Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Februar 2002
Aktenzeichen: 17 W (pat) 40/00

(BPatG: Beschluss v. 19.02.2002, Az.: 17 W (pat) 40/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. März 2000 aufgehoben und das Patent Nr. 198 18 440 mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 bis 8 nebst Beschreibung und Zeichnung in der am 19. Februar 2002 überreichten Fassung.

Gründe

I Die vorliegende Patentanmeldung ist beim Deutschen Patentamt unter der Bezeichnung:

"Verfahren zur Erzeugung von Daten für die Herstellung einer durch Entwurfsdaten definierten Struktur"

angemeldet worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom 31. März 2000 mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag mangels Neuheit und das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag mangels einer erfinderischen Tätigkeit nicht gewährbar sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie verfolgt die Anmeldung auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2002 überreichten Patentansprüche 1 bis 8 nebst Beschreibung und Zeichnung weiter.

Der Anspruch 1 lautet:

Verfahren zur Erzeugung von Daten für die Herstellung einer durch einen Entwurfsdatensatz definierten Struktur auf einem Substrat durch einen Strahlschreiber, der einen Strahl aufweist, der insbesondere ein Elektronenstrahl-, Ionenstrahl- oder Lichtstrahl ist, mit folgenden Schritten:

(a) Bereitstellen (S100) des Entwurfsdatensatzes, wobei der Entwufsdatensatz eine Mehrzahl von Punkten der Struktur definiert, wobei ein Punkt Informationen über eine vorbestimmte Position des Strahls auf dem Substrat und eine vorbestimme Intensität des Strahls an der vorbestimmten Position auf dem Substrat aufweist;

(b) Erzeugen (S102) eines Korrekturdatensatzes für die durch den Entwurfsdatensatz definierte Struktur, wobei der Korrekturdatensatz - Angaben über erforderliche absolute Intensitäten oder Änderungen der vorbestimmten Intensitäten an den durch den Entwurfsdatensatz gegebenen vorbestimmten Positionen oder - erforderliche Änderungen von durch den Entwurfsdatensatz gegebenen vorbestimmten Positonen umfaßt, um Strukturfehler aufgrund eines Prozeßeinflusses, insbesondere des Proximity-Effekts, zu korrigieren;

(c) Bereitstellen des Entwufsdatensatzes für die Struktur zur Ansteuerung des Strahlschreibers; und

(d) Bereitstellen des von dem Entwufsdatensatz getrennten Korrekturdatensatzes für die Struktur zur Ansteuerung des Strahlschreibers, wobei der Entwurfsdatensatz und der Korrekturdatensatz derart strukturiert sind, dass der Strahlschreiber während der Erzeugung (S104) der Struktur den Strahl mit einer Schreib-Intensität auf eine Schreib-Position des Substrats richten kann, wobei die Schreib-Intensität für einen Punkt des Entwurfsdatensatzes auf der Basis der durch den Korrekturdatensatz für den Punkt angegebenen Angaben über die erforderliche absolute Intensität oder die Änderung der vorbestimmten Intensität bestimmt wird, falls für den Punkt in dem Entwurfsdatensatz Angaben über die erforderliche Intensität in dem Korrekturdatensatz vorhanden sind, undwobei die Schreib-Position für den Punkt des Entwurfsdatensatzes durch die in dem Entwurfsdatensatz für den Punkt gegebene vorbestimmte Position und die durch den Korrekturdatensatz angezeigte Änderung der vorbestimmten Position für den Punkt bestimmt wird, falls für den Punkt eine erforderliche Änderung der vorbestimmten Position in dem Korrekturdatensatz vorhanden ist.

Wegen der übrigen, untergeordneten Patentansprüche 2 bis 8 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Anmelderin trägt vor, dass sich das beanspruchte Verfahren mit der Erzeugung von Strukturen auf einem Substrat durch einen Strahlschreiber befasse. Solche Strukturen würden bspw als Masken für die Herstellung von integrierten Schaltkreisen benötigt. Bei der geforderten Feinheit der Strukturen träten bei allen bekannten Lithographieschreibverfahren physikalische Effekte auf, die eine Verfälschung der gewünschten Strukturen zur Folge hätten. Um diese Verfälschungen zu kompensieren, würden verschiedene bekannte mathematische Methoden verwendet, mit denen die Entwurfsdaten so korrigiert würden, dass die bei der Erzeugung der Strukturen auftretenden Effekte weitgehend kompensiert würden. Der hierfür zu betreibende Rechenaufwand sei enorm. Dieser Rechenaufwand sei jedes Mal zu leisten, wenn eine Korrektur des Layouts, ein anderes Strahlschreibeverfahren oder auch nur ein anderer Strahlschreiber verwendet werde. Diesen Nachteil wolle das vorgeschlagene Verfahren beseitigen. Es sehe vor, den Entwurfsdatensatz unverändert zu lassen, hiervon getrennt einen Korrekturdatensatz zu erzeugen und die beiden Datensätze erst bei der punktweisen Ansteuerung des Strahlschreibers zusammenzuführen. Bei einer Änderung des Strahlschreibers oder des Korrekturverfahrens brauche dann lediglich der Korrekturdatensatz verändert zu werden, was einen wesentlich geringeren Aufwand bedeute. Diese Vorgehensweise sei durch die entgegengehaltenen Druckschriften nicht nahegelegt, so dass Neuheit und erfinderische Tätigkeit anzuerkennen seien.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit den folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 8 nebst Beschreibung und Zeichnung in der am 19. Februar 2002 überreichten Fassung.

II Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig und auch begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist.

Die geltende Fassung des Patentanspruchs 1 ist zulässig. Sie ergibt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 5, 7 und 8.

Der Anspruch 1 vermittelt eine nachvollziehbare Lehre. Bei dem beanspruchten Verfahren werden gemäß Schritt a) für die Erzeugung sehr feiner Strukturen Entwurfsdaten bereitgestellt, in denen die zu erzeugende Struktur in Form von Punktkoordinaten mit jeweils zugehöriger Intensität definiert ist. Aus diesen Entwurfsdaten wird mittels eines Korrekturverfahrens ein Korrekturdatensatz erzeugt, der bezogen auf Punktkoordinaten Angaben über eine erforderliche Änderung der Intensitäten oder der Positionen enthält (Schritt b). Beide Datensätze werden dann zur Ansteuerung des Strahlschreibers benutzt. Damit eine Überlagerung beider Datensätze bei der Strahlerzeugung erfolgen kann, müssen sie so strukturiert sein, dass sie punktweise die Position und die Intensität bzw die Korrektur von Position und Intensität enthalten (Schritt c und d).

Es ist glaubhaft, dass durch die im Anspruch 1 vorgeschlagene getrennte Bereitstellung von Entwurfsdatensatz und Korrekturdatensatz eine Änderung des Strahlschreibeverfahrens oder eine Anpassung an ein Strahlschreibegerät mit anderen Eigenschaften mit geringerem Aufwand gelingt. Denn bei dem vorgeschlagenen Verfahren braucht nur der Korrekturdatensatz, ggf nur ein betroffener Bereich dieses Datensatzes geändert zu werden.

Das Verfahren zur Erzeugung von Daten für die Herstellung einer Struktur ist durch die im Prüfungsverfahren entgegengehaltenen Druckschriften weder bekannt noch nahegelegt.

Die im Zurückweisungsbeschluss aufgegriffene DE 196 25 894 A1 beschreibt ein Verfahren zum Erzeugen von Abrasterdaten für Muster von Photomasken, die hinsichtlich optischer Annäherungseffekte korrigiert sind. Bei diesem Verfahren werden Abrasterdaten gemäß einem vorbestimmten Korrekturverfahren korrigiert und die korrigierten Abrasterdaten zur Herstellung einer Photomaske benutzt (vgl Anspruch 3). Die in einer Datenspeichereinrichtung 33 gespeicherten Abrasterdaten werden von einer Korrekturverarbeitungseinrichtung 34 korrigiert, wieder im Speicher 33 abgelegt und aus diesem von einer Ausgabesteuereinrichtung 35 zur Maskenerzeugung einer Belichtungsvorrichtung 10 zugeführt. Dabei wird der Speicher 33 jeweils ganz gefüllt, so dass die ursprünglichen Abrasterdaten durch die korrigierten Abrasterdaten überschrieben und demzufolge nicht mehr vorhanden sind (vgl S 5, insb Z 19 bis 24 und Z 60 und 61 iVm Fig 1). Eine Erzeugung von Korrekturdaten in der Form, dass diese nur die Änderungen gegenüber den ursprünglichen Abrasterdaten angeben, ist sonach nicht vorgesehen. Diese Druckschrift vermittelt daher keine Anregung in Hinsicht auf die vorgeschlagene getrennte Bereitstellung von Entwurfsdaten und Korrekturdaten.

Die im Prüfungsverfahren weiter entgegengehaltene DE 43 17 899 C2 und die DE 196 31 160 A1 befassen sich mit Einzelheiten der Korrekturen der physikalischen Effekte und enthalten keine Hinweise auf die vorgeschlagene getrennte Bereitstellung der beiden Datensätze, ebenso wie die von der Anmelderin selbst genannten Druckschriften.

Es war daher anzuerkennen, dass das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Die untergeordneten Ansprüche 2 bis 8 sind auf zweckmäßige und nicht selbstverständliche Ausbildungen des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1 gerichtet. Diese Ansprüche sind daher ebenfalls gewährbar.

Die Änderung in Figur 1 der Zeichnung dient der Klarstellung, dass die Entwurfsdaten bzw Layoutdaten getrennt von den Korrekturdaten der Strahlerzeugung zugeführt werden.

Bei dieser Sachlage war der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und das Patent antragsgemäß zu erteilen.

Grimm Dr. Schmitt Bertl Prasch Bb






BPatG:
Beschluss v. 19.02.2002
Az: 17 W (pat) 40/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/db6ec00c9c18/BPatG_Beschluss_vom_19-Februar-2002_Az_17-W-pat-40-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share