Landgericht Hamburg:
Urteil vom 25. Januar 2005
Aktenzeichen: 312 O 948/04

(LG Hamburg: Urteil v. 25.01.2005, Az.: 312 O 948/04)

Tenor

1. Auf den Teilwiderspruch der Antragsgegnerin wird die einstweilige Verfügung der Kammer vom 22.10.2004 dahingehend beschränkt, dass es der Antragsgegnerin nur verboten bleibt,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs der Zeitschrift "f." einen Coupon beizufügen und/oder beifügen zu lassen, bei dessen Vorlage der Zeitschriftenkäufer bei der Kaufhauskette "K." ein Showergel oder eine Bodylotion (150 ml) aus der exklusiven Pflegeserie von J.Lo erhält, ohne durch deutlichen Hinweis auf der Vorderseite des Coupons auf dessen zeitlich befristete Gültigkeit hinzuweisen, insbesondere wenn dies wie im Beschluss vom 22.10.2004 wiedergegeben geschieht.

2. Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

3. Die Kosten des gesamten Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist auch hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Und beschließt:

Der Streitwert für das Widerspruchsverfahren beträgt EUR 30.000,-.

Tatbestand

Die Parteien streiten noch um einen Teil der einstweiligen Verfügung vom 22.10.2004, mit dem es der Antragsgegnerin verboten wurde, ihrer Zeitschrift einen Gutschein für ein bei K. erhältliches Kosmetikprodukt beizufügen, ohne durch eine Kennzeichnung z.B. als "Anzeige" auf den Werbecharakter hinzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat der Ausgabe 22/2004 ihrer Zeitschrift "f." einen auf die Titelseite geklebten Gutschein beigefügt, der den Text enthält:

"Gutschein

Gratis!

Unser Geschenk: Ein Shower-Gel oder eine Bodylotion (150 ml) aus der exklusiven Pflegeserie von J.Lo. Dieser Gutschein kann in jeder K.-Filiale mit Fachparfümerieabteilung eingelöst werden!

Exklusiv für Leserinnen der f."

Auf dem rechten Drittel des Gutscheins befindet sich eine Abbildung einer Duschgel-Flasche "Glow by J.Lo", am unteren Rand steht ein breiter dunkelblauer Balken mit dem Schriftzuglogo K.. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage Ast 1 Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat diese Aktion unter den Gesichtspunkten des übertriebenen Anlockens, der Irreführung über die zeitlich begrenzte Gültigkeit des Gutscheins und der getarnten Werbung als unzulässig beanstandet.

Mit Beschluss vom 22.10.2004 hat die Kammer dem Hilfsantrag der Antragstellerin stattgegeben und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs der Zeitschrift "f." einen Coupon beizufügen und/oder beifügen zulassen, bei dessen Vorlage der Zeitschriftenkäufer bei der Kaufhauskette "K." ein Shower- Gel oder eine Bodylotion (150 ml) aus der exklusiven Pflegeserie von J.Lo. erhält, ohne durch deutlichen Hinweis auf der Vorderseite des Coupons auf dessen zeitlich befristete Gültigkeit und durch eine Kennzeichnung zum Beispiel als "Anzeige" auf den Werbecharakter für die Firma "K." und die Kosmetikserie "Glow by J.Lo" hinzuweisen, insbesondere wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht: [ Abbildung der Titelseite mit Gutschein ].

Den Hauptantrag, der darauf gerichtet war, es der Antragsgegnerin zu verbieten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs der Zeitschrift "f." einen Coupon beizufügen und/oder beifügen zu lassen, bei dessen Vorlage der Zeitschriftenkäufer bei der Kaufhauskette "K." ein Shower- Gel oder eine Bodylotion (150 ml) aus der exklusiven Pflegeserie von J.Lo. erhält, insbesondere wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht: [ Abbildung der Titelseite mit Gutschein ],

hat das Gericht hingegen aus den im Beschluss vom 22.10.2004 ersichtlichen Gründen zurückgewiesen. Die Kosten wurden der Antragstellerin zu 1/5, der Antragsgegnerin zu 4/5 auferlegt.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Kosten- und Teilwiderspruch - bezogen auf den Aspekt der getarnten Werbung - eingelegt. Darin macht sie geltend, die Gewährung des Gutscheins stelle keine Wettbewerbshandlung dar, deren Werbecharakter verschleiert würde. Der Gutschein/Coupon sei keine "Werbeanzeige", da die Antragsgegnerin dafür weder von L. ("J.Lo"-Serie), noch von K. ein Entgelt erhalten habe. Der Coupon stelle auch keinen redaktionellen Beitrag dar, der den Käufer über seinen werbenden Inhalt täuschen könnte. Der Verbraucher erkenne vielmehr sofort, dass es sich um eine gemeinsame Promotionaktion der Antragsgegnerin und Karstadts handele.

Hinsichtlich der Kostenentscheidung verweist sie darauf, dass die Antragstellerin mit ihrem wirtschaftlich im Vordergrund stehenden Antrag, die Gewährung eines Zugabe-Gutscheins als solche zu verbieten, nicht durchgedrungen sei.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. die einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags insoweit aufzuheben, als der Antragsgegnerin aufgegeben wurde, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs der Zeitschrift "f." einen Coupon beizufügen und/oder beifügen zulassen, bei dessen Vorlage der Zeitschriftenkäufer bei der Kaufhauskette "K." ein Shower- Gel oder eine Bodylotion (150 ml) aus der exklusiven Pflegeserie von J.Lo. erhält, ohne durch eine Kennzeichnung zum Beispiel als "Anzeige" auf den Werbecharakter für die Firma "K." und die Kosmetikserie "Glow by J.Lo" hinzuweisen;

2. den Beschluss im Kostenpunkt dahingehend abzuändern, dass die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin zu 4/5 und der Antragsgegnerin zu 1/5 auferlegt werden.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Dass die Antragsgegnerin keine Geldleistung für die Platzierung des Gutscheins erhalten habe, stehe dessen Einordnung als Werbung nicht entgegen. Die Gegenleistung liege in dem durch den Gutschein für das Gratis-Produkt vermittelten Kaufanreiz der "f.". Außerdem sei für den Tatbestand des § 4 Nr. 3 UWG ein Entgelt für die Schleichwerbung nicht erforderlich. Jedenfalls im Hinblick auf K. liege keine sachliche, sondern eine reklamehafte Beschreibung vor. Es werde explizit die Verkaufsaktion der "Beauty-Wochen" beworben. Die Auslobung "exklusiv für Leserinnen der f." erwecke den falschen Eindruck, das Produkt sei von der Redaktion ausgewählt worden. Um die Gefahr der Verschleierung des Werbecharakters zu begegnen, wäre eine Kennzeichnung als "Anzeige" erforderlich gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf den Beschluss der Kammer vom 22.10.2004 und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.1.2005 Bezug genommen.

Gründe

Auf den Teil- und Kostenwiderspruch der Antragsgegnerin hin war die einstweilige Verfügung im Umfang des Teilwiderspruches aufzuheben und die Kostenentscheidung insgesamt neu zu fassen.

1. Bei nochmaliger Prüfung der Sache erweist sich die einstweilige Verfügung als zu Unrecht ergangen, soweit sie es der Antragsgegnerin untersagt, der Zeitschrift "freundin f." den streitgegenständlichen Coupon beizufügen, bei dessen Vorlage der Zeitschriftenkäufer bei "Karstadt K." ein Shower-Gel oder eine Bodylotion (150 ml) aus der exklusiven Pflegeserie von J.Lo. erhält, ohne durch eine Kennzeichnung zum Beispiel als "Anzeige" auf den Werbecharakter für die Firma "Karstadt K." und die Kosmetikserie "Glow by J.Lo" hinzuweisen. Da sich dies nicht als wettbewerbswidrig erweist, besteht insoweit ein Verfügungsanspruch der Antragstellerin nicht.

Der Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 3 UWG. Danach handelt unlauter und ist auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen insbesondere, wer den Werbecharakter von Wettbewerbshandlungen verschleiert. Dies kann vorliegend nicht bejaht werden; denn der werbliche Charakter des streitgegenständlichen Gratis-Gutscheins ist so offensichtlich, dass eine Täuschung der Leserinnen hierüber nicht zu befürchten steht.

Der o.g. Unlauterkeitstatbestand des § 4 Nr. 3 UWG soll verhindern, dass durch eine Tarnung des Werbecharakters einer Wettbewerbshandlung der Adressat in ihr die Aussage eines objektiven Dritten sieht und ihr deshalb größere Aufmerksamkeit und größeres Vertrauen schenkt, als er einer als solche erkannten Werbung entgegenbringen würde. Dementsprechend gebieten die Landespressegesetze die Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung; entgeltliche Veröffentlichungen, die nicht schon durch ihre Anordnung und Gestaltung als Werbung erkennbar sind, müssen mit dem Wort "Anzeige" gekennzeichnet werden (vgl. z.B. § 10 Hamburgisches Pressegesetz).

Nach diesen Grundsätzen ist es vorliegend aber nicht erforderlich, durch eine Kennzeichnung zum Beispiel als "Anzeige" auf den Werbecharakter des Coupons für die Firma "Karstadt K." und die Kosmetikserie "Glow by J.Lo" hinzuweisen.

Denn der der "freundin f." angeheftete Gratis-Coupon gem. Anlage ASt 1 stellt sich ersichtlich als Werbung dar; sein werblicher Charakter wird nicht getarnt, weil sich die werbenden Unternehmen Karstadt K. und L. (für "Glow by J.Lo") direkt als "Urheber" zu erkennen geben und die Werbung nicht in redaktionellem Gewand daherkommt. Es kommt damit auf die von der Antragstellerin angeführten Kriterien für die Annahme einer unzulässigen Schleichwerbung - wie die reklamehafte Sprache, die Übernahme von Produkt- und Markenslogans etc. (vgl. Harte/Henning-Frank, UWG, § 4 Rn. 20) - gar nicht an, denn diese Kriterien sind nur für die Bestimmung des Werbecharakters eines redaktionellen Beitrages relevant.

Ein redaktioneller Gehalt, der die Leserin über seinen Werbecharakter täuschen könnte, kommt dem Gutschein nicht zu. Er wird zwar als "unser Geschenk" und "Exklusiv für die Leserinnen der freundin f." ausgelobt. Der inhaltliche Gehalt dieser Ankündigungen reicht aber bereits nicht, um als redaktionelle Bewertung oder "objektive Meinungsäußerung oder als Berichterstattung einer neutralen Redaktion" aufgefasst zu werden (vgl. OLG Hamburg NJW-RR 2004, 196, 198 - Rexona). Daher kann dieses Text-Element den Vorwurf der Schleichwerbung nicht begründen. Anders als in dem der zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts zu Grunde liegenden Fall, in dem die "Rexona"-Werbung optisch so gestaltet war wie die Titelseite und damit in unzulässiger Weise die für die Leserin maßgebliche Grenze zwischen redaktionell verantworteten Beiträgen - zu denen auch die Titelseite gehört - und Firmenwerbung verwischt wurde, wird beim vorliegenden Coupon niemand auf die Idee kommen, den Coupon dem redaktionellen Teil der Zeitschrift zuzuordnen. Dieser wirkt auf Grund der gewählten Farben optisch nicht als Teil der Heft-Covers, sondern wie ein Fremdkörper - eben ein Werbe-Extra.

Schon wegen der Abbildung der "Glow by J.Lo"-Duschgel-Packung und des farbigen Schriftzuglogos KARSTADT K. ist die Konstellation vielmehr vergleichbar mit derjenigen einer auf die Titelseite aufgeklebten Warenprobe, deren werblicher Charakter auch aus sich selbst heraus deutlich wird. Auch daraus wird selbst dann keine Schleichwerbung, wenn die Redaktion die Probe nochmals (lobend) ankündigt. Denn hier wie dort ist bereits der Inhalt zu dünn, um beim Leser etwa den Eindruck zu erwecken, die Redaktion habe in einem vermeintlich objektiven Auswahlverfahren ein Erzeugnis ausgesucht, das vergleichbaren käuflichen Produkten deutlich überlegen sei (vgl. BGH GRUR 1994, 821, 822 - Preisrätselgewinnauslobung I). Auch sonst ist keinerlei redaktioneller Gehalt ersichtlich, in den die Leserin besonderes Vertrauen o.ä. setzen könnte, welches durch den tatsächlichen Werbecharakter enttäuscht würde.

Die durchschnittliche Verbraucherin erkennt auf den ersten Blick, dass es sich um Produktwerbung - und ggf. auch Eigenwerbung der Zeitschrift - handelt. Einer Kennzeichnung als "Anzeige" bedarf es daher nicht mehr.

2. Die Kostenentscheidung war in Folge des Kostenwiderspruches und der Änderung der Sachentscheidung insgesamt neu zu fassen. Dabei ist es unter Berücksichtigung der ursprünglich gestellten Anträge und des nunmehr gefundenen Ergebnisses angemessen, die Kosten gegeneinander aufzuheben.

Die Antragstellerin war mit ihrem Hauptanliegen, der Antragsgegnerin die Zugabe des Warengutscheins als solchen zu untersagen, nicht erfolgreich, da die Kammer den einzigen hierfür in Betracht kommenden Vorwurf des übertriebenen Anlockens nicht als durchgreifend ansah (Beschluss v. 22.10.2004). Die konkrete Gutschein-Aktion bleibt der Antragsgegnerin im Ergebnis zwar dennoch verboten, Haupt- und Hilfsantrag sind entgegen der Ansicht der Antragstellerin aber nicht als wirtschaftlich gleichwertig anzusehen, so dass eine überwiegende Kostenbelastung der Antragsgegnerin nicht angemessen wäre. Die Anträge gehen nämlich rechtlich nicht in die gleiche Richtung; der Hilfsantrag ist nicht als Einschränkung des Hauptantrages anzusehen, sondern beide enthalten selbständige rechtliche Vorwürfe, die in einem "und/oder-Verhältnis" hätten geltend gemacht werden können. Es liegt also nicht der Fall vor, dass zwar das allgemeine/abstrakte Verbot abgelehnt, die konkrete Verletzungsform aber verboten wurde. Vielmehr gibt der Hauptantrag gerade nicht das Charakteristische der nun verbotenen Handlungsweise wieder, sondern zielt auf einen andersartigen Wettbewerbsverstoß. Der Hauptantrag wird ausweislich seines Wortlautes ("der Zeitschrift einen Coupon beizufügen") nämlich gerade nicht auf die rechtlichen Aspekte des Verstoßes gegen das Transparenzgebot und die Trennungspflicht gestützt; diese finden allein im Hilfsantrag Erwähnung. Dessen "...ohne dass...-Teil" bringt damit nicht nur eine Konkretisierung, sondern die Wettbewerbswidrigkeit erst zum Ausdruck.

Letztlich greift von den drei von der Antragstellerin geltend gemachten rechtlichen Angriffspunkten (Übertriebenes Anlocken, Irreführung über zeitliche Befristung, getarnte Werbung) nur einer durch. Da sich dieses Ergebnis nicht exakt ins Verhältnis setzen lässt, sieht die Kammer von einer Quotierung ab und hebt die Kosten gegeneinander auf, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf §§ 708 Nr. 6 ZPO. Ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des aufrecht erhaltenen Verbotsteils der Beschlussverfügung ist wegen der Natur des Eilverfahrens entbehrlich. Eine Vollstreckungsschutzanordnung gem. § 711 ZPO kann entfallen, da es bei der getroffenen Kostenentscheidung nicht zu einer Kostenvollstreckung der Antragsgegnerin kommen kann.






LG Hamburg:
Urteil v. 25.01.2005
Az: 312 O 948/04


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