Verwaltungsgericht Minden:
Urteil vom 19. November 2014
Aktenzeichen: 11 K 3854/13

(VG Minden: Urteil v. 19.11.2014, Az.: 11 K 3854/13)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger hatte argumentiert, dass der Rundfunkbeitrag verfassungswidrig sei, da es sich dabei um eine Steuer handele, für deren Erhebung keine Kompetenz bei den Ländern oder beim Bund bestehe. Außerdem habe der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag gegen Grundrechte verstoßen.

Das Gericht stellte fest, dass der Rundfunkbeitrag eine Vorzugslast sei und keine Steuer. Der Beitrag diene der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlichrechtlichen Rundfunks und ermögliche die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Rundfunks. Zudem stellte das Gericht fest, dass der Rundfunkbeitrag nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, da er typisierende und pauschalierende Regelungen enthalte. Die Anknüpfung an die Wohnung sei gerechtfertigt, da die Möglichkeit der Rundfunknutzung in der Wohnung am häufigsten erfolge. Das Gericht begründete auch, dass der Rundfunkbeitrag nicht gegen Grundrechte wie die Informationsfreiheit, Religionsfreiheit oder Handlungsfreiheit verstoße.

Die Kammer erkannte außerdem, dass der Rundfunkbeitrag keine neue Beihilfe im Sinne des europäischen Rechts darstelle und deshalb keiner erneuten Notifizierung bedürfe.

Das Gericht entschied außerdem, dass der Säumniszuschlag in Höhe von 5,00 € rechtmäßig sei und dass der Kläger die Kosten des Verfahrens tragen müsse.

Obwohl die Klage abgewiesen wurde, wurde die Berufung zugelassen, da es in Nordrhein-Westfalen bisher keine obergerichtliche Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags gab und die vom Kläger aufgeworfenen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sind.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

VG Minden: Urteil v. 19.11.2014, Az: 11 K 3854/13


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist seit Mai 2000 mit einem Radio und einem Fernsehgerät und seit Mai 2001 nur noch mit einem Radio beim Beklagten zu der Teilnehmernummer angemeldet. Für den Zeitraum von April 2011 bis einschließlich August 2011 war der Kläger von der Zahlung der Rundfunkgebühren befreit. Danach wurde das Teilnehmerkonto bis einschließlich Dezember 2012 vollständig ausgeglichen (zuletzt für 12/2012 i.H.v. 5,76 € Rundfunkgebühr für das Bereithalten eines Radios).

Nachdem seit Januar 2013 keine Zahlungen durch den Kläger mehr erfolgt waren, setzte der Beklagte mit Beitragsbescheid vom 03.05.2013 rückständige Rundfunkbeiträge für die Monate Januar und Februar 2013 in Höhe von 35,96 € (mtl. 17,98 €) sowie einen Säumniszuschlag von 5,00 € fest.

Hiergegen legte der Kläger am 03.06.2013 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2013, zugestellt am 14.11.2013, zurückwies.

Der Kläger hat am 12.12.2013 Klage erhoben. Er ist im Wesentlichen der Ansicht, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag und die entsprechenden landesrechtlichen Zustimmungsgesetze seien formell verfassungswidrig, da es sich beim Rundfunkbeitrag abgabenrechtlich nicht um einen Beitrag, sondern um eine Steuer handele, für deren Erhebung weder bei den Ländern noch beim Bund eine Kompetenz bestehe. Durch die Bereitstellung des Rundfunks werde kein unmittelbarer individualisierbarer wirtschaftlicher Nutzungsvorteil erreicht. Außerdem verstoße der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag gegen Grundrechte. Der Kläger verweist insoweit auf entsprechende, in der Literatur vertretene Auffassungen.

Er beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 03.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2013 aufzuheben sowie

festzustellen, dass zwischen ihm und dem Beklagten kein Rundfunkbeitragsverhältnis besteht, das eine Beitragspflicht des Klägers beinhaltet.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist zunächst der Ansicht, die vom Kläger beantragte Feststellung des Nichtbestehens eines Beitragsverhältnisses sei mit Blick auf die zugleich erhobene Anfechtungsklage subsidiär und daher unzulässig. Im Übrigen verteidigt er die formelle und materielle Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten.

Gründe

Die Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte, ist insgesamt zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Die Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid vom 03.05.2013 ist unbegründet. Der Rundfunkbeiträge für die Monate Januar und Februar 2013 festsetzende Beitragsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Rundfunkbeitrages in Höhe von monatlich 17,98 € sind die ab dem 01.01.2013 geltenden Regelungen in §§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 10 Abs. 5 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages vom 13.12. 2011 (GV. NRW. 2011, 675) - im Folgenden: RBStV NRW - i.V.m. § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages (RFinStV).

I.

Nach § 2 Abs. 1 RBStV NRW ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum unstreitig Inhaber einer Wohnung i.S.v. §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 RBStV NRW und erfüllt damit den Beitragstatbestand. Der Beklagte ist als zuständige Landesrundfunkanstalt gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV berechtigt, rückständige Rundfunkbeiträge durch Bescheid festzusetzen.

II.

Die Festsetzung des Rundfunkbeitrags verstößt nicht gegen höherrangige verfassungsrechtliche Vorgaben. Die Kammer schließt sich insoweit in vollem Umfang dem Verwaltungsgericht Köln an, das in seinem Urteil vom 16.10.2014 - 6 K 7041/13 -, juris, ausgeführt hat:

"1. Das Zustimmungsgesetz des nordrheinwestfälischen Landtages zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge verletzt nicht die im Grundgesetz vorgesehenen Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz. Das Land Nordrhein-Westfalen besitzt die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung von Abgaben zur Rundfunkfinanzierung. Diese folgt gemäß Art. 70 GG aus der Sachkompetenz zur Regelung des Rundfunks. Das Gericht teilt die - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung einhellig vertretene Auffassung, wonach der Rundfunkbeitrag keine Steuer im Sinne des § 3 AO, sondern eine Vorzugslast ist,

vgl. z.B. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.05.2014- VGH B 35/12 -, juris Rn 86 ff.; Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, juris Rn 71 ff.; VG Potsdam, Urteil vom 18.12.2013 - VG 11 K 2724/13 -, juris Rn 30 ff.; VG Bremen, Urteil vom 20.12.2013 - 2 K 605/13 -, juris Rn 19 ff.; VG Osnabrück, Urteil vom 01.04.2014 - 1 A 182/13 -, juris Rn 23 ff.; VG Hamburg, Urteil vom 17.07.2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn 28; VG Greifswald, Urteil vom 12.08.2014 - 2 A 621/13 -, juris Rn 18 sowie VG Stuttgart, Urteil vom 01.10.2014 - 3 K 4897/13 -, juris Rn 28 ff.

Soweit in der Literatur auch die Auffassung vertreten wird, dass es sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine Steuer handelt,

Degenhart, Verfassungsfragen des Rundfunkbeitrags nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder, HFR 2013, S. 60 ff.; Koblenzer/Günther, Abgabenrechtliche Qualifizierung des neuen Rundfunkbeitrags und finanzverfassungsrechtliche Konsequenzen, Rechtsgutachten; Korioth/Koemm, DStR 2013, S. 833, 834 ff.; Terschüren, Die Reform der Rundfunkfinanzierung in Deutschland, Dissertation Universität Ilmenau, S. 134 ff., 153.

teilt die Kammer diese Auffassung nicht.

Kennzeichnend für eine Steuer ist das Fehlen einer Anbindung an eine konkrete Gegenleistung. Steuern knüpfen an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bürger und dienen der Erzielung von Einkünften zur Deckung des allgemeinen (ggf. auch zweckgebundenen) Finanzbedarfs des Staates. Demgegenüber dienen Gebühren und Beiträge dem Ausgleich besonderer staatlich gewährter Vorteile.

a) Der Rundfunkbeitrag kommt nicht dem allgemeinen staatlichen Haushalt zugute, sondern dient nach Grund und Höhe allein zur funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlichrechtlichen Rundfunks (vgl. § 1 RBStV i.V. m. §§ 12 Abs. 1, 40 RStV).

Im Gegensatz zur sog. Zwecksteuer, bei der lediglich die Verwendung der Mittel, nicht jedoch deren Erhebung rechtlich beschränkt oder bedingt ist und bei der der Kreis der Abgabepflichtigen und der Kreis der Vorteilsempfänger nicht identisch sein müssen, wird beim Rundfunkbeitrag der Tatbestand der Abgabenlast durch den Abgabenzweck bei gleichzeitiger Verwendungsbindung begrenzt.

b) Der Rundfunkbeitrag ist für eine Gegenleistung zu entrichten.

Der abzugeltende Vorteil besteht in der Möglichkeit des Rundfunkempfangs.

Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umfasst die verfassungsrechtliche Gewährleistung der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit die Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlichrechtlichen Rundfunks einschließlich seiner bedarfsgerechten Finanzierung. Demzufolge muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk seine Funktion unbeeinflusst von jeglicher Indienstnahme für außerpublizistische Zwecke, seien sie politischer oder ökonomischer Natur, erfüllen kann,

vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 11.09.2007 - 1 BvR 2270/05 - u.a.,BVerfGE 119, 181, 214 ff. m.w.N., Urteil vom 25.03.2014 - 1 BvF 1/11u.a. -, juris Rn 33 ff.

Damit ist verfassungsrechtlich der Rahmen für eine vorrangige Finanzierung durch Vorzugslasten vorgegeben, um eine staatsferne und zugleich quotenunabhängige Finanzierung durch diejenigen sicherzustellen, denen der Rundfunk zugutekommt.

Dieses Zugutekommen erfolgt nach der Vorstellung des Normgebers in zweierlei Hinsicht: Zum einem fördert der öffentlichrechtliche Rundfunk in besonderem Maße die Grundlagen der Informationsgesellschaft und leistet einen wichtigen Beitrag zur Integration und Teilhabe an demokratischen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozessen. Damit zieht jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlichrechtlichen Rundfunks einen strukturellen Vorteil aus dessen Wirken, der bereits für sich betrachtet eine Heranziehung zur Finanzierung rechtfertigt. Zum anderen wird das Entgelt für die Möglichkeit der individuellen Nutzung verlangt, von der bei typisierender Betrachtung in den gesetzlichen bestimmten Raumeinheiten üblicherweise Gebrauch gemacht wird,

eingehend: Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.05.2014 - VGH B 35/12 - juris, Rn 109 ff. und Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, juris Rn 80 ff.

Die Kammer folgt dieser Bewertung durch den Verfassungsgerichtshof für das Land Rheinland-Pfalz und den Bayerischen Verfassungsgerichtshof.

Soweit von einigen Klägern geltend gemacht wird, der öffentlichrechtliche Rundfunk erfülle seinen Funktionsauftrag nicht (mehr), begründet dies kein subjektiv öffentliches Recht des Beitragspflichtigen auf Freistellung vom Rundfunkbeitrag oder Ermäßigung desselben. Angesichts der pluralistischen Ausrichtung und Vielfalt des Rundfunkangebots liegt es auf der Hand, dass einzelne Programmangebote vor dem Hintergrund persönlicher Ansprüche, Erwartungen, Alters- und Geschmacksfragen Anlass zu Kritik bieten mögen. Der Beitragspflichtige ist gehalten, etwaige Verstöße gegen die Programmgrundsätze durch eine Programmbeschwerde (vgl. §§ 5, 10 WDR-Gesetz) geltend zu machen.

Ebenso wenig verfängt der ebenfalls gelegentlich erhobene Einwand, das Programm des öffentlichrechtlichen Rundfunks überschreite den Funktionsauftrag, so dass eine Finanzierung jedenfalls nicht in der gegenwärtigen Höhe geboten sei. Die Gewährleistung einer bedarfsgerechten Finanzierung beschränkt sich nicht auf eine Mindestversorgung oder auf einen informierenden und bildenden Teil des Programms, sondern umfasst auch Angebote, mit denen der öffentlichrechtliche Rundfunk den privaten Sendern gegenüber publizistisch konkurrenzfähig bleibt,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.10.1992 - 1 BvR 1586/89 -, juris Rn 84.

Eine Freistellung vom Beitrag bzw. dessen Ermäßigung wegen Nicht-/Übererfüllung des Funktionsauftrags ließe sich mit diesen rechtlichen Vorgaben zur Rundfunkfinanzierung nicht in Einklang bringen. Die Bemessung der Beitragshöhe und die Deckung des Finanzbedarfs erfolgen nach den Vorgaben des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags in einem mehrstufigen, kooperativen Verfahren. Nach Anmeldung des Finanzbedarfs durch die Rundfunkanstalten überprüft die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) den von den Rundfunkanstalten gemeldeten Bedarf. Dabei obliegt der KEF auch die Überprüfung, ob sich die Programmentscheidungen im Rahmen des rechtlich umgrenzten Rundfunkauftrages halten, vgl. § 3 Abs. 1 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages (RFinStV). Mit diesem auf Sicherstellung des Rundfunkauftrags gerichteten Finanzierungsmodell ist es nicht vereinbar, wenn sich der einzelne Beitragspflichtige unter Geltendmachung von Verstößen gegen den Rundfunkauftrag seiner Beitragspflicht ganz oder teilweise entziehen könnte.

Des Weiteren erweist sich auch die wohnungsbezogene Zuordnung des Vorteils nicht als sachwidrig. Das Innehaben einer Raumeinheit lässt bei typisierter Betrachtung ausreichende Rückschlüsse auf die Erlangung eines Vorteils zu. Ausgehend davon, dass nach statistischen Erkenntnissen die Bürger nahezu ausnahmslos über empfangsfähige Geräte verfügen, liegt der Anknüpfung an das Innehaben einer Raumeinheit die Erwägung zugrunde, dass die einzelnen Personen als Adressaten des Programmangebots den Rundfunk vornehmlich dort nutzen.

Mithin ist der Rundfunkbeitrag wegen des Finanzierungszwecks sowie des gewährten Vorteils als Vorzugslast in Gestalt eines Beitrages und nicht als Steuer zu qualifizieren. Aus der Einstufung als Beitrag folgt zugleich, dass es nicht darauf ankommt, ob Leistungen des öffentlichrechtlichen Rundfunks in Anspruch genommen werden oder nicht. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist allein die Möglichkeit der Rundfunknutzung.

2. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verletzt mit dem wohnungsbezogenen Anknüpfungspunkt für die Beitragspflicht in § 2 Abs. 1 RBStV nicht den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser gebietet es, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches verschieden zu behandeln.

Bei der Regelung von Massenerscheinungen, wie sie die Einziehung von Abgaben zur Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks darstellt, kommt dem Gesetzgeber ein weites Gestaltungsermessen zu. Er ist befugt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen vorzunehmen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen. Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen ergeben, müssen in Kauf genommen werden, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt. Es ist dem Gesetzgeber verwehrt, im Rahmen der Typisierung einen atypischen Fall als Leitbild zu wählen. Vielmehr muss er sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren,

vgl. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.05.2014 - VGH B 35/12 -, juris Rn 131 ff. zu Art. 17 Abs. 1 und 2 LV Rheinland-Pfalz sowie Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12, juris Rn 102 ff. zu Art. 118 Abs. 1 BV, wobei die Ausführungen jeweils auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG übertragbar sind.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze verstößt die Regelung in § 2 Abs. 1 RBStV nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Soweit der Gesetzgeber mit dieser Norm jedem Wohnungsinhaber ohne jede weitere Unterscheidung nach Haushaltsgröße oder Zahl der bereit gehaltenen Geräte einen einheitlichen Rundfunkbeitrag auferlegt, hat er nicht wesentlich Ungleiches ohne Rechtfertigung gleich behandelt.

Die typisierende Erfassung von Einpersonenhaushalten, Familien, Wohngemeinschaften ohne Berücksichtigung des Ob bzw. der Intensität der Mediennutzung beruht auf sachlich nachvollziehbaren Erwägungen des Gesetzgebers. Erklärtes Ziel der Reform war zum einen die Berücksichtigung technologischer Entwicklungen, wie etwa die zunehmende Verbreitung von Programminhalten über das Internet auf mobile und multifunktionale Empfangsgeräte, die eine Anknüpfung an bestimmte Gerätetypen immer schwieriger machte. Zum anderen sollte ein einfacheres System etabliert werden, welches Nachforschungen im persönlichen Umfeld der Beitragspflichtigen entbehrlich macht und zugleich mit einer gleichmäßigen Heranziehung aller Wohnungsinhaber zu einer höheren Erfassungsquote und damit letztlich auch zu einer höheren Beitragsgerechtigkeit und -stabilität führt.

Die Anknüpfung an das Innehaben einer Wohnung wahrt den Grundsatz der Typengerechtigkeit. Die Annahme des Gesetzgebers, dass die Nutzung des öffentlichrechtlichen Programmangebotes im privaten Bereich schwerpunktmäßig in der Wohnung erfolge, fußt auf statistischen Erhebungen, wonach im Jahr 2012 96,4 % aller Haushalte über mindestens ein Fernsehgerät und 83,5 % der Haushalte über mindestens einen Personalcomputer verfügten (www.destatis.de), wobei der Verbreitungsgrad eine stetig steigende Tendenz aufweist. Dass die Vorteile der Nutzung des öffentlichrechtlichen Programmangebots schwerpunktmäßig in einer Wohnung zum Tragen kommen, wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass zunehmend eine mobile Nutzung hinzutritt. Diese ergänzt das stationäre Angebot.

Die mit der Reform verfolgten Ziele rechtfertigen es, die typisierende Verknüpfung zwischen der Raumeinheit Wohnung und dem beitragspflichtigen Vorteil aus dem Programmangebot grundsätzlich unwiderleglich zu gestalten. Angesichts der nahezu flächendeckenden Verbreitung von Rundfunkempfangsgeräten und der Schwierigkeit, diese in einem Massenverfahren in praktikabler Weise ohne unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre verlässlich zu erfassen, ist es gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber die effektive Möglichkeit der Programmnutzung als abzugeltender Vorteil geräteunabhängig festsetzt.

Vgl. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.05.2014- VGH B 35/12 -, juris Rn 137 ff., 145; Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, juris Rn 110 ff. sowie VG Hamburg, Urteil vom 17.07.2014 - 3 K 53/71/13 -, juris Rn 39 ff.

Die Kammer folgt in diesem Zusammenhang nicht der Auffassung des VG Osnabrück,

vgl. Urteil vom 01.04.2014 - 1 A 182/13 -, juris Rn 25 ff.

wonach dem Wohnungsinhaber die Möglichkeit einer Befreiung eingeräumt werden müsse, wenn er nachweise, dass er nicht über Geräte verfüge. Eine derartige Entlastungsmöglichkeit würde den mit dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag intendierten Verzicht auf Ermittlungen im persönlichen Lebensumfeld des Betroffenen wieder umkehren.

Zudem muss in den wenigen Ausnahmefällen, in denen keinerlei Empfangsgeräte bereit gehalten werden, das Interesse des Wohnungsinhabers, nicht zur Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks herangezogen zu werden, hinter das öffentliche Interesse an der Funktionsfähigkeit des öffentlichrechtlichen Rundfunks zurücktreten,

vgl. hierzu VG Potsdam, Urteil vom 30.07.2013 - 11 K 1090/13 -,juris Rn 56 unter Hinweis auf die vergleichbare Interessenabwägung bei der sog. "Computergebühr" nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag und VG Bremen, Urteil vom 20.12.2013 - 2 K 570/13 -, juris Rn 26.

Aufgrund der zulässigen Pauschalierung und Typisierung ist es schließlich auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber - wie bisher - nicht zwischen Haupt- und Zweitwohnung unterschieden hat, sondern für jede Wohnung der einheitliche Beitrag in Ansatz gebracht wird,

so auch VG Hamburg, Urteil vom 17.07.2014 - 3 K 5371/13 -,juris Rn 47 ff.

Nach Auffassung der Kammer stellt sich der Rundfunkbeitrag insgesamt als verhältnismäßig dar. Die relativ geringfügige Belastung in Höhe von 17,98 EUR pro Monat, die im Falle der wirtschaftlichen Bedürftigkeit durch die Befreiungs- und Ermäßigungstatbestände des § 4 RBStV abgefedert wird, erweist sich gegenüber der aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich vorgegebenen Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlichrechtlichen Rundfunks als nachrangig.

3. Auch eine Verletzung des Grundrechts auf allgemeine Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG vermag die Kammer nicht zu erkennen.

a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf das aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fließende Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten (positive Informationsfreiheit). Das Grundrecht auf Informationsfreiheit eröffnet grundsätzlich keinen Anspruch auf kostenlosen Zugang zu Informationen. Staatlich festgesetzte Entgelte für Rundfunk könnten nur dann das Grundrecht auf Informationsfreiheit verletzen, wenn sie darauf zielten oder wegen ihrer Höhe objektiv dazu geeignet wären, Interessenten von Informationen aus bestimmten Quellen abzuhalten. Dies ist hinsichtlich der Höhe des Rundfunkbeitrages ersichtlich nicht der Fall,

vgl. Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, juris Rn 64 zu Art. 112 Abs. 2 BV, wobei die Ausführungen auf Art. 5 Abs. 1 GG übertragbar sind.

Selbst wenn man - ausgehend von einem bestimmten zur Verfügung stehenden Budget für die Informationsbeschaffung - von einem Eingriff ausginge, so wäre dieser im Hinblick auf die geringe Eingriffsintensität sowie dem Zweck des Beitrags, der Sicherstellung des öffentlichrechtlichen Rundfunks, jedenfalls gerechtfertigt.

b) Ferner liegt kein Eingriff in das ebenfalls aus Art. 5 Abs. 1 GG resultierende Recht auf negative Informationsfreiheit vor. Es ist bereits im Ausgangspunkt nicht erkennbar, warum das Recht, bestimmte Informationsquellen nicht zu nutzen, durch die Beitragspflicht betroffen sein könnte. Jedem Beitragspflichtigen steht es frei, das angebotene Programm des öffentlichrechtlichen Rundfunks zu nutzen oder nicht,

vgl. VG Potsdam, Urteil vom 30.07.2013 - 11 K 1090/13 -, juris Rn 55 und VG Bremen, Urteil vom 20.12.2013 - 2 K 570/13 -, juris Rn 24.

4. Der Rundfunkbeitrag verletzt des Weiteren nicht das Recht auf Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG.

Der Schutzbereich der Religionsfreiheit ist nicht berührt. Die Zahlung einer Abgabe ist nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen und religiösen Bekenntnisses verbunden.

Auch der Umstand, dass Sendungen mit religiösem Inhalt mitfinanziert werden, steht dem nicht entgegen. Der pluralistischen Ausrichtung des öffentlichrechtlichen Rundfunks ist immanent, dass Sendungen ausgestrahlt werden, mit denen sich einzelne Beitragspflichtige gerade nicht identifizieren können.

Aus demselben Grund verfängt auch nicht der teilweise erhobene Einwand, der religionskritische oder -feindliche Inhalt einiger Beiträge stehe nicht in Einklang mit den eigenen religiösen Anschauungen und stehe der Verpflichtung zur Zahlung eines Rundfunkbeitrags entgegen.

5. Soweit einzelne Beitragspflichtige der Auffassung sind, der Beitrag im privaten Bereich verstoße gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG, die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG sowie das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG, folgt dem die Kammer nicht. Weder sind Wahl und Ausübung des Wohnrechts, noch der Zugang zu bzw. die Ausübung von bestimmten Berufen beeinträchtigt. Auch knüpft die Beitragspflicht nicht an den Hinzuerwerb von Eigentum oder den Bestand des Hinzuerworbenen an.

6. Eine Verletzung des Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Das Grundrecht besteht nicht vorbehaltlos, sondern im überwiegenden Allgemeininteresse liegende Einschränkungen sind hinzunehmen. Soweit infolge der Zahlungspflicht dem Beitragspflichtigen ein geringeres Budget für andere Zwecke zur Verfügung steht, handelt es sich im Hinblick auf das mit der Regelung verfolgte Interesse an der Funktionsfähigkeit des öffentlichrechtlichen Rundfunks um einen gerechtfertigten Eingriff.

7. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verletzt zudem nicht auf das ebenfalls von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG erfasste Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch hier rechtfertigen überwiegende Allgemeininteressen den Eingriff.

a) Zunächst erweisen sich die Bestimmungen zum einmaligen Meldedatenabgleich nach § 14 Abs. 9 RBStV als rechtmäßig. Dieser zum Zwecke der Bestands- und Ersterfassung vorgenommene einmalige stichtagsbezogene automatisierte Datenabgleich mit den Daten der Einwohnermeldeämter ist erforderlich, um den Systemwechsel von der geräteabhängigen Gebührenpflicht zur wohnungsbezogenen Beitragspflicht zu bewerkstelligen. Der einmalige Abgleich des Namens, Doktorgrades, Familienstandes, Geburtstages, der gegenwärtigen und letzten Anschriften von Haupt- und Nebenwohnung sowie Einzugstermine führt - gerade auch in Ansehung der Zweckbindung (Aktualisierung und Ergänzung des vorhandenen Datenbestandes) - nicht zu einer schwerwiegenden Belastung des Beitragspflichtigen. Die übermittelten Daten sind sämtlich zur einwandfreien Identifizierung der Beitragspflichtigen sowie der Feststellung der Erfüllung des Beitragstatbestandes erforderlich. Entgegen vereinzelt vertretener Auffassung dient der Meldedatenabgleich nicht der Schaffung eines "zentralen Melderegisters", sondern nicht benötigte Daten sind unverzüglich und nicht überprüfte Daten spätestens nach 12 Monaten zu löschen. Der für den Beitragspflichtigen weitgehend belastungsfreie Abgleich stellt sich im Verhältnis zur Vor-Ort-Erfassung der Daten damit als milderes Mittel dar.

Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 10.09.2013 - 4 ME 204/13 -, juris sowie Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, juris Rn 156 ff. zu der entsprechenden Problematik in Art. 100, 101 BV.

b) Ebenfalls nicht zu beanstanden sind die Anzeigepflichten nach § 8 RBStV. Der mit der Auskunftspflicht verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist gerechtfertigt.

Die Mitteilungspflichten sind verhältnismäßig. Sämtliche der nach § 8 Abs. 4 und 5 RBStV abgefragten Daten dienen der zweifelsfreien Identifizierung des Beitragspflichtigen sowie der Feststellung der abgabebegründenden Tatbestände. Soweit in § 8 Abs. 5 Nr. 2 RBStV die Mitteilung des die Abmeldung begründenden Lebenssachverhalts gefordert wird, ist allerdings eine einschränkende Auslegung dahingehend vorzunehmen, dass allein eine Angabe in typisierter Form, wie etwa "Wohnungsaufgabe" oder "Umzug ins Ausland" gemeint ist, nicht aber persönliche Details wie Ehescheidung oder ähnliches. Vor dem Hintergrund, dass der Grundrechtseingriff nicht intensiv ist, die Datenerhebung strikt zweckgebunden erfolgt und die Anzeigepflichten Gemeinwohlbelangen von hohem Gewicht dienen, liegt hier ein gerechtfertigter Eingriff vor.

Vgl. Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.05.2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, juris Rn 138 ff.

c) Schließlich stellt sich, unabhängig von der hier nicht ersichtlichen unmittelbaren Betroffenheit des Klägers auch der in § 9 Abs. 1 RBStV geregelte Auskunftsanspruch der Landesrundfunkanstalt gegenüber Dritten ebenfalls als gerechtfertigter Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Auch dieser Eingriff ist verhältnismäßig. Das in dieser Norm vorgesehene Auskunftsrecht kommt erst zum Tragen, wenn eine mutmaßlich beitragspflichtige Person ihrer Mitteilungspflicht nach § 8 RBStV nicht oder nicht hinreichend nachgekommen ist oder eine Anfrage bei ihr nach § 9 Abs. 1 Satz 1 RBStV oder eine Anfrage bei der Meldebehörde oder dem maßgeblichen öffentlichen Register nicht möglich oder erfolglos geblieben ist. Dieser Eingriff ist gerechtfertigt, um die zur Herstellung einer Beitragsgerechtigkeit erforderliche gleichmäßige Belastung aller Beitragspflichtigen sicherzustellen.

Vgl. Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.05.2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, juris Rn 149 ff.

8. Des Weiteren liegt kein Verstoß gegen europarechtliche Normen vor.

a) Zunächst folgt die Kammer nicht der teilweise vertretenen Auffassung, wonach der Beitrag gegen die Grundrechte nach Art. 9, 10 und 11 in Verbindung mit Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK verstoße. Soweit in diesen Normen die Grundrechte auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, Freiheit der Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie Schutz des Eigentums Bezug genommen wird, leiten sich hieraus keine weitergehenden Rechte als diejenigen nach dem Grundgesetz ab. Auf die obigen Ausführungen zu Art. 2, 4, 5, und 14 GG wird daher Bezug genommen.

b) Auch stellt der Rundfunkbeitrag keine neue Beihilfe im Sinne von Art. 108 AEUV dar, die erst nach Prüfung durch die Kommission zulässig wäre. Da der Rundfunkbeitrag die bestehende Gebühr vollumfänglich ersetzt, handelt es sich um eine bestehende Beihilfe, die keiner erneuten Notifizierung bedarf.

Auch insoweit folgt die Kammer den Ausführungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs,

vgl. Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, juris Rn 89; sowie VG Hamburg, Urteil vom 17.07.2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn 65 ff. und VG Stuttgart, Urteil vom 01.10.2014 - 3 K 4897/13 -, juris Rn 25 f."

Der Säumniszuschlag in Höhe von 5,00 € ist mit Bescheid vom 03.05.2013 ebenfalls rechtmäßig festgesetzt worden.

Die zuständige Landesrundfunkanstalt ist durch § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV NRW ermächtigt, die Erhebung von Zinsen, Kosten und Säumniszuschlägen durch Satzung zu regeln.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 der Satzung des Westdeutschen Rundfunks Köln über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (Beitragssatzung) vom 10.12.2012 (GV. NRW 2012, 662) wird ein Säumniszuschlag von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 € fällig, wenn die geschuldeten Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden. Dies war vorliegend der Fall, sodass der Beklagte den Säumniszuschlag nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Beitragssatzung zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld festsetzen durfte.

Unter Berücksichtigung der Funktion des Säumniszuschlages, den Beitragspflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung anzuhalten, um eine gleichmäßige und kalkulierbare Finanzausstattung der Rundfunkanstalt sicherzustellen, erweisen sich die danach festzusetzenden Säumniszuschläge ihrer Höhe nach als verhältnismäßig,

zur entsprechenden Regelung der NDR-Satzung vgl. VG Hamburg,Urteil vom 17.07.2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn. 68 f.

Soweit der Beklagte nicht den nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Beitragssatzung vorgegebenen Mindestbetrag von 8,00 €, sondern nur 5,00 € festgesetzt hat, wird der Kläger hierdurch nicht beschwert.

Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist entgegen der Auffassung des Beklagten zulässig. Der Kläger begehrt - insoweit über den im Rahmen der Anfechtungsklage streitgegenständlichen Beitragsbescheid vom 03.05.2013 hinaus - die Feststellung, dass generell keine Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags für seine Wohnung besteht. Zwar kann die Feststellung nach § 43 Abs. 2 VwGO nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungsklage (Anfechtung der jeweils erlassenen Beitragsbescheide) oder Leistungsklage (Klage auf Erstattung bereits gezahlter Rundfunkbeiträge) verfolgen kann. Eine Feststellungsklage ist aber ausnahmsweise statthaft, wenn diese effektiveren Rechtsschutz bietet, etwa weil ihr Gegenstand weiter reicht, als der der Anfechtungs- oder Leistungsklage.

Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 43 VwGO Rn. 28.

Das ist hier der Fall. Der Kläger bestreitet die Beitragspflicht nicht nur für einen bestimmten Beitragszeitraum. Vielmehr geht es ihm um die grundsätzliche Feststellung, dass er nach der neuen Regelung generell keinen Rundfunkbeitrag schuldet. Insoweit kann er nicht darauf verwiesen werden, zunächst den Erlass weiterer Beitragsbescheide abzuwarten, die zudem jeweils mit der Festsetzung eines Säumniszuschlags verbunden sind.

Vgl. VG Bremen, Urteil vom 20.12.2013 - 2 K 570/13 -, juris Rn. 11; VG Potsdam, Urteil vom 30.07.2013 - 11 K 1090/13 -, juris Rn. 15.

Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Auf die oben stehenden Ausführungen zur Anfechtungsklage kann verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Da in Nordrhein-Westfalen bisher keine obergerichtliche Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags vorliegt und die vom Kläger aufgeworfenen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sind, war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zuzulassen.






VG Minden:
Urteil v. 19.11.2014
Az: 11 K 3854/13


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/de6dbde06141/VG-Minden_Urteil_vom_19-November-2014_Az_11-K-3854-13




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