Verwaltungsgericht Karlsruhe:
Urteil vom 13. November 2002
Aktenzeichen: 4 K 1034/00

(VG Karlsruhe: Urteil v. 13.11.2002, Az.: 4 K 1034/00)

1. Zur Frage des Vorliegens des Tatbestandsmerkmals einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit iSv § 17 d Abs 1 S 1 WG (WasG BW) bei einem wasserentnahmeentgeltpflichtigen Unternehmen, welches mehrere Produktionsstandorte unterhält und/oder dessen Unternehmensgegenstand nicht allein in einer wasserintensiven Produktion besteht, sondern noch weitere Betätigungsfelder umfasst.

2. Ob die Voraussetzungen einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit iSv § 17 d Abs 1 S 1 WG (WasG BW) vorliegen, bestimmt sich für ein entgeltpflichtiges Unternehmen, das im Rahmen eines Konzerns im Wege eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags beherrscht wird (§§ 18 Abs 1, 291 Abs 1 AktG), nach den Verhältnissen auf der dem Unternehmen übergeordneten Ebene. Dass eine gegebene Konzernverflechtung im Übrigen in von der zuständigen Behörde im Rahmen des § 17 d Abs 1 S 1 WG (WasG BW) angestellte Ermessenserwägungen einfließt, lässt sich rechtlich nicht beanstanden.

3. Zur Frage der Anwendbarkeit des Erlasses des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.07.1988 (Az: 51e1/88-51-9/3c).

Tenor

1.Die Klagen werden abgewiesen.

2.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3.Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land die Gewährung einer Ermäßigung für von ihr zu entrichtendes Wasserentnahmeentgelt. Sie betreibt in Philippsburg das aus zwei Reaktorblöcken bestehende Kernkraftwerk Philippsburg. Zum Zwecke der Kühlung der Reaktorblöcke nutzt sie neben der Kühlturmtechnik Wasser aus dem Rhein, welches sie auf dem Grundstück Flst. Nr. 2179/4 der Gemarkung Philippsburg aus dem Rhein entnimmt. Auf dem selben Grundstück entnimmt die Klägerin auch Grundwasser.

Bei der Klägerin, deren Geschäft die Stromerzeugung ist, handelt es sich um ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der EnBW Energie Baden-Württemberg AG (EnBW AG). Hierbei handelt es sich um eine Holdinggesellschaft, die zusammen mit zahlreichen weiteren Tochterunternehmen und Unternehmen, an welchen Beteiligungen gehalten werden, den EnBW-Konzern, einen Konzern i.S.v. § 18 AktG, bildet. Anteilseigner der EnBW AG sind u.a. die Electricité de France International (EdFI), der Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) und die Technischen Werke der Stadt Stuttgart GmbH (TWS). Neben der Energieversorgung, die das weitaus überwiegende Geschäftsfeld des EnBW-Konzerns bildet, befasst sich dieser noch mit den Geschäftsfeldern "Entsorgung" und "Industrie und Services". Die EnBW AG hat mit der Klägerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gem. § 291 AktG abgeschlossen.

Für das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus dem Rhein sowie das Entnehmen von Grundwasser hat die Klägerin jährlich ein Wasserentnahmeentgelt nach den §§ 17a ff. des Wassergesetzes für Baden-Württemberg (WG) zu entrichten. Für das Jahr 1997 betrug dieses Entgelt 27.738.902,80 DM. Mit Wirkung ab dem 01.01.1998 hat der Landesgesetzgeber durch Art. 7 des Haushaltsstrukturgesetzes 1998 vom 17.12.1997 (GBl. S. 557) das Entgelt für die Entnahme und das Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern zum Zwecke der Kühlung auf 0,02 DM je Kubikmeter Wasser verdoppelt (vgl. die Anlage zu § 17 a Abs. 3 WG Nr. 3.1.1).

Mit an das Regierungspräsidium Karlsruhe gerichtetem Schreiben vom 23.11.1998 beantragte die Klägerin, das Entgelt für die Entnahme von Wasser aus dem Rhein für die Kühlung der beiden Kraftwerksblöcke des Kernkraftwerks Philippsburg um 90 % zu ermäßigen. Zur Begründung führte sie an, das Wasserentnahmeentgelt beeinträchtige ihre Wettbewerbsfähigkeit. Nach dessen Verdoppelung zum 01.01.1998 entstünden ihr allein durch das zu zahlende Wasserentnahmeentgelt Jahreskosten von ca. 56 Millionen DM. Diese könnten zwar durch einen verstärkten Kühlturmeinsatz reduziert werden, hiergegen seien indes bereits Bedenken geltend gemacht worden. Durch den Wettbewerb auf dem mittlerweile liberalisierten Strommarkt existierten keine geschützten Versorgungsgebiete mehr, so dass regionale Sonderlasten wie das Wasserentnahmeentgelt nicht mehr auf die Kunden abgewälzt werden könnten. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu halten, bestehe allein für den Standort Philippsburg ein Kosteneinsparziel von mehr als 100 Mio. DM je Jahr. Konkret bedeute dies den Verlust von bis zu 300 Arbeitsplätzen.

Auf die entsprechenden Erklärungen zur Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts setzte das Landratsamt Karlsruhe zunächst mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 22.03.1999 das von der Klägerin für das Jahr 1998 zu entrichtende Wasserentnahmeentgelt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 35.467.359, 40 DM fest.

Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 21.12.1999 erinnerte die Klägerin an die Entscheidung über den Ermäßigungsantrag und konkretisierte diesen dahingehend, das Wasserentnahmeentgelt für 1998 für die Entnahme von Oberflächenwasser um 90 % und dasjenige für 1999 um 87,2 % zu ermäßigen. Sie ließ ergänzend ausführen, dass sie auch das Heizkraftwerk Heilbronn, das Kraftwerk Marbach und das Rheinhafen-Dampfkraftwerk in Karlsruhe betreibe. Der Ermäßigungsantrag beziehe sich auch auf diese Kraftwerksstandorte. Sie betreibe eine wasserintensive Produktion i.S.v. § 17 d Abs. 1 WG. Nach der gegebenen Erlasslage und der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sei eine solche dann gegeben, wenn das zu zahlende Wasserentnahmeentgelt 1 Promille des Umsatzes übersteige, was bei ihr ohne Zweifel gegeben sei. Daneben würden sich auch bei einer ungekürzten Erhebung des Entgelts die Gestehungskosten für das Produkt so stark erhöhen, dass eine erhebliche, nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit eintrete. Eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit werde entsprechend der Erlasslage angenommen, wenn eine Minderung des Gewinns um 5 % zu verzeichnen sei. Im Jahr 1998 habe das Wasserentnahmeentgelt 26,2 % des Betriebsergebnisses ausgemacht. Für die Jahre 1999 bis 2001 sei insoweit von einem Anteil von knapp unter 20 % auszugehen, so dass der Schwellenwert von 5 % bei weitem überschritten sei.

Hinzukommen müsse, dass das Wasserentnahmeentgelt nicht oder nur unter Verlust von Marktanteilen im Preis weitergegeben werden könne, was ebenfalls gegeben sei. Die durch das Energiewirtschaftsgesetz vom 24.04.1998 hervorgerufene Liberalisierung im Strommarkt habe unter Wegfall des Gebietsschutzes für Energieversorgungsunternehmen zu einer grundlegenden Veränderung der Marktverhältnisse geführt. Der Eintritt von in- und auch ausländischen Wettbewerbern in den Markt habe einen drastischen Preisverfall verursacht. Die zusätzliche finanzielle Belastung durch das Wasserentnahmeentgelt könne vor diesem Hintergrund nicht mehr an die Abnehmer weitergegeben werden.

Soweit die Auffassung vertrete werde, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 17 d WG nicht auf das entgeltpflichtige Unternehmen selbst, sondern auf den EnBW Konzern insgesamt abzustellen sei, sei dies unrichtig. Maßgebend sei vielmehr auch nach der Ziff. 6.5.2 der VwV-WEntgelt der jeweilige Produktionszweig. Vor allem bei gemischten Unternehmen dürfe es danach nicht darauf ankommen, ob das Unternehmen insgesamt in seiner Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigt werde. Innerhalb des EnBW-Konzerns seien entsprechend einer Forderung der EU nach einem "unbundling" vertikal integrierter Energieversorgung die Bereiche Erzeugung, Transport, Handel, Vertrieb und Verteilung in rechtlich selbständige Gesellschaften innerhalb des Konzernverbundes ausgegliedert worden. Dem liege das Ziel zugrunde, Transparenz zu schaffen und eine Quersubventionierung zu vermeiden. Durch die erfolgte Aufspaltung seien marktwirtschaftliche Verhältnisse auch unter den Konzerngesellschaften eingeführt worden. Sie, die Klägerin, erzeuge Strom und beziehe Strom von Dritten, an denen sie zum Teil gesellschaftsrechtlich beteiligt sei. Einen Teil des Stroms benötige sie für den Eigenbedarf, einen weiteren Teil stelle sie der EnBW Transportnetze AG zum Betrieb der Stromnetze zur Verfügung. Neben konzernfremden Kunden sei ihr Hauptkunde die EnBW Gesellschaft für Stromhandel mbH (SHG), die den Strom an die EnBW Energie Vertriebsgesellschaft liefere, welche ihrerseits Sonder- und Tarifkunden zu Marktkonditionen versorge. Die vertraglichen Vereinbarungen mit der SHG orientierten sich an marktüblichen Gegebenheiten im Handelsgeschäft. Bei einer vertikalen Konzernverflechtung müsse zwar auch geprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Ermäßigung nach § 17 d Abs. 1 WG durch eine entsprechende Gestaltung interner Verrechnungspreise sozusagen künstlich herbeigeführt würden. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall.

Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 17 d Abs. 2 WG vor. Für die Inanspruchnahme der Flusswasserkühlung an Stelle des Kühlturmbetriebs sprächen sowohl wasserwirtschaftliche als auch ökologische Belange. So besitze die Flusswasserkühlung einen besseren Wirkungsgrad mit der Folge, dass bei gleicher Erzeugung weniger Brennstoff verbraucht werde und weniger Emissionen sowie weniger Abwärme entstehe. Auch führe sie nicht zu zusätzlichem Lärm und der Bildung von Dampfwolken. Des Weiteren drohe ohne die Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts eine Reduzierung des Einsatzes der Kraftwerke bzw. deren Schließung über kurz oder lang, was eine schwerwiegende Gefährdung öffentlicher Belange i.S.v. § 17 d Abs. 2 WG darstelle. Das Wasserentnahmeentgelt sei nach allem so weit zu ermäßigen, als der verbleibende Betrag den Gewinn vor Steuern um nicht mehr als 5 % verändere.

Nach Anhörung der Klägerin lehnte das Landratsamt Karlsruhe - Umweltamt - den die Oberflächenwasserentnahme zum Zwecke des Betriebs des Kernkraftwerks Philippsburg betreffenden Ermäßigungsantrag mit am 12.04.2000 zugestelltem Bescheid vom 03.04.2000 ab. Zur Begründung führte es aus, seine Zuständigkeit ergebe sich aus § 3 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 LVwVfG. Eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 3 Abs. 2 S. 2 LVwVfG komme deswegen nicht in Betracht, weil die örtlichen und technischen Verhältnisse bei den verschiedenen Kraftwerken der Klägerin unterschiedlich seien. In der Sache könne bei der Prüfung der Ermäßigungsvoraussetzungen nicht auf die Verhältnisse bei der Klägerin selbst abgestellt werden. Zwar sei die Klägerin vor dem Hintergrund des § 9 Abs. 2 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), der die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (Richtlinie 96/92/EG) umgesetzt habe, gegründet worden. Die erfolgte Umstrukturierung im Zuge der Liberalisierung des Strommarktes führe aber nicht zur Unzulässigkeit der sog. Konzernbetrachtung im Wasserentnahmeentgeltrecht. Denn auch nach der erfolgten Aufspaltung sei offensichtlich nur der Konzernverbund selbst eine am Markt handlungsfähige und wirtschaftliche Einheit. Die bloße Erzeugung von Energie, mit der sich die Klägerin befasse, mache ohne Transport, Handel, Verteilung und insbesondere Vertrieb keinen Sinn. Zur Begründung einer wasserintensiven Produktion und der Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit seien daher die von der Klägerin dargestellten Zahlen nicht aussagekräftig. Es könne nicht auf die allein bei ihr erzielten Umsatzerlöse abgestellt werden, da diesen bloße Verrechnungspreise innerhalb des EnBW-Konzerns zugrunde lägen. Dasselbe gelte für den beschriebenen Gewinn. Das innerhalb des Konzerns durch die Klägerin erzielte Betriebsergebnis sei irrelevant. Zur Begründung einer erheblichen, nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des EnBW-Konzerns durch die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts mache die Klägerin indes keine Angaben. Insbesondere die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg bestätige, dass bei der Entscheidung über Ermäßigungsanträge nach § 17 d Abs. 1 WG auf eine übergeordnete Ebene abgestellt werden könne. Etwas anderes gelte nach Auffassung des VGH nur dann, wenn ein Mutterunternehmen ein schon seit langem regelmäßig selbständig bilanzierendes Tochterunternehmen als bloße Finanzanlage halte, wie beispielsweise eine Brauerei, die sich im Eigentum einer Bank befinde. Der VGH bestätige auch, dass allgemeine wirtschaftliche Probleme eine Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts grundsätzlich nicht rechtfertigen könnten. Gerade die durch die Liberalisierung des Strommarktes eingetretenen Probleme seien indes allgemeine wirtschaftliche Probleme.

Eine Gefährdung öffentlicher Belange im Sinne von § 17 d Abs. 2 WG durch den vermehrten Kühlturmeinsatz könne nicht festgestellt werden. So sei ein Kühlturmbetrieb etwa aus wasserwirtschaftlicher Sicht gegenüber der Flusswasserkühlung gerade im Hinblick auf den Wärme- und Sauerstoffgehalt des Gewässers grundsätzlich als positiv zu beurteilen. Soweit die Klägerin auf die Gefährdung von Arbeitsplätzen abstelle, könne dieser Gesichtspunkt lediglich im Rahmen der Entscheidung nach § 17 d Abs. 1 WG berücksichtigt werden.

Mit Bescheid vom 12.04.2000 setzte das Landratsamt Karlsruhe entsprechend den zuvor eingereichten Erklärungen der Klägerin das Wasserentnahmeentgelt für das Jahr 1999 - bezogen auf die für den Betrieb des Kernkraftwerks Philippsburg erfolgte Wasserentnahme - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf insgesamt 38.920.541,70 DM fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, über welchen noch nicht entschieden ist.

Bereits am 07.04.2000 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt zuletzt,

das beklagte Land unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheids des Landratsamts Karlsruhe - Umweltamt - vom 03.04.2000 zu verpflichten, das Wasserentnahmeentgelt für die Entnahme von Wasser aus dem Rhein für die Kühlung der beiden Kraftwerksblöcke des Kernkraftwerks Philippsburg für das Jahr 1998 um 82,27 % und für das Jahr 1999 um 61,28 % zu ermäßigen sowie ihr 27.067.484,39 € (entspricht 52.939.398 DM) zzgl. 4 % Zinsen p.a. seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Zur Begründung der Klage verweist die Klägerin auf den Inhalt ihres Antragsschriftsatzes vom 21.12.1999 und führt darüber hinaus das Folgende an: Die Klage sei als Verpflichtungsklage auf Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts zulässig. Das Nichtvorliegen der Ermäßigungsvoraussetzungen sei keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts. Das Ermäßigungsbegehren sei deshalb nicht im Wege der Anfechtungsklage gegen den Festsetzungsbescheid, sondern durch eine Verpflichtungsklage geltend zu machen. Diese sei - was die begehrte Ermäßigung für die Jahre 1998 und 1999 betreffe - als Untätigkeitsklage zulässig; sie sei weit nach dem Verstreichen der Drei-Monats-Frist des § 75 VwGO erhoben worden. Werde der ablehnende Bescheid nach der Erhebung der Untätigkeitsklage erlassen, könne dieser auch ohne die Durchführung eines Vorverfahrens in das bereits anhängige gerichtliche Verfahren einbezogen werden.

In der Sache müsse auch aufgrund aktueller Berechnungen im Hinblick auf die Voraussetzung einer wasserintensiven Produktion davon ausgegangen werden, dass der Anteil des Wasserentnahmeentgelts am Umsatzerlös 1 Promille des Umsatzes bei weitem übersteige. Auch sei der für die Beurteilung der wesentlichen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit maßgebende Schwellenwert von 5 % des Gewinns vor Steuern überschritten. Die prognostizierte weitere Entwicklung mache deutlich, dass die Gestehungskosten auch nicht nur vorübergehend in einem die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigenden Maße erhöht seien. Entgegen der Auffassung des Beklagten komme es nicht darauf an, ob sie, die Klägerin, Strom an Endverbraucher verkaufe. Abzustellen sei vielmehr auf die jeweilige Konkurrenzsituation desjenigen Marktes, auf welchem sich der Entgeltpflichtige betätige. Ihre relevanten Kunden seien Unternehmen, die Strom beim Erzeuger einkauften und verteilten bzw. weiterverkauften. Es komme daher auf die Preise an, die auf diesem Markt zu erreichen seien. Auch die Auffassung des Beklagten, trotz der vorgenommen Aufteilung in Erzeugung, Transport, Handel, Verteilung und Vertrieb sei nur der Konzernverbund selbst eine am Markt handlungsfähige und wirtschaftlich sinnvolle Einheit, sei unzutreffend. Der EnBW-Konzern habe über die Vorgaben des § 9 Abs. 2 EnWG hinaus durch die Gründung der klägerischen Gesellschaft den Bereich der Stromerzeugung insgesamt verselbständigen wollen. Sie, die Klägerin, sei gemäß ihrer Satzung berechtigt, alle Geschäfte und Maßnahmen vorzunehmen, die mit dem Gegenstand des Unternehmens zusammenhingen oder ihm unmittelbar oder mittelbar zu dienen geeignet seien. Ihre Hauptkundin sei die SHG, die die Strombereitstellung in Unternehmen optimiere und Energie-Großhandel betreibe. Auch die SHG sei zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die geeignet erschienen, dem Gegenstand des Unternehmens zu dienen. Der SHG würden drei verschiedene Produkte angeboten, die sich hinsichtlich Laufzeit, Menge, garantierter Preisstellung und Flexibilität der Leistung voneinander unterscheiden würden. Es handele sich dabei um die Grundbestellmenge, Mengen für den Spotmarkt sowie Regel- und Netzdienstleistungen. Die Preise hierfür unterlägen den Marktgegebenheiten und dem Wettbewerb. Daraus folge, dass sie, die Klägerin, am Wettbewerb teilnehme und dessen Gesetzen unterliege. Sie trete gegen andere Stromerzeuger an, die die gleiche Kundengruppe, nämlich Stromhandelsunternehmen belieferten. Es treffe zwar zu, dass sie eine Tochtergesellschaft der EnBW AG sei und mit dieser über einen Beherrschungs- sowie Gewinnabführungsvertrag verbunden sei. Gleichwohl handele sie mit einem hohen Maß an Selbständigkeit. Sie berechne insbesondere ihrer "Schwestergesellschaft" SHG nicht konzerninterne Verrechnungspreise, sondern Marktpreise. Es finde auch keine Preis- und Absatzsteuerung durch die EnBW AG statt.

Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg könne Schutzobjekt der Ermäßigungsregelung des § 17 d WG auch eine reine Betriebsstätte in Baden-Württemberg sein, die erhalten werden solle. Dessen Ausführungen seien dahingehend zu ergänzen, dass es auch für Unternehmen mit Sitz in Baden-Württemberg nicht darauf ankomme, ob für diese Unternehmen die Schwellenwerte überschritten seien. Das Ziel des Gesetzgebers bestehe vielmehr darin, das Abwandern von wasserintensiven Produktionen zu vermeiden. Es komme daher auf die jeweilige Produktion und deren Kosten an, nicht auf das Unternehmen mit verschiedenen Produktionen oder gar auf einen übergeordneten Konzern mit weit verzweigten, über die wasserintensive Produktion hinausgehenden Aktivitäten. Maßgebend seien daher die Verhältnisse des Produktionszweigs der Stromerzeugung, die im EnBW-Konzern ausschließlich ihr selbst, der Klägerin, obliege.

Die Ermäßigungsmöglichkeiten seien im Hinblick auf Art. 12 S. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit des Wasserentnahmeentgelts. Für die Bestimmung der Zumutbarkeit seien in diesem Zusammenhang die Grundsätze heranzuziehen, die das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Verhältnismäßigkeit der Heranziehung des Zustandsstörers zur Altlastensanierung in seinem Beschluss vom 16.02.2000 aufgestellt habe. Daraus folge, dass sich die Verhältnismäßigkeit des Wasserentnahmeentgelts nicht nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des entgeltpflichtigen Unternehmens oder gar des Konzerns, dem dieses Vermögen angehöre, richten dürfe. Auch im Rahmen des § 17 d WG sei es dem Entgeltpflichtigen nicht zumutbar, Vermögen, das in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der entgeltpflichtigen wasserintensiven Produktion stehe, einzusetzen, um die Nachteile des Wasserentnahmeentgelts auszugleichen.

Der Vortrag, dass durch einen verstärkten Kühlturmbetrieb öffentliche Belange i.S.v. § 17 d Abs. 2 WG gefährdet würden, sei nicht widerlegt. Ausführungen der Landesanstalt für Umweltschutz sei im Gegenteil zu entnehmen, dass diese durch eine Abwärmeeinleitung in den Rhein bei Inanspruchnahme der Flusswasserkühlung keine oder allenfalls geringfügige Nachteile sehe. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne auch eine Gefährdung von Arbeitsplätzen unter § 17 d Abs. 2 WG gefasst werden. Wenn nämlich bei der Anwendung des Absatzes 1 nach dem Beklagten auf die Verhältnisse des Konzerns abgestellt werden müsse und es dort an einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit fehle, bliebe der Verlust von Arbeitsplätzen konkret im Kernkraftwerk Philippsburg unberücksichtigt. Eine Berücksichtigung könne dann nur über § 17 d Abs. 2 WG erfolgen.

Die Ermäßigungsgrundlagen seien, wie im Schriftsatz vom 30.10.2002 dargestellt, neu zu berechnen. Zusätzlich sei darauf abzustellen, dass ihr als Gesellschafterin der Kernkraftwerk Obrigheim GmbH, der Gemeinschaftskraftwerk Neckar GmbH und der Großkraftwerk Mannheim AG das von diesen zu entrichtende Wasserentnahmeentgelt nach der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 02.10.2002 - 8 S 399/01 - entsprechend ihrem Anteil an diesen Gesellschaften zuzurechnen sei. Das sonach zu errechnende Wasserentnahmeentgelt führe zu einem noch höheren Anteil am Umsatz. Hinsichtlich der Frage, ob das Wasserentnahmeentgelt den Gewinn vor Steuern um 5 % mindere, sei allein auf das Betriebsergebnis ohne Einbeziehung des Finanzergebnisses abzustellen. Auch seien produktionsunabhängige Sondereffekte, die mit der Wettbewerbsfähigkeit der Stromproduktion nicht in Zusammenhang stünden, zu eliminieren. Soweit der Beklagte auf die sog. Konzernebene abhebe, könne dies bereits deswegen nicht richtig sein, weil es sich bei dem EnBW-Konzern um keine juristische Person handele. Allerdings sei die Muttergesellschaft EnBW AG gem. § 290 HGB verpflichtet, für den Konzern eine Konzernbilanz aufzustellen. Diese Konzernbilanz sei jedoch für den vorliegenden Rechtsstreit nicht aussagekräftig, da sie 100 % des Umsatzes und des Gewinns der Tochtergesellschaften ausweise, auch wenn an diesen lediglich eine Mehrheitsbeteiligung gehalten werde. Hinzu komme, dass die Konzernbilanz alle Aktivitäten des Konzerns erfasse, also nicht nur die Stromerzeugung. Die EnBW AG als solche tätige als Holdinggesellschaft überhaupt keinen Umsatz im herkömmlichen Sinn. An die Stelle des Umsatzes trete bei ihr das Beteiligungsergebnis, d.h. die Summe der Einnahmen aus den Beteiligungen. Die Verhältnisse der Gesellschafter der EnBW AG könnten schließlich ebenfalls nicht herangezogen werden. So sei die OEW keine Muttergesellschaft der EnBW AG, sie sei lediglich Aktionärin und entfalte keine eigenständige Geschäftstätigkeit. Entsprechendes gelte für die EdF.

Das beklagte Land beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Es verweist auf die Begründung des Bescheids vom 03.04.2000 und führt ergänzend aus, es bleibe dabei, dass bei der Prüfung des Vorliegens der Ermäßigungsvoraussetzungen auf die Verhältnisse des Gesamtkonzerns abzustellen sei. So trage die Klägerin selbst vor, dass sie über einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Konzern-Mutter verbunden sei. Es entspreche der bisherigen langjährigen Verwaltungspraxis und auch dem Sinn und Zweck der Ermäßigungsregelung, bei einer derartigen Gestaltung nicht an die einzelne Betriebsstätte, sondern an den übergeordneten Konzernbereich anzuknüpfen. Dies habe der VGH Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 11.06.1999 - 8 S 2880/98 - ausdrücklich gebilligt. Wenn die Klägerin mit der EnBW AG einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen habe, sei anzunehmen, dass mit anderen Tochtergesellschaften entsprechende Vereinbarungen bestünden. Sowohl die Klägerin als auch die SHG seien im Gesamtkonzern von dessen Führungsgremien abhängig und dessen Weisungen unterworfen. Die klägerischen Ausführungen, dass gleichwohl mit einem hohen Maß an Selbständigkeit gehandelt werde, überzeugten daher nicht. Selbst wenn die Behauptung, es gebe keine Preisabsprachen, zuträfe, bliebe aufgrund der bestehenden Abhängigkeiten im Gesamtkonzern dieser maßgeblich. Soweit sich die Klägerin auf eine durch das baden-württembergische Wasserentnahmeentgelt verursachte Wettbewerbsverzerrung beziehe, sei ihr entgegenzuhalten, dass mittlerweile die Mehrheit der Bundesländer ein solches Entgelt eingeführt habe. Das in Baden-Württemberg zu zahlende Entgelt könne daher nicht als kausal für eine angebliche Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit angesehen werden. Auch die Befürchtung der Klägerin, das Entgelt könne zu einer Aufgabe der wasserintensiven Produktion führen, sei im Hinblick auf das Kernkraftwerk Philippsburg nur schwer nachvollziehbar. Stelle man neben der Ebene des EnBW-Konzerns noch auf die Ebene der Anteilseigner der EnBW AG ab, lägen die Voraussetzungen für eine Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts ebenso wenig vor. Zu keinem anderen Ergebnis komme man, wenn auf der Konzernebene die Umsätze und Erlöse außerhalb des Energiebereichs ("Entsorgung" sowie "Industrie und Services") unberücksichtigt bleiben müssten. Denn der Umsatz der Sparte Energie mache den weitaus größten Teil des Gesamtumsatzes des Konzern aus. Die Klägerin übersehe insbesondere, dass es für ein Abstellen auf die sog. übergeordnete Ebene ausreiche, wenn lediglich die Möglichkeit bestehe, dass das Bilanzergebnis des entgeltpflichtigen Unternehmens von der Verflechtung beeinflusste werde. Gerade weil aber die Behörde in die internen Verhältnisse des EnBW-Konzerns keinen Einblick habe, reichten die vorliegenden Indizien dafür aus, um den Gesamtkonzern als Bezugsebene der Betrachtung zu wählen. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass die Entscheidung über die Ermäßigung auch eine Prognoseentscheidung sei. Wie bereits dargelegt, verzeichne der EnBW-Konzern im Energiebereich aber deutliche Zuwächse und sei inzwischen als drittgrößter Anbieter auf dem Markt gut positioniert. Auch daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass dessen Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt werde.

Durch die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung, werde klargestellt, dass die schriftsätzlich bereits vorgetragenen, einem Ermäßigungsanspruch widersprechenden Ausführungen im Rahmen der Entscheidung über den Ermäßigungsantrag der Klägerin fürsorglich auch zum Inhalt von Ermessenserwägungen gemacht würden. Das beklagte Land übe daher ein etwa nach § 17 d WG eröffnetes Ermessen dahingehend aus, dass der Klägerin für die Jahre 1998 und 1999 keine Ermäßigung des zu zahlenden Wasserentnahmeentgelts für die Entnahme von Wasser aus dem Rhein für die Kühlung der beiden Kraftwerksblöcke des Kernkraftwerks Philippsburg gewährt werde. Insoweit sei zusätzlich auch die gute Vermögenslage des EnBW-Konzerns zu berücksichtigen, was der Nummer 6.8.2 der VwV-WEntgelt entspreche.

Dem Gericht liegen die Akten des Landratsamts Karlsruhe (2 Hefte) sowie ein Aktenordner des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten, die gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die Klagen auf Ermäßigung des für die Jahre 1998 und 1999 von der Klägerin zu entrichtenden Wasserentnahmeentgelts sind zulässig.

Insbesondere bedurfte es nicht der Durchführung eines Vorverfahrens gem. § 68 VwGO. Wird nämlich nach der Erhebung einer Verpflichtungsklage unter Anwendung des § 75 S. 1 VwGO der von dem Kläger erstrebte Verwaltungsakt von der Behörde abgelehnt, so kann der Kläger die bereits erhobene Klage unter Einbeziehung der ablehnenden Entscheidung als Verpflichtungsklage aufrechterhalten und fortführen, ohne dass es der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 75 Rn 21 ff.). Hinsichtlich des erst nach der Klageerhebung wirksam gewordenen streitgegenständlichen Bescheids des Landratsamts Karlsruhe vom 03.04.2000, den die Klägerin mit Schriftsatz vom 04.05.2000 in das vorliegende Klageverfahren einbezogen hat, bedurfte es daher nicht der Durchführung eines Vorverfahrens.

Die von der Klägerin erhobenen Klagen sind auch als Verpflichtungsklagen gem. § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO statthaft. Denn das Vorliegen der Ermäßigungsvoraussetzungen des § 17 d WG lässt die Rechtmäßigkeit eines die ungekürzte Abgabe festsetzenden Heranziehungsbescheids unberührt. Ein von dem Entgeltpflichtigen behaupteter Anspruch auf Ermäßigung zu zahlenden Wasserentnahmeentgelts ist nämlich aufgrund eines entsprechenden Antrags in einem selbständigen Erlassverfahren zu betreiben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.10.2001 - 8 S 399/01 -, ZfW 2002, 179).

Die Klagen sind jedoch unbegründet.

Der die Anträge auf Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts für die Entnahme von Oberflächenwasser zum Betrieb des Kernkraftwerks Philippsburg ablehnende Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 03.04.2000 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Der Klägerin kommen weder aus § 17 Abs. 1 WG (1.) noch aus den §§ 163, 227 AO (2.) oder aus § 17 d Abs. 2 WG (3.) Ansprüche auf Ermäßigung des von ihr für die Jahre 1998 und 1999 zu entrichtenden Wasserentnahmeentgelts zu (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

1.

Nach § 17 d Abs. 1 S. 1 WG kann die Wasserbehörde unbeschadet des § 117 a WG i.V.m. §§ 163 und 227 AO im Einzelfall das Wasserentnahmeentgelt auf Antrag um bis zu 90 v.H. des sich aus § 17 a Abs. 3 WG ergebenden Betrages ermäßigen, wenn der Entgeltpflichtige für gewerbliche, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Zwecke in unverhältnismäßig großem Umfang Wasser benötigt (wasserintensive Produktion) und sich bei ungekürzter Erhebung des Entgelts seine Gestehungskosten so stark erhöhen würden, dass er erheblich und nicht nur vorübergehend in seiner Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt wäre (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit des sog. "Wasserpfennigs" BVerfG, Beschl. v. 07.11.1995, NVwZ 1996, 469). Bevor somit der zuständigen Wasserbehörde bei der Entscheidung über einen gestellten Ermäßigungsantrag ein Ermessensspielraum eröffnet ist, müssen zunächst die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG, nämlich das Vorliegen einer wasserintensiven Produktion sowie eine erhebliche, nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des Entgeltpflichtigen gegeben sein (vgl. dazu im Einzelnen Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Auflage, Rn 16 ff.). Bei den Merkmalen der "wasserintensiven Produktion" und der "Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit" handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegen (vgl. bereits VG Freiburg, Urt. v. 08.11.1996 - 9 K 465/96 -), wobei gleichwohl dem zuständigen Ministerium bei der Ausfüllung der genannten Begriffe aber ein "gewisser Entscheidungsspielraum" zuzubilligen ist (vgl. insoweit VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.03.1998 - 8 S 221/97 - und Urt. v. 11.06.1999 - 8 S 2521/98, NVwZ-RR 2000, 716). Wann von einem Vorliegen der angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen ausgegangen werden kann, hat das Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg in seiner Verwaltungsvorschrift über den Vollzug der §§ 17 a bis 17 f des Wassergesetzes (VwV-WEntgelt) vom 01.12.1997 (GABl. 1998, 35 ff.) im Einzelnen näher festgelegt. Eine noch weitere Konkretisierung hat das Regierungspräsidium Karlsruhe - wie auch die anderen Regierungspräsidien des Landes - in einem an die Wasserwirtschaftsämter und unteren Wasserbehörden seines Zuständigkeitsbereichs gerichteten Erlass vom 27.07.1988 (Az.: 51e1/88-51-9/3c) vorgenommen (vgl. hierzu nochmals VG Freiburg, Urt. v. 08.11.1996 - 9 K 465/96 -, das insoweit vom Vorliegen sog. norminterpretierender Verwaltungsvorschriften ausgeht).

Den Festlegungen der VwV-WEntgelt vom 01.12.1997 lassen sich die von der Klägerin geltend gemachten Ermäßigungsansprüche nicht entnehmen. Denn die seitens der Klägerin getätigte Stromerzeugung wird von den in der Ziff. 6.5.2 dieser Verwaltungsvorschrift aufgeführten Verfahren, bei welchen im Regelfall von einer wasserintensiven Produktion auszugehen ist (sog. "Katalogfälle"), nicht umfasst.

Jedenfalls von dem Vorliegen des Tatbestandsmerkmals einer wasserintensiven Produktion gem. § 17 d Abs. 1 S. 1 WG muss aber für den zu entscheidenden Sachverhalt nach Auffassung der Kammer - was zwischen den Beteiligten mittlerweile auch unstreitig ist - ausgegangen werden. Denn unabhängig von den verwaltungsinternen Festlegungen zu der Frage, wie, insbesondere mittels welcher Methode, der unbestimmte Rechtsbegriff der wasserintensiven Produktion einer Konkretisierung zugeführt werden kann, steht für die Kammer außer Frage, dass jedenfalls jährliche Wasserentnahmemengen im Milliarden-Kubikmeterbereich - wie sie zum Zwecke der Kühlung der beiden Kraftwerksblöcke des Kernkraftwerks Philippsburg in den Jahren 1998 und 1999 benötigt wurden - allein aufgrund ihrer absoluten Höhe eine wasserintensive Produktion im Sinne von § 17 d Abs. 1 S. 1 WG darstellen. Um solches festzustellen, bedarf es nach Auffassung des Gerichts insbesondere nicht eines Rückgriffs auf den auch das Merkmal der wasserintensiven Produktion erläuternden Erlass des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.07.1988, der insoweit darauf abstellt, dass eine wasserintensive Produktion dann gegeben sei, wenn der bei ungekürzter Erhebung für das Wasserentnahmeentgelt aufzuwendende Betrag 1 Promille des Umsatzes oder 3 Promille des Roherlöses betrage.

Es fehlt indes an dem Vorliegen der weiteren nach § 17 d Abs. 1 S.1 WG für die Gewährung einer Ermäßigung notwendigen Voraussetzung.

Die Frage, ob sich als diese weitere Voraussetzung der von der Klägerin geltend gemachten Ermäßigungsansprüche deren Gestehenskosten bei ungekürzter Erhebung des Wasserentnahmeentgeltes so stark erhöhen würden, dass sie erheblich und nicht nur vorübergehend in ihrer Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt wäre, lässt sich wesentlich schwieriger beantworten als die Frage des Vorliegens einer wasserintensiven Produktion. Der Wortlaut des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG legt nahe, dass es insoweit allein auf die Wettbewerbsfähigkeit des jeweiligen Entgeltpflichtigen ankommt, also derjenigen natürlichen oder juristischen Person, welche Benutzerin eines Gewässers ist (vgl. § 17 a Abs. 1 WG). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die entgeltpflichtige Person sich lediglich auf einem einzelnen Geschäftsfeld betätigt und hierzu nur eine Produktionsstätte, bei welcher eine wasserintensive Produktion erfolgt, unterhält. Für diesen Normalfall lässt sich die Regelung des § 17 d Abs. 1 WG ohne Schwierigkeiten anwenden, da insoweit das zu zahlende Wasserentnahmeentgelt unmittelbar zu einer Erhöhung der Gestehungskosten nicht nur der einzelnen Betriebsstätte, sondern des gesamten entgeltpflichtigen Unternehmens führt und das Entgelt damit auch unmittelbar kausal eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens herbeiführen kann. Von einer derartigen Sachlage geht wohl auch die in der VwV-WEntgelt vom 01.12.1997 unter der Nr. 6.5.2 enthaltene Auflistung sog. Katalogfälle wasserintensiver Produktionen, wie etwa die Papier- oder die Ledererzeugung, aus. Ersichtlich hatte gerade auch diese Katalogfälle der gemeinsame Arbeitskreis des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums vor Augen, dessen Arbeit zu den von den Regierungspräsidien verfassten landeseinheitlichen Erlassen, wie auch dem Erlass des Regierungspräsidium Karlsruhe vom 27.07.1988, führte, welche den für die Bearbeitung der Ermäßigungsanträge zuständigen Sachbearbeitern einfach zu handhabende sog. "Faustformeln" zur näheren Prüfung der Tatbestandsmerkmale des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG an die Hand gaben. Hierzu rechnet die Faustformel, dass von einer erheblichen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit dann auszugehen sei, wenn bei dem entgeltpflichtigen Unternehmen die Leistung des Wasserentnahmeentgelts zu einer Minderung des Gewinns vor Steuern um "größenordnungsmäßig 5 %" führe.

Schwierigkeiten ergeben sich indessen bei der Beurteilung der Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit aufgrund der Verpflichtung zur Leistung von Wasserentnahmeentgelt etwa bei entgeltpflichtigen Unternehmen, welche mehrere Produktionsstandorte unterhalten und/oder deren Unternehmensgegenstand nicht allein in einer wasserintensiven Produktion besteht, sondern noch weitere Betätigungsfelder umfasst. So liegt der Fall bei der Klägerin: Sie unterhält nicht nur den Produktionsstandort Philippsburg, sondern produziert Strom auch an anderen Kraftwerksstandorten in Baden-Württemberg, und neben der reinen Stromerzeugung erwirbt die Klägerin auch einen nicht unbeträchtlichen Anteil an Strom von anderen Stromerzeugern, um diesen, wie auch den selbst erzeugten Strom, gewinnbringend zu verkaufen. Unter derartigen Umständen lässt sich aber nicht mehr ohne Weiteres feststellen, ob gerade die durch gezahltes Wasserentnahmeentgelt erhöhten Gestehungskosten einer bestimmten wasserintensiven Produktion im Hinblick auf die Gewinnsituation eine erhebliche und nicht vorübergehende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des entgeltpflichtigen Unternehmens i.S.v. § 17 d Abs. 1 S. 1 WG bewirken oder vielmehr völlig andere Faktoren, wie etwa auch die allgemeine wirtschaftliche Lage, die Gewinnsituation in weitaus größerem Umfang nachhaltig beeinflussen. Nach Auffassung der Kammer lässt sich aus diesem Grund bei Sachlagen der dargestellten Art auch die von dem gemeinsamen Arbeitskreis des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums erarbeitete Faustformel zur Bestimmung einer erheblichen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr ohne Weiteres anwenden. Wie dargestellt, hatten die bereits anlässlich der Einführung des Wasserentnahmeentgelts in Baden-Württemberg im Jahr 1988 erarbeiteten Faustformeln ersichtlich lediglich den oben beschriebenen Normalfall zum Hintergrund. Denn seinerzeit war - wie die Vertreter der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend ausgeführt haben - "der Energieversorgungsbereich insoweit noch kein Thema" und damit noch gar nicht berücksichtigt worden, dass auch im Energieversorgungsbereich etwaige Wettbewerbsbeeinträchtigungen auf die Verpflichtung zur Leistung eines Wasserentnahmeentgelts zurückgeführt werden können.

Zur Beurteilung der Frage, mit Hilfe welcher Methode eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit im Sinne von § 17 d Abs. 1 S. 1 WG ermittelt werden kann, darf nach Auffassung der Kammer - im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung - bei nicht dem dargestellten Normalfall entsprechenden Fallkonstellationen nicht unberücksichtigt bleiben, ob das entgeltpflichtige Unternehmen als ein selbständig und unabhängig am Markt operierendes Unternehmen anzusehen ist, bei dem sich der Kostenfaktor Wasserentnahmeentgelt unmittelbar auf seine finanzielle Lage und damit auch auf seine wirtschaftliche Existenzfähigkeit auswirken kann, oder ob das entgeltpflichtige Unternehmen - etwa aufgrund seiner Eingebundenheit in einen Konzern bzw. einer gegebenen Verflechtung mit anderen Unternehmen - gerade nicht ein in jeder Beziehung am Markt unabhängiges und selbstverantwortliches Unternehmen darstellt, das die etwaigen Folgen einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit auch selbst zu tragen hat. Auch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist anerkannt, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn - losgelöst von den dargestellten "Faustformeln" - die für die Entscheidung über den Ermäßigungsantrag zuständige Behörde eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Betrachtung anstellt, was weder durch die VwV-WEntgelt noch durch die gegebene Verwaltungspraxis ausgeschlossen ist. Bei einer derartigen Einzelprüfung könne - so der VGH Baden-Württemberg - etwa berücksichtigt werden, dass bei einer vorhandenen vertikalen Konzernverflechtung nicht auszuschließen sei, dass durch entsprechend gewählte interne Verrechnungspreise Gewinne oder Verluste verlagert würden, ohne dass die über das Wasserentnahmeentgelt entscheidende Behörde dies im Einzelnen überprüfen könne. Der Entgeltschuldner müsse aus solchen Gründen gegen sich gelten lassen, dass bei der Feststellung der für ihn maßgeblichen Zahlen an den jeweiligen "übergeordneten Bereich" angeknüpft werde (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.03.1998 - 8 S 221/97 -). Die Wasserbehörden seien bei der Erhebung des Wasserentnahmeentgelts auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht gehalten, konzerninterne Berechnungen anzuerkennen, die nur aus Anlass der Erhebung des Wasserentnahmeentgelts angestellt werden würden und - wie jede Bilanz bzw. Gewinn- und Verlustrechnung - naturgemäß wirtschaftliche Wertungen enthielten, die von den Behörden nicht weiter überprüft werden könnten. Sofern etwa das Wasserentnahmeentgelt Teil derjenigen Jahreskosten sei, die von Aktionärsgesellschaften des Entgeltpflichtigen entsprechend ihren Kapitalanteilen aufgrund einer Aktionärsvereinbarung zu vergüten seien, müsse auf die dem entgeltpflichtigen Unternehmen übergeordnete Ebene abgestellt werden, weil das Wasserentnahmeentgelt in einem solchen Fall nur auf der Ebene der Aktionärsgesellschaften des entgeltpflichtigen Unternehmens kassenwirksam werde (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.10.2001 - 8 S 399/01 - a.a.O.). Ob eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit im Sinne des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG gegeben sei, bestimme sich jedenfalls bei beherrschten Unternehmen allein nach den betrieblichen Daten des herrschenden Unternehmens (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.10.2001, a.a.O., Leitsatz Nr. 3; s. auch bereits VG Karlsruhe, Urt. v. 19.10.2000 - 6 K 2823/99 -). Die angesprochenen Gesichtspunkte könnten im Übrigen zumindest im Rahmen des der Wasserbehörde verbleibenden Ermessens berücksichtigt werden und deshalb könne eine von dem Entgeltpflichtigen begehrte Ermäßigung in verwaltungsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise versagt werden (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.06.1999 - 8 S 2880/98 -).

Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung für den vorliegenden Fall eines wasserentnahmeentgeltpflichtigen Konzernunternehmens, das die Klägerin darstellt, an. Für die Beurteilung der Frage, ob eine erhebliche und nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit im Sinne des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG gegeben ist, kann daher nach Auffassung der Kammer nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin selbst abgestellt werden. Hierbei kann es keine Rolle spielen, ob es sich bei der Klägerin als solcher - wie von ihr dargestellt - um ein selbständig und eigenverantwortlich am Markt tätiges Unternehmen der Stromerzeugung handelt, weil sie den von ihr erzeugten bzw. erworbenen Strom zu einem großen Teil an Stromhandelsgesellschaften verkaufe und insoweit deshalb den Marktgesetzen des Marktes ihrer Betätigung unterliege. Dies spielt deswegen keine Rolle, weil es sich bei der Klägerin als ein Konzernunternehmen gem. § 18 AktG um ein beherrschtes, abhängiges Unternehmen handelt und sie daher bei einer umfassenden Betrachtung gerade keine unabhängige, selbständige Stellung im Wirtschaftsverkehr einnimmt. Zwischen der Klägerin und ihrer Muttergesellschaft, der EnBW AG, ist ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gem. § 291 Aktiengesetz abgeschlossen, der zur Rechtsfolge hat, dass beide Unternehmen als unter einheitlicher Leitung zusammengefasst anzusehen sind (vgl. § 18 Abs. 1 S. 1 2. HS AktG). Durch den Beherrschungsvertrag als Unternehmensvertrag wird die Leitung der klägerischen Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt; aufgrund des Gewinnabführungsvertrags ist sie dazu verpflichtet, ihren gesamten Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (vgl. § 291 Abs. 1 S. 1 AktG). Der Beherrschungsvertrag begründet eine Leitungsmacht im Sinne von § 308 AktG und setzt damit die eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft durch ihren Vorstand zugunsten des herrschenden Unternehmens außer Kraft. Der herrschende Vertragspartner wird dadurch in die Lage versetzt, eine auf das Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen ausgerichtete Zielkonzeption zu entwickeln und gegenüber dem Vorstand der beherrschten Gesellschaft durchzusetzen. Im Konfliktfall ist das herrschende Unternehmen berechtigt, seinen Willen gegenüber dem Vorstand der Untergesellschaft rechtlich durchzusetzen (vgl. zum Ganzen Hüffer, Aktiengesetz, 5. Aufl., § 291, Rn 2, 10, 11, § 308 Rn 12). Der zwischen der Klägerin und der EnBW AG abgeschlossene Gewinnabführungsvertrag beinhaltet die Verpflichtung, den gesamten erzielten Gewinn an das herrschende Unternehmen abzuführen; daneben ist das herrschende Unternehmen gem. § 302 Abs. 1 AktG verpflichtet, den Verlust des beherrschten Unternehmens auszugleichen (sog. Ergebnisübernahmeverpflichtung, vgl. Hüffer, a.a.O., § 291 Rn 23, 26). Wirtschaftlich gesehen stellen sich damit das herrschende und die von diesem abhängigen Unternehmen als eine Einheit dar (Hüffer, a.a.O., § 18 AktG, Rn 10). Seinen Ausdruck findet dieser Umstand etwa in der Verpflichtung der gesetzlichen Vertreter des Mutterunternehmens zur Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts (§ 290 Abs. 1 HGB).

Vor dem Hintergrund der dargestellten rechtlichen und tatsächlichen Unterordnung der Klägerin unter die EnBW AG und der damit verbundenen Einordnung in den EnBW-Konzern, insbesondere aber vor dem Hintergrund der Verpflichtung der Klägerin, ihren gesamten Gewinn an die EnBW AG abzuführen und der damit einhergehenden Verlustdeckungspflicht der EnBW AG zugunsten der Klägerin vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass etwaige von der Klägerin erzielte wirtschaftliche Einbußen, sollten diese tatsächlich auf das von ihr zu entrichtende Wasserentnahmeentgelt zurückgeführt werden können, letztlich allein von ihr zu tragen wären - also bei ihr selbst kassenwirksam blieben - bzw. ihre wirtschaftliche Existenz hiervon berührt wäre. Bei einer Sachlage wie der vorliegenden müsste nach allem die von § 17 d Abs. 1 S. 1 WG vorausgesetzte erhebliche und nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit auf der der Klägerin übergeordneten Ebene gegeben sein, um einen entsprechenden Ermäßigungsanspruch begründen zu können.

In dem vorliegenden Fall ist daher auf die der Klägerin übergeordnete Ebene der EnBW AG bzw. des Gesamtkonzerns abzustellen. Sowohl was die EnBW AG als auch was den Gesamtkonzern anbetrifft, kann auch deren - in den jährlichen Geschäftsberichten der EnBW AG aufgeführten - Gewinn- und Verlustrechnungen entnommen werden, wie sich ihr jeweiliges Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit vor Steuern (EBITDA - Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) darstellt. Diese Ergebnisse könnten somit auch Grundlage für eine Anwendung der dargestellten 5 %-Faustformel nach dem Erlass des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.07.1988 sein. Sowohl bei Berücksichtigung des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit vor Steuern der EnBW AG als auch desjenigen des EnBW-Konzerns ergäbe sich unter Anwendung dieser Faustformel für die Jahre 1998 bzw. 1999 allerdings kein bzw. nur ein wesentlich unterhalb der von der Klägerin beantragten Ermäßigungshöhe liegender Satz für eine Ermäßigung des von dieser gezahlten Wasserentnahmeentgelts.

Aufgrund der bereits oben dargestellten "Entstehungsgeschichte" des Erlasses des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.07.1988, vermag die Kammer indes die 5-%-Faustformel nicht auf die Verhältnisse auf der der Klägerin übergeordneten Ebene anzuwenden. Denn sobald die in Frage stehende wasserintensive Produktion nur lediglich einen nicht überwiegenden Teil der unternehmerischen Tätigkeit einer juristischen Person ausmacht bzw. diese - wie auch im vorliegenden Fall - von einem beherrschenden Unternehmen abhängig ist und damit letztlich in der Gesamtgeschäftstätigkeit eines Konzerns nach § 18 AktG aufgeht, kann die Faustformel nach Auffassung der Kammer keinen Anhalt mehr für die im Rahmen des § 17 d Abs. 1 S.1 WG zu beantwortende Frage bieten, ob die durch die ungekürzte Erhebung des Wasserentnahmeentgelts erhöhten Gestehungskosten einer wasserintensiven Produktion die Wettbewerbsfähigkeit auf der übergeordneten Ebene erheblich und nicht nur vorübergehend beeinträchtigen. Die Anwendung der Faustformel auf die der Klägerin übergeordnete Ebene würde nach Auffassung der Kammer zahlreiche mit der Erhebung des Wasserentnahmeentgelts in keinem Zusammenhang stehenden Faktoren unberücksichtigt lassen, welche dazu geeignet sind, zu einer Minderung des Gewinns vor Steuern auf dieser Ebene beizutragen.

Dass die Wettbewerbsfähigkeit des EnBW-Konzerns bzw. der EnBW AG durch das von der Klägerin zu entrichtende Wasserentnahmeentgelt erheblich und von nicht nur geringer Dauer beeinträchtigt wäre, lässt sich für die Jahre 1998 und 1999 im Übrigen weder dem Vortrag der Klägerin noch dem Inhalt der vom Gericht in dem vorliegenden Verfahren beigezogenen Akten einschließlich der einschlägigen Geschäftsberichte der EnBW AG feststellen.

Mangels entsprechender Anhaltspunkte, die auf solches hindeuten, besteht für das Gericht insoweit auch keine Pflicht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts. Neben der Vorlage von Gewinn- und Verlustrechnungen für die EnBW AG sowie für den EnBW-Konzern durch die Klägerin hätte es zur Geltendmachung der Anspruchsvoraussetzungen des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG von Klägerseite zumindest einer eingehenden Darlegung bedurft, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Muttergesellschaft bzw. des Konzerns im Verhältnis zu anderen vergleichbaren Energieversorgungskonzernen - was die Jahre 1998 und 1999 betrifft - erheblich und nicht nur vorübergehend beeinträchtigt gewesen ist, sowie des Weiteren, dass dieser Umstand gerade durch die Verpflichtung der Klägerin zur Begleichung des Wasserentnahmeentgelts und nicht etwa durch sonstige Faktoren herbeigeführt worden ist. An einer solchen Darlegung fehlt es jedoch, so dass vorliegend davon auszugehen ist, dass die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts für die Jahre 1998 und 1999 mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür nicht begründet sind. Die Kammer kann auch nicht erkennen, dass insoweit eine weitere Aufklärung geboten sein könnte.

Selbst wenn man unterstellt, die Klägerin habe nach § 17 d Abs. 1 S. 1 WG einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, so lassen sich nach der Auffassung der Kammer auch die von dem Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung fürsorglich für den Fall des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 d Abs. 1 S.1 WG angestellten Ermessenserwägungen nicht beanstanden.

Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG ist der zuständigen Wasserbehörde hinsichtlich der Entscheidung, ob und in welchem Umfang eine Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts gewährt wird, ein Ermessensspielraum eröffnet. Die Ermessensentscheidung ist nur in eingeschränktem Umfang einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich (§ 114 S. 1 VwGO). Als "Erläuterungen und Hinweise" auch für diese Ermessensentscheidung hat das Ministerium für Umwelt und Verkehr in der VwV-WEntgelt vom 01.12.1997 unter der Nr. 6.8 vorgesehen, dass das Wasserentnahmeentgelt in dem Umfang ermäßigt werden kann, der erforderlich ist, um die erhöhte Belastung für das betroffene Unternehmen erträglich zu machen (Nr. 6.8.1). Die Vermögenslage darf im Allgemeinen außer Betracht gelassen werden. Bei besonders günstigen Vermögensverhältnissen kann jedoch ein Erlass nicht gewährt werden (Nr. 6.8.2). Bei einem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG hat das beklagte Land in aller Regel eine Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts zu gewähren, wobei es insbesondere vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG gehalten ist, gleichgelagerte Sachverhalte auch gleich zu behandeln. Atypische Fallkonstellationen, zu denen nach Auffassung der Kammer auch der vorliegend zu entscheidende Sachverhalt rechnet, dürfen im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung indes auch abweichend von der bisherigen Verwaltungspraxis behandelt werden, soweit diese nur die Regelfälle betrifft und es deshalb an einem gleichgelagerten Sachverhalt fehlt.

Rechtlich nicht zu beanstanden ist vor diesem Hintergrund, dass der Vertreter des beklagten Landes im Rahmen der getroffenen Ermessensentscheidung etwa auch die Tatsache der Konzernverflechtung der Klägerin in Rechnung gestellt hat, indem er die von Seiten des Landratsamts im gerichtlichen Verfahren bereits schriftsätzlich vorgetragenen, einem Ermäßigungsantrag widersprechenden Ausführungen fürsorglich zum Inhalt der Ermessenserwägungen gemacht hat. Es lässt sich nicht erkennen, dass mit dieser Erwägung der Beklagte die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Dass der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung daneben auch auf eine, seiner Auffassung nach gute Vermögenslage des EnBW-Konzerns abgestellt hat und insoweit den in der Nr. 6.8.2 der VwV-WEntgelt angeführten Gesichtspunkt berücksichtigt hat, lässt sich vor dem Hintergrund, dass der erst im Jahr 1997 entstandene EnBW-Konzern seither kontinuierlich expandiert hat, sich neue Geschäftsfelder erschlossen hat, seine Geschäftstätigkeit auch auf das Ausland ausgedehnt hat und mittlerweile zum drittgrößten Energieversorgungskonzern der Bundesrepublik Deutschland aufgestiegen ist, ebenfalls nicht beanstanden. Der Auffassung der Klägerin, dass bei einem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG auf der Rechtsfolgenseite wegen einer bestehenden Ermessensreduktion auf Null eine Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts ausgesprochen werden müsste, kann nach allem nicht beigetreten werden.

Die somit rechtlich nicht zu beanstandende Ablehnung eines Ermäßigungsanspruchs nach § 17 d Abs. 1 WG widerspricht - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Grenzen der Pflicht von Grundstückseigentümern, Altlasten auf eigene Kosten zu sanieren (BVerwG, Beschl. v. 16.02.2000, NJW 2000, 2573). Die Kammer hat mit der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts (vgl. deren Urt. v. 19.10.2000 - 6 K 2823/99 -) bereits erhebliche Zweifel daran, ob diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall überhaupt übertragbar ist. Das Bundesverfassungsgericht führt in der genannten Entscheidung im Übrigen aber auch aus, dass es in Ansehung des Art. 14 Abs. 1 GG gerade zumutbar sein kann, Vermögen zur Sanierung einzusetzen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück ein funktionale Einheit darstellt, etwa wenn dieses Bestandteil eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder eines sonstigen Unternehmens ist. Übertragen auf den vorliegenden Fall muss es hiernach im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG aber gerade als verfassungsrechtlich zulässig angesehen werden, wegen der Konzernverflechtung der Klägerin und der sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Einheit des EnBW-Konzerns bei der Frage der Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit nicht nur die Klägerin, sondern darüber hinaus auch die ihr übergeordnete Ebene maßgeblich mit in die Beurteilung einzubeziehen.

2.

Auch aus den §§ 163 und 227 AO ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf Ermäßigung des von ihr für die Jahre 1998 und 1999 zu entrichtenden Wasserentnahmeentgelts. Denn ein Rückgriff auf die in diesen Vorschriften geregelten Ermäßigungstatbestände aus Billigkeitserwägungen ist rechtlich nicht möglich. Nach den in § 17 Abs. 1 und § 117 a WG für anwendbar erklärten Regelungen der §§ 163 und 227 AO können Abgaben niedriger festgesetzt oder bereits bestehende Ansprüche ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn die Erhebung oder Einbeziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine Anwendung dieser für das gesamte Abgabenrecht geltenden allgemeinen Regelungen kommt jedoch nicht für die Bewältigung derjenigen besonderen Sachlagen in Betracht, für die der Gesetzgeber spezielle Vorschriften erlassen hat, wie dies durch die Regelung des § 17 d Abs. 1 WG geschehen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.06.1999, VBlBW 2000, 84).

3.

Auch die Regelung des § 17 d Abs. 2 WG gewährt der Klägerin keinen Anspruch auf Ermäßigung des von ihr entrichteten Wasserentnahmeentgelts.

Nach dieser Vorschrift kann das Wasserentnahmeentgelt ermäßigt werden, wenn ohne Ermäßigung wichtige wasserwirtschaftliche, ökologische oder sonst öffentliche Belange gefährdet wären. Der Begriff "öffentliche Belange" schließt rein private Interessen aus. Auch die Interessen eines Versorgungsunternehmens sind nicht ohne Weiteres als "öffentliche Belange" anzusehen. Ohne den Ausspruch einer Ermäßigung müssten wichtige öffentliche Belange gefährdet sein. Es muss also zum einen zu erwarten sein, dass in einem bestimmten Einzelfall dem Gemeinwesen ein wesentlicher Vorteil entgeht oder ein nicht unerheblicher Nachteil erwächst, und für diese Erwartung muss zum anderen gerade die Erhebung des ungekürzten Entgelts ursächlich sein. Eine Gefährdung, die nicht auf der (ungekürzten) Erhebung des Wasserentnahmeentgelts beruht, muss ausscheiden, auch wenn ihr durch eine Ermäßigung entgegengewirkt werden könnte. Die Ermäßigung muss "erforderlich" sein, um die Gefährdung solcher Belange auszuschließen. Dass die Ermäßigung dem Wohl der Allgemeinheit "dient" oder Gründe des Gemeinwohls eine Ermäßigung "rechtfertigen", genügt in diesem Zusammenhang nicht (vgl. zum Ganzen Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, Wassergesetz für Bad.-Württ., 3. Aufl., § 17 d Rn 46).

In Anwendung dieser Grundsätze vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass es - wie die Klägerin wohl meint - zur Vorbeugung einer Gefährdung öffentlicher Belange erforderlich wäre, auf die Kühlturmtechnik zum Zwecke der Kühlung eines Atomreaktors zu verzichten und stattdessen auf eine Flusswasserkühlung auszuweichen. Zwar soll die Regelung des § 17 d Abs. 2 WG im Hinblick auf wasserwirtschaftliche und ökologische Belange vor allem ermöglichen, nachteilige Entwicklungen in wasserwirtschaftlicher oder ökologischer Hinsicht zu vermeiden und wasserwirtschaftlich oder ökologisch fortschrittliche Entwicklungen zu fördern (Bulling/Finkenbeiner/Eckart/Kibele, a.a.O., § 17 d Rn 47). Weder den Darstellungen der Klägerin noch dem Inhalt der beigezogenen Akten lässt sich indes entnehmen, dass eine Kühlung der beiden Reaktorblöcke des Philippsburger Kernkraftwerks durch die Entnahme von Wasser aus dem Rhein aus wasserwirtschaftlicher oder ökologischer Sicht deutlich vorteilhafter als der Einsatz der Kühlturmtechnik ist. Nur in einem solchen Fall könnte aber möglicherweise von einer Gefährdung öffentlicher Belange im Sinne des § 17 d Abs. 2 WG gesprochen werden. Allein die mit der durch die Flusswasserkühlung verbundene Erwärmung des oberirdischen Gewässers sowie deren Auswirkungen auf die im Rhein anzutreffenden Lebensgesellschaften sprechen jedoch gegen die Annahme einer deutlichen Vorteilhaftigkeit der Flusswasserkühlung gegenüber der Kühlung mittels der der Klägerin im Übrigen auch atomrechtlich gestatteten Kühlturmtechnik.

Schließlich kann auch die von der Klägerin geltend gemachte Gefährdung von Arbeitsplätzen am Standort des Kernkraftwerks Philippsburg keinen Ermäßigungsanspruch nach der Regelung des § 17 Abs. 2 WG begründen. Abgesehen davon, dass allein die Gefährdung einzelner Arbeitsplätze - anders als möglicherweise eine zu befürchtende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage bzw. Leistungsfähigkeit einer ganzen Region - noch keine Gefährdung öffentlicher Belange im Sinne der genannten Vorschrift darstellt, hat die Klägerin in dem vorliegenden Verfahren auch nicht hinreichend schlüssig dargelegt, dass für den Fall einer ungekürzten Erhebung des festgesetzten Wasserentnahmeentgelts etwa der Standort des Kernkraftwerks Philippsburg unter Verlust von mehreren hundert Arbeitsplätzen aufgegeben werden müsste. Solches wird von der Klägerin lediglich in den Raum gestellt, nicht jedoch im Einzelnen belegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Wegen der mit der vorliegenden Entscheidung zu beurteilenden besonderen Sachlage hat das Gericht die Berufung gegen das Urteil gem. § 124 a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Nach Auffassung der Kammer ist in der ihr vorliegenden obergerichtlichen Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt, ob und ggf. inwiefern sich aus den "Faustformeln", die nach dem Erlass des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.07.1988 in der Verwaltungspraxis jedenfalls im Regelfall auch zur Beurteilung der rechtlichen Voraussetzungen des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG herangezogen werden, bereits ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung auch dann herleiten lässt, wenn (atypische) Sachverhalte zu beurteilen sind, die nicht berücksichtigt worden sind, als der Erlass vom 27.07.1988 verfasst wurde. Weiter bedarf der obergerichtlichen Klärung, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen bei der Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen des § 17 d Abs. 1 S. 1 WG und/oder im Rahmen der Ermessensentscheidung auf eine "übergeordnete Ebene" abgestellt werden muss bzw. darf.






VG Karlsruhe:
Urteil v. 13.11.2002
Az: 4 K 1034/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d9702c792f2a/VG-Karlsruhe_Urteil_vom_13-November-2002_Az_4-K-1034-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share