Oberlandesgericht Hamburg:
Beschluss vom 7. August 2006
Aktenzeichen: 8 W 130/06

(OLG Hamburg: Beschluss v. 07.08.2006, Az.: 8 W 130/06)

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, vom 18.5.2006 insoweit aufgehoben, als er die Erstattung von Kopiekosten ablehnt. Insoweit wird die Sache zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - unter Berücksichtigung der nachfolgenden Gründe an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist als solche statthaft und auch im übrigen zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567 ff ZPO).

Sie erweist sich auch als begründet. Auf den Anspruch der Klägerin hinsichtlich der Erstattung ihrer Kopiekosten sind die Vorschriften des RVG anzuwenden (§§ 60 f RVG). Damit sind die Regeln der §§ 25, 27 BRAGO außer Betracht zu lassen. Die Rechtsprechung des Senats, nach welcher die Kopiekosten in der Regel durch die allgemeine Prozessgebühr als abgegolten anzusehen waren ( zB Senat, JurBüro 1988, S. 731 f), kann in diesem Zusammenhang nicht mehr herangezogen werden. Dasselbe gilt für die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus jüngerer Zeit, soweit sie aufgrund der Übergangsvorschriften ausdrücklich noch auf die Erstattungsvorschriften des § 27 BRAGO abstellen (vgl. insbesondere BGH NJW 2003, 1127 ff, sowie BGH MDR 2005, S. 957 f).

Die Erstattungsforderung der Klägerin bemisst sich ausschließlich nach VV RVG Nr. 7000. Die dort aufgestellten Regelungen sind abschließend (vgl. Hartung/Römermann, RVG, 2004, VV Nr. 7000 Rn. 21). Für den konkreten Anspruch der Klägerin kommt von vornherein nur ein Anspruch nach Nr. 1b in Betracht. Die sonstigen Fallgruppen treffen, worüber zwischen den Parteien auch kein Streit besteht, hier nicht zu.

VV RVG Nr. 7000 - und hier insbesondere Nr. 1b - enthält einen gänzlich anderen Anknüpfungspunkt für die Kostenerstattungsverpflichtung als der alte § 27 Abs. 1 BRAGO. Die in der Neuregelung vielfach enthaltene Besserstellung des Erstattungsberechtigten ist beabsichtigt (vgl. Motive, zitiert nach Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., VV 7000, Rn. 40).

Die Klägerin hat mehr als 100 Ablichtungen erstellt; diese Ablichtungen waren zur Unterrichtung der Prozessbeteiligten über die von der Klägerin zur Gerichtsakte gereichten Anlagen 2 ff und 6 der Klage bestimmt. Zu dieser Unterrichtung war die Klägerin durch Rechtsvorschriften gehalten ( §§ 133 ff, 253 Abs. 5 ZPO). Dass die vorsorgliche Einreichung der vollständigen Unterlagen als Belege für die Klagansprüche missbräuchlich gewesen sei, wird man schon angesichts der Tatsache, dass es sich um einen Urkundenprozess handelte, nicht vertreten können. Im übrigen ist hier ein großzügiger Beurteilungsspielraum zugunsten des Prozessbevollmächtigten anzulegen (vgl. im Einzelnen Gerold/Schmidt a.a.O. VV 7000 Rn. 52 f; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., VV Nr. 7000, Rn. 25).

Der Senat kann den Erstattungsanspruch indessen der Höhe nach nicht eindeutig ermitteln, weshalb die Sache an die Rechtspflegerin zurückgegeben wird. Es ist zutreffend, dass die Beklagte die von der Klägerin in ihrer Beschwerdeschrift vorgetragenen Ablichtungszahlen nicht mehr substantiiert bestritten hat. Die Klägerin hat jedoch schon in ihrem Schriftsatz vom 28.3.2006 mitgeteilt, dass sich unter den Ablichtungen auch die für das Gericht bestimmten Exemplare befänden. Diese Ablichtungen sind nicht erstattungsfähig (vgl. Gerold/Schmidt, a.a.O., VV 7000, Rn. 44).

Im übrigen wird bei der Abrechnung zu beachten sein, dass bei Überschreiten der Grenze von 100 Ablichtungen nicht etwa nur die über eine Stückzahl von 100 hinausgehenden Ablichtungen, sondern alle (einschließlich der ersten 100) Ablichtungen einheitlich mit den für VV 7000 Nr. 1a bis 1d vorgesehenen Erstattungsbeträgen abzurechnen sind (vgl. z.B. Hartung/Römermann, a.a.O. VV 7000 Rn. 31; Hartmann a.a.O. VV 7000 Rn.25; a.A. Gerold/Schmidt a.a.O., VV 7000 Rn. 62).






OLG Hamburg:
Beschluss v. 07.08.2006
Az: 8 W 130/06


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