Landgericht Bochum:
Urteil vom 18. August 2009
Aktenzeichen: I-12 O 236/08

(LG Bochum: Urteil v. 18.08.2009, Az.: I-12 O 236/08)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr mit Mietwagen Patienten zu befördern, die für die Beklagte erkennbar an MRSA - (Methicillinresistente Staphylococcus aureus) Erregern erkrankt sind oder deren verdächtig sind.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verfügt über Genehmigungen zum Krankentransport und zur Notfallrettung im Sinne der §§ 18 ff. RettG. In der ihr erteilten Krankentransportgenehmigung ist als Auflage enthalten, nach jeder Beförderung einer Person, die an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionsschutzkrankheiten bei Menschen erkrankt oder dessen verdächtig ist, fachgerecht das Fahrzeug zu desinfizieren und falls erforderlich, zu entseuchen.

Die Beklagte verfügt über Fahrzeuge im Sinne des §§ 49 PBefG.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe in mehreren Fällen Patienten befördert, die an MRSA -Erregern erkrankt gewesen seien. Wegen der einzelnen Vorfälle wird auf die Darstellung in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 14.01.2009 Bezug genommen.

Die Klägerin, die zunächst eine Firma Taxi I GmbH verklagt hatte, beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, zwischen den Parteien bestehe bereits kein Wettbewerbsverhältnis. Sie trägt ferner vor, der Transport an MRSA erkrankter Patienten sei nicht einem nach dem RettG genehmigten Krankentransportwagen vorbehalten. Im Übrigen komme es allein auf die Verordnung des behandelnden Arztes an. Dem Transportunternehmen sei nicht zumutbar, dessen Einschätzung in Frage zu stellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der dortigen Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift.

Gründe

Die Klage ist begründet

Der Klägerin steht gem. § 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. dem RettG ein Unterlassungsanspruch in dem ausgeurteilten Umfang zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Beförderung von Patienten, die an MRSA-Erregern erkrankt , oder einer solchen Erkrankung verdächtig sind, Krankentransport i.S.d. Rettungsgesetzes. Ein solcher qualifizierter Krankentransport liegt dann vor, wenn eine fachliche Betreuung durch qualifiziertes Personal erforderlich ist oder der Patient der besonderen Ausstattung eines Krankentransportwagens bedarf. Dies ist schon deswegen der Fall, weil die Patienten an einer ansteckenden Krankheit leiden und daher anschließend eine Desinfektion des Fahrzeuges erforderlich ist. Dies ist nur bei Krankentransportwagen i.S.d. Rettungsgesetzes sicher gestellt. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegen halten, eine besondere Gefährlichkeit von MRSA-Patienten gebe es nicht, diese benützten vielmehr auch andere Verkehrsmittel. Denn diesem ohnehin nicht überzeugenden Argument steht schon entscheidend entgegen, dass auch bei den einfachen Krankenfahrten regelmäßig Patienten befördert werden, deren Immunsystem bereits geschwächt ist und die daher einer erhöhten Gefährdung unterliegen.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, entscheidend müsse der vom Arzt ausgestellte Transportschein sein, steht auch dieser Gesichtspunkt dem Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Denn die Anweisung eines Arztes, an MRSA-Erregern erkrankte Patienten im Wege des einfachen Krankentransportes zu befördern, wäre mit dem Rettungsgesetz nicht vereinbar. Auch der behandelnde Arzt ist nicht in der Lage, Vorschriften dieses Gesetzes außer Kraft zu setzen.

Es kann dahin stehen, ob im Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragenen Beförderungsfälle überhaupt ein substantiiertes Bestreiten der Beklagten vorliegt. Denn selbst wenn keine Wiederholungsgefahr bestünde, so läge jedenfalls Erstbegehungsgefahr vor. Die Beklagte führt tagtäglich Krankenfahrten aus. Angesichts der Verbreitung der MRSA-Erreger kann die Beklagte jederzeit vor der Frage stehen, einen derart erkrankten Patienten zu befördern. Da sie fest den Standpunkt vertritt, hierzu auch berechtigt zu sein, besteht jederzeit die Gefahr einer Beförderung.

Das sich aus den §§ 18 ff. RettG NRW ergebende Verbot, Krankentransporte ohne Genehmigung durchzuführen, stellt auch eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dar (vgl. BGH I ZR 141/06 vom 15.01.2009). Die Parteien stehen auch in unmittelbaren Wettbewerb zueinander.

Die Beklagte war daher mit der sich aus § 91 ZPO ergebenden Kostenfolge zur Unterlassung zu verurteilen. Soweit die Klägerin zunächst die Taxi I GmbH in Anspruch genommen hat, liegt lediglich eine auslegungsfähige Falschbezeichnung der Partei vor. Dies ergibt sich daraus, dass durch Straße, Geschäftsgegenstand und vertretungsberechtigte Personen identifiziert eindeutig die jetzige Beklagte gemeint war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.






LG Bochum:
Urteil v. 18.08.2009
Az: I-12 O 236/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/dee48d3fbe2a/LG-Bochum_Urteil_vom_18-August-2009_Az_I-12-O-236-08




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share