Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. April 2009
Aktenzeichen: 26 W (pat) 59/08

(BPatG: Beschluss v. 22.04.2009, Az.: 26 W (pat) 59/08)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patentund Markenamts vom 2. Mai 2008 aufgehoben.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 20 hat die für die Waren

"Wohnmöbel"

erfolgte Anmeldung der Wort-/Bildmarke 307 77 413.9 mit Beschluss vom 2. Mai 2008 gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG unter Bezugnahme auf einen vorangegangenen Beanstandungsbescheid vom 13. Februar 2008, zu dem sich die Anmelderin innerhalb der ihr hierfür gesetzten Frist nicht geäußert hatte, zurückgewiesen. In dem Beanstandungsbescheid hatte die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Marke setze sich zusammen aus dem Bestandteil "EISENBERGER" als adjektivischer, die geografische Herkunft der angemeldeten Waren beschreibende Form der thüringischen Kreisstadt Eisenberg und dem Bestandteil "Stil ist, was bleibt" als einem Werbespruch im Sinne der Anpreisung eines zeitlosen Stils der die Wohnmöbel produzierenden, von der anmeldenden Insolvenzverwalterin vertretenen Gemeinschuldnerin. Da auch das Bildelement der angemeldeten Marke in werbeüblicher Weise gestaltet sei, fehle dieser die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft. Ferner unterliege die Markenanmeldung einem Freihaltebedürfnis, da den Mitbewerbern eine der Anmeldung entsprechende Kennzeichnung ihrer Produkte nicht durch Monopolrechte vorenthalten werden könne.

Gegen diesen zurückweisenden Beschluss wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Ihrer Auffassung nach steht einer Eintragung kein absolutes Schutzhindernis entgegen. Die Wohnmöbel der Gemeinschuldnerin seien in den einschlägigen Verkehrskreisen -Möbelhändler und Endverbraucher -seit Jahrzehnten unter der Bezeichnung "EISENBERGER" eingeführt und als Produkte der Gemeinschuldnerin bekannt. Der Verkehr sehe daher in "EISENBERGER" entgegen der Auffassung der Markenstelle keinen Sachhinweis auf Art, Beschaffenheit und geografische Herkunft der gekennzeichneten Produkte, sondern vielmehr einen betrieblichen Herkunftshinweis. Dies gelte auch für die mehrdeutige, zum Nachdenken anregende und originelle Aussage "Stil ist, was bleibt". Letztere stehe zudem einem Freihaltebedürfnis entgegen, da kein Hersteller die Marke in der angemeldeten Form verwenden müsse, um die Herkunft seiner Produkte aus Eisenberg hervorzuheben. Etwaige Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG seien aber jedenfalls aufgrund der Verkehrsbekanntheit der angemeldeten Marke "EISENBERGER -Stil ist, was bleibt" überwunden.

Die Anmelderin beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle vom 2. Mai 2008 die Eintragung der Marke "EISENBERGER -Stil ist, was bleibt" für die Warenklasse 20 "Wohnmöbel" zu beschließen.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet, weil entgegen der Auffassung der Markenstelle der verfahrensgegenständlichen Markenanmeldung die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden kann und auch ein Freihaltebedürfnis zugunsten der Mitbewerber nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht besteht. Dies führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses der Markenstelle vom 2. Mai 2008.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft, der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass alle Angaben und Zeichen, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, frei verwendet werden können. Solche Angaben und Zeichen dürfen nicht nur einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 -BIOMILD; GRUR 1999, 723, 725 -Chiemsee). Ein Freihaltebedürfnis an geografischen Angaben ist grundsätzlich danach zu beurteilen, ob neben den aktuellen Gegebenheiten eine entsprechende beschreibende Verwendbarkeit der fraglichen Angabe zumindest in der Zukunft zu erwarten ist bzw. ob angesichts der Gesamtumstände im Zuge der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung die Eröffnung gleicher Betriebe wie der/die ansässige(n) vernünftigerweise nicht auszuschließen ist (vgl. EuGH a. a. O. -Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8 Rn. 215 m. w. N.).

Hiernach kann ein Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Marke nicht bejaht werden: Die verfahrensgegenständliche Markenanmeldung besteht aus der Kombination der geografischen Angabe "EISENBERGER" mit dem Zusatz "Stil ist, was bleibt". Da die Schutzfähigkeit eines Kombinationszeichens (auch) danach zu beurteilen ist, ob der durch die Kombination bewirkte Gesamteindruck über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgeht oder sich in deren bloßer Summenwirkung erschöpft (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 -Postkantoor; GRUR a.a.O.-BIOMILD, GRUR Int. 2005, 1012, 1014 -BioID), kann der Zeichenbestandteil "Stil ist, was bleibt" bei der Prüfung der Schutzfähigkeit nicht unberücksichtigt bleiben. Anhaltspunkte dafür, dass Mitkonkurrenten darauf angewiesen sind, die Herkunft ihrer Waren aus Eisenberg mit einem der angemeldeten Marke entsprechenden Zusatz "Stil ist, was bleibt, zu kennzeichnen", sind nicht ersichtlich. Es kann daher dahinstehen, ob dem Vortrag der Anmelderin entsprechend aufgrund der geringen wirtschaftlichen Bedeutung von Eisenberg und der bestehenden Infrastruktur in der Region die Eröffnung von Betrieben auf dem Gebiet der Herstellung von Möbeln im Zuge der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung vernünftigerweise nicht zu erwarten steht (vgl. EuG GRUR 2004, 148, 149 -OLDENBURGER; BGH GRUR 2003, 882, 883 -Lichtenstein; BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 80/05 -MORITZBURGER; BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 15/03 -NORDEN und Senat PAVIS PROMA 26 W (pat) 140/02 -LUDWIGsLUST), so dass dann bereits ein Freihaltebedürfnis an der Bezeichnung "EISENBERGER" in Alleinstellung nicht bestünde. Schließlich liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, bei den angesprochenen Verkehrskreisen positiv besetzte Vorstellungen mit der Region Eisenberg zu verbinden, die ein Freihaltebedürfnis begründen könnten (vgl. EuG a. a. O. -OLDENBURGER; BPatG a. a.O. -MORITZBURGER).

Die angemeldete Marke entbehrt entgegen der Auffassung der Markenstelle auch nicht jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung weist eine Marke dann auf, wenn sie geeignet ist, die Waren und/oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH a. a. O. -Postkantoor, S. 677, BGH GRUR 2006, 850, 854 -FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 -BerlinCard; GRUR 2003, 1050 -Cityservice). Bei dem grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstab (vgl. BGH GRUR 2004, 502, 504

-Gabelstapler II; GRUR 2002, 816, 817 -Bonus II; GRUR 2001, 56, 57 -Likörflasche; Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rn. 75) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft nur, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, wie etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 -URLAUB DIREKT; BGH a. a. O. -Cityservice, S. 1051; GRUR 2001, 1151, 1152 -marktfrisch) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (BGH GRUR 2002, 1070, 1071 -Bar jeder Vernunft; GRUR 2000, 321, 322 -Radio von hier).

Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann vor diesem Hintergrund der verfahrensgegenständlichen Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, da sie sich nicht in einer bloßen Aneinanderreihung nicht unterscheidungskräftiger Angaben erschöpft, sondern einen darüber hinausreichenden herkunftshinweisenden Gesamteindruck vermittelt (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rn. 97). Der angesprochene Verkehr wird in dem Markenbestandteil "EISENBERGER" nicht ohne weiteres eine geografische Herkunftsangabe sehen, da der Ort Eisenberg einen nur geringen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung genießt. Vielmehr vermutet der Verbraucher in der Marke in ihrer konkreten grafischen Ausgestaltung einen nach Art eines Familiennamens gehaltenen Herkunftshinweis von Produkten aus dem Hause Eisenberger in Kombination mit dem Werbeslogan "Stil ist, was bleibt". An die Unterscheidungskraft solchermaßen gestalteter Werbeaussagen sind indessen keine strengeren Anforderungen an deren Schutzfähigkeit als an sonstige Kennzeichnungen zu stellen; sie müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. EuGH MarkenR 2005, 22, 25 -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT, S.26;BGH a.a.O.-Radio von hier, S. 322). Für die Annahme hinreichender Unterscheidungskraft genügt es , dass die als Marke beanspruchte Wortfolge in erster Linie die Herkunftsfunktion erfüllt, die gegenüber einer möglichen Werbewirkung im Vordergrund stehen muss (vgl. EuGH a. a. O. -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Diese Frage ist hier zu bejahen. In Verbindung mit dem wie ein Eigenname wirkenden Markenbestandteil "EISENBERGER" stellt sich der Slogan "Stil ist, was bleibt" als interpretationsbedürftige, mehrdeutige Werbeaussage (im Sinne von "Stil-Möbel", zeitloser Stil oder Unternehmensstil, vgl. BGH a. a. O. -Radio von hier; BPatG GRUR 2001, 511, 512 -Energie mit Esprit) dar, die vom Verkehr zumindest in der Kombination der einzelnen Markenbestandteile als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird.

Die von der Anmelderin mit Blick auf § 8 Abs. 3 MarkenG aufgeworfene Frage der Verkehrsdurchsetzung der verfahrensgegenständlichen Marke konnte bei dieser Sachlage dahinstehen.

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Lehner Bb






BPatG:
Beschluss v. 22.04.2009
Az: 26 W (pat) 59/08


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