Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 1. April 2009
Aktenzeichen: I-18 U 150/08

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 01.04.2009, Az.: I-18 U 150/08)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16. Mai 2008

verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts

K. (1 O 242/07) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in

Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages

abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung

Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils von ihnen zu voll-

streckenden Betrages leisten.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache erfolglos.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Beklagten gegenüber dem Kläger ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag nicht dadurch verletzt haben, dass sie nicht dafür gesorgt haben, dass die Verjährungsfrist für die Schadensersatzansprüche unterbrochen beziehungsweise gehemmt worden ist, die dem Kläger (und seiner Ehefrau) gegenüber den Rechtsanwälten M. und W.-D. deswegen zugestanden haben, weil sie nicht dafür gesorgt haben, dass die Verjährungsfrist für die Schadensersatzansprüche unterbrochen beziehungsweise gehemmt worden ist, die dem Kläger (und seiner Ehefrau) gegenüber dem Notar P. zugestanden haben.

Die Schadensersatzansprüche, die dem Kläger (und seiner Ehefrau) gegen die Rechtsanwälte M. und W.-D. zugestanden haben mögen, waren bereits verjährt, als der Kläger erstmals den Beklagten zu 1. mandatierte. Weil diese Ansprüche bereits verjährt waren, waren die Beklagten nicht verpflichtet, für eine Unterbrechung oder Hemmung dieser Schadensersatzansprüche des Klägers (und seiner Ehefrau) zu sorgen, so dass dem Kläger und seiner Ehefrau gegenüber den Beklagten mangels einer dahingehenden Pflichtverletzung auch keine Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung des Anwaltsvertrages zustehen können.

Im Einzelnen ist hierzu folgendes auszuführen:

A.

Etwaige Schadensersatzansprüche, die dem Kläger und seiner Ehefrau gegen die Rechtsanwälte M. und W.-D. zugestanden haben mögen, weil sie es unterlassen haben, den Kläger und seine Ehefrau auf eine drohende Verjährung ihrer Amtshaftungsansprüche gegen Notar P. hinzuweisen und verjährungsunterbrechende oder verjährungshemmende Maßnahmen anzuraten, unterlagen der Verjährungsvorschrift des § 51 b BRAO. Danach verjährt der Schadensersatzanspruch eines Mandanten in drei Jahren, wobei die Verjährungsfrist mit der Entstehung des Anspruchs, spätestens jedoch in drei Jahren nach Beendigung des Auftrags, eintritt..

Lässt ein Rechtsanwalt einen Anspruch seines Mandanten gegen einen Dritten verjähren, entsteht der Schaden mit Ablauf der Verjährungsfrist (BGH NJW 1999, 2183).

Mithin begann der Lauf der Verjährungsfrist der Schadensersatzansprüche des Klägers und seiner Ehefrau gegen die Rechtsanwälte M. und W.-D. zu dem Zeitpunkt zu laufen, als die Amtshaftungsansprüche des Klägers und seiner

Ehefrau gegen Notar P. verjährt sind.

I.

Die Verjährung dieser Schadensersatzansprüche gegen Notar P. richtete sich nach § 852 BGB a.F. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB a.F. beginnt zu laufen, sobald der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt.

Diese für den Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis hat der Geschädigte, wenn er die Vermögensbeeinträchtigung und deren Ursache in ihrer wesentlichen Gestaltung kennt. Das Schadensbild nach Umfang und Höhe sowie Einzelheiten des schadenstiftenden Ereignisses und des weiteren Ursachenverlaufs braucht er nicht zu kennen. Entscheidend ist die Kenntnis der Tatsachen, die bei richtiger Verknüpfung und rechtlicher Einordnung die Feststellung der Ersatzpflicht einer bestimmten Person erlauben; ob der Geschädigte die ihm bekannten Tatsachen zutreffend rechtlich würdigt, ist dagegen aus Gründen der Rechtsklarheit und Billigkeit grundsätzlich unerheblich (BGH NJW 1993, 2741).

Für diese Kenntnis reicht es im Allgemeinen aus, wenn der Geschädigte auf der Grundlage der ihm bekannten Tatsachen zumindest eine aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Feststellungsklage erheben kann (BGH NJW 2000, 12).

Ausgehend von diesen Tatbestandsvoraussetzungen des § 852 BGB a.F. vertreten die Beklagten zu Recht die Auffassung, dass der Kläger und seine Ehefrau die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis jedenfalls mit Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses des Landgerichts K. vom 6. Februar 1992 im Verfahren 2 O 225/91 erlangt haben.

Damit die Verjährungsfrist in Gang gesetzt wird, setzt § 852 BGB a.F. zunächst voraus, das ein Schadensersatzanspruch überhaupt entstanden ist.

Bei einer Amtspflichtverletzung, die sich allgemein gegen das Vermögen richtet, ist ein Schaden entstanden, wenn die Vermögenslage des Betroffenen infolge der Handlung im Vergleich mit dem früheren Vermögensstand schlechter geworden ist. Hierzu genügt es, dass die Verschlechterung sich wenigstens dem Grunde nach verwirklicht hat, mag ihre Höhe auch nicht beziffert werden können; in diesem Fall ist gegebenenfalls eine Feststellungsklage zu erheben. Ferner muss nicht feststehen, ob der Nachteil auf Dauer bestehen bleibt und damit endgültig wird. Ist dagegen noch offen, ob pflichtwidriges, ein Risiko begründendes Verhalten zu einem Schaden führt, ist ein Ersatzanspruch noch nicht entstanden, so dass die Verjährungsfrist nicht in Lauf gesetzt wird (BGH WM 1993, 251; NJW 2000, 102).

Im vorliegenden Fall ist dem Kläger und seiner Ehefrau bereits ein Schaden entstanden, als sie und K. B. den beurkundeten Vertrag unterschrieben haben, denn dieser Vertrag entsprach nicht dem, was die Vertragsparteien übereinstimmend wollten.

Die Vertragsparteien hatten erklärt, dass sie den gesamten Grundbesitz des K. B. auf den Kläger und seine Ehefrau dergestalt übertragen wollten, dass der Kläger und seine Ehefrau Grundstückseigentümer werden und ihnen dieses Grundeigentum auch im nachhinein nicht mehr von dritter Seite, insbesondere von der Nacherbin S., streitig gemacht werden konnte. Diese von ihnen gewünschte Rechtsfolge haben der Kläger und seine Ehefrau laienhaft umschrieben, indem sie erklärt haben, es müsse sichergestellt sein, dass ihnen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht durch den Vertragsabschluss nichts passieren könne. Mithin ging ihr Wille dahin, das Eigentum so zu übertragen, dass die Nacherbin aus den Bestimmungen der §§ 2113 und 2287 BGB hinsichtlich dieser Grundstücke nichts zu ihren Gunsten herleiten leiten konnte.

Tatsächlich abgeschossen haben die Vertragsparteien einen Vertrag, der Grundstücksübertragungen zum Gegenstand hatte, die den Bestimmungen dieser Rechtsnormen unterfallen. Weil der Kläger und seine Ehefrau diese Grundstücksübertragung nicht wollten und sie den beurkundeten Vertrag daher nicht abgeschlossen hätten, wenn der Notar sie darauf hingewiesen hätte, dass die Rechtsstellung der Vertragserbin S. sich bezogen auf diesen Vertrag nach den Bestimmungen der §§ 2113 und 2287 BGB richtet, ist der Schadenseintritt mit dem Abschluss des Vertrages eingetreten. Hierdurch hat sich ihre Vermögenslage konkret verschlechtert, weil sie sich durch ihre Unterschrift zu einer Leistung verpflichtet hatten, für die sie die von K. B. versprochene Gegenleistung (unangreifbares Eigentum) nicht erhalten haben, sondern stattdessen eine Gegenleistung (nämlich eine Eigentümerstellung, die den Bestimmungen der §§ 2113 und 2287 BGB unterliegt), die sie nicht haben wollten und für die sie auch nicht bereit gewesen wären, sich zu den im Vertrag versprochenen Gegenleistungen zu verpflichten.

Sofern man allein in der Eingehung einer Verbindlichkeit für eine nicht gewollte Gegenleistung keinen Schaden sehen würde, ist in diesem Zusammenhang des weiteren zu berücksichtigen, dass die beiderseitigen schuldrechtlichen Verpflichtungen aus diesem Vertrag durch die Rechte der Vertragserbin S. nicht berührt worden sind, so dass der Kläger und seine Ehefrau die von ihnen im Vertrag versprochenen Leistungen ebenso schuldeten wie umgekehrt K. B. die von ihm versprochenen Grundstücksübertragungen. Während der Kläger und seine Ehefrau in der Folgezeit jedoch ihren Verpflichtungen nachgekommen sind und hierdurch den Vertrag bis zum Tod des K. B. erfüllt haben, hatte K. B. wegen der sich aus der Rechtsposition der Nacherbin ergebenden Verfügungsbeschränkung durch die im Vertrag erklärte Auflassung und die nachfolgende Eintragung des Klägers und seiner Ehefrau als Eigentümer im Grundbuch seine Vertragspflicht nicht erfüllt und er konnte sie wegen dieser Verfügungsbeschränkung bis zu seinem Tod auch nicht erfüllen.

Ein weiterer Schaden ist dem Kläger und seiner Ehefrau schon im November 1987 entstanden, als sie die Gebührenrechnung des Notars P. für einen Vertrag bezahlt haben, den die Vertragsparteien übereinstimmend gar nicht abschließen wollten. Eine weitere Zweckverfehlung der aufgewandten Notarkosten besteht darin, dass der Kläger und seine Ehefrau aus dem Vollzug des Vertrages nicht das erhalten konnten, was sie nach dem Willen des Vertragspartners K. B. erhalten sollten und was ihnen nach der Rechtsauskunft des Notars P. durch diesen Vertrag auch tatsächlich zugewendet worden wäre, nämlich die uneingeschränkte Eigentümerstellung hinsichtlich der übertragenen Grundstücke.

Mit Eintragung des Amtswiderspruchs im Grundbuch hat sich die Vermögenslage des Klägers und seine Frau für sie erkennbar erneut verschlechtert, weil hierdurch ihre aus dem Grundbuch ersichtliche Eigentümerposition nach außen sichtbar angezweifelt worden ist.

Durch die Rechtsausführungen des Landgerichts im Prozesskostenhilfebeschluss vom 6. Februar 1992 wurden der Kläger und seine Ehefrau darüber belehrt, dass der Nacherbin S. Ansprüche aus § 2113 BGB zustehen, wenn der Wert des Grundbesitzes, der aus dem Nachlass der E. B. stammte, den Wert der vom Kläger und seiner Ehefrau im Vertrag vom 14. August 1986 übernommenen Gegenleistungen überstieg. Damit war für den Kläger und seine Ehefrau klar, dass sie und K. B. seinerzeit von Notar B. zutreffend belehrt worden waren, und es Notar P. entgegen seiner Bekundung nicht gelungen war, den Vertrag so geschickt aufzusetzen, dass dieser Anspruch der Nacherbin S. nicht besteht. Mithin steht fest, dass der Kläger und seine Ehefrau mit Zugang des Prozesskostenhilfebeschlusses wussten, dass Notar P. sie im Zuge der Beurkundung des Übertragungsvertrages vom 14. August 1986 falsch beraten hatte.

Zu diesem Zeitpunkt wussten der Kläger und seine Ehefrau auch, dass die anspruchsbegründenden Voraussetzung des § 2113 BGB, nämlich eine teilweise unentgeltliche Zuwendung des Erblassers K. B. gegeben war. Weil das Prozesskostenhilfegesuch der Nacherbin S. durch ein Sachverständigengutachten über den Wert des übertragenen Grundbesitzes untermauert war und dem Kläger und seiner Ehefrau im Februar 1992 auch bekannt war, welchen Wert das Finanzamt M. den Gegenleistungen beigemessen hat, die sie im Vertrag vom 14. August 1986 übernommen hatten, musste dem Kläger und seiner Ehefrau klar sein, dass die Voraussetzungen des § 2113 BGB gegeben waren. Zudem hatte das Landgericht im Beschluss ausgeführt, dass bei der Bemessung des Wertes der übernommenen Pflegeleistungen gemäß der statistischen Lebenserwartung des K. B. zum Zeitpunkt der Übertragung eine etwa siebenjährige Pflegedauer anzusetzen ist. Selbst wenn danach noch nicht geklärt war, ob die Verkehrswerte der Grundstücke im Sachverständigengutachten nicht überzogen und die Wertermittlung des Finanzamts für die übernommenen Gegenleistungen nicht zu niedrig angesetzt waren, war die Wertdifferenz zwischen dem Wert der Grundstücke und dem Wert der Gegenleistungen so groß, dass kein vernünftiger Zweifel mehr daran bestehen konnte, dass die im Vertrag vom 14. August 1986 vereinbarte Grundstücksübertragung teilweise unentgeltlich erfolgt ist.

In diesem Zusammenhang ist es ohne Belang, ob der Kläger und seine Ehefrau zum Zeitpunkt der Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses noch davon überzeugt waren, dass es ihnen gleichwohl noch gelingen könne, die von der Nacherbin erhobenen Ansprüche abzuwehren. Da ein Schaden im Sinne des § 852 BGB a.F. nicht voraussetzt, dass ein Vermögensnachteil eingetreten ist, der von Dauer ist, verlangt § 852 BGB a.F. auch für die Kenntnis vom Schaden nicht, dass der Geschädigte die Vorstellung hat, dass ein bereits eingetretener Vermögensnachteil von Dauer sein wird. Demgemäß beseitigt sogar eine objektiv begründete Aussicht, einen bereits eingetretenen Vermögensnachteil wieder abwenden zu können, die Kenntnis über den Schadenseintritt nicht.

II.

Wenn der Amtsträger - wie hier Notar P. - seine Amtspflicht nur fahrlässig verletzt hat, besteht ein Anspruch gegen ihn jedoch nur, wenn und soweit der Geschädigte nicht auf andere Weise Ersatz erlangen kann, § 19 I 2 BNotO. In einem solchen Fall beginnt die Verjährung erst mit der Kenntnis vom Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit, denn solange der Geschädigte nicht darzulegen vermag, dass er auf andere Weise keinen Ersatz erlangen kann, ist ihm die Erhebung einer Feststellungsklage, die schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben könnte, nicht zuzumuten. In diesen Fällen wird die Verjährungsfrist in Gang gesetzt, sobald der Geschädigte weiß, dass die anderweitige Ersatzmöglichkeit den Schaden wenigstens teilweise nicht deckt (BGH WM 1989, 822; BGHZ 102, 256; WM 1992, 251; NJW 1993, 2741; NJW 2000, 102).

Somit kommt es für die Frage, wann der Lauf der Verjährungsfrist für die gegen Notar P. gerichteten Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Belehrung im Zusammenhang mit einem Beurkundungsersuchen begonnen hat, darauf an, ob der Kläger und seine Ehefrau mit der im landgerichtlichen Verfahren erhobenen Widerklage, die auf die Löschung des Amtswiderspruchs gegen die Löschung des Nacherbenvermerks gerichtet war, eine anderweitige Ersatzmöglichkeit verfolgt haben.

Weil der im beurkundeten Vertrag von K. B. geschuldete Eigentumsübertragungsanspruch hinsichtlich der aus dem Nachlass seiner Ehefrau E. stammenden Grundstücke trotz der Bestimmung des § 2113 BGB rechtswirksam geblieben ist, standen dem Kläger und seiner Ehefrau gegen K. B. weiterhin ein auf Übertragung dieses Grundbesitzes gerichteter Erfüllungsanspruch zu, für die die Erbin des K. B., Frau S., möglicherweise nach §§ 1922, 1967 BGB hätte einstehen müssen.

Dieser Anspruch, den der Kläger und seine Ehefrau ohnehin im Prozess mit Frau S. nicht geltend gemacht haben, weil sie hierauf ihre Widerklage nicht gestützt hatten, bleibt jedoch ohne Einfluss auf den Lauf der hier allein zu prüfenden Verjährungsfrist, so dass dahin stehen kann, ob ein dahingehender Anspruch des Klägers und seiner Ehefrau tatsächlich bestanden hat.

Zwar beginnt der Lauf der Verjährung - wie dargelegt - erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der Geschädigte die sichere Kenntnis hat, dass ihm kein den gesamten Schaden deckender anderweitiger Ersatzanspruch zusteht. Dieser Ersatzanspruch deckte jedoch nicht den gesamten Schaden ab, der dem Kläger und seiner Ehefrau entstanden war, so dass diese anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht geeignet war, den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist hinauszuschieben.

Der oben dargestellte Erfüllungsanspruch bezieht sich nur auf die aus dem Nachlass der E. B. stammenden Grundstücke. Wegen der sich aus § 2287 BGB ergebenden Ansprüche der Frau S. bezüglich der Grundstücke, über die K. B. als Berechtigter verfügt hat, stehen dem Kläger und seiner Ehefrau unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatzansprüche zu, so dass sie sich wegen dieser Nachteile auch nicht an Frau S. in ihrer Eigenschaft als Vertragserbe des K. B. schadlos halten können.

Dass Frau S. Erbvertragserbe des K. B. gewesen ist, wussten der Kläger und seine Ehefrau. Dass K. B. geglaubt hat, aufgrund des beurkundeten Vertrages bestünden keine Ansprüche der Frau S. aus § 2287 BGB, beruht letztendlich auf der dahingehenden rechtlich unzutreffenden beziehungsweise unterbliebenen Belehrung des Notars P.. Dass K. B. auch diese rechtliche Belehrung für zutreffend gehalten und deswegen geglaubt hat, er könne frei und durch Frau S. letztendlich unangreifbar auch seine Grundstücke auf den Kläger und seine Ehefrau übertragen, kann ihm nicht zum Verschulden gereichen.

Mithin steht fest, dass der Kläger und seine Ehefrau auch unter Einbeziehung dieses möglicherweise bestehenden Erfüllungsanspruchs beziehungsweise Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung keine rechtliche Möglichkeit hatten, zu erreichen, letztendlich wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie sie stünden, wenn die Rechtsfolgen eingetreten wären, die nach dem übereinstimmenden Vertragswillen der Vertragspartner durch den Vertrag von Notar P. hätten herbeigeführt werden sollen und die herbeizuführen Notar P. im Beurkundungstermin zugesichert hatte.

Aus den gleichen Gründen ist es für den vorliegenden Fall auch ohne Belang, ob die von K. B. über die aus dem Nachlass seiner Frau im Übertragungsvertrag getroffenen Verfügungen gemäß § 185 Abs. 2 3. Modalität wirksam geworden sind, weil Frau S. nicht nur Nacherbin nach E. B., sondern zugleich auch Erbin des K. B. gewesen ist.

Hieraus folgt zugleich, dass auch der Schaden, der wegen der Zweckverfehlung in den aufgewandten Notarkosten zu sehen ist, nicht zu beseitigen gewesen wäre, wenn der Kläger und seine Ehefrau ihre Widerklage auf die bestehenden schuldrechtlichen Verpflichtungen des K. B. aus dem Vertrag vom 14. August 1986 gestützt hätten.

Dem Kläger und seiner Ehefrau wäre zwar letztendlich auch dann kein Schaden entstanden, wenn sie in ihrem mit Frau S. geführten Rechtsstreit voll obsiegt hätten, denn dann wären im Ergebnis alle Rechtsfolgen eingetreten, die nach dem Vertragswillen der Vertragspartner durch den beurkundeten Vertrag herbeigeführt werden sollten. Dies zu erreichen war jedoch - für den Kläger und seine Ehefrau erkennbar - ausgeschlossen, nachdem kein vernünftiger Zweifel mehr daran bestehen konnte, dass die Voraussetzungen der §§ 2113 und 2287 BGB wegen teilweiser unentgeltlich erfolgter Grundstücksübertragungen gegeben waren und Frau S. dies auch ohne Schwierigkeiten wird beweisen können.

Aber selbst wenn man dies anders sähe, ließe sich hieraus nicht ableiten, dass der Kläger und seine Ehefrau mit der von ihnen beabsichtigten Rechtsverteidigung gegen den von Frau S. erhobenen Klageanspruch und der geplanten Widerklage einen anderweitigen Ersatzanspruch verfolgt haben, der es ihnen unzumutbar gemacht hätte, vor dem rechtskräftigen Abschluss dieses Prozesses Notar P. auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

Zwar ist der Begriff der anderweitigen Ersatzmöglichkeit weit zu verstehen, so dass hierunter im Ausgangspunkt alle Ansprüche fallen, die letztendlich den Eintritt des Schadens verhindern oder einen bereits eingetretenen Schaden wirtschaftlich voll kompensieren können. Bei der anderweitigen Ersatzmöglichkeit muss es sich aber immer um einen einklagbaren Anspruch handeln, denn nur dann kann der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Notar den Geschädigten darauf verweisen, er müsse zuerst die ihm gegen einen Dritten zustehenden Ansprüche realisieren und sich beim Dritten schadlos halten, bevor ein Anspruch gegen ihn, den beklagten Notar, bestehe (BGH VersR 1986, 298).

Diese Möglichkeit des Notars entfällt, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Geschädigte einen Prozess führt, in dem er lediglich versucht, durch einen Klageabweisungsantrag einen bereits eingetretenen Teilschaden wieder zu beseitigen.

Demgemäß hätte Notar P. im vorliegenden Fall - wäre er vom Kläger und seiner Ehefrau im Februar 1992 im Wege der Feststellungsklage in Anspruch genommen worden, diesen Prozess nicht gewinnen können, indem er behauptet hätte, der Kläger und seine Ehefrau würden im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung mit Frau S. letztendlich ein voll obsiegendes Urteil erstreiten.

Deshalb muss für die hier gegebene Sachverhaltsgestaltung der Grundsatz gelten, dass der Geschädigte sich zur Begründung eines späteren Verjährungsbeginns nicht auf Umstände berufen kann, die ihn an der Erhebung der Schadensersatzklage aus § 839 BGB tatsächlich in keiner Weise gehindert haben (BGHZ 121, 65).

Der Lauf der Verjährungsfrist kann nicht dadurch beeinflusst werden, wie die Gerichte über einen infolge der Amtspflichtverletzung des Notars entstandenen Streit zwischen den Beteiligten entscheiden. Denn ansonsten hätte es der Geschädigte weitgehend in der Hand, den Verjährungsbeginn selbst zu bestimmen, zum Beispiel, indem er einen an sich aussichtslosen Prozess durch die Instanzen führt (vgl. BGH NJW 2000, 102).

Aus dem gleichen Grund ist auch die Frage zu verneinen, ob ein Schaden, den ein Notar durch unzureichende Ermittlung des Vertragswillens der Beteiligten bei der Beurkundung verursacht hat, erst dann als entstanden gelten kann, wenn in einem gerichtlichen Verfahren geklärt worden ist, welche Ansprüche zwischen den Vertragsparteien bestehen. Der Geschädigte wird dadurch auch nicht gezwungen, unter Umständen einen möglicherweise unzumutbaren Schadensersatzprozess gegen den Notar zu führen, während er sich noch in einem anderen laufenden Rechtsstreit mit seinem Vertragspartner auf den Rechtsstandpunkt stellt, nach der Rechtslage sei ihm letztendlich kein Schaden entstanden, denn er kann in dem letztgenannten Prozess dem Notar den Streit verkünden (BGH NJW 2000, 102).

III.

Da somit die Amtshaftungsansprüche des Klägers und seiner Ehefrau gegen Notar P. im Februar 1995 verjährt sind, begann der Lauf der Verjährungsfrist für die Schadensersatzansprüche des Klägers und seiner Ehefrau gegen die Rechtsanwälte M. und W.-D. im Februar 1995 zu laufen, so dass diese Schadensersatzansprüche im Februar 1998 verjährt sind.

Sofern dem Kläger und seiner Ehefrau gegen diese Rechtsanwälte auch noch ein Sekundäranspruch zugestanden hat, weil sie es bis Februar 1998 versäumt hatten, den Kläger und seine Ehefrau auf die gegen sie, die Rechtsanwälte, bestehenden Schadensersatzansprüche und den Zeitpunkt der Verjährung dieser Ansprüche hinzuweisen, wäre dieser Sekundäranspruch im Februar 2001 verjährt, weil auch für diesen Sekundäranspruch die Verjährungsvorschrift des § 51 b BRAO gilt. Mandatiert hatte der Kläger den Beklagten zu 1. jedoch erst im November 2001 und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem auch der etwaig bestehende Sekundäranspruch gegen die Rechtsanwälte M. und W.-D. bereits verjährt gewesen ist.

Das Ergebnis stellt sich nicht anders dar, wenn man erst aufgrund der Rechtsausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Beschluss vom 13. März 1992 über die Beschwerde der Frau S. gegen die teilweise Versagung der Prozesskostenhilfe eine Kenntnis des Klägers und seiner Ehefrau vom Eintritt des Schadens annehmen würde, weil sich dieser Beschluss neben den Ansprüchen der Frau S., die ihr aufgrund des § 2113 BGB zustanden, auch über ihre Ansprüche aus § 2287 BGB verhält, denn dieser Beschluss ist dem Kläger und seiner Ehefrau am 19. März 1992 zugestellt worden, so dass dann etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Rechtsanwälte M. und W.-D. im März 2001 verjährt wären.

B.

Die hiergegen vom Kläger erhobenen Einwände im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9. März 2009 rechtfertigen keine andere rechtliche Beurteilung und geben dem Senat demgemäß auch keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

Weil es für die Kenntnis im Sinne des § 852 BGB nur auf die Kenntnis der Tatsachen ankommt, die den Amtshaftungsanspruch gegen den Notar begründen, ist es rechtlich bedeutungslos, ob Rechtsanwalt M. aus diesen Tatsachen rechtlich den Schluss gezogen hat, dass Frau S. zu Recht Rechte gemäß §§ 2113 und 2287 BGB geltend macht, oder ob er die vom Landgericht und Oberlandesgericht in den Prozesskostenhilfe vertretenen Rechtsauffassungen für falsch gehalten und demgemäß geglaubt hat, die von Frau S. eingeklagten Ansprüche erfolgreich abwehren zu können.

Soweit der Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9. März 2009 einen Teil des ihm und seiner Ehefrau entstandenen Schadens darauf stützen will, dass die Beklagten ihn nicht darüber belehrt haben, dass der von ihm gegen Notar P. geführte Amtshaftungsprozess aussichtslos ist, falls Notar P. die Einrede der Verjährung erheben wird, kann er mit diesem Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr gehört werden. Denn hierbei handelt es sich um eine andere und damit neue Pflichtverletzung der Beklagten aus dem Anwaltsvertrag, die bislang nicht Streitgegenstand des Rechtsstreits ist, und damit um einen neuen Klagegrund. Denn bislang war Streitgegenstand nur die Pflichtverletzung der Beklagten, die Verjährung der Schadensersatzansprüche gegen die Rechtsanwälte M. und W.-D. nicht verhindert zu haben.

Diese erstmalig im nicht nachgelassenen Schriftsatz dargelegten neuen Klagegrund kann der Kläger gemäß §§ 533, 529 BGB nicht klageerweiternd in der Berufungsinstanz in den Prozess einführen, weil dieser Klagegrund nicht nur auf Tatsachen gestützt werden kann, die der Senat im Rahmen der Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen hat, sondern vielmehr eine neue Tatsache, nämlich die unterbliebene Belehrung der Beklagten über die fehlenden Erfolgsaussichten der Amtshaftungsklage gegen den Notar in den Prozess eingeführt werden muss. Mithin gibt auch diese angekündigte Klageerweiterung dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

C.

Lediglich ergänzend merkt der Senat an, dass der Berufung auch dann der Erfolg versagt bleiben müsste, wenn man eine sichere Kenntnis des Klägers und seiner Ehefrau über den Eintritt des Schadens erst zu dem Zeitpunkt annehmen würde, als das Landgericht über die Klage der Frau S. und die Widerklage des Klägers und seiner Ehefrau befunden hatte.

Geht man nämlich davon aus, dass der Kläger und seine Ehefrau durch die Führung des Prozesses mit Frau S. und die von ihnen erhobene Widerklage einen anderweitigen Ersatzanspruch verfolgt haben, dann begann die Verjährungsfrist für die Schadensersatzansprüche des Klägers und seiner Ehefrau gegen Notar P. erst mit der Zustellung des Urteils des Landgerichts K. im Verfahren 2 O 225/91, mithin im Juni 1997. Damit wären die Schadensersatzansprüche gegen Notar P. dann im Juni 2000 verjährt.

Ausgehend von diesem Verjährungsbeginn fehlt es dann jedoch an einer Pflichtverletzung der Rechtsanwälte M. und W.-D., weil sie während des Bestehens ihres Mandats keinen Anlass hatten, dem Kläger und seiner Ehefrau wegen drohender Verjährung ihrer Ansprüche gegen Notar P. verjährungsunterbrechende oder verjährungshemmende Maßnahmen anzuraten. Denn das Mandat dieser Anwälte endete mindestens schon im Januar 1999 und damit weit vor Eintritt des oben dargestellten Verjährungseintritts.

Die Beklagten haben durch Vorlage des Schreibens des Klägers und seiner Ehefrau an das Landgericht K. vom 27. Januar 1999 (Anlage B 5, Bl. 325 GA) plausibel und nachvollziehbar dargetan, dass zu diesem Zeitpunkt der zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau und den Rechtsanwälten M. und W.-D. bestehende Anwaltsvertrag bereits gekündigt war. Dem ist der Kläger in beiden Instanzen nicht substantiiert entgegen getreten. In erster Instanz ist er auf dieses Schreiben mit keinem Wort eingegangen. Im Berufungsrechtszug hat er unter Bezugnahme auf das Schreiben von RA M. Bl. 1022 der Akte LG K. 2 O 225/91 seine Behauptung wiederholt, das Mandatsverhältnis zu diesen Anwälten sei erst im Februar 2000 beendet worden. In diesem Schreiben hat Rechtsanwalt M. dem Landgericht jedoch lediglich mitgeteilt, dass das Mandatsverhältnis beendet ist und er deswegen - wie auch schon von seinen Mandanten mitgeteilt worden ist - auch nicht mehr zustellungsbevollmächtigt ist. Mithin hat Rechtsanwalt M. im Februar 2000 bestätigt, dass der Kläger und seine Ehefrau das Landgericht mit ihrem Schreiben vom 27. Januar 1999 richtig über die Beendigung des Mandats informiert hatte. Indem sich Rechtsanwalt M. gegenüber dem Landgericht darüber beschwert, dass das Gericht ihm trotz der Mandatskündigung weiterhin Schriftstücke im zustellt, hat er auch das bereits im Januar 1999 gekündigte Mandat gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau nicht wieder aufgenommen.

Sonstige Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass die Rechtsanwälte M. und W.-D. über den Januar 1999 hinaus vom Kläger und seiner Ehefrau mandatiert gewesen sind, sind weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen, so dass der Senat davon ausgehen muss, dass das Mandatsverhältnis zwischen dem Kläger und den Rechtsanwälten M. und W.-D. gemäß dem Vortrag der Beklagten schon im Januar 1999 beendet gewesen ist.

D.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Ein Anlass, zugunsten des Klägers die Revision zuzulassen, besteht entgegen der vom Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9. März 2009 vertretenen Auffassung nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

Dass es im Rahmen des § 852 BGB a.F. auf die subjektiven Kenntnisse des Geschädigten ankommt, ergibt sich aus dem Gesetz und wird auch einhellig in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt. Dass es im Regelfall nur auf die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt, und es demgemäß unerheblich ist, ob der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen rechtlich die richtigen Schlüsse gezogen hat, ist ebenfalls höchstrichterlich geklärt, ebenso wie die hiervon zu machende Ausnahmen bei unklarer oder extrem schwierig zu beurteilender Rechtslage.

Kennt der Geschädigte die anspruchsbegründenden Tatsachen und wird er von einer Amtshaftungsklage dadurch abgehalten, dass ein Anwalt ihn auf der Grundlage dieser Tatsachen rechtlich falsch belehrt, geht dies nach den eingangs dargestellten Grundsätzen eindeutig im Ergebnis zu Lasten des Geschädigten, weil sich hierdurch der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist nicht weiter hinauszögert. Weil sich dies eindeutig aus dem Wortlaut der Bestimmung und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt, hat der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz auch keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, die höchstrichterlich klärungsbedürftig erscheint.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 773.094,91 €

(wobei 723.094,91 € auf den Klageantrag zu 1 und 50.000,- € für den Klageantrag zu 2) entfallen).






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 01.04.2009
Az: I-18 U 150/08


Link zum Urteil:
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