Landgericht Essen:
Urteil vom 20. April 1990
Aktenzeichen: 4 (19) O 576/88

(LG Essen: Urteil v. 20.04.1990, Az.: 4 (19) O 576/88)

Tenor

hat die 19. Zivilkammer des Landgerichts Essen

auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 1990

durch den Richter am Landgericht G.,

den Richter am Landgericht V. und

den Richter Dr. X.

für R e c h t erkannt:

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner 6.080,78 DM (i. W.: sechstausendachtzig und 78/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen von 5.775,49 DM seit dem 02. Dezember 1988 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung von 10.000,--DM.

Die Sicherheitsleistung kann durch eine unbedingte, unwiderrufliche selbst-schuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kre-ditinstitutes in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte zu 1.) als Fahrerin und Halterin des Pkw VW-Derby, amtliches Kennzeichen und die Beklagte zu 2.) als Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1.) auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 19.07.1988 gegen 19.21 Uhr in Essen, Kreuzung Berliner Platz/Segerothstraße wie folgt ereignet hat:

Der Kläger befuhr mit seinem Pkw Ford Eskort, amtliches Kennzeichen den Berliner Platz in westlicher Richtung, die Beklagte bewegte sich auf der Segerothstraf3e in südostwärtiger Richtung, als es im Kreuzungsbereich zu einer Kollision kam, indem der Kläger mit dem Frontbereich seines Fahrzeugs gegen die linke hintere Seite des Beklagtenfahrzeuges prallte. Zum Unfallzeitpunkt war die dort installierte Lichtzeichenanlage aufgrund von Bauarbeiten außer Betrieb, so daß der Kreuzungsbereich durch Verkehrszeichen gesichert war, welche dem Kläger die Vorfahrt einräumten.

Der Kläger beziffert seinen Gesamtschaden unter Berufung auf ein vorprozessual eingeholtes Gutachten des Sachverständigen G.l wie folgt:

1. Fahrzeugschaden 4.591,33 DM

2. Gutachterkosten 548,11 DM

3. Mietwagenkosten für die Zeit vom

20. bis 25.07.1988 909,07 DM

4. Nebenkostenpauschale 40,-- DM

6.088,51 DM.

Das Fahrzeug wurde in der Zeit vom 06.08. bis zum 11.08.1988 repariert; für diesen Zeitraum ist weder ein Anspruch auf Mietwagenkosten noch auf Nutzungsausfall geltend gemacht worden.

Der Kläger behauptet, in der Zeit, als er den Mietwagen in Anspruch genommen habe, sei sein Fahrzeug nicht nutzbar gewesen.

Mit Schriftsatz vom 21.02.1990 (Bl. 157 d.A.) begehrte der Kläger desweiteren eine 7,5/10 Besprechungsgebühr zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 305,29 DM für eine Besprechung von Schadensbildern mit dem Vertreter des von dem Kläger beauftragten Sachverständigen sowie dem Sachbearbeiter der Beklagten aufgrund des von der Beklagtenseite erhobenen Einwandes, die Schadensbilder würden nicht zueinander passen. Im einzelnen wird auf den genannten Schriftsatz (Bl. 157 f. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

die beklagte Partei, mehrere als Gesamtschuldner, zu verurteilen, an die Klagepartei 6.088,51 DM nebst 8,5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit sowie weitere 305,29 DM zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten, daß die von dem Sachverständigen G. festgestellten Schäden auf das geschilderte Unfallereignis zurückzuführen sind und behaupten, daß diese entweder bereits vor dem Unfall vorhanden gewesen oder nach dem Unfall entstanden seien. Eine Überprüfung der Beschädigungen der beteiligten Fahrzeuge durch die DEKRA habe ergeben, daß es an einer Kongruenz der jeweiligen Schäden fehle. Nach Struktur, Umfang und der jeweiligen Höhenlage der Beschädigungen zeige sich in hinreichender Deutlichkeit, daß diese nichts miteinander zu tun hätten. Selbst wenn ein allenfalls geringer Teil der Schäden auf dem von der Beklagten zu 1.) verursachten Auffahrunfall beruhen sollte, fehle es doch, wie die Beklagten meinen, an einer substantiierten Differenzierung der unfallbedingten und unfallunabhängigen Schäden, so daß die Klage wegen etwa verbleibender Restbeträge unschlüssig wäre.

Das Gutachten des Sachverständigen G. sei, wie sie meinen, ebenfalls nicht erstattungsfähig, da es mit dem gegenwärtig zu beurteilenden Schadensfall nicht in Zusammenhang stehe.

Eine Erstattung der Mietwagenkosten komme mangels Ursächlichkeit ebensowenig in Betracht. Bei fachgerechter Reparatur wäre der Reparaturaufwand zudem erheblich geringer gewesen.

Als Kostenpauschale sei lediglich ein Betrag von 30,-- DM angemessen.

Die im Wege der Klageerweiterung geltend gemachte Besprechungsgebühr halten die Beklagten nicht für erstattungsfähig; insoweit wird auf ihren Schriftsatz vom 29.03.1990 (Bl. 213 f. d.A.) Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen G. und Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen der Beweisthemen und des Inhalts der Zeugenaussage bzw. des Sachverständigengutachtens wird auf die Bewejsbeschlüsse vom 08. Dezember 1989 (Bl. 146 und 147 d.A.), das Protokoll vom 08. Dezember 1989 (Bl. 146 f. d.A.) und das Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. X. und Dipl.-Ing. T. vom 26. Februar 1990 (81. 159 - 200 d.A.) Bezug genommen.

Die Akte der Stadt Essen - Straßenverkehrsamt - Az.: 393-9.845 749.6 war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

I.

Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

1.

Der Kläger hat in der ausgeurteilten Höhe einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1.) aus §§ 7, 18 StVG, § 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2 8GB i.V.m. § 8 StVO und gegen die Beklagte zu 2.) jeweils in Verbindung mit § 3 PflichtVG auf Ersatz der unfallbedingten Schäden, da die Beklagte zu 1.) aufgrund der unstreitigen Vorfahrtsverletzung das alleinige Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls trägt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht die Kammer davon aus, daß alle Schadenspositionen auf den von der Beklagten zu 1.) verursachten Unfall zurückzuführen sind; die Positionen Mietwagenkosten und Nebenkostenpauschale sind jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe erstattungsfähig.

a)

Der geltend gemachte Fahrzeugschaden von 4.591,33 DM ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in vollem Umfang erstattungsfähig: Wie die Sachverständigen X. und T. überzeugend und nachvollziehbar dargelegt haben, sind die Verformungen an den beiden Fahrzeugen einander in vollem Umfang zuordnungsfähig. Die Sachverständigen bestätigen damit im Ergebnis auch die Aussage des Zeugen G., der in seiner Aussage zu dem gleichen Ergebnis gekommen ist. Eine anderweitige Schadenskausalität erscheint der Kammer danach ausgeschlossen.

Da damit zugleich die Brauchbarkeit des vom Kläger in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens G.erwiesen ist, sind auch die dafür geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von 548,11 DM entsprechend der Rechnung vom 25.07.1988 (Bl. 9 d.A.) erstattungsfähig.

Die geltend gemachten Mietwagenkosten sind dagegen nur für die Dauer der tatsächlichen Reparaturzeit (vier Tage) in Höhe von 606,05 DM erstattungsfähig.

Als Nebenkostenpauschale ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ein Betrag von 30,-- DM angemessen und ausreichend; ein höherer Betrag muß konkret nachgewiesen werden.

2.

Der Kläger hat ferner Anspruch auf Erstattung einer Besprechungsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO. Bei der Besprechung der Schadensbilder mit dem Sachverständigen bzw. dessen Vertreter, die den zentralen Punkt des vorliegenden Rechtsstreits zum Gegenstand hatte und letztlich zur Einholung eines weiteren Gutachtens führte, entsteht eine Gebühr im Sinne der Nr. 2 des § 118 Abs. 1 BRAGO (vgl. dazu Gerold/Schmidt, BRAGO, § 118, Anm. 8 f m.w.N.). Es handelte sich bei der Besprechung nicht um eine bloße, nicht erstattungsfähige Nachfrage im Sinne der Vorschrift. Ferner ist die danach angefallene Gebühr auch nicht direkt oder entsprechend nach § 118 Abs. 2 BRAGO auf nachfolgende Gebühren anzurechnen (vgl. insoweit Gerold/Schmidt, a.a.0., Anm. 25). Der Höhe nach ist regelmäßig von dem - auch hier geltend gemachten - Mittelwert von 7,5/10 auszugehen (vgl. Gerold/Schmidt, a.a.O., Anm. 18 m.w.N.).

3.

Der Zinsanspruch ist nur in der ausgeurteilten Höhe aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.






LG Essen:
Urteil v. 20.04.1990
Az: 4 (19) O 576/88


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