschutzbeauftragten stattgegeben hat. Die Abberufung des Klägers mit Wirkung vom 31.12.2008 ist insoweit vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst.

II.

Völlig zu Recht hat das Arbeitsgericht darüber hinaus jedoch festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 19.12.2008 rechtsunwirksam ist und nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Kündigung sozial gerechtfertigt wäre. Auch die Beklagte geht davon aus, dass mit der Abberufung als Abfall- bzw. Gewässerschutzbeauftragter die Aufgaben ohne die Funktion des Beauftragten zunächst bestehen bleiben und allenfalls die Frage ist, inwieweit durch die betriebliche Organisation nunmehr im Zusammenhang mit der Umstrukturierung die Aufgabe als Abteilungsleiter des Klägers weggefallen sein könnte.

1.Die Unwirksamkeit der Kündigung des Klägers ergibt sich ohne Weiteres und eindeutig aus dem Sonderkündigungsschutz des Klägers nach § 58 Abs. 2 BImSchG i. V. m. § 55 Abs. 3 KrW-/AbfG sowie § 21 f. Abs. 2 WHG. Nach diesen Vorschriften ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses erst ein Jahr nach Abberufung des Beauftragten zulässig, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund für die Beendigung vor.

Ein wichtiger Grund als Kündigungsgrund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB wird von der Beklagten nicht behauptet.

Die Beklagte hat die Kündigung am 19.12.2008 ausgesprochen. Diese Kündigung ist als empfangsbedürftige Willenserklärung gemäß § 130 Abs. 1 BGB dem Kläger mit Zugang der schriftlichen Erklärung vor dem 31.12.2008 wirksam geworden.

Die Jahresfrist für den besonderen Kündigungsschutz gemäß den oben zitierten Vorschriften beginnt jedoch erst ein Jahr nach Beendigung der Bestellung und ist deshalb bis zum Ablauf der Frist unzulässig.

Das heißt im Ergebnis, dass die Beklagte die Kündigung aufgrund des nachwirkenden Sonderkündigungsschutzes des Klägers aus seiner Tätigkeit als Abfall- bzw. Gewässerschutzbeauftragter erst nach dem 31.12.2009 aussprechen konnte.

Aufgrund der ordnungsgemäß erfolgten Bestellung des Klägers zum Beauftragten für Abfall und Gewässerschutz, der zwischen den Parteien unstreitig ist, hat der Kläger den "nachwirkenden Sonderkündigungsschutz". Eine ordentliche Kündigung ist deshalb vor Ablauf eines Jahres gemäß § 134 BGB unwirksam (vgl. BAG vom 26.03.2009 - 2 AZR 633/07 - Juris).

Zu Recht hat das Arbeitsgericht bereits darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten geäußerte Auffassung, die Unzulässigkeit einer Kündigung führe nur zu Schadensersatzansprüchen, weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik besonderer Kündigungsgründe zu vereinbaren ist. Im Übrigen belegt auch die Fundstelle bei Hansmann in Landmann/Rohmer (Umweltrecht Bd. I, 47. EL, § 58 BImSchG, Rd. 14) zwar, dass der Arbeitnehmer für den Fall, dass er im Zusammenhang mit seiner Bestellung als Beauftragter benachteiligt worden ist, Schadensersatzansprüche geltend machen kann gemäß § 823 Abs. 2 BGB wegen Verletzung eines Schutzgesetzes. Die Fundstelle kommt jedoch nicht zu dem Ergebnis, dass eine ordentliche Kündigung zulässig wäre. Vielmehr wird an anderer Stelle ausgeführt, dass die Kündigung auch dann greift, wenn eine Kündigung im Einzelfall nicht als Benachteiligung "wegen der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben" anzusehen wäre. Während der Zeit der Bestellung zum Immissionsschutzbeauftragten und - im Falle der Abberufung - bis zu einem Jahr nach Beendigung der Bestellung - sofern der Immissionsschutzbeauftragte Arbeitnehmer des Anlagenbetreibers ist - ist eine Kündigung nur zulässig, wenn hinreichende Gründe für eine fristlose Kündigung vorliegen (Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, I. § 58 BImSchG, Rdn. 11).

Besteht das Arbeitsverhältnis demnach ungekündigt fort, so hat der Kläger auch Anspruch auf die von ihm geltend gemachte tatsächliche Beschäftigung als Abteilungsleiter. Dieser Anspruch ergibt sich aus der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27.02.1985 - GS 1/84 -. Die Beklagte hat insoweit auch keine Einwendungen erhoben.

B.

Anschlussberufung des Klägers

Die Anschlussberufung des Klägers, gegen die Zulässigkeitsbedenken nicht bestehen, konnte keinen Erfolg haben.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht entschieden, dass ein möglicher Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit der Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter verwirkt ist. Die Beklagte hat insoweit zu Recht den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erhoben.

I.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte sein Recht über einen bestimmten Zeitraum hin nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage war (sogenanntes Zeitmoment) und sich der Schuldner wegen dieser Untätigkeit des Berechtigten bei objektiver Beurteilung darauf eingerichtet hat und nach dem Gesamtverhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht in Zukunft nicht geltend machen werde, so dass ihm insgesamt deshalb dessen Befriedigung nicht zuzumuten ist (sogenanntes Umstandsmoment). Zum Zeitablauf müssen deshalb besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzukommen, die es gerechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts mit Treu und Glauben als unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Zwischen diesen Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf besteht eine Wechselwirkung. Selbst der erforderliche Zeitablauf kann umso kürzer sein, je gravierender die Umstände sind und umgekehrt sind an diese Umstände geringere Anforderungen zu stellen, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (vgl. zusammenfassend BAG vom 12.12.2006 - 9 AZR 747/06 - NZA 2007, 397).

Weiter hat das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt, dass der Verwirkung grundsätzlich jeder Anspruch und jedes Recht unterliegen kann. Dazu gehört auch das Recht des Arbeitnehmers, die Rechtsunwirksamkeit einer Versetzung geltend zu machen oder auch den Teilentzug von Aufgaben und Funktionen. Dagegen hat der Kläger sich auch nicht gewandt.

II.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist dem Arbeitsgericht zu folgen, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Annahme einer Verwirkung anzunehmen sind.

Der Kläger ist von seinen Aufgaben als Immissionsschutzbeauftragter mit Wirkung vom 31.12.2007 entbunden worden.

Er hat erstmalig gegenüber der Beklagten mit der am 07.01.2009 - also über ein Jahr nach Entbindung von den Aufgaben des Immissionsschutzbeauftragten - zugestellten Klage geltend gemacht, dass die Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter unzulässig sei. Damit ist das Zeitmoment ohne Weiteres erfüllt. Der Kläger hat über einen längeren Zeitraum sein Recht nicht geltend gemacht, obwohl er dazu in der Lage war und die Beklagte konnte sich deshalb grundsätzlich darauf einrichten, dass er dieses Recht nicht mehr ausüben wollte.

Auch wenn der Zeitablauf als reines Kriterium nicht ausreicht, hat schon das Arbeitsgericht für das Umstandsmoment darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Verhandlungen der Parteien über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. eine Vorruhestandsregelung der Kläger nicht darauf bestanden hat, dass ihm seine Aufgaben als Immissionsschutzbeauftragter wieder zugewiesen werden. Ganz im Gegenteil hat der Kläger, wie zuletzt unstreitig war, seine arbeitsvertraglichen Aufgaben im Rahmen des Umweltschutzes und damit die nicht dem Immissionsschutzbeauftragten obliegenden Aufgaben, die an Dr. N. übertragen wurden, erledigt.

Gerade wenn der Kläger im Immissionsschutz weiter Aufgaben wahrgenommen hat, die er aufgrund seines Arbeitsvertrages zu erbringen hatte und nicht beanstandet, dass ihm die Funktion und Aufgaben entzogen worden sind, die er als Immissionsschutzbeauftragter zu verrichten hatte, hat er zum Ausdruck gebracht, dass er diese Entscheidung der Beklagten hinnehmen will. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Kläger davon ausgehen konnte, dass sich "für ihn nichts ändern würde". Die Tatsache, dass er als Beauftragter für den Immissionsschutz nicht mehr tätig war und diese Funktion Herr Dr. N. übernommen würde, hat er in der letzten mündlichen Verhandlung gerade unstreitig gestellt. Für das Umstandsmoment kommt es nicht auf die Motive des Gläubigers an, weshalb er (mögliches) Recht nicht wahrnimmt, sondern darauf, wie sein Verhalten vom Schuldner aufgefasst werden darf. Aus Sicht der Beklagten war die nahezu einjährige widerspruchslose Hinnahme des Klägers ein unmissverständliches Zeichen dafür, er habe die Abberufungsentscheidung hingenommen und werde diese nicht mehr angreifen.

Es kann nach alledem dahingestellt bleiben, ob unter Berücksichtigung der Grundsätze (oben A I 2, 3) nicht auch die Abberufung als Beauftragter für Immissionsschutz in der Sache zu Recht erfolgt wäre.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 97 ZPO.

Die Kammer hat die Revision für den Kläger zugelassen, weil sie von einer grundsätzlichen Bedeutung in der Frage ausgegangen ist, inwieweit auch die Abberufung eines Abfallbeauftragten bzw. Gewässerschutzbeauftragten zu der vom Bundesarbeitsgericht für den Datenschutzbeauftragten bejahten Entscheidung führen könnte, dass eine Teilkündigung erforderlich ist. Darüber hinaus könnte für den Fall, dass der Wertung der Berufungskammer im Hinblick auf die Ausübung des Direktionsrechts im Zusammenhang mit der Abberufung eines Abfall- und Gewässerschutzbeauftragten nicht gefolgt wird, ein Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 13.03.2007 entstanden sein.

Die Frage der Verwirkung hat keine grundsätzliche Bedeutung; insoweit bestand zur Zulassung der Revision keine Veranlassung.

Für die Beklagte war die Revision nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen insoweit nicht gegeben waren.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger hinsichtlich der Klageabweisung gemäß Ziffer 1 des Urteilstenors

R E V I S I O N

eingelegt werden, im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: 0361 2636 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.

Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Goeke Fricke Damm






LAG Düsseldorf:
Urteil v. 29.09.2009
Az: 6 Sa 492/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e0aab4d035aa/LAG-Duesseldorf_Urteil_vom_29-September-2009_Az_6-Sa-492-09




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