Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juni 2010
Aktenzeichen: 27 W (pat) 284/09

(BPatG: Beschluss v. 21.06.2010, Az.: 27 W (pat) 284/09)

Tenor

1.

Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

2.

Der Antrag der Anmelderin auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

3.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Die für Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 angemeldete Wortmarke "Best of Personalmarketing" wurde von der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts mit zwei Beschlüssen vom 30. Juli 2009 und 25. September 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren erging, zurückgewiesen. Der Erinnerungsbeschluss wurde dem Bevollmächtigten der Anmelderin am 1. Oktober 2009 per Empfangsbekenntnis zugestellt.

Die Anmelderin hat gegen den Beschluss am Montag, dem 2. November 2009, mit per Telefax übersandtem Schriftsatz vom 2. November 2009 Beschwerde eingelegt.

Mit am 22. Februar 2010 per Empfangsbekenntnis zugestelltem Schreiben vom 19. Februar 2010 hat die Rechtspflegerin des Senats dem Bevollmächtigten der Anmelderin mitgeteilt, dass die Beschwerdegebühr nicht gezahlt worden sei, so dass festzustellen sei, dass die Beschwerde als nicht eingereicht gilt.

Die Anmelderin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 29. März 2010 Wiedereinsetzung beantragt. Ihr Bevollmächtigter hat eidesstattlich versichert, er habe am 23. Oktober 2009 verfügt, die Beschwerdegebühr an die Bundeskasse Weiden zu zahlen. Aufgrund eines Büroversehens sei der Gebührenbeleg vor Ausführung der Überweisung als "bezahlt" gekennzeichnet und in der Akte archiviert worden.

Die Beschwerdegebühr wurde am 30. März 2010 bezahlt.

II.

Im Hinblick auf die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr war gemäß § 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 2 PatKostG festzustellen, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt.

1. Nach § 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i. V m. § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG, § 66 Abs. 2 MarkenG war die Beschwerdegebühr innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses der Markenstelle zu bezahlen. Die Anmelderin hat den mit Empfangsbekenntnis (§ 5 Abs. 2 VwZG) zugestellten Beschluss am 1. Oktober 2009 erhalten. Da das reguläre Fristende

(1. November 2009) auf einen Sonntag fiel, endeten die Beschwerdefrist und die Frist für die Zahlung der Beschwerdegebühr am 2. November 2009 (§ 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 222 Abs. 2 ZPO). Die Beschwerdegebühr wurde erst am 30. März 2010 und damit verspätet bezahlt, nachdem das Gericht der Anmelderin mit am 22. Februar 2010 per Empfangsbekenntnis zugestellten Schreiben vom 19. Februar 2010 mitgeteilt hatte, dass die Beschwerdegebühr nicht gezahlt worden sei.

2. Der zulässige Wiedereinsetzungsantrag in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil ein Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 91 Abs. 1 MarkenG nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht worden ist. Nach dem Vorbringen der Anmelderin kann nämlich nicht festgestellt werden, dass sie ohne Verschulden an der rechtzeitigen Zahlung der Beschwerdegebühr gehindert war.

Grundsätzlich ist dem Verfahrensbeteiligten nicht nur sein eigenes Verschulden, sondern auch dasjenige seiner Vertreter zuzurechnen. Soweit es sich wie hier um Rechtsoder Patentanwälte handelt, sind an deren Sorgfaltspflichten, welche auch die Büroorganisation umfassen, nach der Rechtsprechung hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 91 Rdn. 13 ff.). Danach obliegen alle Aufgaben, welche der ordnungsgemäßen Fristwahrung dienen, grundsätzlich dem Rechtsoder Patentanwalt persönlich; eine Delegation auf das Büropersonal ist nur zulässig, soweit es sich um einfachere und weniger bedeutsame Funktionen handelt und die beauftragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut ausgebildet und zuverlässig sind. Soweit Hilfskräfte mit Tätigkeiten betraut werden dürfen, muss es sich um für die jeweilige Aufgabe konkret bestimmtes, geschultes, zuverlässig erprobtes und sorgfältig überwachtes Personal handeln (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 91 Rdn. 15).

Nach diesen Grundsätzen lässt sich aufgrund des Vorbringens der Anmelderin vorliegend nicht feststellen, dass sie an der rechtzeitigen Zahlung der Beschwerdegebühr ohne Verschulden gehindert war. Die pauschale Behauptung des Rechtsanwalts in seiner Eidesstattlichen Versicherung, das Fristversäumnis beruhe auf einem Büroversehen, genügt nicht den hohen Anforderungen, die an den Nachweis der Erfüllung der anwaltlichen Sorgfaltspflichten zur Einhaltung von Fristen zu stellen sind. Es fehlt jeglicher Vortrag, ob es sich bei dem für das Fristversäumnis verantwortlichen Personal um ein geschultes, zuverlässig erprobtes und sorgfältig überwachtes Personal handelt. Wer das Büroversehen zu verantworten hat, lässt sich der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags nicht entnehmen. Die Einhaltung der von der Rechtsprechung geforderten hohen Sorgfalt eines Anwalts kann daher nicht festgestellt werden.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war anzuordnen, da für die als nicht eingelegt geltende Beschwerde eine Gebühr nicht geschuldet und daher die verspätet gezahlte Gebühr ohne Rechtsgrund entrichtet worden ist (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 66 Rdn. 47).

Dr. Albrecht Schwarz Kruppabr/Bb






BPatG:
Beschluss v. 21.06.2010
Az: 27 W (pat) 284/09


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