Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Oktober 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 27/01

(BPatG: Beschluss v. 16.10.2002, Az.: 26 W (pat) 27/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 397 55 827 siehe Abb. 1 am Endefür die Ware

"Schwarzbier"

ist Widerspruch erhoben worden aus der für

"Biere"

eingetragenen älteren Marke 397 41 506 siehe Abb. 2 am Ende Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch und die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen, weil zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Marken seien in klanglicher und bildlicher Hinsicht ersichtlich nicht ähnlich. Auch eine begriffliche Ähnlichkeit zwischen den Wortbestandteilen der Marken bestehe nicht, weil die Begriffsinhalte der Bezeichnungen "Schwarzer Ritter" und "SCHWARZER HERZOG" hinreichend unterschiedlich seien. Während "HERZOG" ein Adelstitel sei, lasse das Wort "Ritter" an einen mittelalterlichen Kämpfer denken. Damit halte die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke auch in Anbetracht der bestehenden Warenidentität den erforderlichen deutlichen Abstand ein. Auf die Frage, ob das in beiden Marken übereinstimmend enthaltene Wort "Schwarzer" für Biere von normaler oder nur schwacher Kennzeichnungskraft sei, komme es für die Entscheidung nicht an.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, es bestehe die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Die Begriffe "Ritter" und "HERZOG" seien ihrem Sinn nach sehr ähnlich, da es sich bei beiden um Adelstitel von unterschiedlichem Rang handele und sowohl Ritter als auch Herzöge der Führungsriege mittelalterlicher Heere zuzurechnen seien. Der in beiden Marken den Adelstiteln vorangestellte Begriff "Schwarzer" verstärke die Verwechslungsgefahr. Dieser Begriff sei auch nicht kennzeichnungsschwach. Insbesondere sei der Umstand, dass er in 21 registrierten Marken der Klasse 32 enthalten sei, für den Verkehr kein Anlass, ihn als beschreibende Angabe anzusehen und ihm keine Herkunftsfunktion mehr beizumessen.

Die Widersprechende beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, zwischen den beiderseitigen Bezeichnungen bestünden mehr als nur graduelle Unterschiede, weil das Wort "Ritter" eine gedankliche Verbindung zu Begriffen wie "Ritterturnier" und "Ritter der Tafelrunde" sowie zu den Schlachten der Kreuzzüge hervorrufe, während das Wort "HERZOG" an einen adeligen Herrscher eines Herzogtums denken lasse. Die Farbbezeichnung "schwarz" sei für dunkle Biere beschreibend und kennzeichnungsschwach. Die Übereinstimmung der Marken in diesem Begriff könne eine Verwechslungsgefahr daher nicht begründen.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht keine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Insbesondere kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).

Die Widerspruchsmarke ist von Haus aus normal kennzeichnungskräftig. Tatsachen, die eine nachträgliche Erhöhung ihrer Kennzeichnungskraft begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die mit der angegriffenen Marke beanspruchte Ware "Schwarzbier" wird von dem Oberbegriff "Biere", für den die Widerspruchsmarke Schutz genießt, umfasst, so dass eine Identität der Waren besteht. Hiervon ausgehend sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich bei Bier um eine Ware handelt, die auch von einem verständigen Durchschnittsverbraucher wegen ihres eher geringen Preises häufig nicht mit besonderer Sorgfalt erworben wird, bedarf es für eine Verneinung der Verwechslungsgefahr eines überdurchschnittlichen Markenabstandes. Dieser wird von der angegriffenen Marke eingehalten.

Klanglich und bildlich unterscheiden sich beide Marken insbesondere wegen ihrer abweichenden Wortbestandteile "Ritter" und "HERZOG" sowie bei einem Kauf auf Sicht durch ihre unterschiedlichen Bildbestandteile deutlich voneinander. Auch in begrifflicher Hinsicht stimmen die Markenbestandteile "Schwarzer Ritter" und "SCHWARZER HERZOG" weder vollständig noch im wesentlichen überein. Die Begriffe "Ritter" und "HERZOG" sind insbesondere keine Synonyme. Zwischen ihnen bestehen allenfalls entfernte begriffliche Berührungspunkte, die für die Annahme einer unmittelbaren begrifflichen Verwechslungsgefahr regelmäßig nicht ausreichen (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Auflage, § 9 Rdn 109; BPatG Mitt 1969, 171 - Alpenflora/Alpenblüte).

Es besteht auch keine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung der Marken. Die Widersprechende hat nichts dazu vorgetragen, dass sie im Verkehr weitere Marken benutzt, die unter Verwendung des auch in der angegriffenen Marke enthaltenen Begriffs "Schwarzer" gebildet sind. Der Verkehr hat deshalb keinen Anlaß zu der Annahme, dass es sich bei der angegriffenen Marke um eine weitere aus einer Markenserie der Widersprechenden handeln könnte. Auch eine gedankliche Verbindung der Marken unter dem Gesichtspunkt einer mittelbaren begrifflichen Verwechslungsgefahr, bei der der Verkehr zwar die Verschiedenheit der Marken erkennt, sie jedoch wegen eines insgesamt ähnlichen Sinngehalts und einer einander entsprechenden Markenbildung für zusammengehörig hält, liegt nicht nahe. Gegen eine solche gedankliche Verbindung der Marken über ihre Wortbestandteile "Schwarzer Ritter" und "SCHWARZER HERZOG" spricht außer der Tatsache, dass es sich bei der Grundform "schwarz" des in beiden Marken enthaltenen Wortes "Schwarzer" um eine für Biere beschreibende Angabe handelt, die die Farbe einiger Biere sowie eine spezielle Biersorte, nämlich Schwarzbier, kennzeichnet, insbesondere der Umstand, dass es eine nicht unerhebliche Anzahl weiterer eingetragener Marken gibt, die unter Verwendung des Adjektivs "Schwarzer" gebildet sind. Bei dieser Sachlage hat der Verkehr keinen sicheren Anhalt für die Annahme, dass es sich bei der angegriffenen Marke gerade um eine solche der Widersprechenden oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens handelt. Auch in Verbindung mit den weiteren Begriffen "Ritter" bzw "HERZOG" liegt eine solche gedankliche Verbindung nicht auf der Hand, weil die begrifflichen Inhalte beider Wörter nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie in die gleiche Richtung gehen. Während die Bezeichnung "SCHWARZER HERZOG" nämlich den Gedanken an einen adeligen Herrscher wachruft, lässt die Bezeichnung "Schwarzer Ritter" an einen schwarz gewandeten (Turnier-)Kämpfer aus dem Mittelalter denken, weil der Umstand, dass es sich bei dem Begriff "Ritter" auch um einen niederen Adelstitel handelt, auf Grund der abnehmenden Häufigkeit bzw Gebräuchlichkeit dieses Adelstitels weitgehend in den Verständnishintergrund tritt. Die danach ohnehin geringe Wahrscheinlichkeit einer gedanklichen Verbindung der Marken über ihre Wortbestandteile wird zudem durch die in ihnen enthaltenen unterschiedlichen Bildbestandteile weiter reduziert.

Die Beschwerde der Widersprechenden konnte daher keinen Erfolg haben.

Für eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlass, da unter Berücksichtigung der teilweisen Identität der beiderseitigen Waren die Gefahr einer mittelbaren begrifflichen Verwechslungsgefahr als diskussionsfähig und die Einlegung der Beschwerde daher nicht als mutwillig zu beurteilen ist.

Albert Kraft Reker Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D76065.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/D76066.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 16.10.2002
Az: 26 W (pat) 27/01


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