Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. November 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 72/03

(BPatG: Beschluss v. 07.11.2006, Az.: 33 W (pat) 72/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 1 vom 5. Dezember 2002 aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Fortsetzung des Verfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 17. Juli 2000 die Wortmarke Quarzwerkefür verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 37 und 40 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 1 hat die Anmeldung durch Beschluss vom 5. Dezember 2002 gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass das angemeldete Zeichen unmittelbar den Herkunfts- oder Erbringungsort der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen beschreibe. Für die angesprochenen Verkehrskreise ergebe sich der Hinweis auf die Fabrikations- bzw. Gewinnungsstätte der Quarzsande und den Erbringungsort der Dienstleistungen, nämlich Werke, in denen Quarz (als Sand oder Mehl) verarbeitet werde.

Das angemeldete Zeichen könne die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG auch nicht im Wege der Verkehrsdurchsetzung überwinden. Zur Bewertung der Frage der Verkehrsdurchsetzung seien sowohl eine Verkehrsbefragung durch den DIHK und ein von der Anmelderin eingereichtes Gutachten der Infratest Burke Rechtsforschung sowie weitere Unterlagen (Werbung, Firmenpräsentation, Zeitungsartikel, Handelsregisterauszüge) herangezogen worden. In der Gesamtschau aller Unterlagen und Erklärungen ergebe sich nicht der hinreichende Nachweis einer Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG. Die Verkehrsbefragung durch den DIHK habe einen Zuordnungsgrad des angemeldeten Zeichens von 39,16 % unter den Herstellern und von 16,36 % unter den Händlern ergeben. Diese Zahlen reichten bei weitem nicht für eine Verkehrsdurchsetzung aus. Aus den eingereichten Werbematerialien ergebe sich nur, dass das Unternehmen und seine Produkte beworben würden. Es ließen sich jedoch keine Rückschlüsse auf den Umfang der Werbeaufwendungen ziehen. Das beigefügte Gutachten könne aus mehreren Gründen eine Verkehrsdurchsetzung nicht hinreichend belegen. Zum ersten sei ausweislich des Titels eine Untersuchung der Verkehrsgeltung der Bezeichnung durchgeführt worden. Für eine Verkehrsgeltung i. S. d. § 4 Nr. 2 MarkenG seien jedoch weniger strenge Anforderungen als an eine Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG zu stellen. Weiterhin sei zu bemängeln, dass die Grundlage des Gutachtens überwiegend (wenn auch nicht ausschließlich) von der Anmelderin zur Verfügung gestellte Kundendaten seien. Dies stelle schon eine starke Einschränkung der beteiligten Verkehrskreise dar. Zu diesen gehörten auch - anders als bei Verkehrsgeltung - andere Hersteller.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Diese hat zuletzt beantragt, das Verfahren an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Sie hat ihr Warenverzeichnis eingeschränkt wie folgt:

"Quarzsand, Quarzmehl, zur Verwendung in den Bereichen der Bauchemie, der chemischen Synthese, der Dentalindustrie, für Farben, Lacke und Beschichtungen, für feuerfeste Produkte in Gießereien, der Glasindustrie und für Keramik-, und Email-Produkte".

Sie hat im Verfahren vor dem Bundespatentgericht folgende weitere Unterlagen zur Verkehrsdurchsetzung vorgelegt:

- sogenannte Stoffdatenblätter, die als Informationsmaterial an den Kunden weitergegeben werden und auf denen sich die Marke "Quarzwerke" befindet;

- Prospekte der Anmelderin, die die Einsatzmöglichkeiten der Produkte erläutern und auf denen ebenfalls die Marke "Quarzwerke" aufgebracht ist;

- Aufsätze aus Fachzeitschriften;

- Rechnungskopien, Lieferscheine und Auftragsbestätigungen;

- Auszüge aus den Monatsberichten des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2005 sowie eine Aufstellung des Bundesverbands der Deutschen Kies- und Sandindustrie.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat insoweit Erfolg, als sie zur Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG zur Durchführung eines Verkehrsdurchsetzungsverfahrens führt.

1. Die Bezeichnung "Quarzwerke" ist mangels Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von Haus aus nicht schutzfähig.

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren und Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 - Henkel; GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674 - POSTKANTOOR).

Die angemeldete Bezeichnung setzt sich aus den Wörtern "Quarz" und "werke" zusammen. Wie die Markenstelle insoweit zutreffend ausgeführt hat, beschreibt das Gesamtzeichen dabei unmittelbar den Herkunfts- oder Erbringungsort der so gekennzeichneten Waren. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen ergibt sich der Hinweis auf die Fabrikations- bzw. Gewinnungsstätte der Quarzsande und entgegen der Ansicht der Anmelderin handelt es sich bei dieser Bezeichnung auch um ein gebräuchliches Wort. Der Begriff "Quarzwerke" wird von verschiedenen Herstellern verwandt (vgl. z. B. Quarzwerke Österreich GmbH - www.quarzwerke.at; Westdeutsche Quarzwerke Dr. Müller GmbH - www.euroquarz.de).

Die angesprochenen Verkehrskreise werden den beschreibenden Charakter des Gesamtzeichens für die beanspruchten Waren ohne weiteres erkennen und dieses von Haus aus nicht als betriebskennzeichnend auffassen.

2. Nach Auffassung des Senats besteht allerdings nach den nunmehr im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen die Möglichkeit, dass der Begriff "Quarzwerke" als Marke eingetragen werden kann, weil sich der Begriff in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat (§ 8 Abs. 3 MarkenG).

Eine insoweit erforderliche Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung verlangt Angaben, aus denen sich ergibt, in welcher Form, für welche Waren und Dienstleistungen, von wem, in welchem Gebiet und Umfang sowie seit wann die angemeldete Marke im Verkehr nach Art einer Marke eingesetzt worden ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rz. 345 m. w. N.). Die Anmelderin hat durch die nunmehr eingereichten Unterlagen glaubhafte Anhaltspunkte dafür geliefert, dass die Bezeichnung "Quarzwerke" hinsichtlich der nunmehr noch beanspruchten Waren vom Verkehr als Betriebskennzeichen aufgefasst wird.

Aus den eingereichten Stoffdatenblättern, Rechnungskopien, Lieferscheinen und Auftragsbestätigungen ergibt sich, dass der Begriff "Quarzwerke" in Verbindung mit den begehrten Waren Verwendung findet. Aus den vorgelegten Aufsätzen aus Fachzeitschriften ist zu entnehmen, dass die A... GmbH der zweitgrößte Produzent Europas von Quarzsanden und Marktführer in Deutschland, Österreich und Polen ist. Aus den vorgelegten Monatsberichten des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2005 sowie aus der Aufstellung des Bundesverbands der Deutschen Kies- und Sandindustrie lässt sich feststellen, dass die Verwendung von entsprechenden Spezialsanden und Kiesen für die verarbeitende Industrie im Jahr 2005 insgesamt 6,4 Millionen Tonnen betragen hat. Hiervon hat die Quarzwerke GmbH im Jahr 2005 über 4,5 Millionen Tonnen abgesetzt. Dies sind mehr als 2/3 des Gesamtabsatzes.

Aufgrund einer Gesamtschau dieser vorgelegten Unterlagen erscheint es angebracht, die Sache zur Prüfung der Verkehrsdurchsetzung an das Deutsche Patentund Markenamt zurückzuverweisen, damit die Markenstelle amtliche Ermittlungen zum Durchsetzungsgrad der Marke anstellen kann.






BPatG:
Beschluss v. 07.11.2006
Az: 33 W (pat) 72/03


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