Landgericht München I:
Urteil vom 18. März 2010
Aktenzeichen: 7 O 2475/09

(LG München I: Urteil v. 18.03.2010, Az.: 7 O 2475/09)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Tatbestand

Die Klägerin möchte die Verpflichtung des Beklagten zur Einwilligung in die Übertragung eines Patents, hilfsweise das Bestehens eines Vorbenutzungsrechts feststellen lassen.

Die Parteien streiten sich über das Patent DE 195 35 104, als dessen Inhaber der Beklagte eingetragen ist. In dem vorausgegangenen Verfahren 7 O 18870/02 hat der hiesige Beklagte die hiesige Klägerin wegen Verletzung dieses Patents auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung verklagt. Mit Urteil der Kammer vom 26.8.2004 (7 O 18870/02) in der Fassung gemäß rechtskräftigem Urteil des OLG München vom 10.11.2005 (6 U 4827/04), berichtigt mit Beschluss vom 3.1.2006, wurde die hiesige Klägerin und dortige Beklagte und deren Geschäftsführer verurteilt,

I. 1. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft hinsichtlich der Schuldnerin zu 1) zu vollziehen an deren Geschäftsführern, zu unterlassen,

Vorrichtungen zum Montieren von einem Sonnenkollektor auf einem Sparren und Latten aufweisenden Dach mit einer zumindest annähernd über die Breite des Kollektors erstreckenden Schiene mit zwei Schenkeln, in der Bundesrepublik Deutschland herstellen zu lassen, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen,

bei denen die Schenkel senkrecht auf der Dachebene stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel zur Halterung des Kollektors und der andere Schenkel als Auflage für den Kollektor dient, wobei die Schiene einen im Wesentlichen u-förmigen Querschnitt hat mit einer Grundfläche zwischen den Schenkeln, die direkt auf dem Dachsparren befestigbar ist, wobei zumindest ein Schenkel am Ende abgewinkelt ist,

insbesondere wenn

der zur Halterung des Kollektors dienende Schenkel höher als der als Auflage für den Kollektor dienende Schenkel ist

und/oder

an dem zur Halterung des Kollektors dienenden Schenkel eine Abwinkelung vorgesehen ist, die eine Länge hat, die der Länger einer parallel zur Dachebene vorstehenden Wand des Kollektors entspricht.

2. dem Beklagten über den Umfang der vorstehend zu l bezeichneten und seit dem 1.5.1999 begangenen Handlungen Rechnung zu legen unter Angabe:

i. der Herstellungsmengen und -zeiten

ii. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

iii. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preise sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

iv. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

v. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Klägern vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt dem Beklagten einem von dem Beklagten zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Kläger dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, dem Beklagten auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die vorstehend zu I.1. bezeichneten und seit dem 1.5.1999 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Der Widerklageantrag der hiesigen Klägerin im Verfahren Az. 7 O 18870 /02,

den (dortigen) Kläger zu verurteilen, in die Übertragung und Umschreibung des Patents DE 195 35 104 auf die (dortige) Beklagte einzuwilligen,

wurde rechtskräftig abgewiesen.

Das Streitpatent wurde durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Mai 2008 im Nichtigkeitsverfahren beschränkt.

Die Klägerin stellt mit Klageantrag I. erneut den oben genannten und rechtskräftig abgewiesenen Antrag aus ihrer Widerklage im Verfahren 7 O 18870 /02, diesmal als Feststellungsantrag; dem steht nach Auffassung der Klägerin die Rechtskraft des Urteils des Verfahrens 7 O 18870 /02 nicht entgegen, da es sich aufgrund der Beschränkung des Streitpatents nunmehr um einen anderen Lebenssachverhalt handele.

Die Klägerin hat b e a n t r a g t,

I. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, in die Übertragung und Umschreibung des Patents DE 195 35 104 auf die Klägerin einzuwilligen.

IV. Hilfsweise:

festzustellen, dass der Klägerin ein Vorbenutzungsrecht gemäß § 12 PatG an dem deutschen Patent DE 195 35 104 zusteht.

V. Äußerst hilfsweise:

Den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht München zu verweisen, bei dem beantragt werden wird:

1. Das rechtskräftige Urteil umgekehrten Rubrums des Oberlandesgerichts München vom 10. November 2005, Az. 6 U 4827/04, wird aufgehoben.

2. Das dem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts München zugrunde liegende Urteil des Landesgerichts München I vom 26.08.2004, Az. 7 O 18870/02 wird in Ziffer I.1., I.2., I., II., V. und VI. aufgehoben.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet war, in die Übertragung und Umschreibung des Patents DE 195 35 104 auf die Klägerin einzuwilligen.

Der Beklagte hat b e a n t r a g t,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei schon unzulässig, weil die gleiche Angelegenheit bereits Gegenstand des Rechtsstreits 7 O 18870/02 vor dem Landgericht München I gewesen sei.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I.

36Dem Antrag Ziffer I. steht die rechtskräftige Entscheidung im Verfahren 7 O 18870/02 entgegen.

Veränderungen der Schutzrechtslage (wie hier die Beschränkung des Streitpatents) sind entgegen der Ansicht der Klägerin nicht als Auswechslung des Streitgegenstandes durch Änderung des zur Entscheidung gestellten Sachverhalts anzusehen (so ausführlich, ausdrücklich und unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BGH OLG München in GRUR-RR 2006, 385 € Kassieranlage). Bei dem Streitpatent handelt es sich also sowohl in der ursprünglich erteilten als auch in der nunmehr durch den Bundesgerichtshof beschränkten Fassung um denselben Streitgegenstand. Dafür streitet schon, dass das Streitpatent nur mit Merkmalen, die in der Anmeldung bereits enthalten waren, in der nunmehr beschränkten Fassung aufrecht erhalten werden konnte.

II.

Der Antrag Ziffer II. ist ebenfalls unzulässig.

39Nach § 322 ZPO ist ein Urteil insoweit der Rechtskraft fähig, als darin über den durch Klage und Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH und der herrschenden Meinung im Schrifttum bedeutet dies zum einen, dass eine erneute Klage mit identischem Streitgegenstand unzulässig ist. Dabei ist eine Identität der Streitgegenstände nicht nur dann anzunehmen, wenn der nämliche Streitgegenstand zwischen denselben Parteien rechtshängig gemacht wird. Vielmehr sind die Streitgegenstände auch identisch, wenn im Zweitprozeß der Ausspruch des €kontradiktorischen Gegenteils€ begehrt wird (BGHZ 123, 137). Zu den Rechtskraftwirkungen gehört aus diesem Grunde die Präklusion nicht nur der im ersten Prozeß vorgetragenen Tatsachen, die zu einer Abweichung von der rechtskräftig festgestellten Rechtsfolge führen sollen, sondern auch der nicht vorgetragenen Tatsachen, sofern sie nicht erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung im ersten Prozeß entstanden sind. Das entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH NJW 1993, 2684). Ausgeschlossen sind danach also Tatsachen, die bei einer natürlichen vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtung zu dem durch ihren Sachvortrag zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehört hätten.

So liegt der Fall hier. Die Klägerin hätte das Vorbenutzungsrecht bereits im Vorprozess geltend machen können, da entsprechende Vorbenutzungen nach dem Vortrag der Klägerin bei der Firma E. M. KG bereits vor dem 21. September 1995 stattgefunden haben sollen. Die Klägerin hat die E. M. KG 1996 erworben, so dass es ihr ohne weiteres möglich war, die Vorbenutzung bereits im Verfahren 7 O 18870/02 geltend zu machen.

III.

Eine Kostenentscheidung bleibt wegen § 281 Abs. 3 ZPO dem OLG vorbehalten

BESCHLUSS

I. Der Rechtsstreit wird hinsichtlich des Klageantrags Ziffer V. an das Oberlandesgericht München verwiesen.

II. Der Streitwert wird auf € 750.000,00 (je € 250.000,00 für die Anträge I., IV und V.) festgesetzt.






LG München I:
Urteil v. 18.03.2010
Az: 7 O 2475/09


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