Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Mai 2009
Aktenzeichen: 14 W (pat) 317/06

(BPatG: Beschluss v. 29.05.2009, Az.: 14 W (pat) 317/06)

Tenor

Das Patent 198 20 660 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 14, Beschreibung Seiten 1 bis 4, Absätze [0001] bis [0034], jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2009.

Gründe

I Die Erteilung des Patents 198 20 660 mit der Bezeichnung

"Gelförmige Lichtschutzzubereitungen, enthaltend ölund wasserlösliche UV-Filter"

ist am 24. November 2005 veröffentlicht worden.

Gegen dieses Patent ist mit dem am 24. Februar 2006 eingegangenen Schriftsatz Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist auf die Behauptungen gestützt, dass der Gegenstand des Streitpatents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinaus gehe, nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Dazu verweist die Einsprechende unter anderem auf die Druckschriften D2: A. Zimmer, C.-D. Herzfeld, Galenik apothekenüblicher Sonnenschutzmittel, PZ PRISMA, 4. Jahrgang 1997, Nr. 3, S. 173 bis 184, und D7: G. Kindl, Licht und Haut: Bräunung, Lichtschutz, Pflege; ein Leitfaden für die Beratung in der Praxis, Govi-Verlag Eschborn, 4. Aufl., 1998, S. 238 bis 240, Kap. 5.8.2.8. Hydrolipiddispersionen Die Einsprechende hat ihren Einspruch mit Schriftsatz vom 30. April 2009 zurückgezogen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit den aus dem Tenor ersichtlichen Unterlagen.

Sie tritt dem schriftsätzlichen Vorbringen der Einsprechenden entgegen und macht im Wesentlichen geltend, dass der nunmehr beanspruchte Gegenstand zweifelsfrei aus den ursprünglichen Unterlagen hervorgehe, gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Sie bestreitet, dass das Fachbuch D7 zum vorveröffentlichten Stand der Technik gehöre, da aus dem mit Februar 1998 datierten Vorwort nicht geschlossen werden könne, dass D7 vor dem Anmeldetag des Streitpatents, dem 8. Mai 1998, der Öffentlichkeit zugänglich gewesen sei.

Die geltenden Ansprüche 1 und 10 lauten:

1. Stabile gelförmige Lichtschutzzubereitung, dadurch gekennzeichnet, dass sie emulgatorfrei ist und eine Ölphase, eine wässrige Phase, mindestens ein Verdickungsmittel, mindestens einen öllöslichen sowie mindestens einen wasserlöslichen Lichtschutzfilter umfasst, wobei die Ölphase ausschließlich durch mindestens einen öllöslichen Lichtschutzfilter gebildet wird.

10. Verfahren zur Herstellung einer Lichtschutzzubereitung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass ein Hydrodispersionsgel, umfassend mindestens einen öllöslichen Lichtschutzfilter und separat ein Hydrogel, umfassend mindestens einen wasserlöslichen Lichtschutzfilter, hergestellt und die beiden separaten Gelsysteme vereinigt werden.

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 und 11 bis 14 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1.

Der Einspruch ist fristund formgerecht erhoben und mit Gründen versehen. Er ist somit zulässig.

2.

Die Prüfung des Patents durch den technischen Beschwerdesenat gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG von Amts wegen hat ergeben, dass für das in beschränktem Umfang mit den aus dem Tenor ersichtlichen Unterlagen von der Patentinhaberin weiterverfolgte Patentbegehren weder die geltend gemachten Widerrufsgründe, noch andere Widerrufsgründe ersichtlich sind.

3.

Die geltende Anspruchsfassung ist zulässig und geht auch nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinaus. Denn der geltende Anspruch 1 ist aus dem erteilten Anspruch 1 ableitbar und geht aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 2 hervor. Die geltenden Ansprüche 2 bis 14 entsprechenden erteilten Ansprüchen 2 bis 14 und den ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 15 im Wortlaut. Im geltenden Anspruch 1 ist zweifelsfrei im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung festgelegt, dass die Ölphase ausschließlich durch mindestens einen öllöslichen Lichtschutzfilter gebildet wird.

4.

Die stabile gelförmige Lichtschutzzubereitung nach dem geltenden Anspruch 1 ist neu.

Aus der dem Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 am nächsten kommenden Druckschrift D2 ist es zwar im Rahmen einer Auflistung der Galenik apothekenüblicher Sonnenschutzmittel bekannt, dass bei Hydrodispersionsgelen öllösliche Lichtschutzfilter die disperse Ölphase bilden und bei dispersen Systemen wasserlösliche und öllösliche Lichtschutzfilter in beiden Phasen vorhanden sein können, um höhere Lichtschutzfaktoren zu erreichen (S. 175 li. Sp. Abs. 2, S. 177 li. Sp. Abs. 2 und S. 183 li. Sp. Abs. 2). Eine gelförmige Lichtschutzzubereitung, die alle Merkmale des geltenden Anspruchs 1 aufweist, wird aber in D2 nicht beschrieben. Dies steht im Einklang mit dem in der Beschreibungseinleitung gewürdigten Stand der Technik, wonach Gele mit öllöslichen und wasserlöslichen Lichtschutzfiltern, die keine hautirritierenden Zusatzstoffe, wie Emulgatoren, enthalten, vor dem Anmeldetag des Patents nicht bekannt waren. Auch die weiteren im Verfahren befindlichen, dem Senat vorliegenden Dokumente gehen über diesen Stand der Technik nicht hinaus. Die Patentinhaberin hat zurecht bestritten, dass das Fachbuch D7 zum vorveröffentlichten Stand der Technik gehört. Aus dem mit Februar 1998 datierten Vorwort kann nämlich nicht geschlossen werden, dass D7 vor dem Anmeldetag des Streitpatents, dem 8. Mai 1998, der Öffentlichkeit zugänglich gewesen ist. Unterlagen, die eine Vorveröffentlichen bestätigen, liegen dem Senat nicht vor. Eigene Recherchen des Senats ergaben als erste Einstellung in einer Bibliothek Juni 1998 (Universitätsbibliothek Jena).

5. Die stabile gelförmige Lichtschutzzubereitung nach dem geltenden Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dem Patent liegt in erster Linie die Aufgabe zugrunde, ein besonders gut verträgliches, stabiles gelförmiges Lichtschutzmittel anzugeben, das sowohl öllösliche als auch wasserlösliche Lichtschutzfilter umfasst. Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gelöst. Zur Lösung der Aufgabe konnte der Fachmann, ein Kosmetikchemiker, der insbesondere mit der Bereitstellung von Sonnenschutzmitteln befasst ist, zwar von dem in D2 beschriebenen, die Galenik apothekenüblicher Sonnenschutzmittel betreffenden, allgemeinen Stand der Technik aus dem Jahr 1997 ausgehen, worin unter anderem auch Hydrogele und Hydrodispersionsgele beschrieben werden und bei den Hydrodispersionsgelen erläutert wird, dass öllösliche Sonnenschutzstoffe durch Cosolventien in der wässrigen Phase solubilisiert sein, in der dispersen Ölkomponente gelöst sein oder die disperse Ölphase bilden können (S. 175 li. Sp. Abs. 2). Eine stabile gelförmige Lichtschutzzubereitung, die emulgatorfrei ist, eine ausschließlich durch mindestens einen öllöslichen Lichtschutzfilter gebildete Ölphase, eine wässrige Phase, mindestens ein Verdickungsmittel sowie einen wasserlöslichen Lichtschutzfilter umfasst, wird dadurch aber nicht nahegelegt. Auch der Hinweis in D2, dass höhere Lichtschutzfaktoren fast ausschließlich durch die Kombination von wasserund öllöslichen Substanzen erreicht werden, wobei bei dispersen Systemen die Lichtfilter in beiden Phasen vorhanden sind, liefert keine Anregung zur patentgemäßen Lösung der Aufgabe (vgl. S. 183 li. Sp. Abs. 2). Denn zum einen fehlt hier jeder Bezug zu gelförmigen Lichtschutzzusammensetzungen. Zum anderen wurden für Lichtschutzzusammensetzungen mit einer Kombination wasserlöslicher und öllöslichen Lichtschutzfilter, wie die Patentinhaberin vorträgt, und auch dem weiteren dem Senat vorliegenden Stand der Technik zu entnehmen ist, stets O/W-oder W/O-Emulsionen, die Emulgatoren enthalten, und keine Hydrogele bzw. Hydrodispersionsgele in Betracht gezogen. Es bedurfte damit einer erfinderischen Tätigkeit, die patentgemäße Aufgabe durch den Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 zu lösen.

6.

Nach alledem weist der Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents alle Kriterien der Patentfähigkeit auf. Dieser Anspruch ist daher rechtsbeständig, mit ihm haben die besondere Ausführungsformen der stabilen gelförmigen Lichtschutzzubereitung nach Anspruch 1 betreffenden Unteransprüche 2 bis 9 Bestand.

7.

Der nebengeordnete Anspruch 10 ist auf das Verfahren zur Herstellung einer Lichtschutzzubereitung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9 gerichtet. Bezüglich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit gelten für ihn die oben dargelegten Gesichtspunkte gleichermaßen, so dass dieser Anspruch ebenfalls Bestand hat. Mit diesem Anspruch sind auch die besondere Verfahrensvarianten betreffenden Ansprüche 11 bis 14 beständig.

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Az: 14 W (pat) 317/06


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