Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Februar 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 198/01

(BPatG: Beschluss v. 18.02.2004, Az.: 26 W (pat) 198/01)

Tenor

Die Beschwerde und der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebührwerden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Gegen die für die Waren und Dienstleistungen

"Biere; alkoholfreie Biere; Ausbildung von Braumeistern; Vermietung von Räumen für kulturelle Veranstaltungen; Brauereiführungen; Veranstaltung von Ausstellungen und anderen kulturellen Aktivitäten; Verpflegung; Beherbergung von Gästen, Vermittlung von Künstlern und kulturellen Rahmenveranstaltungen"

unter der Nummer 397 45 315 eingetragene Wort-Bild-Markesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 2 102 912 Potzblitz, die für die Waren

"Bier, alkoholfreie Getränke, Biermischgetränke"

eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 32 hat die Eintragung der angegriffenen Marke wegen dieses Widerspruchs teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen "Biere; alkoholfreie Biere; Verpflegung; Beherbergung von Gästen" gelöscht und im übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß zwischen den versagten Waren und Dienstleistungen Identität bzw Ähnlichkeit bestehe. Das Publikum werde sich bei der angegriffenen Marke an dem Wort-, nicht an dem relativ zurücktretenden Bildbestandteil orientieren. Bei den Wortbestandteilen aber seien die Worte "Potz Blitz Bier" bereits optisch deutlich hervorgehoben. Dieser Wortbestandteil sei nicht unmittelbar beschreibend, besitze eine normale Kennzeichnungskraft und dränge sich deshalb als Markenbenennung geradezu auf. Demgegenüber handle es sich bei dem weiteren Wortbestandteil "BRAUHAUS IN SPANDAU" lediglich um eine Herkunftsangabe mit schwacher Kennzeichnungskraft, die zudem auch optisch zurücktrete. Orientiere sich aber der Verkehr an dem prägenden Bestandteil "Potz Blitz Bier", dann sei diese Bezeichnung mit der Widerspruchsmarke identisch, denn diese enthalte lediglich die schutzunfähige Angabe "Bier" nicht. Hinsichtlich der verbleibenden Dienstleistungen der angegriffenen Marke sei eine Ähnlichkeit und damit eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde, mit der sie auch die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Sie verweist zur Begründung auf ihr Erinnerungsvorbringen, das von der Markenstelle nicht berücksichtigt worden sei. In der angegriffenen Marke sei die Wortfolge "BRAUHAUS IN SPANDAU" prägend und nicht lediglich eine Herkunftsangabe. Vielmehr stehe sie als Synonym für "Treffpunkt in der Hauptstadt", was durch Prospektmaterial belegt werde. Damit dominiere der Bestandteil "Potz Blitz Bier" nicht, sondern sei für das Publikum in das gesamte Erscheinungsbild der angegriffenen Marke integriert.

Die Widersprechende hat sich zu der Beschwerde nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist nicht begründet. Zwischen den Marken besteht die Gefahr klanglicher Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).

Die miteinander zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen sind in dem bereits von der Markenstelle festgestellten Umfang gleich bzw ähnlich. Dieser Umstand erfordert bei weiterer Berücksichtigung der von Haus aus normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in jeder maßgeblichen Richtung einen deutlichen Abstand der Marken, um eine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG verneinen zu können. Diesen Abstand hält die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke nicht ein, weil beide in ihrem prägenden Bestandteil übereinstimmen.

Für die Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken ist auf deren jeweiligen Gesamteindruck abzustellen (EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH Mitt 2000, 65 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Das schließt aber nicht aus, daß einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist. Voraussetzung hierfür ist jedoch stets, daß dem fraglichen Zeichenbestandteil in der kombinierten Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb das Gesamtzeichen im Sinne eines Schwerpunkts prägt, während die weiteren Elemente der Marke nur eine eher untergeordnete Bedeutung haben (BGH aaO - RAUSCH/ELFI RAUCH).

Danach wird der Gesamteindruck der angegriffenen Marke von dem Wortbestandteil "Potz Blitz Bier" geprägt. Grundsätzlich mißt nämlich der Verkehr bei einem Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zu (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdnr 434). Im Verhältnis der maßgeblichen Wortbestandteile prägt der Bestandteil "Potz Blitz Bier" die Marke bereits nach seiner optischen Erscheinung, denn er ist nach seiner Schriftgröße am größten und auffälligsten dargestellt und zudem durch zwei Doppelstriche hervorgehoben. Die Wortbestandteile "BRAUHAUS IN SPANDAU" können außerdem als die Orts- oder Herkunftsangabe und als Bezeichnung des bildlich dargestellten Gebäudes verstanden werden, während die Angabe "Potz Blitz Bier" demgegenüber wie die eigentliche Markenbezeichnung wirkt. Wegen der ohne weiteres verständlichen und zudem getrennt geschriebenen Sachangabe "Bier" wirkt insgesamt die Bezeichnung "Potz Blitz" als eigentliche Kennzeichnung. Stellt man aber den Wortbestandteil der angegriffenen Marke der Widerspruchsmarke gegenüber, so ist wegen der völligen Übereinstimmung eine klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Gründe: dafür, einer Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG), sind nicht ersichtlich. Auch eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs 3 MarkenG ist nicht veranlasst. Zwar können sich Billigkeitsgründe für die Rückzahlung insbesondere aus Verfahrensfehlern oder Verstößen gegen die Verfahrensökonomie ergeben. Erforderlich ist aber, daß zwischen dem vorgeworfenen Fehlverhalten der Markenstelle und der Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung Kausalität besteht. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr scheidet somit aus, wenn auch ohne Fehlverhalten inhaltlich dieselbe Entscheidung der Markenstelle ergangen wäre und deshalb Beschwerde hätte eingelegt werden müssen (Ströbele/Hacker, aaO, § 71 Rdnr 61). Anhaltspunkte für die Annahme einer solchen Kausalität sind aber nicht ersichtlich. Auch wenn die Erinnerungsbegründung der Markeninhaberin richtig und rechtzeitig zu den Akten gelangt wäre, gibt es keinen Grund für die Annahme, daß die Markenstelle in Kenntnis dieses Schriftsatzes anders entschieden hätte.

Albert Reker Eder Na Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D16117.3.gif






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Az: 26 W (pat) 198/01


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