Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. März 2009
Aktenzeichen: 35 W (pat) 9/07

(BPatG: Beschluss v. 30.03.2009, Az.: 35 W (pat) 9/07)

Tenor

Die Beschwerde des Gebrauchsmusterinhabers gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patentund Markenamts vom 21. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Gebrauchsmusterinhaber hat am 1. März 2000 ein Gebrauchsmuster mit der Bezeichnung "Wickelschemata für Generatoren, auch Einpolmaschinen" angemeldet, das am 3. August 2000 in das Register eingetragen worden ist. Für das Eintragungsverfahren war ihm mit Beschluss vom 7. Juni 2000 antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe gewährt worden, ebenso -mit Beschluss vom 17. September 2003 -für die erste Aufrechterhaltungsgebühr.

Nachdem die sechsjährige Schutzdauer für das Gebrauchsmuster am 1. März 2006 abgelaufen war und der Gebrauchsmusterinhaber die Aufrechterhaltungsgebühr für das 7. und 8. Jahr der Schutzdauer nicht bis zum Ablauf der zuschlagsfreien Zahlungsfrist bezahlt hatte, wurde ihm von der Gebrauchsmusterstelle mit Schreiben vom 9. August 2006 mitgeteilt, dass für eine weitere Aufrechterhaltung bis 2. Oktober 2006 die Aufrechterhaltungsgebühr von 350,-€ sowie den Zuschlag in Höhe von 50,-€ entrichtet werden müsse. Mit Schreiben vom 29. September 2006, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 2. Oktober 2006, hat der Gebrauchsmusterinhaber beantragt, ihm auch für diese Aufrechterhaltungsgebühr Verfahrenskostenhilfe zu gewähren. Dem Antrag waren Unterlagen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen beigefügt.

Nachdem der Gebrauchsmusterinhaber mit Schreiben vom 11. Oktober 2006 von der Gebrauchsmusterstelle aufgefordert worden war, nachzuweisen, dass er sich konkret um eine Verwertung seines Schutzrechts bemüht habe, reichte er eine Vielzahl von Schreiben ein, in denen neben den Automobilherstellern A..., D..., B..., V... und O... auch der Energieerzeuger V2... und die Hamburger A... GmbH dem Gebrauchsmusterinhaber mitgeteilt haben, dass sie an einer Verwertung seiner Idee kein Interesse hätten. Die TUHH sowie das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zweifelten die Schutzfähigkeit der Erfindung bzw. deren Innovationspotential an.

Mit Beschluss vom 21. Februar 2007 hat die Gebrauchsmusterstelle den Verfahrenskostenhilfeantrag aus den Gründen des Bescheids vom 24. November 2006 zurückgewiesen, auf den der Gebrauchsmusterinhaber nicht geantwortet hatte. In dem Bescheid war die Zurückweisung des Antrags in Aussicht gestellt worden. Maßstab für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe sei, ob eine wirtschaftlich handelnde, nicht bedürftige Person Geld für die weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters investieren würde. Dies sei nicht zu erwarten, da sich aus dem vom Gebrauchsmusterinhaber vorgelegten Material ergebe, dass sein Schutzrecht nicht verwertbar sei.

Gegen den am 17. März 2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 14. April 2007 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangene Beschwerde, mit der der Gebrauchsmusterinhaber den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe im Wesentlichen mit der Begründung weiterverfolgt, dass er entsprechend der Aufforderung des Deutschen Patentund Markenamts nachgewiesen habe, dass er seine aus ökologischer Sicht sinnvolle Erfindung der richtigen technischen wissenschaftlichen Stromerzeugung zu verwerten versucht habe.

Der Gebrauchsmusterinhaber beantragt sinngemäß, den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patentund Markenamts vom 21. Februar 2007 aufzuheben und ihm Verfahrenkostenhilfe für die 2. Aufrechterhaltungsgebühr zu bewilligen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde führt nicht zum Erfolg, da die Gebrauchsmusterstelle den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen hat.

1. Dem Inhaber eines Gebrauchsmusters kann auf Antrag gemäß § 21 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 130 Abs. 1 S. 2 PatG Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühren gewährt werden. Bei der Entscheidung über die Bewilligung ist -wie in allen Fällen der Verfahrenskostenhilfe -§ 114 ZPO entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift muss die mit dem Verfahrenskostenhilfeantrag beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung Erfolg versprechend sein und darf nicht mutwillig erscheinen. Diese Einschränkungen sind erforderlich, um den Einsatz öffentlicher Mittel zur Verfahrensführung nur in rechtlich und wirtschaftlich sinnvollen Fällen zu gewährleisten. Denn das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet es nur, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes einander anzunähern. Verfassungsrechtlich ist keine vollständige Gleichstellung geboten, sondern nur eine weitgehende Angleichung. Wirtschaftlich schwache Personen sollen nicht allein aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse von der Verwirklichung des Rechtsschutzes ausgeschlossen werden.

2.1. Ob Mutwilligkeit vorliegt, entscheidet sich -worauf die Gebrauchsmusterstelle zutreffend abgestellt hat -danach, ob auch eine nicht bedürftige Person bei verständiger Würdigung der Sachund Rechtslage ihr Recht im Verfahren in derselben Weise wahrnehmen würde wie der Antragsteller (vgl. Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 130 Rn. 34 m. w. N.; Schulte, Patentgesetz, 7. Aufl., § 130 Rn. 53; vgl. auch BPatG BlPMZ 1997, 443 m. w. N.). Mutwilligkeit ist danach ein unbestimmter Rechtsbegriff, der nicht von einem fest umrissenen Sachverhalt ausgefüllt wird, sondern stets fallbezogen wertend überprüft werden muss. Kann auf Grund der konkret vorgetragenen Tatsachen nicht angenommen werden, dass ein vermögender Gebrauchsmusterinhaber wie der Antragsteller handeln würde, ist in wertender Erkenntnis auf das Vorliegen mutwilligen Verhaltens zu schließen. Ein exakter Nachweis ist dabei nicht erforderlich, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung "nicht mutwillig erscheint" ergibt (BPatG a. a. O. m. w. N.).

2.2. Nach den hier zur Bewertung vorliegenden Umständen scheidet eine weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters im Wege der Verfahrenskostenhilfe aus. Bei objektiver Betrachtung ist davon auszugehen, dass eine vermögenden Person in derselben Situation für die weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters keine weiteren Mittel aufwenden würde. Die Gebrauchsmusterstelle hat insoweit zunächst zu Recht Nachweise dafür eingefordert, dass der Beschwerdeführer ernsthaft versucht hat, das Streitgebrauchsmuster wirtschaftlich zu verwerten. Denn im Fall der Aufrecherhaltungsgebühren geht es um den weiteren Bestand des Schutzrechts, so dass sich die Frage, ob die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe mutwillig ist oder nicht, danach beurteilt, wie sich ein nicht bedürftiger Gebrauchsmusterinhaber bei verständiger Würdigung der Sachund Rechtslage hinsichtlich seines Schutzrechts während dessen bisheriger Laufzeit verhalten hätte. Das Ziel eines technischen Schutzrechts ist in erster Linie dessen wirtschaftliche Verwertung. Dies spiegelt sich u. a. in der Schutzvoraussetzung der gewerblichen Anwendbarkeit (§ 3 Abs. 2 GebrMG) und auch in den mit der Eintragung verbundenen Benutzungsund Verbietungsrechten (§ 11 GebrMG) wider. Daher wird sich ein nicht hilfsbedürftiger Gebrauchsmusterinhaber insbesondere in der ersten Zeit nach Eintragung seines Schutzrechts ernsthaft um dessen Vermarktung bemühen. Daran fehlt es nach dem Akteninhalt, da sich die Verwertungsbemühungen auf die Zeit ab Ende 2005 beziehen. Vorliegend erscheint darüber hinaus zweifelhaft, ob sich die vom Gebrauchsmusterinhaber vorgelegte Korrespondenz tatsächlich auf die Verwertung des Gegenstandes des Streitgebrauchsmusters bezieht. Denn in der Beschwerdebegründung weist er darauf hin, dass die letzte Anmeldung für die richtig wissenschaftliche Stromerzeugung, die Gewichtseinsparung bei der Spule des Feldspulenkerns erst 2006 getätigt worden sei. Von einer Gewichtseinsparung ist aber beim verfahrensgegenständlichen Schutzrecht aus dem Jahr 2000 nicht die Rede. Aber selbst wenn zugunsten des Beschwerdeführers unterstellt wird, dass er sich um die Verwertung dieses Gebrauchsmusters bemüht hat, ändert sich nichts an der Einschätzung, dass die weitere Aufrechterhaltung des Streitgebrauchsmusters als willkürlich im oben dargestellten Sinn erschiene. Denn nachdem sämtliche Verwertungsversuche gescheitert sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein vermögender Gebrauchsmusterinhaber bei verständiger Würdigung der Sachund Rechtslage weitere Mittel einsetzen würde, um das Streitgebrauchsmuster aufrecht zu erhalten. Eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung des verfahrensgegenständlichen Gebrauchsmusters erscheint ausgeschlossen. Allein für die bloße weitere Existenz des Gebrauchsmusters kann Verfahrenskostenhilfe nicht beansprucht werden.

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