Bundespatentgericht:
Urteil vom 4. November 2003
Aktenzeichen: 3 Ni 27/02

(BPatG: Urteil v. 04.11.2003, Az.: 3 Ni 27/02)

Tenor

Das Patent 197 47 097 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

"1. Werkzeug (1; 35) für das lückenlose Aneinanderfügen von mit Nut (14) und Feder (17) versehenen Profilbrettern (10), mit einer länglichen, von einer Mantelfläche umgebenen Gestalt, wobei die Mantelfläche eine ebene Unterseite (6) aufweist, die an wenigstens einer Längskante in einen zur Unterseite (6) rechtwinkligen, profilierten Abschnitt (7) übergeht, der zu der mit Nut (14) oder Feder (17) versehenen Stirnfläche (8, 9) eines Profilbretts (10) komplementär geformt ist, so dass sich ein in vertikaler Richtung dreigeteilter Profilierungsabschnitt (7) ergibt mit einer zu der Feder (17) eines Profilbretts (10) komplementären Nut (18) oder einer Feder (13), die zum Eingriff in eine Nut (14) der Stirnseite (9) eines Profilbretts (10) dient, und wobei in dem zu diesem Abschnitt (7) gegenüberliegenden Mantelbereich eine Schlagfläche (4) zur Einwirkung eines Hammers vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass in der Montagelage der obere Bereich (22) des profilierten Abschnitts (7), der mit dem Profilbrett (10) oberhalb von Nut (14) und Feder (17) korrespondiert, gegenüber dem mit dem Profilbrett (10) unterhalb von Nut (14) und Feder (17) korrespondierenden unteren Bereich (21) des profilierten Abschnitts (7) des Werkzeugs (1; 35) zu dessen Mitte zurückversetzt ist, wobei der zurück versetzte obere Bereich (22) des profilierten Abschnitts (7) sich bis zu der Nut (14) oder zu der Feder (17) des Profilbretts (10) erstreckt, so, dass bei an einem Profilbrett (10) angesetztem Werkzeug (1; 35) ein bis zu der Feder (13; 17) des betreffenden Elements (1; 35; 10) herabreichender Spalt zwischen dem Profilbrett (10) und dem Werkzeug (1; 35) verbleibt und sich der oberste Berührungspunkt zwischen Werkzeug (1; 35) und Profilbrett (10) erst an der Nut-Feder-Verbindung in demjenigen Bereich ergibt, der von dem überhängenden Bereich des genuteten Profilbretts verdeckt wird.

2. Werkzeug nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch ein Maß der Versetzung des oberen Bereichs (22) des profilierten Abschnitts (7) gegenüber dem unteren Bereich (21) von 0,5 mm bis 20 mm, vorzugsweise von 1 mm bis 10 mm, insbesondere von 2 mm bis 5 mm.

3. Werkzeug nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Unterseite (6) an der einen Längskante in einen profilierten Abschnitt (7) übergeht, der zur Nut (14) des Profilbretts (10) komplementär ist, und dass die Unterseite (6) an der anderen Längskante in einen profilierten Abschnitt (7) übergeht, der zur Feder (17) des Profilbretts (10) komplementär ist.

4. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schlagfläche (4) nach oben zur Werkzeuglängsachse konvergierend geneigt ist.

5. Werkzeug nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Winkel zwischen den geneigten Schlagflächen (4) und der Unterseite (6) des Werkzeugs (1; 35) in einem Bereich von 45 Grad bis 85 Grad, vorzugsweise etwa bei 60 Grad bis 75 Grad, liegt.

6. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine oder beide Stirnseiten (5) des Werkzeugs (1; 35) den profilierten Abschnitt (7) aufweisen, der zu Nut (14) oder Feder (17) des Profilbretts (10) komplementär ausgebildet ist.

7. Werkzeug nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkzeug (1; 35) etwa die Gestalt einer umgestülpten Kastenkuchenbackform aufweist.

8. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Abschnitt (7) eine Nut (36) aufweist, in welche eine Feder (38) einsetzbar ist.

9. Werkzeug nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Nut (36) eine schwalbenschwanzförmige Profilierung (37) und die Feder (38) eine komplementäre Profilierung aufweist.

10. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es aus einem Hartholz hergestellt und zum Schutz vor Feuchtigkeit imprägniert ist."

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 24. Oktober 1997 angemeldeten Patents 197 47 097 (Streitpatent). Das Streitpatent betrifft ein "Werkzeug zum Aneinanderfügen von Profilbrettern" und umfasst in der erteilten Fassung 11 Patentansprüche folgenden Wortlauts:

"1. Werkzeug (1; 35) für das lückenlose Aneinanderfügen von mit Nut (14) und Feder (17) versehenen Profilbrettern (10), mit einer länglichen, von einer Mantelfläche umgebenen Gestalt, wobei die Mantelfläche eine ebene Unterseite (6) aufweist, die an wenigstens einer Längskante in einen zur Unterseite (6) rechtwinkligen, profilierten Abschnitt (7) übergeht, der zu der mit Nut (14) oder Feder (17) versehenen Stirnfläche (8, 9) des Profilbretts (10) komplementär geformt ist, und wobei in dem zu diesem Abschnitt (7) gegenüberliegenden Mantelbereich eine Schlagfläche (4) zur Einwirkung eines Hammers vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass in der Montagelage der obere Bereich (22) des profilierten Abschnitts (7), der mit dem Profilbrett (10) oberhalb von Nut (14) und Feder (17) korrespondiert, gegenüber dem mit dem Profilbrett (10) unterhalb von Nut (14) und Feder (17) korrespondierenden unteren Bereich (21) des profilierten Abschnitts (7) des Werkzeugs (1; 35) zu dessen Mitte zurückversetzt ist."

2. Werkzeug nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zurück versetzte obere Bereich (22) des profilierten Abschnitts (7) sich bis zu der Nut (14) oder zur Feder (17) des Profilbretts (10) erstreckt, so dass bei vollständig an ein Profilbrett (10) angesetztem Werkzeug (1; 35) ein bis zu der Feder (17) des Profilbretts (10) oder zu einer Feder (11; 38) des Werkzeugs (1, 35) herabreichender Spalt zwischen dem Profilbrett (10) und dem Werkzeug (1; 35) verbleibt.

3. Werkzeug nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet durch ein Maß der Versetzung des oberen Bereichs (22) des profilierten Abschnitts (7) gegenüber dem unteren Bereich (21) von 0,5 mm bis 20 mm, vorzugsweise von 1mm bis 10 mm, insbesondere von 2 mm bis 5 mm.

4. Werkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Unterseite (6) an der einen Längskante in einen profilierten Abschnitt (7) übergeht, der zur Nut (14) des Profilbretts (10) komplementär ist, und dass die Unterseite (6) an der anderen Längskante in einen profilierten Abschnitt (7) übergeht, der zur Feder (17) des Profilbretts (10) komplementär ist.

5. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schlagfläche (4) nach oben zur Werkzeuglängsachse konvergierend geneigt ist.

6. Werkzeug nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Winkel zwischen den geneigten Schlagflächen (4) und der Unterseite (6) des Werkzeugs (1; 35) in einem Bereich von 45o bis 85o, vorzugsweise etwa bei 60o bis 75o, liegt.

7. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine oder beide Stirnseiten (5) des Werkzeugs (1; 35) den profilierten Abschnitt (7) aufweisen, der zu Nut (14) oder Feder (17) des Profilbretts (10) komplementär ausgebildet ist.

8. Werkzeug nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkzeug (1; 35) etwa die Gestalt einer umgestülpten Kastenkuchenbackform aufweist.

9. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Abschnitt (7) eine Nut (36) aufweist, in welche eine Feder (38) einsetzbar ist.

10. Werkzeug nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Nut (36) eine schwalbenschwanzförmige Profilierung (37) und die Feder (38) eine komplementäre Profilierung aufweist.

11. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es aus einem Hartholz hergestellt und zum Schutz vor Feuchtigkeit imprägniert ist."

Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents in dem angegriffenen Umfang sei nicht patentfähig, weil er insbesondere nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zur Begründung beruft sie sich auf folgende Unterlagen:

D1 technische Zeichnung vom Schlagklotz "CARATERA" der Fa. Terhürne gemäß Qualitätssicherung vom 7. März 1995 D2 Rechnung der Fa. ISO-TECH Kunststoff GmbH über 651 gelieferte Schlagklötze "CARATERA" an Terhürne D3 Lieferschein über die Auslieferung von 10 Schlagklötzen "CARATERA" an Lignum Becher & Co., vom 16. August 1995 D4 Katalog "Einrichtungsberater" der Fa. Terhürne mit Druckdatum März 1997 D5 DE 38 19 245 A1 D6 DE 195 39 388 A1 D7 EP 1 024 234 A2 D8 US 3 524 623.

Die Klägerin beantragt, das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 3 und 7, soweit sich dieser auf die Ansprüche 1 bis 3 bezieht sowie 9, soweit sich dieser auf die Ansprüche 1 bis 3 sowie 7 bezieht (ausgenommen Anspruch 7 rückbezogen auf einen der Ansprüche 4 bis 6) teilweise für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Hilfsweise verteidigt er das Streitpatent mit den Patentansprüchen in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsanträge 1 bis 7 in dieser Reihenfolge.

Wegen des Wortlauts der Patentansprüche gemäß Hilfsanträgen 1 bis 7 wird auf die in der mündlichen Verhandlung überreichten Fassungen verwiesen.

Er tritt dem Vorbringen entgegen und hält das Streitpatent auch in dem angegriffenen Umfang für patentfähig.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, dass sie das Streitpatent nur noch im Umfang der Fassungen der Patentansprüche gemäß Hilfsanträgen 1 bis 5 angreift.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit führt zur teilweisen Nichtigerklärung des Streitpatents und zwar soweit es über den sich aus der Urteilsformel ergebenden Umfang hinausgeht, § 22 Abs 1, § 21 Abs 1 Nr 1 PatG. Im übrigen erweist sich die Klage als unbegründet, denn das Streitpatent ist mit der in der mündlichen Verhandlung verteidigten und von der Klägerin nicht mehr angegriffenen Fassung der Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 6 als rechtsbeständig hinzunehmen (vgl. BGH GRUR 1964, 308 - Dosier- und Mischanlage). Die Erklärung der Klägerin, das Streitpatent nur noch im Umfang der Fassung der Patentansprüche gemäß Hilfsanträgen 1 bis 5 anzugreifen, stellt eine teilweise Klagerücknahme nach § 99 Abs 1 PatG iVm § 269 ZPO hinsichtlich der weiterhin verteidigten Fassungen des Streitpatents gemäß Hilfsanträgen 6 und 7 dar. Dabei bedarf die auch teilweise zulässige Klagerücknahme im Nichtigkeitsverfahren entgegen § 269 Abs 1 ZPO nicht der Einwilligung des Beklagten (Schulte, PatG, 6. Aufl, § 81 Rdn 166 mwN).

I.

1. Das Streitpatent betrifft ein Werkzeug für das lückenlose Aneinanderfügen von mit Nut und Feder versehenen Profilbrettern. Nach den Angaben der Streitpatentschrift ist ein derartiges Werkzeug zB aus der DE-OS 195 39 388 bekannt. Dabei werde die Profilierung des Werkzeugs mit der zugänglichen Stirnseite eines Profilbrettes in Eingriff gebracht, damit auf eine rückwärtige Schlagfläche des Werkzeugs auftreffende Hammerschläge auf einen der Länge des Werkzeugs entsprechenden Abschnitt der Stirnseite des Profilbrettes verteilt würden. Dabei könne das Werkzeug jedoch um den Eingriffsbereich der Profilierungen kippen, so dass die anliegende Oberkante des Profilbrettes gequetscht werde, was einen irreparablen Schaden am Profilbrett darstelle (Streitpatentschrift Spalte 1 Z 14 bis 26).

2. Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe des Streitpatents, durch eine geeignete Konstruktion des betreffenden Werkzeuges Vorsorge dafür zu treffen, dass auch bei ungeschicktester Handhabung niemals die Oberkante eines zu verlegenden Profilbretts beschädigt werden kann.

3. Zur Lösung beschreibt Patentanspruch 1 in der erteilten Fassungein Werkzeug für das lückenlose Aneinanderfügen von mit Nut und Feder versehenen Profilbrettern mit einer 1. länglichen, von einer Mantelfläche umgebenen Gestalt 2. die Mantelfläche weist eine ebene Unterseite auf 3. die Unterseite geht an wenigstens einer Längskante in einen zur Unterseite rechtwinkligen, profilierten Abschnitt über, 4. der profilierte Abschnitt ist zu der mit Nut oder Feder versehenen Stirnfläche des Profilbretts komplementär geformt, 5. in dem Mantelbereich, der dem profilierten Abschnitt gegenüberliegt, ist eine Schlagfläche zur Einwirkung eines Hammers vorgesehen, 6. der obere Bereich des profilierten Abschnitts, der mit dem Profilbrett oberhalb von Nut und Feder korrespondiert, ist (in der Montagelage) gegenüber dem mit dem Profilbrett unterhalb von Nut und Feder korrespondierenden unteren Bereich des profilierten Abschnitts des Werkzeugs zu dessen Mitte zurückversetzt.

II.

1. Der Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche 1 bis 3 und 7, soweit sich dieser auf die Ansprüche 1 bis 3 bezieht, sowie Patentanspruch 9, soweit sich dieser auf die Ansprüche 1 bis 3 sowie 7 bezieht (ausgenommen Anspruch 7 rückbezogen auf einen der Ansprüche 4 bis 6), jeweils in der erteilten Fassung (Hauptantrag), erweist sich als nicht patentfähig, da er gegenüber dem vorgebrachten Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe des Streitpatents auszugehen, die darin besteht, durch eine geeignete Konstruktion eines Werkzeugs zum lückenlosen Aneinanderfügen von mit Nut und Feder versehenen Profilbrettern Vorsorge dafür zu treffen, dass auch bei ungeschicktester Handhabung niemals die Oberkante des zu verlegenden Profilbretts beschädigt werden kann (vgl StrPS Sp 1 Z 14 bis 26 und Z 27 bis 32). Die Lösung dieser Aufgabe mit einem Werkzeug mit den Merkmalen 1 bis 6 gemäß vorstehender Merkmalsanalyse war indessen für den Fachmann - hier einem mit der Entwicklung und Fertigung von Werkzeugen zur Verlegung von Profilbrettern befassten und vertrauten Techniker - ausgehend von der im Streitpatent zitierten, vorveröffentlichten DE 195 39 388 A1 (D6) in Kenntnis der Druckschrift Katalog "Einrichtungsberater" der Fa. Terhürne (D4) naheliegend. Das auf D4 angegebene Druckdatum März 1997 liegt etwa sieben Monate und damit so zeitig vor dem Anmeldetag 24. Oktober 1997 des Streitpatents, dass - entgegen den Ausführungen des Patentinhabers (vgl Schriftsatz des Beklagten vom 18. September 2002 S 2 Abs 2) - die Verteilung des Katalogs D4 an und die uneingeschränkte Möglichkeit zur Kenntnisnahme seines Inhalts durch Fachleute nach Ansicht des Senats außer Frage steht.

Das in D6 beschriebene Werkzeug zum lückenlosen Aneinanderfügen von mit Nut und Feder versehenen Profil- oder Dielenbrettern, von dem die Erfindung des Streitpatents ausgeht (vgl Streitpatentschrift Sp 1 Z 14 ff), weist eine längliche, von einer Mantelfläche umgebene Gestalt mit einer ebenen Unterseite auf, wobei diese Unterseite an einer Längskante in einen zur Unterseite rechtwinkligen, profilierten Abschnitt übergeht, der komplementär zu der mit Nut oder Feder versehenen Stirnfläche des Profilbretts geformt ist, und die Unterseite an der anderen Längskante in den als Schlagfläche zur Einwirkung eines Hammers ausgebildeten Mantelbereich übergeht (vgl D6 Sp 4 Anspruch 1 iVm Anspruch 2 bis 4 sowie einzige Figur). Aus der D6 sind somit bereits die Merkmale 1 bis 5 des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung zu entnehmen.

Anregungen und Anhaltspunkte, die geeignet sind, den Fachmann ohne weiteres zur Zurückversetzung des profilierten Abschnitts in dem zu einem Profilbrett oberhalb von Nut und Feder korrespondierenden oberen Bereich hin zur Mitte des Werkzeugs zu veranlassen und damit das aus der D6 bekannte Werkzeug durch das Merkmal 6 des Patentanspruchs 1 gemäß Streitpatent weiter auszugestalten, ergeben sich bereits aus der D4.

In der D4 wurde den einschlägigen Fachkreisen als Werkzeug zum Verlegen von mit Nut und Feder versehenen Dielenbrettern unter anderem ein Profi-Schlagklotz angeboten, dessen profilierter Mantelflächenabschnitt komplementär zur mit Feder versehenen Stirnfläche des Dielenbrettes von der Unterkante der ebenen Unterseite bis einschließlich Oberkante der Feder ausgebildet ist. Hingegen ist der obere Bereich des in schwarzem Farbton abgebildeten, ohne weiteres als Schlagklotz zu identifizierenden Werkzeuges ersichtlich so weit zu dessen Mitte zurückversetzt, dass er von dem die Feder untergreifenden Bereich ansatzlos und damit ohne Federübergriff bis zur Oberkante des profilierten Mantelflächenabschnitts reicht (vgl D4 S 50 li Sp, zweite und dritte Farbabbildung, mit Begleittext in re Sp Abs 2 bis 3). Aus der besonderen Ausgestaltung sowie der Anleitung, dieses Werkzeug zur Vermeidung von Beschädigungen der Dielenfeder anzuwenden (vgl D4 S 56 re Sp le Abs), gelangt der Fachmann unmittelbar zu der Erkenntnis, dass aufgrund des zurückversetzten oberen Bereichs zwangsläufig auch die Dielenoberkante und damit die Sichtfläche des Bodens unversehrt bleibt.

Aus der unter Berücksichtigung der Aufgabe sich ergebenden Zusammenschau der Lehre der D4 und der Lehre der D6 bietet sich dem Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe somit gerade derjenige Bereich an, der zwischen den beiden Grenzwerten eines vollständigen Zurückversatzes des oberen Bereichs gemäß D4 einerseits und einer formschlüssigen Ausbildung und damit fehlendem Zurückversatz gemäß D6 andererseits liegt. Für den nunmehr noch verbleibenden Schritt, einen bestimmten Zurückversatz aus diesem durch die Grenzwerte aus den Druckschriften D6 und D4 gebildeten und damit vorgegebenen Bereich auszuwählen, bedurfte es jedoch keines erfinderischen Zutuns.

Für den Senat besteht auch kein Zweifel an der Zulässigkeit einer zusammenschauenden Betrachtung der sich aus den beiden vorveröffentlichten Druckschriften D6 und D4 ergebenden Lehren. Denn aus der sich ausgehend von der D6 stellenden Aufgabe, beim Verlegevorgang die am Werkzeug anliegenden Teile des Profilbretts unversehrt zu lassen (vgl Streitpatentschrift Sp 1 Z 14 bis 32 iVm D6 Sp 1 Z 18 bis 58), erkennt der Fachmann unmittelbar den Zusammenhang mit der besonderen Ausbildung des gattungsgleichen Werkzeugs gemäß D4, das - zum Schutz von Profildielen bzw. Profilbrettern - durch die Abwesenheit eines die Feder übergreifenden oberen Bereichs gekennzeichnet ist.

Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung des Streitpatents ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht rechtsbeständig.

Aber auch einem durch nähere Ausgestaltung des zurück versetzten oberen Bereichs gemäß den Patentansprüchen 2 und 3 oder weiter durch die Merkmale der Patentansprüche 7 und 9, jeweils in der erteilten Fassung, gekennzeichneten Werkzeug mangelt es an der zur Patentierung erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.

Die weitere Ausgestaltung des Merkmals 6 durch das Merkmal des Patentanspruchs 2 in der erteilten Fassung derart, dass bei vollständig angesetztem Werkzeug ein bis zur Nut oder zur Feder des Profilbretts herabreichender Spalt verbleibt, ergibt sich für den Fachmann unmittelbar bei der Auswahl eines Zurückversatzes aus dem Bereich, der durch die Grenzwerte aus den Druckschriften D6 und D4 vorgegeben ist, und somit in naheliegender Weise aus den Vorgaben des Standes der Technik. Dies gilt auch für die Auswahl bestimmter, in diesem Bereich liegender Zwischenwerte gemäß Patentanspruch 3 in der erteilten Fassung oder daraus herleitbarer Teilbereiche, wobei der Fachmann das Ausmaß des Zurückversatzes ohne weiteres auf praxisübliche Federabmessungen abstimmen wird.

Ebenso erfordert es kein erfinderisches Zutun, bei Bedarf ein gattungsgemäßes Werkzeug zusätzlich mit dem Merkmal gemäß Patentanspruch 7 und damit so auszugestalten, dass es problemlos auch an der gegenüber der langen Stirnseite nur bedingt zugänglichen kurzen Stirnseite üblicher Profil- und Dielenbretter an- und einsetzbar ist.

Was das Merkmal des Patentanspruchs 9 in der erteilten Fassung anbelangt, so ist darunter jedenfalls auch ein übliches Nutprofil zu verstehen und demzufolge in einem somit komplementär zu einer Feder ausgestalteten Werkzeug auch keine über den Patentanspruch 1 hinausgehende Lehre zu erkennen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Teilmerkmals der Einsteckbarkeit einer Feder, das grundsätzlich jeder Nut eigen ist. Ein gegenüber Patentanspruch 1 verändertes Werkzeug ergäbe sich dagegen beispielsweise erst, wie in der Fig.3 des Streitpatents dargestellt, bei eingesteckter Feder oder, wie im Fall des nicht angegriffenen Patentanspruchs 10, bei hierfür speziell ausgestalteter Form von Nut und Feder.

2. Die von dem Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen der Patentansprüche erweisen sich, soweit angegriffen, ebenfalls als nicht bestandsfähig.

a) Die Fassung der Patentansprüche gemäß erstem Hilfsantrag unterscheidet sich von der erteilten Anspruchsfassung lediglich im Merkmal 4 des Patentanspruchs 1, das nunmehr lautet:

der profilierte Abschnitt des Werkzeugs ist zu der mit Nut oder Feder versehenen Stirnfläche eines Profilbretts komplementär geformt (Unterstreichung kennzeichnet den Unterschied zum Hauptantrag).

Die Änderung von "des" in "eines", die sich aus dem Streitpatent ergibt (vgl Streitpatentschrift Sp 1 Z 31), bedingt jedoch keine strukturell fassbaren und damit abgrenzbaren Unterschiede gegenüber einem durch Merkmal 4 gemäß Hauptantrag ausgestalteten Werkzeug, sodass der Mangel an erfinderischer Tätigkeit weiterhin besteht.

b) Die gemäß zweitem Hilfsantrag verteidigte Fassung unterscheidet sich von der erteilten Fassung ebenfalls im Merkmal 4 des Patentanspruchs 1, das nunmehr lautet:

der profilierte Abschnitt des Werkzeugs ist zu der mit Nut oder Feder versehenen Stirnfläche eines Profilbretts komplementär geformt, so dass sich ein in vertikaler Richtung dreigeteilter Profilierungsabschnitt (7) ergibt mit einer zu der Feder (17) eines Profilbretts (10) komplementären Nut (18) oder einer Feder (13), die zum Eingriff in eine Nut (14) der Stirnseite (9) eines Profilbretts (10) dient

(Unterstreichungen kennzeichnen die gegenüber Hauptantrag geänderten Textstellen). Die Änderungen ergeben sich aus der Streitpatentschrift Sp 1 Z 31 und Sp 3 Z 58.

Das gegenüber dem Hilfsantrag 1 hinzugenommene Teilmerkmal eines in vertikaler Richtung dreigeteilten Profilierungsabschnitts vermag den Mangel an erfinderischer Tätigkeit nicht zu beseitigen. Denn das gattungsgemäße Werkzeug aus der D6 weist bereits eine solche übliche, dreigeteilte Profilierung auf (vgl D6 Figur), die zwangsläufig auch in dem sich aus der Zusammenschau mit der D4 dem Fachmann erschließenden Bereich des Zurückversatzes vorliegt.

c) Die gemäß drittem Hilfsantrag verteidigte Fassung unterscheidet sich von der Fassung gemäß Hilfsantrag 2 durch die Angabe des Zurückversatzes "um wenigstens 1 mm" im Merkmal 6 des Patentanspruch 1 und ergibt sich aus einer Bereichsgrenze gemäß Patentanspruchs 3 der erteilten Fassung. Die Fassung weist somit gegenüber der erteilten Fassung geänderte Merkmale 4 und 6 auf (Unterstreichungen kennzeichnen die gegenüber Hauptantrag unterschiedlichen Textstellen).

Merkmal 4:

der profilierte Abschnitt des Werkzeugs ist zu der mit Nut oder Feder versehenen Stirnfläche eines Profilbretts komplementär geformt, so dass sich ein in vertikaler Richtung dreigeteilter Profilierungsabschnitt (7) ergibt mit einer zu der Feder (17) eines Profilbretts (10) komplementären Nut (18) oder einer Feder (13), die zum Eingriff in eine Nut (14) der Stirnseite (9) eines Profilbretts (10) dient.

Merkmal 6:

der obere Bereich des profilierten Abschnitts, der mit dem Profilbrett oberhalb von Nut und Feder korrespondiert, ist (in der Montagelage) gegenüber dem mit dem Profilbrett unterhalb von Nut und Feder korrespondierenden unteren Bereich des profilierten Abschnitts des Werkzeugs um wenigstens 1 mm zu dessen Mitte zurückversetzt.

Ausgehend von dem formschlüssigen Werkzeug der D6 wird der Fachmann bei der Erprobung von Werkzeugen mit unterschiedlichem Zurückversatz aus dem sich aus der Zusammenschau der D6 und der D4 ergebenden Bereich zwanglos einen Zurückversatz von wenigstens 1 mm auswählen. Erfinderischen Zutuns bedarf es dazu nicht.

d) Die gemäß viertem Hilfsantrag verteidigte Fassung unterscheidet sich von der erteilten Fassung durch die Änderung der Merkmale 4 und 6 (Unterstreichungen kennzeichnen die gegenüber Hauptantrag unterschiedlichen Textstellen).

Merkmal 4:

der profilierte Abschnitt des Werkzeugs ist zu der mit Nut oder Feder versehenen Stirnfläche eines Profilbretts komplementär geformt, so dass sich ein in vertikaler Richtung dreigeteilter Profilierungsabschnitt (7) ergibt mit einer zu der Feder (17) eines Profilbretts (10) komplementären Nut (18) oder einer Feder (13), die zum Eingriff in eine Nut (14) der Stirnseite (9) eines Profilbretts (10) dient.

Merkmal 6:

der obere Bereich des profilierten Abschnitts, der mit dem Profilbrett oberhalb von Nut und Feder korrespondiert, ist (in der Montagelage) gegenüber dem mit dem Profilbrett unterhalb von Nut und Feder korrespondierenden unteren Bereich des profilierten Abschnitts des Werkzeugs zu dessen Mitte zurückversetzt, wobei der zurück versetzte obere Bereich (22) des profilierten Abschnitts (7) sich bis zu der Nut (14) oder zur Feder (17) des Profilbretts (10) erstreckt, so dass sich zwischen den Bereichen oberhalb der Nut-Feder-Verbindung ein bis zu der Feder (17) des Profilbretts (10) oder zu einer Feder des Werkzeugs herabreichender Spalt mit einer der Versetzung entsprechenden Breite ergibt.

Der gegenüber Hilfsantrag 3 in das Merkmal 6 zusätzlich aufgenommene Passus ergibt sich aus dem Patentanspruch 2 in der erteilten Fassung in Verbindung mit der Beschreibung Sp 4 Z 25 bis 32 des Streitpatents. Demgemäss entfällt Patentanspruch 2 der erteilten Fassung; die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 4 weist somit nurmehr insgesamt 10 Patentansprüche auf.

Das Teilmerkmal 4 eines in vertikaler Richtung dreigeteilten Profilierungsabschnitts vermag, wie bereits zum Hilfsantrag 2 ausgeführt, den Mangel an erfinderischer Tätigkeit nicht zu beheben.

Die Ausgestaltung des Merkmals 6 durch das Merkmal des Patentanspruchs 2 in der erteilten Fassung derart, dass bei vollständig angesetztem Werkzeug ein bis zur Nut oder zur Feder des Profilbretts herabreichender Spalt mit einer der Versetzung entsprechenden Breite verbleibt, ergibt sich für den Fachmann unmittelbar bei der Auswahl eines Zurückversatzes aus dem Bereich, der durch die Grenzwerte aus den Druckschriften D6 und D4 vorgegeben ist, und somit in naheliegender Weise aus den Vorgaben des Standes der Technik.

e) Gemäß fünftem Hilfsantrag verteidigt der Beklagte das Patent mit einer Fassung des Patentanspruchs 1, in der gegenüber der Fassung gemäß Hilfsantrag 4 zum einen das Merkmal 6 durch die Angabe des Zurückversatzes "um wenigstens 1 mm" ergänzt und zum anderen das Merkmal des Patentanspruchs 7 der erteilten Fassung als eigenständiges Merkmal 7 hinzugekommen ist (Unterstreichungen kennzeichnen die gegenüber Hauptantrag unterschiedlichen Textstellen).

Merkmal 4:

der profilierte Abschnitt des Werkzeugs ist zu der mit Nut oder Feder versehenen Stirnfläche eines Profilbretts komplementär geformt, so dass sich ein in vertikaler Richtung dreigeteilter Profilierungsabschnitt (7) ergibt mit einer zu der Feder (17) eines Profilbretts (10) komplementären Nut (18) oder einer Feder (13), die zum Eingriff in eine Nut (14) der Stirnseite (9) eines Profilbretts (10) dient.

Merkmal 6:

der obere Bereich des profilierten Abschnitts, der mit dem Profilbrett oberhalb von Nut und Feder korrespondiert, ist (in der Montagelage) gegenüber dem mit dem Profilbrett unterhalb von Nut und Feder korrespondierenden unteren Bereich des profilierten Abschnitts des Werkzeugs um wenigstens 1 mm zu dessen Mitte zurückversetzt, wobei der zurück versetzte obere Bereich (22) des profilierten Abschnitts (7) sich bis zu der Nut (14) oder zur Feder (17) des Profilbretts (10) erstreckt, so dass sich zwischen den Bereichen oberhalb der Nut-Feder-Verbindung ein bis zu der Feder (17) des Profilbretts (10) oder zu einer Feder des Werkzeugs herabreichender Spalt mit einer der Versetzung entsprechenden Breite ergibt.

Merkmal 7:

und wobei eine oder beide Stirnseiten (5) einen profilierten Abschnitt aufweisen, der zu der Nut (14) oder Feder (17) des Profilbretts (10) komplementär ausgebildet ist.

Demgemäss entfällt der Patentanspruch 7 der erteilten Fassung, die Patentansprüche 2 und 3 der erteilten Fassung werden beibehalten, die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 5 weist demnach insgesamt 10 Patentansprüche auf.

Auch die Kombination sämtlicher in den Hilfsanträgen 1 bis 4 vorgenommenen Änderungen führt mangels erfinderischer Tätigkeit nicht zu einem patentfähigen Werkzeug. Erfinderisches Zutun ist, wie bereits zum Patentanspruch 7 gemäß Hauptantrag ausgeführt, aber auch nicht erforderlich, um bei Bedarf ein Werkzeug mit geänderten Merkmalen 4 und 6 zusätzlich mit dem Merkmal 7 und damit so auszugestalten, dass es problemlos auch an der gegenüber der langen Stirnseite nur bedingt zugänglichen kurzen Stirnseite üblicher Profil- und Dielenbretter an- und einsetzbar ist.

f) Dies gilt aus den bereits beim Hauptantrag ausgeführten Gründen auch für ein jeweils durch Merkmale der verbleibenden Unteransprüche der Hilfsanträge weiter ausgestaltetes Werkzeug, soweit diese Unteransprüche angegriffen sind.

3. Bei dieser Sachlage brauchte auf die Frage der Neuheit bzw. Abgrenzbarkeit eines anspruchsgemäßen Werkzeugs, die von der Klägerin sowohl gegenüber der D4 bzw. der D1 als auch gegenüber der D5 bemängelt wurde, nicht eingegangen werden. Ebenso kann dahinstehen, ob die Erfindung gemäß Streitpatent, wie von Klägerseite vorgetragen, nur in Verbindung mit dem jeweils dazu passenden Profilbrett, zu dem das beanspruchte Werkzeug komplementär ausgebildet sein soll, ausführbar ist, und ob die gemäß Hilfsanträgen jeweils neuformulierten Patentansprüche 1, wie von Klägerseite bemängelt, unklar und daher unzulässig sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 92 Abs 1 und § 269 Abs 3 Satz 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der von der Klägerin entrichteten Gerichtsgebühren beruht auf § 99 PatG iVm § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Hellebrand Dr. Niklas Brandt Dr. Kellner ist wegen Urlaubsabwesenheit verhindert zu unterschreiben.

Hellebrand Dr. Egerer Pr






BPatG:
Urteil v. 04.11.2003
Az: 3 Ni 27/02


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