Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Mai 2004
Aktenzeichen: 6 W (pat) 6/03

(BPatG: Beschluss v. 27.05.2004, Az.: 6 W (pat) 6/03)

Tenor

1. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse E 04 G des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung 198 08 084.0-25 mit Beschluss vom 29. November 2002 zurückgewiesen. In diesem Beschluß wurde ausgeführt, daß der Gegenstand nach Patentanspruch 1 vom 3. Juni 2002 unzulässig geändert worden sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hat mit Schreiben vom 5. Mai 2004 neue Patentansprüche 1 und 2 vorgelegt.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Bauverfahren zur Sanierung von mehrgeschossigen Plattenbauten mit Hilfe einer vorgesetzten architektonisch ansprechenden Fassade, bei Nutzung der Dachoberfläche zur solaren Wärmegewinnung, deren Speicherung in Erdfeststoffspeichern und Nutzung der gewonnenen Wärme zur Wärmeversorgung der Wohnungen dadurch gekennzeichnet, dass die Fassade als Vorsatzfassade auf eigenem Fundament aus vorgefertigten Leichtbetonelementen aus Leichtbeton mit einer Dichte von 800 g/m und einem K-Wert von 0,06 W/(mK), einer Wandstärke von 18 - 22 cm in einem Abstand von 18 - 36 cm vor der bisherigen Betonaußenwand montiert und über Abstandshalter fixiert wird."

Zur Fassung des auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentanspruchs 2 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Der Anmelder hat gemäß seiner Eingabe vom 5. Mai 2004 sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent aufgrund der neu vorgelegten Patentansprüche 1 und 2 zu erteilen.

Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat insoweit Erfolg, als die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen war.

1. Die geltenden Patentansprüche 1 und 2 sind zulässig.

Das nunmehr geltende Patentbegehren ist für den Fachmann, einen auf dem Gebiet der Sanierung von Bauwerken tätigen Bauingenieur, den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart zu entnehmen.

Der geltende Patentanspruch 1 ergibt sich insbes. aus dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1, wobei die ursprünglich verwendeten Begriffe "Bioporbeton", "einem spezifischem Gewicht" und "einem spezifischen K-Wert von 0,06" durch die Begriffe "Leichtbeton", "einer Dichte" und "einem K-Wert von 0,06 W/(mK)" ersetzt wurden. Diese Änderungen sind zulässig und in den ursprünglichen Unterlagen offenbart.

"Bioporbeton" ist eine spezielle Bezeichnung für einen handelsüblich als "Leichtbeton" bezeichneten Beton und der Begriff "spezifisches Gewicht" entspricht der SI-Bezeichnung "Dichte". Der neu eingefügte Begriff "einem K-Wert von 0,06 W/(mK)" hatte in der ursprünglich eingereichten Fassung die Formulierung "einem spezifischen K-Wert von 0,06". Beim Lesen dieser ursprünglichen Angabe wird dem Fachmann jedoch sofort klar, dass es einen spezifischen K-Wert nicht gibt. Er wird daraufhin die Anmeldungsunterlagen durchschauen, um festzustellen, was mit dieser Angabe gemeint ist. Dabei wird er durch Seite 2, 12. Zeile von unten darauf hingewiesen, dass es sich bei dem "spezifischen K-Wert" nur um den im Zusammenhang mit den Wärmeschutzbestimmungen verwendeten Wärmedurchgangskoeffizienten K handeln kann, der auch als K-Wert bezeichnet wird. Auch wenn dieser K-Wert ursprünglich ohne Benennung angegeben wurde, weiß der Fachmann doch, dass der Wärmedurchgangskoeffizienten die Benennung "W/(mK)" hat. Er wird somit die ursprüngliche Angabe "einem spezifischen K-Wert von 0,06" als "einem K-Wert von 0,06 W/(mK)" verstehen.

Somit ist der geltende Patentanspruch 1 in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart anzusehen.

Der geltende Patentanspruch 2 entspricht dem ursprünglichen Patentanspruch 3 und ist somit ebenfalls zulässig.

2. Die Zurückverweisung erfolgt gemäß § 79 Abs 3 Satz 1 Nr 1 PatG, wonach das Bundespatentgericht die angefochtene Entscheidung aufheben kann, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, wenn das Patentamt noch nicht in der Sache selbst entschieden hat.

Eine fehlende Sachentscheidung des Patentamts ist immer dann gegeben, wenn die Entscheidung des Patentamts auf Gründen beruht, die ein Eingehen auf die Frage der Patentfähigkeit der Erfindung entweder vollständig oder teilweise entbehrlich machten. Dies ist dann der Fall, wenn die Gründe, die der Sachentscheidung entgegenstanden, nachträglich ausgeräumt worden sind.

Im vorliegenden Fall hat das Patentamt die Anmeldung zurückgewiesen, weil der damals geltende Patentanspruch 1 unzulässig abgeändert worden war, ohne über die Frage der Neuheit bzw. der erfinderischen Tätigkeit zu befinden. Diese unzulässige Abänderung ist mit dem neu eingereichten Patentbegehren behoben.

Der Senat hält es daher in diesem Fall für geboten, von der ihm durch § 79 Abs 3 Satz 1 Nr 1 PatG an die Hand gegebenen Möglichkeit der Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt Gebrauch zu machen. Die Prüfungsstelle erhält dadurch Gelegenheit, über die Patentfähigkeit des Gegenstandes nach dem geltenden Patentanspruch 1 zu entscheiden.

Lischke Heyne Riegler Schneider Hu






BPatG:
Beschluss v. 27.05.2004
Az: 6 W (pat) 6/03


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