Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 28. März 2001
Aktenzeichen: 27 UF 56/00

(OLG Köln: Urteil v. 28.03.2001, Az.: 27 UF 56/00)

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Waldbröl vom 8. Februar 2000 (12 F 455/99) wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Be-klagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach dem Sachverhalt, der sich aus dem erstinstanzlichen Vortrag der Parteien, der Berufungserwiderung und dem eigenen Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren ergibt, ist die Zwangsvollstreckung aus Ziff. 3 des gerichtlichen Vergleiches vom 25. Januar 1993 für unzulässig zu erklären, weil danach das Jugendamt als Vertreter des Beklagten mit dem Kläger eine Vereinbarung dahin getroffen hat, dass er "in Abänderung des vorstehenden Titels" (nämlich des gerichtlichen Vergleiches) den in der Jugendamtsurkunde vom 1. Oktober 1996 titulierten Kindesunterhalt zahlen sollte. Unstreitig ist, dass das Kreisjugendamt durch Beschluss des Amtsgerichts Gummersbach vom 10. Juni 1996 als Beistand für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gemäß §§ 1685, 1690 BGB alter Fassung bestellt worden ist. Mit Schreiben vom 16. September 1996 trat das Kreisjugendamt an den Kläger heran, um den Unterhalt zu erörtern. Wie die Parteien im Berufungsverfahren übereinstimmend ausgeführt haben und auch aus dem Schreiben des Kreisjugendamtes vom 5. November 1996 (Bl. 143 d.A.) hervorgeht, nahm das Kreisjugendamt bei der Errichtung der Urkunde eine Unterhaltsverpflichtung des Klägers in Höhe eines Tabellenbetrages von 735,00 DM an, von dem ein anteiliges Kindergeld in Höhe von 100,00 DM monatlich abzuziehen war. Dabei ging man davon aus, dass das Kindergeld zukünftig nicht mehr an den Kläger, sondern an seine geschiedene Ehefrau ausgezahlt würde. Dies geschah später auch. Hieraus erklärt sich, dass in der Jugendamtsurkunde ein Betrag von 635,00 DM tituliert wurde.

Aus diesem unstreitigen Tatbestand ergibt sich, dass die Vollstreckungsgegenklage nach §§ 794 Abs. 1 Nr. 1, 795, 767 ZPO begründet ist.

Das Kreisjugendamt war aufgrund seiner Bestellung als Beistand für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen nach § 1690 BGB alter Fassung insoweit gesetzlicher Vertreter des Beklagten (vgl. BGH FamRZ 1981, 685; OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 641, 641; Münchner Kommentar/Hinz, BGB 3. Aufl. § 1690 Rdnr. 6; Palandt-Diederichsen, BGB 56. Aufl. § 1690 Rdnr. 2). In dieser Stellung kann das Jugendamt schon bestehende Unterhaltsvereinbarungen abändern. Dies wird in § 1712 Nr. 2 BGB neuer Fassung dadurch klargestellt, dass die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen ausdrücklich auch die Verfügung über diese Ansprüche umfasst. Die Geltendmachung bezieht sich auf die gerichtliche und außergerichtliche Verfolgung, einschließlich der Zwangsvollstreckung und etwaiger Abänderungsverfahren (Palandt-Diederichsen, BGB 60. Aufl. § 1712 Rdnr. 5; Staudinger-Rauscher, BGB 13. Bearb. § 1712 Rdnr. 23).

Die vom Kreisjugendamt mit dem Kläger getroffene Vereinbarung, die zu der Errichtung der Urkunde am 1. Oktober 1996 führte, ist daher auch für den Beklagten bindend. Sie ist dahin auszulegen, dass für den Unterhaltsanspruch des Beklagten als Vollstreckungstitel anstelle des gerichtlichen Vergleichs vom 25. Januar 1993 die Jugendamtsurkunde treten sollte. Schon nach ihrem Wortlaut, wonach der nunmehr titulierte Unterhalt "in Abänderung des vorstehenden Titels" (nämlich des gerichtlichen Vergleiches) geschuldet wird, umfasst die Urkunde den gesamten Unterhalt des Beklagten. Für eine weitere Vollstreckung aus dem Vergleich bestand aus der Sicht beider Parteien kein Grund mehr. Bei der gebotenen Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen (§§ 157, 242 BGB) ist der Vereinbarung ein Verzicht auf die Vollstreckung aus dem Vergleich zu entnehmen. Hierbei handelt es sich um eine rechtlich zulässige vollstreckungsbeschränkende Vereinbarung (vgl. BGH NJW-RR 1990, 390, 391; FamRZ 1982, 782, 783 f.; 1988, 270, 271; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 311 = NJW-RR 1999, 941 = MDR 1998, 1433; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 59. Aufl. Grundz. § 704 Rdnr. 27 Stichwort "Verzicht des Gläubigers"). Da diese Vereinbarung ihre Grundlage im materiellen Recht hat, ist sie nach ganz herrschender Meinung auch im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage zu berücksichtigen (vgl. BGH und OLG Karlsruhe a.a.O; Münchner Kommentar/Karsten Schmidt, ZPO 2. Aufl. § 766 Rdnr. 33 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a. a. O. Stichwort "Vollstreckungsabwehrklage", Zöller/Stöber, ZPO 22. Aufl. vor § 704 Rdnr. 25 und § 767 Rdnr. 12 Stichworte "Vereinbarungen" und "Verzicht" m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 10.500,00 DM (15 x 700,00 DM) (wie im Beschluss des Senats vom 10. August 2000 festgesetzt). Der Tenor des angefochtenen Urteils ist entsprechend dem Klageantrag darauf beschränkt, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich für unzulässig erklärt wird, soweit der Beklagte aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Waldbröl vom 11. Oktober 1999 - 5 bM 1528/99 - die Zwangsvollstreckung betreibt. Dieser Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist zwar nicht eindeutig formuliert. Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass es sich um eine Vorratspfändung nach § 850 d Abs. 3 ZPO handelt. Demgemäß ist der Streitwert entsprechend § 57 Abs. 2 Nr. 1 BRAGO, 17 Abs. 1 GKG zu bemessen; vgl. Zöller/Hergeth § 3 Rdnr. 16 Stichwort "Vollstreckungsabwehrklage" i. V. m. Zöller/Stöber § 850 d Rdnr. 27).






OLG Köln:
Urteil v. 28.03.2001
Az: 27 UF 56/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/dad4f970925a/OLG-Koeln_Urteil_vom_28-Maerz-2001_Az_27-UF-56-00


Admody

Rechtsanwälte Aktiengesellschaft

Theaterstraße 14 C
30159 Hannover
Deutschland


Tel.: +49 (0) 511 60 49 81 27
Fax: +49 (0) 511 67 43 24 73

service@admody.com
www.admody.com

Kontaktformular
Rückrufbitte



Für Recht.
Für geistiges Eigentum.
Für Schutz vor unlauterem Wettbewerb.
Für Unternehmen.
Für Sie.



Justitia

 


Bundesweite Dienstleistungen:

  • Beratung
  • Gerichtliche Vertretung
  • Außergerichtliche Vertretung

Rechtsgebiete:

Gewerblicher Rechtsschutz

  • Markenrecht
  • Wettbewerbsrecht
  • Domainrecht
  • Lizenzrecht
  • Designrecht
  • Urheberrecht
  • Patentrecht
  • Lauterkeitsrecht
  • Namensrecht

Handels- & Gesellschaftsrecht

  • Kapitalgesellschaftsrecht
  • Personengesellschaftsrecht
  • Handelsgeschäftsrecht
  • Handelsstandsrecht
  • Internationales Kaufrecht
  • Internationales Gesellschaftsrecht
  • Konzernrecht
  • Umwandlungsrecht
  • Kartellrecht
  • Wirtschaftsrecht

IT-Recht

  • Vertragsrecht der Informationstechnologien
  • Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs
  • Immaterialgüterrecht
  • Datenschutzrecht
  • Telekommunikationsrecht


Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Google+ Social Share Facebook Social Share








Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft



Jetzt Kontakt aufnehmen:

Per Telefon: +49 (0) 511 60 49 81 27.

Per E-Mail: service@admody.com.

Zum Kontaktformular.





Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft Stamp Logo




Hinweise zur Urteilsdatenbank:
Bitte beachten Sie, dass das in der Urteilsdatenbank veröffentlichte Urteil weder eine rechtliche noch tatsächliche Meinung der Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft widerspiegelt. Es wird für den Inhalt keine Haftung übernommen, insbesondere kann die Lektüre eines Urteils keine Beratung im Einzelfall ersetzen. Bitte verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Entscheidung in der hier angegeben Art und Weise Bestand hat oder von anderen Gerichten in ähnlicher Weise entschieden werden würde.

Sollten Sie sich auf die angegebene Entscheidung [OLG Köln: Urteil v. 28.03.2001, Az.: 27 UF 56/00] verlassen wollen, so bitten Sie das angegebene Gericht um die Übersendung einer Kopie oder schlagen in zitierfähigen Werken diese Entscheidung nach.
Durch die Bereitstellung oder Zusammenfassung einer Entscheidung wird weder ein Mandatsverhähltnis begründet noch angebahnt.
Sollten Sie eine rechtliche Beratung und/oder eine Ersteinschätzung Ihres Falles wünschen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.


"Admody" und das Admody-Logo sind registrierte Marken von
Rechtsanwalt Sebastian Höhne, LL.M., LL.M.

30.11.2023 - 14:55 Uhr

Tag-Cloud:
Rechtsanwalt Domainrecht - Rechtsanwalt Internetrecht - Rechtsanwalt Markenrecht - Rechtsanwalt Medienrecht - Rechtsanwalt Wettbewerbsrecht - Mitbewerber abmahnen lassen - PayPal Konto gesperrt


Aus der Urteilsdatenbank
BPatG, Beschluss vom 9. Mai 2000, Az.: 27 W (pat) 193/99VG Göttingen, Urteil vom 21. November 2012, Az.: 1 A 45/12BPatG, Beschluss vom 27. Juli 2004, Az.: 24 W (pat) 93/02OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. November 2004, Az.: I-20 U 78/04LG Köln, Urteil vom 21. Dezember 2007, Az.: 81 O 191/07BPatG, Beschluss vom 24. Mai 2000, Az.: 29 W (pat) 139/99VG Köln, Urteil vom 26. März 2015, Az.: 1 K 2637/14BPatG, Beschluss vom 14. Februar 2002, Az.: 25 W (pat) 159/00OLG Köln, Beschluss vom 21. Juni 2007, Az.: 4 WF 82/07OLG Köln, Urteil vom 26. September 1997, Az.: 6 U 93/97