Bundespatentgericht:
Urteil vom 10. Juni 2009
Aktenzeichen: 4 Ni 1/09

(BPatG: Urteil v. 10.06.2009, Az.: 4 Ni 1/09)

Tenor

I. Das europäische Patent EP 0 562 45 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland insoweit für nichtig erklärt, als Patentanspruch 13 über folgende Fassung hinausgeht:

Stecker für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern, mit einem einen Kontakteinsatz (2) mit Kontaktstiften (3) aufnehmenden Gehäuse, welches einen aus einer Innenhülse (7) und einem auf dieser drehbar gelagerten Bajonettring (8) bestehenden Bajonettanschlussteil (5) für die Verbindung mit einer Steckdose aufweist, wobei an dem Bajonettring (8) eine Deckelauflageplattform (6) für die Auflage des Steckdosendeckels in dessen Öffnungsstellung befestigt und mit diesem verdrehbar ist, wobei das Gehäuse eine Kappe (4) aufweist, welche mit der Innenhülse (7) unter axialer Festlegung des Kontakteinsatzes (2) verschraubbar ist, wobei der Bajonettring (8) mit der Innenhülse (7) in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist, wobei zur Verrastung von Bajonettring (8) und Innenhülse (7) der Bajonettring (8) eine teilringförmige Rille (17) aufweist, in welcher ein radialer Vorsprung (18) der Innenhülse (7) geführt und in deren einem Endbereich ein Rastvorsprung (19) vorgesehen ist, der eine bei Drehung des Bajonettrings (8) in Bajonettentriegelungsstellung wirksame Auflaufschräge für den Vorsprung (18) der Innenhülse (7) und auf der in Drehrichtung gegenüberliegenden Seite eine verhältnismäßig steile Rastkante hat und wobei die Deckelaufnahmeplattform (6) zweiteilig ausgebildet ist und aus einem einstückig mit dem Bajonettring (8) verbundenen Sockelabschnitt (9) und einem an den Sockelabschnitt (9) ansetzbaren Plattenabschnitt (10) besteht, wobei der Plattenabschnitt (10) und der Sockelabschnitt (9) zueinander passende Führungsrippen (11) und Führungsrillen (12) haben.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 %.

IV. Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte war eingetragene Inhaberin des zwischenzeitlich durch Zeitablauf erloschenen und auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 562 645 (Streitpatent), das am 5. Juni 1987 unter Inanspruchnahme der Priorität des deutschen Gebrauchsmusters DE 86 15 641 U vom 10. Juni 1986 angemeldet worden ist. Das Streitpatent war in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und wurde beim Deutschen Patentund Markenamt unter der Nr. 37 52 225 geführt. Es betrifft einen Stecker für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern und umfasst in der Fassung nach einem durchgeführten Einspruchsverfahren 16 Ansprüche, von denen nur die Ansprüche 13, 15 und 16 angegriffen sind. Diese um Schreibfehler bereinigten Ansprüche 13 bis 16 lauten ohne Bezugszeichen wie folgt:

"13. Stecker für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern, mit einem einen Kontakteinsatz mit Kontaktstiften aufnehmenden Gehäuse, welches einen aus einer Innenhülse und einem auf dieser drehbar gelagerten Bajonettring bestehenden Bajonettanschlussteil für die Verbindung mit einer Steckdose aufweist, wobei an dem Bajonettring eine Deckelauflageplattform für die Auflage des Steckdosendeckels in dessen Öffnungsstellung befestigt und mit diesem verdrehbar ist, wobei das Gehäuse eine Kappe aufweist, welche mit der Innenhülse unter axialer Festlegung des Kontakteinsatzes verschraubbar ist, wobei der Bajonettring mit der Innenhülse in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist, und wobei vorzugsweise zur Verrastung von Bajonettring und Innenhülse der Bajonettring eine teilringförmige Rille aufweist, in welcher ein radialer Vorsprung der Innenhülse geführt und in deren einem Endbereich ein Rastvorsprung vorgesehen ist.

14.

Stecker nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass der Bajonettring mit der Innenhülse in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist, wobei vorzugsweise zur Verrastung von Bajonettring und Innenhülse der Bajonettring eine teilringförmige Rille aufweist, in welcher ein radialer Vorsprung der Innenhülse geführt ist und im einen Endbereich der Rille ein Rastvorsprung vorgesehen ist.

15.

Stecker nach Anspruch 13 oder 14, dadurch gekennzeichnet, dass der Rastvorsprung eine bei Drehung des Bajonettringes in Bajonettentriegelungsstellung wirksame Anlaufschräge für den Vorsprung der Innenhülse und auf der in Drehrichtung gegenüberliegenden Seite eine verhältnismäßig steile Rastkante hat.

16.

Stecker nach einem der Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass die Innenhülse zumindest auf der Außenfläche ihres vorderen, in dem Bajonettring geführten zylindrischen Abschnitt im Winkelabstand, von bspw. 120¡, Führungsrippen trägt, die vorzugsweise im Wesentlichen axial oder zur Längsachse schräg gestellt sind."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Streitpatentschrift EP 0 562 645 B2 Bezug genommen.

Ein vorangegangenes Nichtigkeitsverfahren einer anderen Klägerin (2 Ni 1/05) ist durch Vergleich erledigt worden.

Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei, soweit angegriffen, weder neu noch erfinderisch. Im Stand der Technik seien zum Prioritätszeitpunkt Steckverbindungen mit den Merkmalen des Patentgegenstands bereits bekannt gewesen. Hierzu beruft sie sich auf folgende Dokumente und Druckschriften:

K5 Draft Agenda for the First Meeting of ISO/TC 22/SC 3/WG9 (August 1985)

K6 Brief Minutes on the 1st Meeting of the Working Group ISO/TC 22/SC 3/WG9 K7 US 3 202 956 K8 US 2 984 811 K9 DE 84 24 654 U1 K10 US 4 472 012 K11 International Standard ISO 7638 vom 15. Februar 1985 K13 Datenblatt Stecker der Serie C16-3 der Amphenol-Tuchel Electronics GmbH (vor 1994 wegen vierstelliger Postleitzahl) K14 Schreiben an KEMA, Arnheim, NL, 1985 K15 Schreiben an Engelhardt GmbH, Fürth, 1985 K16 DE 85 02 107 U1 K17 GB 2 033 174 K18 DE 32 48 154 C1 K19 US 3 986 765 K20 Hildebrand, S.: "Feinmechanische Bauelemente", 3. Aufl., VEB Verlag Technik, Berlin, S. 612-614, ohne Datum Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 562 645 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 13, 15 und 16 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 13 mit unterstrichenen Zusatzmerkmalen folgende Fassung erhält (Hilfsantrag 1):

Stecker für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern, mit einem einen Kontakteinsatz (2) mit Kontaktstiften (3) aufnehmenden Gehäuse, welches einen aus einer Innenhülse (7) und einem auf dieser drehbar gelagerten Bajonettring (8) bestehenden Bajonettanschlussteil (5) für die Verbindung mit einer Steckdose aufweist, wobei an dem Bajonettring (8) eine Deckelauflageplattform (6) für die Auflage des Steckdosendeckels in dessen Öffnungsstellung befestigt und mit diesem verdrehbar ist, wobei das Gehäuse eine Kappe (4) aufweist, welche mit der Innenhülse (7) unter axialer Festlegung des Kontakteinsatzes (2) verschraubbar ist, wobei der Bajonettring (8) mit der Innenhülse (7) in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist, und wobei zur Verrastung von Bajonettring (8) und Innenhülse (7) der Bajonettring (8) eine teilringförmige Rille (17) aufweist, in welcher ein radialer Vorsprung (18) der Innenhülse (7) geführt und in deren Endbereich ein Rastvorsprung (19) vorgesehen ist, der eine bei Drehung des Bajonettrings (8) in Bajonettentriegelungsstellung wirksame Auflaufschräge für den Vorsprung (18) der Innenhülse (7) und auf der in Drehrichtung gegenüberliegenden Seite eine verhältnismäßig steile Rastkante hat.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 13 mit unterstrichenen Zusatzmerkmalen folgende Fassung erhält (Hilfsantrag 2):

Stecker für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern, mit einem einen Kontakteinsatz (2) mit Kontaktstiften (3) aufnehmenden Gehäuse, welches einen aus einer Innenhülse (7) und einem auf dieser drehbar gelagerten Bajonettring (8) bestehenden Bajonettanschlussteil (5) für die Verbindung mit einer Steckdose aufweist, wobei an dem Bajonettring (8) eine Deckelauflageplattform (6) für die Auflage des Steckdosendeckels in dessen Öffnungsstellung befestigt und mit diesem verdrehbar ist, wobei das Gehäuse eine Kappe (4) aufweist, welche mit der Innenhülse (7) unter axialer Festlegung des Kontakteinsatzes (2) verschraubbar ist, wobei der Bajonettring (8) mit der Innenhülse (7) in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist, und wobei zur Verrastung von Bajonettring (8) und Innenhülse (7) der Bajonettring (8) eine teilringförmige Rille (17) aufweist, in welcher ein radialer Vorsprung (18) der Innenhülse (7) geführt und in deren einem Endbereich ein Rastvorsprung (19) vorgesehen ist, der eine bei Drehung des Bajonettrings (8) in Bajonettentriegelungsstellung wirksame Auflaufschräge für den Vorsprung (18) der Innenhülse (7) und auf der in Drehrichtung gegenüberliegenden Seite eine verhältnismäßig steile Rastkante hat und wobei die Deckelaufnahmeplattform (6) zweiteilig ausgebildet ist und aus einem einstückig mit dem Bajonettring (8) verbundenen Sockelabschnitt (9) und einem an den Sockelabschnitt (9) ansetzbaren Plattenabschnitt (10) besteht, wobei der Plattenabschnitt (10) und der Sockelabschnitt (9) zueinander passende Führungsrippen (11) und Führungsrillen (12) haben.

Die Klägerin beantragt auch insoweit die Nichtigerklärung des Patents im Umfang der Ansprüche 13, 15 und 16.

Gründe

I.

1.

Die Klage ist trotz Erlöschens des Streitpatents durch Zeitablauf zulässig, da die Klägerin aufgrund des zwischen den Parteien schwebenden Verletzungsrechtsstreits über das erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis verfügt.

2.

Die Klage ist aber nur zum Teil begründet. Hinsichtlich der Fassung der angegriffenen Patentansprüche in der Form der B2-Schrift und in der Form des Hilfsantrags 1 fehlt es an der erfinderischen Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 56 EPÜ).

Im Hinblick auf Hilfsantrag 2 ist die Klage unbegründet, denn die mündliche Verhandlung hat insoweit keine Kenntnisse oder Fertigkeiten des Fachmanns, eines Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik mit maschinenbaulichen Konstruktionskenntnissen, ergeben, aufgrund derer es für ihn nahelag, die Lösung gemäß Patentanspruch 13 nach Hilfsantrag 2 aufzufinden.

II.

1.

Das Streitpatent betrifft eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern mit einem einen Kontakteinsatz aufnehmenden Gehäuse mit einem Bajonettanschlussteil, bestehend aus einer Innenhülse und einem auf dieser drehbar gelagerten Bajonettring [Abs. 0001 der Streitpatentschrift]. Derartige Steckverbindungen sind im Stand der Technik zum Prioritätszeitpunkt bekannt gewesen, etwa in allgemeiner Form aus der Patentschrift US 3 202 956 (K7) und aus der Anlage K5.

2.

Aufgabe der Erfindung nach der Streitpatentschrift ist es, einen Stecker der vorgenannten Art dahingehend zu verbessern, dass er bei leichter Herstellbarkeit gut zu handhaben, sicher im Gebrauch und dauerhaft in der Funktion ist [Abs. 0002 der Streitpatentschrift].

3.

Vor diesem Hintergrund beschreibt das Streitpatent in seinem Patentanspruch 13 einen

"a) Stecker für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern, b) mit einem einen Kontakteinsatz (2) mit Kontaktstiften (3) aufnehmenden Gehäuse, c1) welches einec2) aus einer Innenhülse (7) und einem auf dieser drehbargelagerten Bajonettring (8) bestehenden Bajonettanschlussteil (5) für die Verbindung mit einer Steckdose aufweist, d) wobei an dem Bajonettring (8) eine Deckelauflageplattform (6) für die Auflage des Steckdosendeckels in dessen Öffnungsstellung befestigt und mit diesem verdrehbar ist, e1) wobei das Gehäuse eine Kappe (4) aufweist, welche mit der Innenhülse (7) e2) unter axialer Festlegung des Kontakteinsatzes (2) verschraubbar ist, f) wobei der Bajonettring (8) mit der Innenhülse (7) in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist, g) und wobei vorzugsweise zur Verrastung von Bajonettring (8) und Innenhülse (7) der Bajonettring (8) eine teilringförmige Rille (17) aufweist, in welcher ein radialer Vorsprung (18) der Innenhülse (7) geführt und in deren einem Endbereich ein Rastvorsprung (19) vorgesehen ist."

Gemäß Hilfsantrag 1 soll das Patent einen Patentanspruch 13 beinhalten, der gegenüber mit dem des Hauptantrags in den Merkmalen a) bis f) zusätzlich die Merkmale

"g) und wobei zur Verrastung von Bajonettring (8) und Innenhülse (7) der Bajonettring (8) eine teilringförmige Rille (17) aufweist, in welcher ein radialer Vorsprung (18) der Innenhülse (7) geführt und in deren einem Endbereich ein Rastvorsprung (19) vorgesehen ist.

h) der eine bei Drehung des Bajonettrings (8) in Bajonettentriegelungsstellung wirksame Auflaufschräge für den Vorsprung (18) der Innenhülse (7) und auf der in Drehrichtung gegenüberliegenden Seite eine verhältnismäßig steile Rastkante hat."

aufweist und gemäß dem Hilfsantrag 2 soll Patentanspruch 13 gegenüber dem des Hilfsantrags 1 auch noch um das Merkmal

"i) und wobei die Deckelaufnahmeplattform (6) zweiteilig ausgebildet ist und aus einem einstückig mit dem Bajonettring (8) verbundenen Sockelabschnitt (9) und einem an den Sockelabschnitt (9) ansetzbaren Plattenabschnitt (10) besteht, wobei der Plattenabschnitt (10) und der Sockelabschnitt (9) zueinander passende Führungsrippen (11) und Führungsrillen (12) haben."

ergänzt sein.

4. Zum Verständnis des jeweiligen Patentanspruchs 13 nach allen Anträgen ist Folgendes auszuführen:

Das im Merkmal b) angegebene Gehäuse weist gemäß den Merkmalen c1) und e1) das Bajonettanschlussteil (5) und die Kappe (4) auf.

Das im Merkmal c1) angegebene Bajonettanschlussteil (5) besteht dabei gemäß dem Merkmal c2) aus der Innenhülse (7) und dem Bajonettring (8).

Das Merkmal f) enthält nur eine Wirkungsangabe; wie die konstruktive Realisierung aussieht, ist im -gemäß Patentanspruch 13 nach Hauptantrag nur fakultativen -Merkmal g) angegeben.

Aus dem Merkmal g) ist eine Nachgiebigkeit zwischen radialem Vorsprung (18) an der Innenhülse (14) und Rastvorsprung (19) am Bajonettring (8) zu entnehmen, weil der radiale Vorsprung (18) beim Drehen den Rastvorsprung (19) überwinden können muss.

5. Der Stecker gemäß Patentanspruch 13 nach Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

Aus der K5 ist bekannt eina) Stecker (siehe sheet 2) für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern (Bezeichnung "Electrical connection between motor vehicles and trailers"), b) mit einem einen Kontakteinsatz (sheet 2 Abb. links oben) mit Kontaktstiften (sheet 2 Abb. links oben) aufnehmenden Gehäuse (sheet 2 Abb. links oben), c1) welches ein Bajonettanschlussteil für die Verbindung mit einer Steckdose aufweist, mit einem c2teilw) drehbar gelagerten Bajonettring, d) wobei an dem Bajonettring (sheet 2 Abb. links oben) eine Deckelauflageplattform (sheet 2 Abb. links und rechts oben) für die Auflage des Steckdosendeckels (sheet 2 Abb. links oben; strichlierte Darstellung) in dessen Öffnungsstellung befestigt und mit diesem verdrehbar ist, e1teilw)wobeidas Gehäuse eine Kappe aufweist.

Die K5 zeigt sonach einen Bajonettverschluss eines Steckers für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern mit einer Steckdose mit Deckel, aber diesbezüglich keine Details, insbesondere, was die Findungsfreundlichkeit von Stecker und Steckdose anlangt. Wenn es dem Fachmann ausgehend von einem Stecker nach K5 darauf ankommt, diese sich in der Praxis stets stellende Aufgabe zu bewältigen, ist von ihm zu erwarten, dass er sich bei Druckschriften umsieht, die sich mit dieser Problematik befassen, nicht nur bei solchen, die den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern betreffen. Die -einen Stecker mit Bajonettverschluss beschreibende -K7 weist in Zusammenhang darauf hin, dass eine Bedienungsperson Stecker und Steckdose aufeinander ausrichten könne, ohne sich um die Position des Bajonettrings kümmern zu müssen (Sp. 4 Z. 57 bis 60) und gibt damit, dem Fachmann einen konkreten Hinweis, sich näher mit ihr zu beschäftigen. Sie zeigt einenateilw) Stecker für eine Steckverbindung für den elektrischen Anschluss, b) mit einem einen Kontakteinsatz (26, 27) mit Kontaktstiften (29, 28) aufnehmenden Gehäuse, c1) welches einenc2) aus einer Innenhülse (25) und einem auf dieser drehbar gelagerten Bajonettring (32) bestehenden Bajonettanschlussteil (25, 32) für die Verbindung mit einer Steckdose (10) aufweist, f) wobei der Bajonettring (32) mit der Innenhülse (25) in Bajonettentriegelungsstellung in Drehrichtung lösbar verrastet ist (Sp.1 Z.52 bis56 i.V.m. Sp.4 Z.28 bis33 und Fig.2 bis 5: Sprengring 44 greift mit seinem Vorsprung 50 in die Vertiefung 51 eines Flansches 37 des Bajonettrings 32).

Der Auffassung der Beklagten betreffend Merkmal f), dass beim Stecker nach der K7 beim Entriegeln eine axiale Bewegung stattfinde, schließt sich der Senat nicht an. Denn als Drehrichtung bei einem Verriegelungsvorgang eines Bajonettrings mit einer Innenhülse sieht der Fachmann eine Richtung entlang des Umfangs an. Etwas anderes ist auch aus der von der Beklagten diesbezüglich erwähnten Textstelle in der K7 (Sp. 4 Z. 38 bis 42) nicht zu entnehmen, da hierin lediglich angegeben ist, dass bei Drehung des Bajonettrings 32 dieser nach hinten (rearwardly) bewegt wird. Damit wird allenfalls auf eine Axialkomponente in der beim Entriegeln stattfindenden Drehrichtung hingewiesen, die aber vom Wortlaut des Patentanspruchs nicht ausgeschlossen ist.

Der Fachmann ist somit ohne erfinderisches Zutun bei einem Stecker mit den Merkmalen a) bis d) und f) angelangt. Dabei liest er aus der K7 nicht nur mit, sondern weiß aufgrund seines Fachwissens, dass der dort in Figur 1 gezeigte Stecker auf der linken Seite nicht offen sein kann, weil sonst die elektrischen Kontakte mit ihren Anschlüssen 28 in gefährlicher Weise bloßliegen würden und weil das Anschlusskabel ohne Zugentlastung alsbald abbrechen würde; er weiß, dass auch hier eine Kappe -wie auch beim Stecker nach K5 (Fig. 2 Abb. links oben) -vorhanden sein muss. Dieser Sachverhalt hat aber mit der Ausgestaltung des Bajonettrings nichts zu tun, weil er die ihm gegenüberliegende Seite des Steckers betrifft. Wenn nun bei einem, sich durch Zusammenschau von K5 und K7 ergebenden Stecker, das dem Bajonettring gegenüberliegende Ende weiterzubilden ist -etwa, weil die den Kontakteinsatz 26, 27 halternden, nur aus mäßigen Erhebungen bestehenden Zonen 23 (K7: Sp. 3 Z. 9 bis 14) zur Festlegung des Kontakteinsatzes in der Innenhülse bei Anwendungen im Kraftfahrzeugbereich ungenügend sind und der Kontakteinsatz 26, 27 beim Zusammenstecken von Stecker und Steckdose nach hinten wegrutschen könnte -hat der Fachmann Anlass (BGH, Urt. v.

30. April 2009 - Xa ZR 92/05), ohne sich dabei um eine spezielle Ausgestaltung des Bajonettrings kümmern zu müssen, nach Vorbildern, die sich mit diesem Themenkreis beschäftigen, zu suchen. Die ebenfalls auf seinem Fachgebiet gelegenen Druckschriften K8 und K10 zeigen ihm dabei jeweils für sich, dasse1) das Gehäuse eine Kappe (K8, Fig.: 4: 17 bzw.: K10, Fig. 6: 24)

aufweist, welche mit der Innenhülse (K8, Fig. 4: 24 bzw. K10, Fig. 6: 40)

e2) unter axialer Festlegung des Kontakteinsatzes (K8, Fig. 4:

25 bzw. K10, Fig. 6: 36A, 36B) verschraubbar ist.

Sie geben ihm damit ein Vorbild, wie eine Kappe in sicherer Weise den Kontakteinsatz halten kann.

Wenn der Fachmann auch noch die in den Druckschriften K8 und K10 gezeigten Maßnahmen ergreift, werden hier nicht ein gegensätzliches Ziel verfolgende Druckschriften miteinander kombiniert (vgl. dazu BGH GRUR 2007, 1055 -Papiermaschinengewebe), wie die Beklagte behauptet. Denn hier geht es um verschiedene, hinsichtlich der Funktionalität voneinander losgelöst zu betrachtende Problemstellungen, nämlich zum einen um die Ausgestaltung einer Bajonettverriegelung am einen Ende eines Steckers und zum anderen um die Weiterbildung einer Kappe am gegenüberliegenden Ende des Steckers. Durch die Zusammenschau der Einzelmaßnahmen ergeben sich vorliegend auch keine, über die Summe der Einzelwirkungen hinausgehenden, neuen erfinderischen Effekte. Zur Überzeugung des Senats hat die Klägerin hier auf das Fehlen eines synergistischen Effekts hingewiesen.

Im Übrigen greift auch der Einwand der Beklagten nicht durch, dass sich bei der Innenhülse nach der K7 keine Kappe, wie sie in der K8 (Fig. 4: 17) oder der K10 (Fig. 4: 24) gezeigt sei, vorsehen ließe. Denn dem Fachmann ist schon aufgrund seiner handwerklichen Fähigkeiten und Kenntnisse ohne weiteres zuzutrauen, dass er die Innenhülse 25 gemäß K7 bedarfsweise verlängert, um ein Außengewinde für eine Kappe unterzubringen (vgl. Fig. 4 der K7), oder dass er die Innenhülse 25 gemäß K7 mit einem Innengewinde für eine Kappe versieht, wie er es auch schon von der K10 (Fig. 4: Innengewinde an der Hülse 40 für die Kappe 24) her kennt.

Es war somit angesichts des Standes der Technik keine erfinderische Tätigkeit des Fachmanns nötig, um zum Gegenstand des Patentanspruchs 13 nach Hauptantrag zu gelangen.

6. Der Stecker gemäß Patentanspruch 13 nach Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

Der Patentanspruch 13 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass er die Merkmale

"g) und wobei zur Verrastung von Bajonettring (8) und Innenhülse (7) der Bajonettring (8) eine teilringförmige Rille (17) aufweist, in welcher ein radialer Vorsprung (18) der Innenhülse (7) geführt und in deren einen Endbereich ein Rastvorsprung (19) vorgesehen ist, h) der eine bei Drehung des Bajonettrings (8) in Bajonettentriegelungsstellung wirksame Auflaufschräge für den Vorsprung (18) der Innenhülse (7) und auf der in Drehrichtung gegenüberliegenden Seite eine verhältnismäßig steile Rastkante hat."

zusätzlich aufweist.

Dass die Montage eines Sprengrings mit Schwierigkeiten verbunden ist, erkennt der Fachmann bei einem durch Zusammenschau von K5 und K7 gebildeten Stecker. Der hier im Zusammenhang mit Merkmal f) relevante Sprengring 44 (vgl. Ausführungen zum Hauptantrag) muss nämlich ersichtlich mühsam in eine Rille 42 der Innenhülse 25 eingebracht werden (K7: Sp. 4 Z. 6 bis 11 i. V. m. Fig. 1). Dementsprechend hat der Fachmann Anlass, sich nach einer einfacheren Möglichkeit einer lösbaren Verriegelung des Bajonettrings umzusehen.

Hierzu zeigt ihm die K9 (Fig. 1, 4 und 6), dass es möglich ist, einen Bajonettring 1 lösbar mit einem Gegenverschlussrings 6 zu verrasten, wenn der Bajonettring 1 eine teilringförmige Rille 4 aufweist, in welcher ein radialer Vorsprung 7 des Gegenverschlussrings 6 geführt ist und in deren einem Endbereich ein Rastvorsprung 2 vorgesehen ist, der eine bei Drehung des Bajonettrings 1 in Bajonettentriegelungsstellung wirksame Auflaufschräge (ansteigende Schräge, beginnend etwa bei Pos. 4' in Fig. 6) für den Vorsprung 7 des Gegenverschlussrings 6 und auf der in Drehrichtung gegenüberliegenden Seite eine verhältnismäßig steile Rastkante 11 hat (Rastkante 11 ist ersichtlich steiler als Anlaufschräge beginnend etwa bei Pos. 4 in Fig. 6).

Zwar geht es bei der K9 um die lösbare Verriegelung eines inneren Bajonettrings mit einem äußeren Gegenverschlussring 6 als einem zu ihm konzentrisch gelagerten Teil (Fig. 1 und 4). Der Fachmann erkennt aber, dass hier die Funktion der Verriegelung eines Bajonettrings auf einfache Weise, d. h. ohne Sprengring realisiert ist und dass keine Schwierigkeiten bestehen, diese Maßnahme auch bei einer Innenhülse anzuwenden, weil diese genauso, wie der Gegenverschlussring 6, ein zum Bajonettring konzentrisch gelagertes Teil darstellt.

Ob der Bajonettring dabei die Innenhülse umgreift oder die Innenhülse den Bajonettring, ist für die Funktion der Verriegelung beider Teile miteinander unerheblich. Auch die Streitpatentschrift lässt nicht erkennen, weshalb der einen vor der anderen Möglichkeit der Vorzug hätte gegeben werden sollen.

Damit liegt es für den Fachmann nahe, den Stecker mit den Merkmalen des Patentanspruchs 13 nach Hauptantrag auch noch mit den Merkmalen g) und h) zu versehen.

7. Der Stecker gemäß Patentanspruch 13 nach Hilfsantrag 2 ist patentfähig.

Der Patentanspruch 13 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von dem des Hilfsantrags 1 dadurch, dass an ihn das Merkmal

"i) und wobei die Deckelaufnahmeplattform zweiteilig ausgebildet ist und aus einem einstückig mit dem Bajonettring verbundenen Sockelabschnitt und einem an den Sockelabschnitt ansetzbaren Plattenabschnitt besteht, wobei der Plattenabschnitt und der Sockelabschnitt zueinander passende Führungsrippen und Führungsrillen haben."

angehängt ist.

Von den insgesamt im Verfahren befindlichen - auch den von den Beteiligten und dem Senat nicht angesprochenen -Druckschriften zeigen nur die K5 (Sheet 2) und die K11 (Figure 1 und 2) Steckverbindungen für den elektrischen Anschluss von Kraftfahrzeuganhängern, die jeweils mit Deckel und Deckelaufnahmeplattform ausgestattet sind. Beide Druckschriften befassen sich mit der Normierung, insbesondere mit der Bemaßung, zeigen aber bezüglich der konstruktiven Ausgestaltung und Befestigung der Deckelplattform jeweils einstückig mit dem Bajonettring (K5) bzw. mit dem äußeren Gehäuseteil verbundene Plattformen. Somit ist der Stecker gemäß Patentanspruch 13 nach Hilfsantrag 2 neu.

Einen Hinweis auf die Ausbildung und Befestigung der Deckelplattform, wie sie das Merkmal i) lehrt, erhält der Fachmann aus der K5 und der K11 nicht. Da auch kein Anlass erkennbar ist, die kompakte und stabile Einstückigkeit gemäß K5 und K11 durch eine Gestaltung gemäß dem Merkmal i) zu ersetzen, muss der Fachmann erfinderisch tätig werden, um zum Gegenstand des Patentanspruchs 13 nach Hilfsantrag 2 zu gelangen.

8.

Mit der Fassung des Patentanspruchs 13 nach Hilfsantrag 2 haben auch Patentanspruch 15 -in seiner Rückbeziehung auf Patentanspruch 14 -und Patentanspruch 16 Bestand.

9.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V.m. §709 ZPO.

Voit Dr. Kaminski Friehe Dipl.-Ing. Groß Dr. Morawek Pr






BPatG:
Urteil v. 10.06.2009
Az: 4 Ni 1/09


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