Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. November 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 148/00

(BPatG: Beschluss v. 14.11.2001, Az.: 32 W (pat) 148/00)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 41 vom 16. Februar 2000 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort-/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endeua für die Waren

"Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Bandkassetten, Audio- und Videokassetten, Videofilme, Compact-Discs, CD-Rom's; Spiel- und Unterhaltungsautomaten (auch münzbetätigt); Druckereierzeugnisse, Bücher, Magazine, Poster, Papier- und Vinylaufkleber, Rubbelbilder, Abziehbilder, Werbedrucksachen, Broschüren; Spielkarten; Video- und Computerspiele; Sendung und Weitersendung von Fernsehprogrammen, auch durch Draht-, Kabel- und Satellitenfunk sowie ähnliche technische Einrichtungen; Planung, Gestaltung, Produktion und Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehsendungen; Produktion von Filmen, Video- und Tonaufnahmen; Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Produktion, Organisation und Darbietung von Fernsehsendungen, Show-, Quiz- und Musikveranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen."

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung insoweit wegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke zurückgewiesen, da die angemeldete Wortfolge lediglich eine für Inhalt und Thema eines Werkes bestehende Bezeichnung darstelle, deren werkbezogener Sinngehalt sich ohne weiteres erschließe. Je nach Genve mit der Angabe "Wildes Leben" nichts weiteres zum Ausdruck gebracht als dass im Mittelpunkt des Werks die Schilderung einer ungezügelten Lebensführung oder auch die Darstellung eines den Regeln der Wildnis gehorchenden Naturlebens stehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie weist darauf hin, dass "Wildes Leben" mehrdeutig sei und viele Interpretationsmöglichkeiten zulasse. Fehlende Unterscheidungskraft oder ein Freihaltungsbedürfnis könnten in derartigen Fällen nicht angenommen werden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), noch das eines Freihaltebedürfnisses im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht nur als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass der Marke die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr); vgl BGH BlPMZ 2001, 322, 323 - Reich und Schön). Der Wortfolge "Wildes Leben" kann kein beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Wie die Markenstelle festgestellt hat, kann "Wildes Leben" etwa die Bedeutung "ungezügeltes Leben" oder "Leben von Tieren in freier Wildbahn" haben. Die Wortfolge ist daher mehrdeutig, ohne dass ein beschreibender Begriffsinhalt für die Waren oder Dienstleistungen, auf die sich die Anmeldung bezieht, im Vordergrund steht (vgl BGH BlPMZ 2000, 329, 330 - Unter uns).

Es können auch keine Feststellungen dahingehend getroffen werden, dass der Verkehr die als Marke beanspruchte Wortfolge "Wildes Leben" stets nur als solche und nicht nur als Unterscheidungsmittel versteht. Die von der Markenstelle ermittelten Naturserientitel sind die der Anmelderin; der Titel eines Liedes als Werktitel trifft zum Verkehrsverständnis weder eine Aussage in die eine noch in die andere Richtung. Die Bezeichnung des Lebens zB eines Rauchers als "Wildes Leben" allein reicht nicht aus, um die Annahme zu stützen, dass es sich um einen Begriff handelt, der stets nur als solches und nicht als kennzeichnend verstanden wird.

Bei "Wildes Leben" handelt es sich auch für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht um eine freihaltebedürftige Angabe im Sinne der Vorschrift des § 8 Abs 2 N 2 MarkenG. Danach sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit unter der Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Bei der Prüfung dieses Schutzhindernisses ist auch ein aktuell noch nicht bestehendes jedoch aufgrund konkreter Tatsachen mit Sicherheit prognostizierbares zukünftiges Freihaltebedürfnis zu beachten (BGH BlPMZ 2001, 55, 56 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION mwN). Dabei scheidet die Wortfolge "Wildes Leben" als Merkmalsangabe schon wegen der vorerwähnten unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten aus, weil dem Freihaltebedürfnis nur eindeutige Aussagen unterfallen (vgl BGH BlPMZ 2001, 242, 243 - test it).

Winkler Dr. Albrecht Sekretaruk Na Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/32W(pat)148-00.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 14.11.2001
Az: 32 W (pat) 148/00


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