Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 14. September 2011
Aktenzeichen: L 19 AS 879/10 B

(LSG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 14.09.2011, Az.: L 19 AS 879/10 B)

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.04.2010 geändert. Die Vergütung wird auf 249,90 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung streitig.

Durch Bescheid vom 16.07.2007 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin und deren minderjährigen Tochter Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 795,00 EUR monatlich (Regelleistung für die Antragstellerin 472,00 EUR + Kosten für Unterkunft und Heizung von 323,00 EUR) für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.01.2008. Zum 01.09.2007 zog die Antragstellerin in die Wohnung L-straße 00, 00000 H um. Mit der Vermieterin vereinbarte die Antragstellerin, dass sie bis zum 01.12.2007 keine Miete zu zahlen habe. Mit Schreiben vom 02.10.2007 und 26.10.2007 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu einer beabsichtigten teilweisen Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 16.07.2007 für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2007 an. Die Antragsgegnerin zahlte an die Antragstellerin für November 2007 einen Betrag von 346,89 EUR aus. Sie veranlasste die vorläufige Einstellung der bewilligten Kosten für Unterkunft und und Heizung und erhöhte den Forderungseinzug auf einen Betrag von 92,60 EUR. Mit Schreiben vom 29.10.2007 nahm die Antragstellerin, vertreten durch den Beschwerdeführer, zu den Anhörungsschreiben Stellung. Durch Bescheid vom 14.11.2007 bewilligte die Antragsgegnerin der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 795,00 EUR für die Zeit vom 01.08. bis 30.11.2007 sowie in Höhe von 581,56 EUR für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.01.2008.

Am 13.11.2007 beantragte die Antragstellerin, vertreten durch den Beschwerdeführer, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Auszahlung eines Betrages in Höhe von 400,00 EUR zu verpflichten.

Durch Beschluss vom 22.11.2007 bewilligte das Sozialgericht Gelsenkirchen der Antragstellerin für die Zeit ab dem 13.11.2007 Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer bei. Nachdem der Beschwerdeführer Kenntnis von dem Erlass des Bescheides vom 14.11.2007 erhalten hatte, erklärte er den Rechtsstreit für erledigt. Durch Beschluss vom 28.04.2010 stellte das Sozialgericht fest, dass die Beteiligten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben.

Am 06.12.2007 hat der Beschwerdeführer beantragt, seine Vergütung aus der Staatskasse auf 579,77 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von:

Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR

Vergleichsgebühr gem. Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR

Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

Fahrtkosten gem. Nr. 7003 VV RVG 7,20 EUR

Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR

19 % MwSt gem. Nr. 7008 VV RVG 92,57 EUR.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 11.12.2007 auf 160,65 EUR festgesetzt und zwar in Höhe von.

Verfahrensgebühr gem. Nr. 3103 VV RVG 115,00 EUR

Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

19 % MwSt gem. Nr. 7008 VV RVG 25,65 EUR.

Für das in Dauer, Umfang, Bedeutung und Komplexität der anwaltlichen Tätigkeit unterdurchschnittliche Verfahren im Vergleich zu allen anderen sozialgerichtlichen Verfahren habe nur eine unterdurchschnittliche Verfahrensgebühr festgesetzt werden können. Des Weiteren sei der Gebührentatbestand der Nr. 3103 VV RVG einschlägig, da eine die Tätigkeit in der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienendes Verwaltungsverfahren dem Gerichtsverfahren vorausgegangen sei. Da ein Termin nicht stattgefunden habe, seien die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld nicht erstattungsfähig. Die Vergleichsgebühr sei nicht angefallen, da das Verfahren durch Antragsrücknahme geendet habe.

Gegen die Nichtberücksichtigung der Vergleichsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG und die Kürzung der Verfahrensgebühr um mehr als die Hälfte der Mittelgebühr hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt. Gegen die Nichtberücksichtigung der Fahrtkosten und des Abwesenheitsgeldes hat er sich nicht gewandt.

Durch Beschluss vom 28.04.2010 hat das Sozialgericht die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 30.04.2010 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 11.05.2010 Beschwerde eingelegt. Er begehrt die Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 250,00 EUR sowie die Festsetzung einer weiteren Gebühr in Höhe von. 190,00 EUR nach Nr. 1006 VV RVG oder nach Nr. 3106 VV RVG. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und nicht durch den Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 HS. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), auch wenn der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. § 33 Abs. 8 Satz 1 HS. 2 RVG, wonach auch über die Beschwerde der Einzelrichter entscheidet, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen worden ist, findet im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung, selbst wenn die angefochtene Entscheidung durch den Kammervorsitzenden allein ergangen ist. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG weist die Entscheidung dem Einzelrichter als Mitglied des Gerichts zu. Der Kammervorsitzende des Sozialgerichts entscheidet nicht als einzelnes Mitglied der Kammer, sondern als Kammer in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter, denn diese wirken gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mit. Die Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist daher keine Einzelrichterentscheidung im Sinne des § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG (vgl. LSG NRW Beschluss vom 16.12.2009 - L 19 B 179/09 AS - mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen u. vom 06.04.2011 - L 8 R 688/10 B -; a. A. LSG NRW Beschlüsse vom 14.07.2010 - L 1 AS 57/10 B - und vom 10.02.2011 - L 9 AS 1290/10 B)

A.

Die Beschwerde ist zulässig.

Das Rechtsmittel der Beschwerde gegen eine Erinnerungsentscheidung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG ist gegeben (vgl. Beschluss des Senats vom 23.02.2011 - L 19 AS 1522/10 B - mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; LSG Bayern Beschluss vom 18.01.2010 - L 13 SF 288/09 E -; LSG Mecklenburg-Vorpommern Beschluss vom 17.07.2008 - L 6 B 93/07 - LSG Thüringen Beschluss vom 18.02.2008 - L 6 B 3/08 SF -; LSG Sachsen Beschluss vom 21.06.2005 - L 6 B 73/04 RJ/KO -; LSG Saarland Beschluss vom 29.01.2009 - L 1 B 16/08 R -; a. A. LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 24.02.2009 - L 15 SF 9/09 B -; LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 26.01.2011 - L 1 B 266/09 SF E -; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 28.10.2008 - L 9 B 19/08 AS SF -; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 30.10.2010 - L 4 P 8/09 B -, LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 19.06.2009 - L 12 AS 2241/09 KE -; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 02.05.2011 - L 10 P 112/10 B).

Die Beschwerde ist statthaft. Nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 RVG findet die Beschwerde gegen eine Entscheidung über eine Erinnerung statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, die Beschwerde zugelassen hat (§ 33 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 RVG). Der Beschwerdewert bestimmt sich nach der Differenz zwischen der festgesetzten und der mit der Beschwerde geltend gemachten Gebühr zuzüglich Mehrwertsteuer (LSG NRW Beschluss vom 04.06.2008 - L 19 B 5/08 AL). Vorliegend übersteigt die Beschwer den Betrag von 200,00 EUR. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung seiner Vergütung auf 160,65 EUR und begehrt die Festsetzung einer Vergütung von 547,40 EUR (250,00 EUR + 190,00 EUR + 20,00 EUR + 87,40 EUR). Die Differenz zwischen festgesetzter und begehrter Vergütung beträgt 386,75 EUR. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) ist gewahrt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 Satz 1 RVG).

B.

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

Der Beschwerdeführer hat gegenüber der Staatskasse einen Vergütungsanspruch in Höhe von 249,90 EUR aus § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG. Im Übrigen ist Beschwerde unbegründet.

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung von der Staatskasse, soweit in Abschnitt 8 des RVG nichts anderes bestimmt ist. Dieser Vergütungsanspruch ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG nach seinem Grund und seiner Höhe von dem Umfang der Beiordnung abhängig (Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl. § 48 Rdz. 5 m.w.N.). Der beigeordnete Rechtsanwalt kann sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab dem Wirksamwerden seiner Beiordnung und unter der Voraussetzung einer wirksamen Vollmacht des begünstigten Beteiligten ergeben. Vorliegend besteht ein Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers. Zwischen der Antragstellerin und ihm hat ein Mandatsverhältnis bestanden, welches durch die Vorlage einer Prozessvollmacht dokumentiert ist. Im Beschluss vom 22.11.2007 über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe an die Antragstellerin ist der Beschwerdeführer ab dem 13.11.2007, dem Zeitpunkt der Antragstellung, beigeordnet worden. Der Senat ist an die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Kostenfestsetzungsverfahren gebunden. Eine inhaltliche Überprüfung erfolgt nicht.

Der beigeordnete Rechtsanwalt kann nach § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab dem Wirksamwerden ihrer Beiordnung ergeben.

1.

Nach dem Wirksamwerden der Beiordnung zum 13.11.2007 hat der Beschwerdeführer einen Schriftsatz im gerichtlichen Verfahren gefertigt, so dass der Tatbestand der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 Anlage 1 zum RVG (VV RVG) gegeben ist. Der Beschwerdeführer hat für die Antragstellerin ein nach § 183 SGG gerichtskostenfreies Verfahren betrieben und ist für sie in einem dem Gerichtsverfahren vorausgegangenen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren nicht tätig gewesen.

Dabei kann dahinstehen, ob der Tatbestand der Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG, die einen niederigeren Gebührenrahmen bei dem Tätigwerden in einem vorausgegangenen Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren vorsieht, schon dann gegeben ist, wenn ein Rechtsanwalt vor der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens seinen Mandanten in derselben Angelegenheit in einem Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren vertreten hat (so LSG NRW Beschluss vom 27.06.2011 - L 9 AS 1699/10 B - m.w.N., LSG Thüringen - L 6 SF 653/10 B) oder ein Tätigwerden des Rechtsanwalts in einem vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens abgeschlossenen Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren erforderlich ist (LSG NRW Beschluss vom 29.01.2007 - L 1 B 35/07) oder eine Identität des Streitgegenstandes der Verfahren gegeben sein muss (so LSG NRW Beschlüsse vom 20.07.2011 - L 16 AL 103/10 B - und vom 24.02.2011 - L 7 B 40/08 -; so auch LSG Hessen Beschluss vom 24.01.2011 - L 2 SF 30/09 E - zumindest zum Verfahren nach § 86 Abs. 1 SGG). Denn nach allen vertretenen Auffassung ist vorliegend der Tatbestand der Nr. 3103 VV RVG nicht gegeben. Zwar ist der Beschwerdeführer für die Antragstellerin neben dem einstweiligen Rechtschutzverfahren auch in dem von der Antragsgegnerin eingeleiteten Anhörungsverfahren nach § 24 SGB X, das Bestandteil eines Verwaltungsverfahrens, gerichtet auf den Erlass eine Aufhebungsbescheides hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit ab dem 01.09.2007, gewesen ist (vgl. hierzu BSG Urteil vom 25.02.2010 - B 11 AL 24/08 R = juris Rn 20f), tätig gewesen und ist dieses Tätigwerden auch zeitlich vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens erfolgt. Jedoch haben das Anhörungsverfahren nach § 24 SGB X und das gerichtliche Verfahren unterschiedliche Gegenstände betroffen, nämlich zum einen die Aufhebung der Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.09 bis 30.11.2007 und zum anderen den Anspruch der Antragstellerin auf ungekürzte Auszahlung der im Bescheid vom 16.07.2007 bewilligten Leistungen und damit die Berechtigung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Einstellung der Zahlung von Kosten für Unterkunft und Heizung für den Monat November 21007 ohne Verwaltungsakt nach §§ 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.d.F. (a. F.) bis zum 31.03.2011, 331 SGB III und Befugnis zur Aufrechnung nach § 43 SGB II i.d.F. bis zum 31.03.2011 (a.F.). Mithin haben das Verwaltungsverfahren und das Verfahren nach § 86b SGG nicht den selben Verwaltungsakt bzw. den gleichen materiellen Anspruch der Antragstellerin betroffen, so dass auch nach der weitgehendsten Auffassung, dass ein paralleles Betreiben eines Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren und des einstweiligen Rechtschutzverfahrens, die den gleichen Verwaltungsakt zum Gegenstand haben, für den Anfall der Gebühr nach Nr. 3103 VV RVG genügt, die Voraussetzungen der Nr. 3103 VV RVG nicht gegeben sind. Das Verwaltungsverfahren ist zum Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens auch nicht abgeschlossen gewesen. Der Streitgegenstand des Verwaltungsverfahren, das auf die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2007 gerichtet gewesen ist, und des einstweiligen Rechtschutzverfahrens - Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Vollziehung des Bewilligungsbescheides vom 16.07.2007 - ist weiterhin nicht identisch gewesen.

Der sich aus Nr. 3102 VV RVG ergebende Gebührenrahmen beträgt 40,00 EUR bis 460,00 EUR. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Beschwerdeführer als beigeordneter Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Höhe der Verfahrensgebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers, und ihres besonderen Haftungsrisikos (§ 14 Abs. 1 Satz RVG). Die von einem beigeordneten Rechtsanwalt im Verfahren nach § 55 RVG getroffene Bestimmung ist nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Deshalb ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. das Gericht verpflichtet, die Billigkeit der Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt zu prüfen. Bei Angemessenheit der angesetzten Gebühr hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. das Gericht den Kostenansatz zu übernehmen, bei Unbilligkeit die Höhe der Betragsrahmengebühr festzusetzen.

Vorliegend ist der Ansatz einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG von 250,00 EUR durch den Beschwerdeführer unbillig. Bei der Bestimmung der Betragsrahmengebühr im konkreten Einzelfall ist von der Mittelgebühr auszugehen, die bei einem Normal-/Durchschnittsfall als billige Gebühr zu Grunde zu legen ist. Unter einem "Normalfall" ist ein Fall zu verstehen, in dem sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts unter Beachtung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt aller sozialrechtlichen Fälle abhebt (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 24). Ob ein Durchschnittsfall vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich mit den sonstigen bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Streitsachen. Ein Abweichen von der Mittelgebühr ist bei einem Durchschnittsfall nicht zulässig (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 24; vgl. zur Vorgängervorschrift des § 12 BRAGO: BSG Urteile vom 26.02.1992 - 9a RVs 3/90 - und vom 22.03.1984 - 11 RA 58/83 = SozR 1300 § 63 Nr. 4). Unter Zugrundelegung eines Rahmens von 40,00 EUR bis 460,00 EUR nach Nr. 3102 VV RVG beträgt die Mittelgebühr 250,00 EUR. Bei Abweichungen von einem Durchschnittsfall kann der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG eine geringere oder höhere Gebühr bis zur Grenze des vorgegebenen Rahmens ansetzen. Hinsichtlich der Überprüfung der Billigkeit einer solchen angesetzten Gebühr billigt die Rechtsprechung dem Rechtsanwalt einen Toleranzrahmen von bis zu 20 % zu (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 19 m.w.N). Die in § 14 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 aufgezählten fünf Bemessungskriterien stehen selbständig und gleichwertig nebeneinander (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 21). Alle Kriterien sind geeignet, ein Abweichen von der Mittelgebühr nach oben oder unten zu begründen. Das Abweichen eines Bemessungskriteriums vom Durchschnittsfall kann von jedem anderem Bemessungskriterium kompensiert werden (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 24,38,39).

Nach wertender Gesamtbetrachtung handelt es sich zur Überzeugung des Senats nicht um einen Normal-/Durchschnittsfall, sondern um einen leicht unterdurchschnittlichen Fall, der den Ansatz einer Verfahrensgebühr von 190,00 EUR (ca. 75% der Mittelgebühr) rechtfertigt. Dabei folgt der Senat nicht der Auffassung, dass in einem einstweiligen Rechtschutzverfahren nach § 86b SGG als Ausgangswert bei der Bemessung der anwaltlichen Gebühren grundsätzlich nicht auf die Mittelgebühr, sondern auf eine auf 2/3 reduzierte Mittelgebühr abzustellen ist (siehe LSG Hessen Beschluss vom 24.01.2011 - L 2 SF 30/09 E = juris Rn 31). Eine solche generelle Minderung des Gebührenrahmens sieht das VV RVG nicht vor. Vielmehr ordnet das VV RVG in der Vorbemerkung 3.2 Abs. 2 ausdrücklich an, dass in Verfahren der einstweiligen Anordnung und Verfahren auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sich die Gebühren nach Abschnitt 1, also nach den Nrn 3102, 3103 VV RVG richtet. Eine Minderung des Gebührenrahmens, der zwangsläufig mit dem Ansatz einer 2/3 Mittelgebühr als Gebühr für den Normalfall im Verfahren nach § 86b SGG verbunden ist, ist weder in den maßgeblichen Gebührentatbeständen noch in den Vorbemerkungen zu dem Abschnitt 1 vorgesehen. Die Bemessung der Gebühr hat im konkreten Einzelfall unter Abwägung der fünf Kriterien zu erfolgen.

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Antragsverfahren ist als leicht unterdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ist der Arbeits- und Zeitaufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er objektiv auch auf die Sache verwenden musste, zu würdigen. Dabei ist der gesamte Arbeits- und Zeitaufwand, den der Beschwerdeführer im Verfahren aufgewendet hat, in die Beurteilung mit einzubeziehen. Zwar hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall eine Antragschrift mit kurzer Antragsbegründung sowie zwei weitere kurze Schriftsätze - Vorlage der Prozessvollmacht und Abgabe einer verfahrensbeendenden Erklärung mit Kostenantrag - gefertigt. Auch ist berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer die erforderliche Erklärung der Antragstellerin zur Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes - eine eidesstattliche Versicherung - vorgelegt hat. Weitere Tätigkeiten - wie etwa das Lesen und Auswerten von medizinischen Gutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung, eine Akteneinsicht -, die den Rückschluss auf einen erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand zulassen, sind aber nicht angefallen bzw. nicht belegt. Der Beschwerdeführer trägt zwar vor, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes die Anzahl und der Umfang von Schriftsätzen in der Regel geringer als in einem Klageverfahren, jedoch grundsätzlich ein weiterer Arbeits- und Zeitaufwand im Hinblick auf das Erfordernis der Vorlage einer eidesstattlichen Erklärung des Mandanten zur Glaubhaftmachung anfalle. Dieser Umstand ist aber nicht entscheidend, wohl aber der Arbeits- und Zeitaufwand im konkreten Einzelfall für Bewertung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit. Vorliegend ist nicht belegt, dass das mit dem Verfassen der eidesstattlichen Erklärung und deren Besprechung mit der Antragstellerin ein höherer Arbeitsaufwand verbunden gewesen ist als dies Besprechungen mit Mandanten zwecks Fertigung der Klageschrift und - begründung erfordern. Auch ist die Vertretung der Antragstellerin in einem einstweiligen Rechtschutzverfahren nach § 86b SGG und in einem parallel betriebenen Anhörungsverfahren nach § 24 SGB X, die jeweils vom Beschwerdeführer eine Einarbeitung in die materielle Rechtslage in beiden Verfahren insbesondere hinsichtlich der Berechtigung der Antragsgegnerin die Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung für den Monat November 2007 nach § 48 SGB X aufzuheben, erfordert hat und deshalb mit einem Rationalisierungs- bzw. Synergieeffekt verbunden gewesen ist, als arbeitserleichternder Umstand in die Wertung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit miteinzubeziehen (LSG NRW Beschluss vom 25.10.2010 - L 19 As 1513/10 B -; BayLSG Beschluss vom 18.01.2007 - L 15 B 224/06 AS KO). Daher ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer durch die Wahrnehmung der Interessen der Antragstellerin in dem von der Antragsgegnerin eingeleiteten Anhörungsverfahren nach § 24 SGB X mit dem Sachverhalt vertraut gewesen ist, so dass eine erneute Einarbeitung in den Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beauftragung zur Einleitung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht erforderlich gewesen ist.

Die Schwierigkeit der Tätigkeit der Beschwerdeführerin ist allenfalls als durchschnittlich einzustufen. Im konkreten Verfahren ist sie im Vergleich zu Tätigkeiten in sonstigen Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu beurteilen. Dabei sind die qualitativen Anforderungen an die Tätigkeit im konkreten Fall zu berücksichtigen, wobei nicht auf die subjektive Einschätzung des Rechtsanwaltes, insbesondere nicht auf dessen Vorkenntnisse, abzustellen ist (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 32, 35), sondern es ist eine objektive Betrachtungsweise vorzunehmen. Das Erfordernis des Vorhandenseins von speziellen Kenntnissen und Fertigkeiten in eingeschränktem Umfang für die Bearbeitung des Falls begründet aber nicht schon allein die Annahme einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit. Erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende (tatsächliche oder juristische) Probleme während des Mandats, die eine überdurchschnittliche Schwierigkeit begründen können (vgl. hierzu BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 33-35), sind in der Akte nicht belegt und werden auch von dem Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. Besondere juristische Schwierigkeiten sind nicht ersichtlich. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Berechtigung der Antragsgegnerin zu vorläufigen Einstellung der Zahlung der Leistungen nach § 22 SGB II nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II a. F. i.V.m. § 331 SGB III wegen Fortfalls der Zahlungsverpflichtung aus einem Mietvertrag sowie die Verrechnung von Forderungen der Antragsgegnerin mit dem Leistungsanspruch der Antragstellerin nach § 43 SGB II a.F. gewesen. Es hat sich dabei um eine überschaubare Rechtsfrage gehandelt, zu der unterinstanzliche Rechtsprechung und Literatur existiert.

Die Bedeutung der Angelegenheit ist für die Antragstellerin als leicht überdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung der Bedeutung einer Angelegenheit ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen. Dabei wird Streitigkeiten über Leistungen, die das soziokulturelle Existenzminimum eines Auftraggebers sichern, wie die Streitigkeiten nach dem SGB II, in der Regel überdurchschnittliche Bedeutung beigemessen, unabhängig davon, ob die Leistung dem Grunde nach oder lediglich die Höhe der Leistung umstritten ist (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 37). Vorliegend ist der Anspruch auf ungekürzte Auszahlung der bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat November 2007 in Höhe von mindestens 400,00 EUR streitig gewesen. Der Umstand, dass es sich vorliegend um ein Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG, d.h. um ein einstweiliges Rechtschutzverfahren zum Erlass einer Regelungsanordnung gehandelt hat, mindert nicht die Bedeutung des Verfahrens für die Antragstellerin. Zwar kann die Bedeutung eines Verfahrens nach § 86b Abs. 2 SGG für einen Auftraggeber in Hinblick darauf, dass im Regelfall in einem Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG nur eine vorläufige, zeitlich begrenzte Leistungsverpflichtung im Streit steht, also der endgültige Verbleib der begehrten Leistungen bei einem Auftraggeber offen bleibt, gemindert sein (vgl. hierzu: LSG NRW Beschlüsse vom 25.10.2010 - L 19 AS 1513/10 B - und vom 14.07.2010 - L 19 B 349/09 AS -). Vorliegend hat die Antragstellerin in dem Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG jedoch die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vollständigen Auszahlung der bewilligten Leistungen für den Monat 2007 und damit die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt. Denn in der Hauptsache hätte die Antragstellerin - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - ihr Begehren mit einer reinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG durchsetzen können. Damit ist in dem von der Antragstellerin eingeleiteten einstweiligen Rechtschutzverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG die Sach- und Rechtslage zwischen den Beteiligten endgültig geklärt worden, so dass aus der Art des Verfahrens keine geminderte Bedeutung des Verfahrens ableiten lässt.

Der überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin stehen ihre unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse gegenüber (vgl. zu dem Verhältnis BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 38). Da die Antragstellerin auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung ihres soziokulturellen Existenzminimums angewiesen gewesen und ihr deshalb auch Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, sind ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse als erheblich unterdurchschnittlich zu bewerten.

Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht erkennbar.

Bei Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, insbesondere auch der Tatsache, dass allein unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Herabbemessung der Mittelgebühr rechtfertigen können (vgl. BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 38), kommt dem konkreten Verfahren eine leicht unterdurchschnittliche Bedeutung zu, so dass der Ansatz einer Gebühr von 190,00 EUR, etwa 75% der Mittelgebühr, gerechtfertigt ist. Damit hat der Beschwerdeführer die Toleranzgrenze von bis zu 20% beim Ansatz einer Gebühr von 250,00 EUR (20% von 190,00 EUR = 38,00 EUR) überschritten und ist der Ansatz der Gebühr von 250,00 EUR unbillig.

2.

Das Sozialgericht hat zutreffend den Anfall einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1002, VV RVG verneint.

Nach Nrn. 1006, 1002 VV RVG entsteht eine Erledigungsgebühr in Verfahren nach § 183 SGG, wenn sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes oder durch den Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes durch anwaltliche Mitwirkung erledigt. Dahinstehen kann, ob eine Erledigung der Rechtssache durch eine Aufhebung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts oder Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts eingetreten ist. Denn die Antragstellerin hat sich im einstweiligen Rechtschutzverfahren gegen die vorläufige Einstellung von bewilligten Leistungen ohne Verwaltungsakt nach §§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB II a.F. i.V.m. § 331 SGB III gewandt. Der Bescheid vom 14.11.2007 enthält hinsichtlich der Leistungen für November 2007 lediglich eine wiederholendende Verfügung. Jedenfalls liegt die vom Gebührentatbestand geforderte besondere Mitwirkung an der Erledigung des Verfahrens nicht vor. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des Sozialgerichts Bezug.

Auch der Gebührentatbestand der Einigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1000 VV RVG ist nicht gegeben. Nach Nrn. 1006, 1000 Abs. 1 VV RVG entsteht in einem gerichtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren anfallen, die Einigungsgebühr als zusätzliche Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Beteiligten über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Die Vorschrift der Nr. 1000 Abs. 4 VV RVG, wonach eine Einigungsgebühr nur dann bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts anfallen kann, wenn über die Ansprüche vertraglich verfügt werden kann, steht im vorliegenden Fall der Anwendung des Gebührentatbestandes nach Nrn. 1006, 1000 Abs. 1 VV RVG entgegen. Denn der Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrags über Sozialleistungen ist nach § 54 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nur zulässig, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht. Streitgegenstand des Verfahrens ist aber der Anspruch der Antragstellerin auf vollständige Auszahlung der im Bescheid vom 16.07.2007 bewilligten Leistungen zur Sicherung der Lebensunterhalts. Dabei handelt es sich nicht um eine Ermessensleistung, sondern um eine gebundene Leistung.

3.

Ebenfalls ist eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG ist nicht angefallen. Danach entsteht eine Terminsgebühr auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.

Dahin stehen kann, ob das Verfahren vorliegend durch ein angenommenes Anerkenntnis i.S.v. § 101 SGG oder durch eine Antragsrücknahme i.S.v. § 102 SGG geendet ist. Denn der Gebührentatbestand der Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG fällt in einem Verfahren nach § 86b SGG - wie vorliegend - grundsätzlich nicht an (so schon der Senat in den Beschlüssen vom 29.11.2010 - L 19 B 92/09 B - und vom 28.12.2010 - L 19 AS 1954/10 B m.w.N. und so auch LSG NRW Beschlüsse vom 20.10.2008 - L 20 B 67/08 AS -, vom 25.09.2009 - L 13 B 15/08 R -, vom 21.12.2009 - L 9 B 17/09 AL, vom 03.03.2010 - L 12 B 141/09 AS - vom 20.07.2011 - L 16 AL 103/10 B und vom 24.02.2011 - L 7 B 400/08 -; LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 10.09.2009 - L 1 B 158/09 SK E -; a. A. LSG NRW Beschlüsse vom 18.09.2008 - L 5 B 43/08 R und vom 14.07.2010 - L 1 AS 57/10 B -; LSG Thüringen Beschluss vom 26.11.2008 - L 6 B 130/08 SF -; BayLSG Beschluss vom 26.08.2009 - L 15 B 950/06 AS KO).

Der Anwendungsbereich dieses Gebührentatbestandes ist auf Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 1 SGG) vorgeschrieben ist, beschränkt. Zwar kann aus dem Wortlaut der Vorschrift der Nr. 3106 VV RVG nicht zwingend geschlossen werden, dass im Fall der Erledigung des Verfahrens durch ein angenommenes Anerkenntnis der Anfall der sog. "fiktiven" Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG auf Verfahren beschränkt ist, in denen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgeschrieben ist (vgl. hierzu LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 10.09.2009 - L 1 B 158/09 SK E = juris Rn 11). Der Senat hat sich jedoch der Rechtsprechung angeschlossen, wonach die Vorschrift der Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG aus systematischen und teleologischen Gründen dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass dieser Gebührentatbestand nur in Verfahren, in denen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung obligatorisch ist, Anwendung findet (vgl. LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 10.09.2009 - L 1 B 158/09 SK E = juris Rn 11; LSG NRW Beschluss vom 25.09.2009 - L 13 B 15/08 R). Die Regelung der Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG ist durch das Wort "oder" mit den Regelungen der Nr. 3106 Nr. 1 und Nr. 2 VV RVG verbunden. Deshalb spricht die systematische Auslegung dagegen, dass die Bestimmung der Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG im Gegensatz zu den Regelungen in Nr. 3106 Nr. 1 und Nr. 2 VV RVG alle Verfahren vor dem Sozialgericht erfassen soll. Denn in Nr. 3106 Nr. 1 und Nr. 2 VV RVG sind die Voraussetzungen für den Anfall der Terminsgebühr in Verfahren, in denen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgeschrieben ist, geregelt, wenn ein solches Verfahren durch streitige Entscheidung des Gerichts ohne Anberaumung einer mündlichen Verhandlung endet. Auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung der Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG lässt sich eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG auf Beschlussverfahren nach § 86b SGG nicht ableiten. Die Regelungen der Nr. 3106 VV RVG über den Anfall der sog. "fiktiven" Terminsgebühr dienen zur Entlastung der Gerichte, da vermieden werden soll, dass ein Rechtsanwalt aus Gebühreninteresse auf der Durchführung einer mündlichen Verhandlung besteht (vgl. LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 10.09.2009 - L 1 B 158/09 SK E = juris Rn 11). Es soll die Bereitschaft eines Rechtsanwalts gefördert werden, durch sein prozessuales Verhalten dem Gericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu ersparen (vgl. BGH Beschluss vom 10.07.2006 - II ZB 28/05 = MDR 2007, 302). Im einstweiligen Rechtschutzverfahren nach § 86b SGG kann aber ein Rechtsanwalt eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch sein prozessuales Verhalten nicht verhindern, da die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht vorgeschrieben, sondern nur fakultativ (§ 124 Abs. 3 SGG) ist. Das Gericht entscheidet nach Ermessen, ob in einem Verfahren nach § 86b SGG eine mündliche Verhandlung anberaumt wird oder nicht. Des Weiteren soll ein Rechtsanwalt keinen Gebührennachteil dadurch erleiden, dass er das Verfahren im schriftlichen Verfahren so vorbereitet, dass eine Klärung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nicht mehr erforderlich ist. Ihm soll eine Vergütung für die besonders gründliche und umfassende schriftliche Vorarbeit zugebilligt werden, die regelmäßig erwartet werden darf, wenn auf Grund einer Ausnahmevorschrift im Einzelfall ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (BGH Beschluss vom 24.07.2003 - V ZB 12/03 = NJW 2003, 3133; siehe auch BT-Drs. 15/1971 S. 212, wonach ein besonderer Aufwand vergütet werden soll). Nach dem Willen des Gesetzgebers knüpft die Bestimmung der Nr. 3106 VV RVG bzw. der Nr. 3104 Abs. 1 VV RVG über den Anfall einer Terminsgebühr ohne Durchführung eines Termins i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG in gerichtskostenpflichtigen Verfahren an die Regelung des § 35 BRAGO an (BT-Drs. 15/1971 S. 212), wonach eine fiktive Verhandlungsgebühr bei entfallener, aber an sich vorgeschriebener Verhandlung entstehen konnte (vgl. hierzu BGH Beschluss vom 24.07.2003 - V ZB 12/03 - a.a.O.).

4.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Post- und Telekommunikationspauschale von 20,00 EUR (Nr. 7002 VV RVG) ist erstattungsfähig. Unter Berücksichtígung der Umsatzsteuer von 39,90 EUR (19% von 210,00 EUR) ergibt sich eine Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers gegenüber der Staatskasse aus § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG in Höhe von 249,90 EUR.

Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).






LSG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 14.09.2011
Az: L 19 AS 879/10 B


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d79efba014f1/LSG-Nordrhein-Westfalen_Beschluss_vom_14-September-2011_Az_L-19-AS-879-10-B




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