Bundespatentgericht:
Urteil vom 21. August 2001
Aktenzeichen: 3 Ni 7/00

(BPatG: Urteil v. 21.08.2001, Az.: 3 Ni 7/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat am 21. August 2001 in dem Fall mit dem Aktenzeichen 3 Ni 7/00 entschieden, dass das europäische Patent 0 494 489 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt wird. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wenn eine Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 DM erbracht wird.

In der Gerichtsentscheidung ging es um ein europäisches Patent, das eine Metalldichtung betrifft. Die Beklagte war Inhaberin des Patents, das in Deutschland gültig war. Die Klägerin argumentierte, dass das Patent weder neu noch erfinderisch sei und daher nicht patentfähig sei. Sie stützte sich dabei auf verschiedene Unterlagen und Fachliteratur.

Das Gericht stellte fest, dass das Streitpatent nicht patentfähig ist. Es kam zu dem Schluss, dass die Metalldichtung, die in dem Patent beschrieben wird, bereits in einer japanischen Gebrauchsmusterschrift enthalten ist. Diese Gebrauchsmusterschrift beschreibt eine Metalldichtung mit ähnlichen Merkmalen wie das Patent. Das Gericht befand, dass es für eine Fachperson naheliegend gewesen wäre, die Technik aus der japanischen Gebrauchsmusterschrift auf die Dichtung des Patents zu übertragen. Daher fehlt es an erfinderischer Tätigkeit.

Das Gericht erklärte das europäische Patent daher für nichtig. Die Beklagte muss die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wenn eine Sicherheitsleistung erbracht wird.

Dies ist eine vereinfachte Inhaltsangabe der Gerichtsentscheidung vom Bundespatentgericht. In dem Fall wurde ein europäisches Patent für nichtig erklärt, da es nicht patentfähig war. Das Gericht stützte sich dabei auf eine bereits bekannte Technik, die in einer japanischen Gebrauchsmusterschrift beschrieben wurde. Die Beklagte muss die Kosten des Rechtsstreits tragen, und das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wenn eine Sicherheitsleistung erbracht wird.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Urteil v. 21.08.2001, Az: 3 Ni 7/00


Tenor

Das europäische Patent 0 494 489 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 2. September 1991 unter Inanspruchnahme der Priorität der japanischen Patentanmeldung 11692/91 vom 9. Januar 1991 angemeldeten und ua mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 494 489 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 691 05 711 geführt wird. Das Streitpatent, das in der Verfahrenssprache Englisch angemeldet und erteilt wurde, betrifft ein "Metallic gasket" und umfasst nach der Entscheidung der Beschwerdekammer 3.2.4 des Europäischen Patentamts vom 2. Juli 1999 gemäß dem vor der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts gestellten Hauptantrag 8 Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet danach in deutscher Übersetzung:

"1. Metalldichtung (1) mit einem wulsttragenden Basisteil (10), der aus einem elastischen Metallmaterial geformt ist und eine ebene Fläche (24) aufweist, ersten mit Zylinderbohrungen ausgerichteten Löchern (2), die parallel zueinander im wulsttragenden Basisteil (10) ausgebildet sind, einem Hilfsteil (11), der auf den wulsttragenden Basisteil (10) aufgeschichtet und aus einem Metallmaterial ausgebildet ist, und zweiten mit Zylinderbohrungen ausgerichteten Löchern (3), die in dem Hilfssteil (11) derart ausgebildet sind, dass die zweiten Löcher (3) parallel zueinander und in Ausrichtung mit den ersten Löchern (2) angeordnet sind; sowie mit Wülsen (12), die so geformt sind, dass sie von den Abschnitten der ebenen Fläche (14) des wulsttragenden Basisteils (10) vorstehen, welche sich längs der Umfangsränder der ersten mit Zylinderbohrungen ausgerichteten Löcher (2) erstrecken und mit Falzabschnitten (13), die durch Umfalzen derjenigen Abschnitte des Teils (11), die den Umfangsrandabschnitten der zweiten mit Zylinderbohrungen ausgerichteten Löcher (3) entsprechen, zum wulsttragenden Basisteil (10) hin gebildet sind, dadurch gekennzeichnet, dass das Hilfsteil (11) auf die Seite des wulsttragenden Basisteils (10) aufgeschichtet ist, aus der die Wulste (12) vorstehen, wobei freie Endabschnitte der Falzabschnitte (13) sich nicht mit den Wulsten (12) überdecken, die Falzabschnitte (13) des Hilfsteils (11) in einem unbelasteten Zustand einen Abstand von der ebenen Fläche (14) des wulsttragenden Basisteils (10) aufweisen und wobei die Falzteile (13) und die Wülste (12) in einem gegenseitigen Abstand liegen, so das die Falzteile (13) und die Wülste (12) einander nicht überdecken und benachbarte Wülste (12) in Bereichen zwischen benachbarten Löchern (2) einander treffen, um jeweils zu einem einzigen Wulstteil (12) vereinigt zu werden."

Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 8 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Klägerin beruft sich auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit, da der Gegenstand des Streitpatents weder neu sei noch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Zur Begründung bezieht sie sich im wesentlichen auf die Unterlagen A3 JP 63-180 769 U, A4 EP 0 306 766 A2, A5 US-PS 4 815 750, A7 Handbuch der Dichtungstechnik, expert verlag, 7031 Grafenau 1 / Württ., 1981, S 97, A8 "Die Zylinderkopfdichtung in der Patentliteratur Teil III", MTZ Motortechnische Zeitschrift 48 (1987), 12, S VII Punkt b "Beschichtungen", A9 DE-OS 28 18 472, A10 US-PS 4 272 085.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 494 489 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, Art II § 6 Abs 1 Nr 1 IntPatÜG, Art 138 Abs 1 lit a EPÜ iVm Art 52, 42 EPÜ.

I.

1) Das Streitpatent betrifft eine Metalldichtung zum Abdichten eines Zwischenraums zwischen den gegenüberliegenden Flächen eines Zylinderkopfes und eines Zylinderblocks in einem Mehrzylindermotor.

Die kompaktere Gestaltung von Verbrennungsmotoren erfordert Zylinderköpfe und Zylinderblöcke mit geringen Abmessungen, wobei der Abstand benachbarter Zylinderkopfbohrungen nach Angaben der Streitpatentschrift ca 6 mm beträgt (s StrPS S 1 Z 4 bis 11). Um zusätzlich Gewicht einzusparen, werden Zylinderkopf und Zylinderblock aus einem Aluminiummaterial mit geringem spezifischen Gewicht hergestellt, was jedoch zu einer geringeren Belastbarkeit geführt hat.

Um diesen Bedingungen Rechnung zu tragen, wurde eine Metalldichtung vorgeschlagen, wie sie in Figur 10 der Streitpatentschrift dargestellt ist. Diese Metalldichtung besteht aus einem Basisteil, das Wülste aufweist, die um die Zylinderbohrungen herum angeordnet sind. Ein Hilfsteil befindet sich in einer geschichteten Verbindung mit dem Basisteil an der Seite, an der keine Wülste vorgesehen sind. Das Hilfsteil ist (im Bereich der Zylinderbohrungen) um den Rand des Basisteils derart herumgefalzt, daß auf der Seite, auf der sich die Wülste befinden, ein gegenüber der Oberfläche des Basisteils erhobener Abschnitt mit einer vorgegebenen Dicke entsteht. Diese Abschnitte dienen ua als Stopper gegen eine zu große Verformung der Wülste. Derartig gestaltete Metalldichtungen sind zB aus der japanischen Offenlegungsschrift 155376/1987 und der US-Patentschrift 3817540 bekannt (vgl Str PS S 1, Z 12 bis 28.

Da das Hilfsteil um das Basisteil herumgeformt ist, kann es, wenn seine Blechstärke zu dünn gewählt wird, nach längerem Gebrauch brechen. Wird die Blechstärke zu dick gewählt, kann um die Zylinderbohrung herum kein gleichmäßiger Flächendruck der Dichtung über eine längere Zeit sichergestellt werden (vgl Str PS S 1, Z 29 bis 40).

2.) Es ist daher die Aufgabe des Streitpatents, eine Metalldichtung zwischen Zylinderkopf und Zylinderblock zur Verfügung zu stellen, die die geschilderten Nachteile vermeidet.

3.) Zur Lösung ist im Patentanspruch 1 beansprucht eine Metalldichtung mit 1.) einem Basisteil 1.1) das aus einem elastischem Metallmaterial geformt ist 1.2) mit auf die Zylinderbohrungen ausgerichteten Löchern, 1.3) das auf einer Oberflächenseite aus dieser herausragende Wülste aufweist, 1.4) die konzentrisch um die Löcher herum verlaufen, 1.5) wobei benachbarte Wülste im Bereich zwischen benachbarten Löchern jeweils zu einem einzigen Wulst zusammenlaufen, 2) einem Hilfsteil, 2.1) das aus einem Metallmaterial ausgebildet ist, 2.2) mit auf die Zylinderbohrungen ausgerichteten Löchern, 2.3) das auf die wulsttragende Oberflächenseite des Basisteils aufgeschichtet ist, 2.4) mit Falzabschnitten, die durch Umfalzen der um die Löcher liegenden Endabschnitte des Hilfsteils gebildet sind.

3) Die Falzabschnitte des Hilfsteils und die Wülste des Basisteils sind so zueinander angeordnet, daß sie voneinander beanstandet sind und einander nicht überdecken.

4) Der Falzabschnitte des Hilfsteils sind in ihrer Dicke so dimensionsiert, daß sie im nicht belasteten Zustand einen Abstand von der Oberfläche des Basisteils aufweisen.

II.

Der Patentanspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die japanische Gebrauchsmusterschrift 63-180769 beschreibt in den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 3 b u. c iVm Figur 4 eine Metalldichtung mit den funktionsnotwendigen Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents. Diese bekannte Metalldichtung umfaßt ein Basisteil mit auf einer Oberfläche ausgeformten Wülsten (5), die konzentrisch um die den Zylinderbohrungen entsprechenden Löcher verlaufen und im Bereich zwischen den Löchern in einen gemeinsamen Wulst übergehen. Weiterhin umfaßt sie ein Hilfsteil, das ebenfalls den Zylinderbohrungen entsprechende Löcher aufweist. Dieses Hilfsteil besitzt in den um die Löcher liegenden Endabschnitten Abschnitte mit einer gegenüber der Materialstärke des Hilfsteils größeren Dicke. Die verdickten Abschnitte (6) des Hilfsteils sind zu den Wülsten des Basisteils so angeordnet, daß sie voneinander beanstandet sind und einander nicht überdecken. Die verdickten Abschnitte sind in ihrer Dicke so dimensioniert, daß die Abschnitte im nicht belasteten Zustand einen Abstand von der Oberfläche des Basisteils aufweisen und gemäß ihrer Funktion als Stopper der Begrenzung der Verformung der Wülste dienen. Es wird zwar erwähnt, daß die Verdickung der Abschnitte durch eine Bördelung erfolgen kann (vgl deutsche Übersetzung 3. Seite, 2. Absatz), jedoch ist im einzelnen nicht erläutert, wie die Verdickung hergestellt wird. Zu diesen geschichteten Metalldichtungen wird nur festgestellt, daß es sich um bekannte Konstruktionen handelt (vgl deutsche Übersetzung 5. Seite, 2. Absatz).

Sucht nun der mit der Konstruktion einer derartig gestalteten Dichtung beschäftigte Fachmann, hier ein Entwicklungsingenieur auf dem Gebiet der Dichtungen für Verbrennungsmotoren, insbes Dichtungen, die zwischen Zylinderkopf und Zylinderblock angeordnet sind, eine besonders kostengünstige und effektive Gestaltung dieses verdickten Bereiches, so stößt er auf die in der europäischen Offenlegungsschrift 0 306 766 dargestellte und beschriebene geschichtete Metalldichtung für die Abdichtung zwischen Zylinderkopf und Zylinderblock eines Verbrennungsmotors, bei der ein Basisteil Wülste und ein Hilfsteil als Stopper wirkende (Sp 2 Z 6 bis 8) verdickte Abschnitte aufweist. Bei dem in Figur 6 dargestellten Ausführungsbeispiel werden die verdickten Abschnitte durch Umfalzung erzeugt. Es bedarf nun keiner erfinderischen Tätigkeit, diese Art der Herstellung der verdickten Abschnitte auch auf die aus der japanischen Gebrauchsmusterschrift 63-180 769 bekannte Ausbildung einer Metalldichtung zu übertragen.

Mit dem Patentanspruch 1 fallen auch die auf ihn direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8. Einen eigenen patentfähigen Gehalt hat die Patentinhaberin insoweit nicht geltend gemacht. Er war für den Senat auch nicht erkennbar.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit folgt aus § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.

Hellebrand Köhn Hochmuth Sredl Harrer Hu






BPatG:
Urteil v. 21.08.2001
Az: 3 Ni 7/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/dfdba3487279/BPatG_Urteil_vom_21-August-2001_Az_3-Ni-7-00




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