Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 19. November 2009
Aktenzeichen: 6 K 2032/08

(VG Köln: Urteil v. 19.11.2009, Az.: 6 K 2032/08)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist freier Journalist und für verschiedene Print- und Onlinemedien tätig. Mit Schreiben vom 27.11.2006 bat er den Beklagten, ihm im Rahmen seiner journalistischen Tätigkeit Auskunft darüber zu geben, an welche der in dem Schreiben namentlich aufgeführten Unternehmen und Personen der Beklagte seit dem Jahr 2002 Aufträge vergeben habe, welchen Umfang diese gehabt hätten, ob es eine Ausschreibung gegeben habe und wenn nein, warum nicht sowie, ob es Anzeichen für Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung des Auftrags respektive Sach- oder Rechtsmängel nach Durchführung des Auftrags gegeben oder der Beklagte eine Minderung der Vergütung verlangt habe.

Der Beklagte lehnte den Antrag in einer E-Mail vom 12.03.2007 ohne Begründung ab. Nach Anrufung der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen durch den Kläger lehnte der Beklagte in einem Schreiben vom 21.02.2008 den Antrag des Klägers endgültig ab. Zur Begründung führte er aus, dass kein Anspruch aus dem IFG NRW bestehe, da dieses auf den Beklagten nicht anwendbar sei. Darüber hinaus seien in den erbetenen Daten zum einen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, deren Veröffentlichung dem Beklagten einen wirtschaftlichen Schaden verursachen würde, zum anderen personenbezogene Daten, die nicht veröffentlicht werden könnten, zu sehen.

Der Kläger hat am 17.03.2008 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor:

Er habe bereits einen Anspruch auf Auskunftserteilung gegen den Beklagten aus § 4 Abs. 1 LPG NRW.

Er sei als freier Journalist Auskunftsberechtigter, der Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts, die der Rechtsaufsicht der Landesregierung unterstehe, Auskunftsverpflichteter. Die Auskunftsverpflichtung des Beklagten ergebe sich bereits aus § 26 LPG NRW, der bestimme, dass § 4 LPG NRW auf den Rundfunk und damit den Beklagten entsprechend anwendbar sei. Dem stünde die Rundfunkfreiheit des Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nicht entgegen, da das Auskunftsbegehren den durch diesen geschützten journalistischredaktionellen Bereich gerade ausnehme.

Demgegenüber sei die Behördeneigenschaft des Beklagten gerade dann anzunehmen, wenn es um seine Auftragsvergabe und damit um die Verwendung öffentlicher Mittel gehe. Hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen seien nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Entscheidung vom 13.12.2007 in dem Verfahren C-337/06 die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten als öffentliche Auftraggeber anzusehen. Es bestehe ein Informationsinteresse der Allgemeinheit an der Auftragsvergabe und Mittelverwendung des Beklagten. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass dieser zu einem großen Teil durch öffentliche Mittel finanziert werde und ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit daran bestehe, wie diese Mittel eingesetzt würden. Zum anderen handele es sich hinsichtlich aller in dem Klageantrag zu 1. genannten Personen und Unternehmen um solche, bei denen entweder der Empfänger des Auftrags selbst oder zumindest ein Angehöriger der Entscheidungsgremien der Unternehmen im Rundfunkrat des Beklagten einen Sitz hat oder hatte. Es bestehe ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit daran, ob Mitglieder des Rundfunkrates oder Unternehmen, denen sie angehören bzw. verbunden sind, durch die Auftragsvergabe des Beklagten begünstigt worden seien.

Der Anspruch werde auch nicht durch § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 LPG NRW ausgeschlossen. Dabei sei im Rahmen der nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPG NRW notwendigen Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass nach § 13 Abs. 5 WDRG kein Mitglied des Rundfunk- oder Verwaltungsrates unmittelbar oder mittelbar mit dem Beklagten für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen dürfe. Es handele sich daher nicht um die Erlangung interner Informationen von wirtschaftlicher Bedeutung, für die unter Umständen der Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen greifen könne, sondern um die Transparentmachung der Mittelvergabe des Staates. Jedem Privaten oder Privatunternehmen müsse klar sein, dass er/es bei Annahme von Aufträgen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts diesbezüglich in die Rechenschaft gebracht werde. Daher überwiege in diesen Fällen die Pressefreiheit.

Hinsichtlich der begehrten Informationen über die Auftragsvergabe an Unternehmen der WAZ-Mediengruppe bzw. an Unternehmen, an denen die WAZ-Mediengruppe Beteiligungen hält, sei bisher von dem Beklagten keine Auskunft verlangt worden. Mit der Erteilung sei aber, da der Beklagte die Auskunftserteilung generell ablehne, auch nicht zu rechnen gewesen. Der Beklagte unterhalte zu der WAZ-Mediengruppe Beziehungen im Bereich des Austausches journalistischer Inhalte. Diese Zusammenarbeit mit einer privaten Mediengruppe sei in der Öffentlichkeit stark kritisiert worden. Angesichts dessen sei es von öffentlichem Interesse zu erfahren, ob über den journalistischen Austausch hinaus weitere, insbesondere wirtschaftliche, Beziehungen bestünden.

Zusätzlich ergebe sich ein Anspruch auf Informationserteilung gegen den Beklagten auch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW. Dieser werde nicht durch spezialgesetzliche Regelungen verdrängt. Anders als in den §§ 48 ff. WDRG für das Datenschutzrecht und in § 55 WDRG für das Personalvertretungsrecht sei im WDRG keine Regelung hinsichtlich des Informationszugangs enthalten. Auch aus dem Rundfunkstaatsvertrag ergebe sich nichts anderes.

Als Anstalt des öffentlichen Rechts sei der Beklagte grundsätzlich eine informationspflichtige öffentliche Stelle. Die Ablehnungsgründe der §§ 6 ff. IFG NRW stünden der Offenlegung der begehrten Informationen nicht entgegen. Hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten nach § 9 IFG NRW habe er den Beklagten auf die Möglichkeit einer Schwärzung oder Abtrennung von Daten sowie die Möglichkeit, eine Einwilligung einzuholen, hingewiesen.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, an welche der folgenden ehemals und aktuell existierenden Unternehmen bzw. Personen der Beklagte seit dem Jahr 2002 Aufträge im nicht journalistischredaktionellen Bereich vergeben hat: a) Aachener Bank eG b) Akademie Schloß Raesfeld c) Barmer Ersatzkasse, Wuppertal d) Bildungs- und Beratungs-GmbH / Uwe Nehrhoff e) BRUNATA Wärmemesser-Gesellschaft Schultheiss GmbH & Co., Hürth f) Cavotec MoorMaster GmbH & Co. KG Aachen g) Colon/Gemini Filmproduktions GmbH h) DekaBank, Frankfurt am Main i) Dr. Frank Biermann, freier Journalist, Kommunikationsberater, Dozent, Musiker j) ENERGOTEC Energietechnik GmbH, Köln k) ERGO-Versicherungsgruppe, Düsseldorf Victoria Krankenversicherung AG, Düsseldorf l) Filmpool GmbH, Köln m) Horst Schröder, freier Producer, Medienberater n) Hotel Clostermanns Hof, Niederkassel-Uckendorf o) Kölner Bank von 1867 eG p) NetCologne GmbH, Köln q) Köln Messe AG KölnMesse GmbH Köln Messe Service GmbH KölnMesse International GmbH KölnMesse Ausstellungen GmbH r) Kreissparkasse Köln s) Provinzial Versicherung AG, Düsseldorf Provinzial Rheinland Versicherung AG, Düsseldorf t) RheinEnergie AG, Köln u) RWE, Essen RWE Systems, Dortmund RWE WWE, Dortmund RWE Umwelt AG, Essen RWE Umwelt Rheinland GmbH v) Signal Iduna Allgemeine Versicherung AG, Dortmund Signal Krankenversicherung a. G., Dortmund Signal Unfallversicherung a. G., Dortmund Adler Versicherung AG, Berlin Versicherer für den Öffentlichen Dienst (VÖDAG, Hamburg NOVA Allgemeine Versicherung Aktiengesellschaft, Hamburg HANSAINVEST Hanseatische Investment-Gesellschaft mbH, Hamburg CONRAD HINRICH DONNER BANK AG, Hamburg SIGNAL IDUNA Asset Management GmbH, Hamburg SIGNAL IDUNA Online GmbH, Hamburg SIGNAL IDUNA Private Equity Fonds GmbH, Hamburg SIGNAL IDUNA Select Invest GmbH, Hamburg w) Sparkasse KölnBonn x) Sparkasse Aachen y) Trienekens AG, Viersen Trienekens Entsorgung GmbH, Viersen

und folgende Fragen in Bezug auf jedes Unternehmen / jede Person zu beantworten:

- Welchen Umfang haben mögliche Aufträge gehabt (Auftragsvolumen, Art der Leistung)€ - Hat es eine Ausschreibung des jeweiligen Auftrages gegeben€ - Wenn nein, warum war dies der Fall€ - In welcher Form erfolgte die Ausschreibung, sofern es eine gegeben hat€ - Gab es Anzeichen für Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung des Auftrags, Sach- oder Rechtsmängel nach Durchführung des Auftrags oder hat der WDR eine Minderung der Vergütung verlangt€

2. den Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, ob er seit dem Jahr 2002 Aufträge im nicht journalistischredaktionellen Bereich an Unternehmen der WAZ-Mediengruppe oder solche Unternehmen, an denen die WAZ-Mediengruppe Beteiligungen hält, vergeben hat.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Klage sei bereits unzulässig.

Es fehle an der erforderlichen Klagebefugnis. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrten Informationen.

Es bestehe kein Anspruch aus § 4 Abs. 1 LPG NRW. Der Beklagte sei keine Behörde und damit keine auskunftsverpflichtete Stelle i. S. d. Vorschrift. Das Grundrecht der Pressefreiheit, das durch das LPG NRW ausgestaltet werde, richte sich nur gegen den Staat, d. h. gegen Organe der unmittelbaren und mittelbaren Staatsverwaltung. Der Beklagte sei zwar eine Anstalt des öffentlichen Rechts, jedoch kein Organ der Staatsverwaltung. Die Organisationsform des Beklagten sei gerade aus Gründen der Staatsferne zur Verwirklichung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewählt worden. Insofern komme den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten eine Sonderrolle zu, da sie Grundrechtsträger des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG seien und ihre Unabhängigkeit vom Staat durch die Verfassung geschützt werde.

Mit Ausnahme der Gebühreneinziehung und der Vergabe von Sendezeiten übe der Beklagte keine staatliche Verwaltungstätigkeit aus. Der Beklagte sei selbst Träger der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verbürgten Rundfunkfreiheit und damit im gleichen Umfang wie die Presse Begünstigter und nicht Verpflichteter staatlicher Auskunftspflichten. Nur in diesem Sinne sei auch § 26 Abs. 1 LPG NRW zu verstehen, wonach § 4 LPG NRW für den Rundfunk entsprechend gelte. Dieser regele lediglich eine Gleichstellung des Rundfunks gegenüber der Presse hinsichtlich der Anspruchsberechtigung, nicht hinsichtlich der Anspruchsverpflichtung.

Auch ein Anspruch aus § 4 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 IFG NRW sei nicht gegeben. Die Vorschrift sei auf freie Journalisten wie den Kläger nicht anwendbar.

Ziel des IFG NRW sei es, den Bürgern mit dem Informationsrecht eine Kontrolle des Handelns staatlicher Organe zu ermöglichen, nicht jedoch einzelnen Berufsgruppen besondere Rechte einzuräumen. Journalisten stehe ein Auskunftsanspruch nach § 4 LPG NRW zu. Sei dieser gesondert geregelte Anspruch nicht gegeben, könnten dessen besondere Voraussetzungen nicht über den Rückgriff auf den allgemeinen Auskunftsanspruch des IFG NRW umgangen werden. Der Anwendbarkeit des IFG NRW stehe die spezifische presserechtliche Rechtsposition des Beklagten entgegen; die besonderen Beschränkungen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs würden bei Anwendung des IFG NRW leerlaufen. Ein materiellrechtlicher Widerspruch zwischen dem presserechtlichen Auskunftsanspruch und dem Anspruch nach dem IFG NRW sei mit dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung nicht vereinbar.

Weiterhin sei das IFG NRW auf den Beklagten auch nicht anwendbar. Der Beklagte sei keine öffentliche Stelle i. S. d. § 2 Abs. 1 IFG NRW. Dies ergebe sich aus der Staatsferne des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Dieser sei um die Gewährleistung seiner Freiheit willen aus dem Staat ausgegliedert und dürfe nicht als Teil der staatlichen Organisation betrachtet werden. Aus der Gegenposition zum Staat, die dem Rundfunk als eigenem Träger des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zukomme, sei zu folgern, dass den Rundfunk keine Pflichten treffen könnten, die sich als Ausfluss der Pflichten des Staates zur Respektierung der öffentlichen Aufgabe der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG genannten Grundrechtsträger verstehen ließen. Dem Staat komme gemäß § 54 WDRG nur eine begrenzte Rechtsaufsicht zu, die Kontrolle des Beklagten erfolge durch die eigens hierfür vorgesehenen Gremien des Rundfunk- und des Verwaltungsrates.

Gegen die Anwendung des IFG NRW spreche ferner, dass die Gewährung oder Ablehnung eines Informationszugangs durch Verwaltungsakt erfolge, der Beklagte aber mit Ausnahme der Bereiche der Gebührenfinanzierung und der Zuteilung von Wahlwerbesendungen keine Verwaltungsaktbefugnis habe. Die Inanspruchnahme des Beklagten als Verpflichteten des IFG NRW sei nach der gesetzlichen Anlage daher systemwidrig.

Selbst bei Anwendbarkeit des IFG NRW auf den Beklagten fehle es an einer Verwaltungstätigkeit i. S. d. Vorschrift. Auch dies folge aus der dargelegten besonderen verfassungsrechtlichen Stellung des Beklagten und der daraus resultierenden Staatsfreiheit. Diese Grundsätze seien auch hinsichtlich eines einfachgesetzlichen Auskunftsanspruchs zu beachten.

Staatliche Verwaltungstätigkeit übe der Beklagte nur im Bereich der Gebühreneinziehung und der Vergabe von Sendezeiten aus. Der Klageantrag sei demgegenüber auf Informationen über die Auftragsvergabe im nicht journalistischredaktionellen Bereich gerichtet. Der Beklagte übe jedoch alle Auftragsvergaben (auch) zum Zwecke der Erfüllung seines öffentlichen Auftrags - der verfassungsrechtlich geschützten Rundfunktätigkeit - aus. Die Auftragsvergabe sei insoweit Hilfstätigkeit, die dem eigentlichen journalistischredaktionellen Bereich zugute komme. Eine Trennung in journalistischredaktionelle und andere Tätigkeitsbereiche sei künstlich, lebensfremd und operativ nicht umsetzbar. Mit dem weiten Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG sei eine derartige Aufteilung nicht vereinbar. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG schütze nicht nur die eigentliche Programmveranstaltung, sondern den gesamten Prozess der Anstaltstätigkeit, da sie in einem untrennbaren Zusammenhang zur Programmausstrahlung stehe. Des Weiteren gebe es weder im IFG NRW noch in den Informationsgesetzen der anderen Länder bzw. des Bundes eine explizite Regelung, wonach der öffentlichrechtliche Rundfunk im Hinblick auf sein gesamtes Verwaltungshandeln einem Auskunftsanspruch unterworfen sei. Es sei jedoch in der Regel ausdrücklich gesetzlich geregelt, wenn sich landesrechtliche Regelungen auf Anstalten des öffentlichen Rechts erstreckten. So seien das Landesdatenschutzgesetz aufgrund von §§ 48, 49 WDRG und das Landespersonalvertretungsgesetz aufgrund von § 55 WDRG auf den Beklagten anwendbar. Dieses Verständnis werde durch einen Vergleich mit dem Saarländischen Informationsgesetz gestützt, das in § 1 ausdrücklich bestimme, dass das Gesetz für den Saarländischen Rundfunk nur insoweit gelte, als dieser öffentlichrechtliche Aufgaben wahrnehme. Die Gesetzesbegründung verweise diesbezüglich auf Art. 1 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2003/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.11.2003 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors, nach dem Dokumente, die im Besitz öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten sind und der Wahrnehmung eines öffentlichrechtlichen Sendeauftrags dienen, vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen seien. Auch das Informationsgesetz des Bundes erfasse Bundesorgane und Bundeseinrichtungen nur, soweit sie öffentlichrechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Die streitgegenständlichen Informationen seien jedoch diesem Bereich nicht zuzuordnen.

Darüber hinaus stünden dem Informationsbegehren des Klägers die gesetzlichen Ablehnungsgründe der §§ 6, 8 und 9 IFG NRW entgegen.

Der Ausschlussgrund des § 6 S. 1 lit. b) IFG NRW sei gegeben, da die Funktionsfähigkeit des öffentlichrechtlichen Rundfunks als staatsfernes Medium und Faktor der öffentlichen Meinungs- und Wertebildung erheblich gefährdet sei, wenn Dritte in den Prozess der Programmgestaltung durch Auskunftsansprüche einwirken könnten. Ein offener Rundfunkgestaltungsprozess sei nicht mehr möglich, wenn das gesamte Ausgabenverhalten, das die Weichen für die programmliche Arbeit des Beklagten stelle, ständig öffentlich hinterfragt und "zerredet" werden könne. Es stehe zu befürchten, dass der Beklagte mit zahlreichen, auch von der privaten Konkurrenz organisierten, Informationsbegehren zu seinen geschäftlichen Beziehungen "überrollt" werden würde und sich publizistische Wettbewerber oder disziplinierungswillige staatliche Organisationen des Informationsanspruchs bedienen würden, um wirtschaftlichen oder publizistischen Druck auf den Beklagten auszuüben.

Hinsichtlich der von dem Kläger begehrten Informationen über die Auftragsvergabe des Beklagten handele es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 8 IFG NRW. Bei Veröffentlichung der Informationen sei ein wirtschaftlicher Schaden für den Beklagten dadurch zu befürchten, dass bestehende Geschäftspartner aufgrund der Veröffentlichung vertraulicher Geschäftsdaten ihre Geschäftsbeziehungen zu dem Beklagten einstellen und potentielle Geschäftspartner erst gar keine Geschäftsbeziehungen zum Beklagten aufbauen würden. Dadurch sei die Auftragsvergabe und ordnungsgemäße Auftragserfüllung gefährdet. Ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit i. S. d. § 8 Abs. 2 IFG NRW bestehe demgegenüber selbst dann nicht, wenn die Behauptungen des Klägers über die angeblichen Zusammenhänge zwischen den im Klageantrag genannten Unternehmen und dem Rundfunkrat des Beklagten zuträfen, da der Landesgesetzgeber bzw. der Satzungsgeber in § 13 Abs. 5 WDRG und § 4 Abs. 3 WDR-Satzung Inkompatibilitätsregeln umgesetzt habe, deren Einhaltung im Rahmen des binnenpluralen Kontrollsystem des Beklagten und über die Rechtsaufsicht gesichert sei und die Transparenz und die Vermeidung von Interessenkollisionen gewährleisten würden.

Des Weiteren stehe § 9 Abs. 1 IFG NRW dem Informationsbegehren entgegen. Hinsichtlich der mit dem Auskunftsanspruch bezeichneten Privatpersonen würden durch die Erteilung der erbetenen Auskunft personenbezogene Daten offenbart werden. Eine Einwilligung dieser Personen nach § 9 Abs. 1 2. HS IFG NRW liege nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 17.11.2009 hat der Beklagte vorsorglich beantragt, die in den Klageanträgen zu 1) und 2) genannten Personen bzw. Unternehmen beizuladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klage ist zwar zulässig. Die von dem Kläger erhobene allgemeine Leistungsklage ist statthaft. Soweit der Beklagte die Verpflichtungsklage unter Verweis auf die Regelung des § 14 Abs. 2 S. 2 IFG NRW a. F., der entsprechend § 9 Abs. 4 IFG Bund ausdrücklich auf Widerspruchsverfahren und (Verpflichtungs-)Klage abstellte, jedenfalls hinsichtlich des Anspruchs nach dem IFG NRW für statthaft hält, ist diese Wertung nach der Neufassung des § 14 IFG NRW unter Verzicht auf die frühere Regelung nicht mehr zwingend. Hinsichtlich der Informationsgewährung handelt es sich nach Auffassung des Gerichts vielmehr um schlichtes Verwaltungshandeln, vgl. VG Münster, Urteil vom 02.10.2009 - 1 K 2144/08 - und - für einen presserechtlichen Auskunftsanspruch - VG Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2008 - 1 K 3286/08 -, beide zitiert nach juris, das zulässigerweise mit der allgemeinen Leistungsklage begehrt werden kann. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Kläger auch entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Zur Begründung der Klagebefugnis genügt die hier bestehende Möglichkeit, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch aus dem LPG NRW oder dem IFG NRW zusteht und er durch die Verweigerung der Auskunftserteilung in diesen Rechten verletzt ist.

Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. A., § 42 Rn. 66 m. w. N.

Die zulässige Klage ist aber unbegründet. Der Kläger kann die begehrten Auskünfte weder nach § 4 Abs. 1 LPG NRW (1.) noch nach § 4 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 IFG NRW (2.) von dem Beklagten verlangen.

1.) Der Kläger kann von dem Beklagten keine Auskunft nach § 4 Abs. 1 LPG NRW verlangen. Nach dieser Regelung sind allein Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.

Der Beklagte ist keine Behörde im Sinne des § 4 Abs. 1 LPG NRW. Die Behördeneigenschaft des Beklagten ergibt sich zunächst entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus § 26 Abs. 1 LPG NRW, wonach § 4 LPG NRW für den Rundfunk entsprechend gilt. Vielmehr stellt diese Vorschrift den Rundfunk der Presse hinsichtlich der Anspruchsberechtigung gleich, besagt jedoch nichts hinsichtlich der Anspruchsverpflichtung. Eine Anspruchsverpflichtung kann bereits deshalb nicht aus dieser Regelung herausgelesen werden, da sie sich allgemein auf den "Rundfunk" und damit auch auf den privaten Rundfunk bezieht, der als Anspruchsverpflichteter nicht in Betracht kommt.

Der Begriff der "Behörde" im LPG NRW ist in Abgrenzung zu den verwaltungsverfahrensrechtlichen Behördenbegriffen etwa in § 1 Abs. 2 VwVfG NRW eigenständig zu bestimmen. Unter Berücksichtigung der objektivrechtlichen Wertentscheidung aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, wonach der Staat verpflichtet ist, der Pressefreiheit in seiner Rechtsordnung überall dort Rechnung zu tragen, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, ist der Behördenbegriff des Presserechts nicht organisatorischverwaltungsrechtlich, sondern funktionellteleologisch zu verstehen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28.10.2008 - 5 B 1183/08 -, NWVBl. 2009, S. 198; BGH, Urteil vom 10.02.2005 - III ZR 294/04 -, NJW 2005, 1720.

Entscheidend ist daher nicht, wie die zur Auskunft zu verpflichtende Stelle organisatorischverwaltungsrechtlich strukturiert, sondern ob sie insoweit funktionell dem Staat und seinen Einrichtungen zuzuordnen ist und als Adressat des staatsgerichteten Grundrechts der Pressefreiheit in Betracht kommt. Werden zur Wahrnehmung staatlicher Aufgaben öffentliche Mittel eingesetzt und besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse an der Kenntnis ihrer konkreter Verwendung, wird auch ein Auskunftsanspruch der Presse ungeachtet der Organisationsform, der sich die Exekutive bei der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben bedient, begründet.

Vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2005 - III ZR 294/04 -, NJW 2005, 1720.

Ein presserechtlicher Auskunftsanspruch kann sich folglich allein gegen solche Stellen richten, die staatliche Aufgaben wahrnehmen, damit ihrer Funktion nach eine der Exekutive zuzuordnende staatliche Verwaltungstätigkeit ausüben und Adressat der Pressefreiheit sind.

Vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 05.10.1981 - X 2365/79 -, NJW 1982, 668.

Rundfunkanstalten sind indes - mit Ausnahme der Bereiche hoheitlicher Betätigung in Gestalt des Gebühreneinzugs und der Vergabe von Sendezeiten an Dritte - auch in der Ausgestaltung als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und trotz Wahrnehmung einer "öffentlichen Aufgabe" keine Anstalten, die der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben bzw. der Ausübung staatlicher Verwaltung dienen und dem staatlichen Bereich in diesem Sinne zuzuordnen wären. Sie sind vielmehr selbst Träger der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verbürgten Rundfunkfreiheit, die nicht nur staatliche Beherrschung und Einflussnahme ausschließt, sondern die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten im selben Umfang wie die Presse zu Begünstigten staatlicher Informationspflichten werden lässt. Die Veranstaltung von Rundfunksendungen ist keine mittelbare Staatsverwaltung, der Rundfunk steht als Träger der Rundfunkfreiheit in einer Gegenposition zum Staat und kann daher nicht als Teil der staatlichen Organisation gesehen werden. Daraus folgt, dass den Rundfunk keine Pflichten treffen können, die sich - wie etwaige Auskunftspflichten - als Ausfluss der Pflicht des Staates zur Respektierung der öffentlichen Aufgaben der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG genannten Grundrechtsträger verstehen lassen. Dem Interesse der Allgemeinheit, um dessentwillen den Verwaltungsbehörden Auskunftspflichten gegenüber der Presse auferlegt werden, wird bei den Rundfunkanstalten durch die pluralistische Binnenstruktur Rechnung getragen, die eine öffentlichen Kontrolle mindestens in dem Maß gewährleistet, wie es bei Verwaltungsbehörden durch Einräumung eines Informationsanspruchs der Presse der Fall ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1984 - 7 C 139.81 -, BVerwGE 70, 310; BVerfG, Beschluss vom 20.07.1988 - 1 BvR 155/85 -, NJW 1989, 382; OVG NRW, Urteil vom 19.08.1985 - 4 A 1050/81 -, DÖV 1986, 82.

Eine öffentlichrechtliche Rundfunkanstalt kann danach allein in den Betätigungsbereichen anspruchsverpflichtet nach dem Presserecht sein, die nicht der organisatorisch staatsfrei strukturierten Rundfunkfreiheit unterliegen; hinsichtlich derer sie vielmehr funktionell dem Staat zuzurechnen ist.

Unter die staatlichen Aufgaben des öffentlichrechtlichen Rundfunks fällt allein die hoheitliche Tätigkeit des Beklagten, insbesondere der Gebühreneinzug.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.07.1988 - 1 BvR 155/85 -.

In diesem, auf genuinen staatlichen Befugnissen beruhenden, Bereich ist der Beklagte dem Staat zuzuordnen und aus der Gleichstellung mit privaten Rundfunkanstalten und der Presse herausgenommen. Für diesen Bereich ist eine Auskunftspflicht gerechtfertigt.

Vgl. Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 5. A., § 4 Rn. 66; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. A., S. 147; generell eine Auskunftsverpflichtung ablehnend Flechsig in Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. A., § 9a RStV Rn. 21.

Hinsichtlich der weiteren Tätigkeit des Beklagten steht einer Zurechnung zur Exekutive entgegen, dass vom Schutzbereich des Grundrechts der Rundfunkfreiheit alle wesensmäßig mit der Veranstaltung von Rundfunk zusammenhängenden Tätigkeiten, von der Beschaffung der Informationen und der Produktion der Sendungen bis hin zu ihrer Verbreitung einschließlich aller zur Erfüllung der Funktion des Rundfunks notwendigen Voraussetzungen und Hilfstätigkeiten, erfasst und damit staatsfrei sind.

Vgl. Jarass/Pieroth, GG, 10. A., Art. 5 Rn. 39 m. w. N.

Die von dem Auskunftsbegehren des Klägers betroffene Haushaltswirtschaft des Beklagten ist dabei dem Bereich der Veranstaltung von Rundfunkdarbietungen zuzuordnen. Die Programmgestaltung selbst und die dafür aufzuwendenden Mittel stehen in einem engen Zusammenhang und können nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Diese Verbindung wird auch aus § 33 Abs. 1 WDRG deutlich, wonach der Beklagte seine Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen hat, dass die stetige Erfüllung seiner Aufgaben gesichert ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19.08.1985 - 4 A 1050/81 -, DÖV 1986, 82.

Die von dem Kläger vorgenommene Abgrenzung in die von der Rundfunkfreiheit erfasste journalistischredaktionelle und die sonstige Tätigkeit verkürzt den Schutzbereich des Grundrechts in unzulässiger Weise und ist auch tatsächlich nicht praktikabel. Eine Trennung kann in der Praxis nur zwischen hoheitlicher und sonstiger, dem Programmbereich auch im weiten Sinne dienender, Tätigkeit eindeutig vorgenommen werden. Insofern gebietet es Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, die Rundfunkfreiheit auch verfahrensrechtlich derart zu gewährleisten, dass allein die eindeutig nicht dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG unterfallende hoheitliche Tätigkeit, nicht aber die nicht weiter abgrenzbare sonstige Tätigkeit der Exekutive zuzurechnen ist und einem staatsgerichteten Auskunftsbegehren unterfällt.

In dem Bereich der Haushaltswirtschaft gehört der Beklagte somit nicht zur Exekutive im engeren Sinn und handelt nicht als Behörde i. S. d. LPG NRW. Dem steht nicht entgegen, dass die Rundfunkanstalten nach der vom Kläger angeführten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.12.2007 - C-337/06 - als öffentliche Auftraggeber anzusehen sind. Zum einen bezieht sich diese Entscheidung auf die Anwendung vergaberechtlicher Regeln, ohne zur Frage der Staatszugehörigkeit oder -ferne der Rundfunkanstalten im Rahmen ihrer Rundfunkfreiheit Stellung zu nehmen, zum anderen bedeutet dies nicht, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk als öffentlicher Auftraggeber notwendigerweise Staatsaufgaben wahrnimmt. Dies gilt umso mehr bei Einbeziehung der besonderen Stellung des öffentlichrechtlichen Rundfunks in dem Spannungsgebiet zwischen staatlicher Finanzierung und Organisationsform einerseits und Staatsfreiheit hinsichtlich ihrer programmlichen Tätigkeit andererseits.

Soweit der Kläger demgegenüber in der Mittelverwendung durch den Beklagten korrespondierend zur Mittelerhebung durch Rundfunkgebühreneinzug eine auskunftspflichtige staatliche Tätigkeit sehen will, steht dem bereits entgegen, dass diese Form der Finanzierung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten gerade zur Sicherstellung der Unabhängigkeit des öffentlichrechtlichen Rundfunks von jeglicher staatlicher Einflussnahme gewählt worden ist und daher allein die Mittelerhebung durch die hoheitliche Tätigkeit des Gebühreneinzugs nicht dazu führt, dass auch die Mittelverwendung als Verwaltungs- oder staatliche Tätigkeit i. S. d. LPG NRW angesehen werden kann.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 22.02.1994 - 1 BvL 30/88 - , BVerfGE 90, 60.

2.) Dem Kläger steht auch kein Informationsanspruch gegen den Beklagten nach § 4 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 IFG NRW zu.

Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass ein Anspruch nach dem IFG NRW nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil ihm als Journalist grundsätzlich ein Anspruch nach dem LPG NRW zusteht. Nach § 4 Abs. 2 S. 1 IFG NRW gehen besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, Auskunftserteilung oder Akteneinsicht den Vorschriften des IFG NRW vor. Das IFG NRW ist daher bei Vorliegen eines speziellen Anspruchs nicht anwendbar. Ein spezieller Anspruch ist aber vorliegend in dem presserechtlichen Anspruch nicht zu sehen. Voraussetzung für die Annahme eines solchen wäre, dass die besondere Regelung auf dem Gebiet des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs des IFG NRW denselben zu beurteilenden Sachverhalt abschließend regelt.

Vgl. Franßen/Seidel, IFG NRW Rn. 436; OVG NRW, Beschluss vom 31.01.2005 - 21 E 1487/04 -, NJW 2005, 2028.

Eine abschließende Regelung liegt in § 4 LPG NRW allein für die Anspruchsberechtigung des Klägers in seiner Tätigkeit als Journalist, nicht jedoch für seinen Anspruch als natürliche Person, als "jedermann" i. S. d. IFG NRW, der unberührt bleibt, vor. Für einen nicht als Journalist, sondern als natürliche Person geltend gemachten Auskunftsanspruch ist das LPG NRW in keinerlei Hinsicht einschlägig und kann dem IFG NRW als Spezialgesetz nicht vorgehen. Vgl. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 1 Rn. 107; Franßen/Seidel IFG NRW, Rn. 526; Scheel, in: Berger/Roth/Scheel, Informationsfreiheitsgesetz, § 1 Rn. 130; Löffler/Ricker, S. 141 Rn. 5 a; Schoch, IFG, § 1 Rn. 185.

Es bleibt dem Kläger daher unbenommen, als natürliche Person einen Anspruch nach dem IFG NRW geltend zu machen.

Auch dürfte das IFG NRW grundsätzlich auf den Beklagten anwendbar sein.

Der Beklagte ist wohl eine öffentliche Stelle i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 IFG NRW. Danach zählen zu den öffentlichen Stellen u. a. die der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Der WDR ist nach § 1 Abs. 1 S. 1 WDRG eine Anstalt des öffentlichen Rechts und untersteht nach § 54 WDRG der Rechtsaufsicht der Landesregierung; er erfüllt daher alle Voraussetzungen, die § 2 Abs. 1 S. 1 IFG NRW an den Auskunftsverpflichteten stellt.

Dem steht wohl nicht entgegen, dass (bisher) in dem WDRG die Anwendbarkeit des IFG NRW nicht ausdrücklich statuiert ist. Eine ausdrückliche Einbeziehung ist zur Eröffnung des Anwendungsbereichs nicht zwingend nötig und hätte hier allenfalls klarstellende Wirkung. Dies zeigt auch die beabsichtigte Änderung des WDRG, wonach in einem § 55a festgehalten werden soll, dass das IFG NRW auf den WDR Anwendung findet, soweit nicht journalistischredaktionelle Informationen betroffen sind. Nach der Gesetzesbegründung,

vgl. LT-Drs. 14/9393, S. 188,

findet das IFG NRW auf den WDR als einer der Rechtsaufsicht des Landes unterstehenden Person des öffentlichen Rechts grundsätzlich Anwendung. Der Wortlaut der Gesetzesbegründung zeigt auf, dass der Gesetzgeber das IFG NRW auf den WDR für anwendbar und diesen von dem Begriff der öffentlichen Stelle in § 2 Abs. 1 S. 1 IFG NRW erfasst hält. Der geplanten Ergänzung des WDRG käme danach vor allem klarstellende Funktion insbesondere dahingehend zu, wie weit der Informationsanspruch des Bürgers reicht.

Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus dem IFG NRW ist jedoch deshalb nicht gegeben, weil sich die von dem Kläger begehrten Auskünfte nicht auf eine Verwaltungstätigkeit des Beklagten beziehen.

Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 IFG NRW gilt das IFG NRW nur für die Verwaltungstätigkeit der dort benannten öffentlichen Stellen. Unter dem Begriff der "Verwaltungstätigkeit" ist die Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe, unabhängig davon, ob das Handeln in den Formen des öffentlichen Rechts erfolgt, zu verstehen. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.06.2002 - 21 B 589/02 -, NWVBl. 2002, 441; Urteil vom 17.05.2006 - 8 A 1642/05 -, NWVBl. 2006, 292; Schoch, IFG, § 1 Rn. 93.

Der Informationsanspruch des IFG NRW ist staatsgerichtet; er soll die Transparenz behördlichen Handelns, die Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz behördlicher Entscheidungen und der zugrundeliegenden politischen Beschlüsse erhöhen sowie die Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf das Handeln der staatlichen Organe dadurch optimieren, dass ihnen eine verbesserte Argumentationsgrundlage an die Hand gegeben wird, und somit der Kontrolle des staatlichen Handelns dienen,

vgl. Gesetzesbegründung LT-Drs. 13/1311, S. 9,

zielt also unmittelbar auf Informationen über die Staatstätigkeit, soweit nicht Rechtsprechung und Rechtsetzung, ab.

Unter die "Verwaltungstätigkeit" fällt somit jedes staatliche Handeln ungeachtet seiner Rechtsform. Voraussetzung ist allein, dass die Tätigkeit insoweit dem Staat zurechenbar ist. Zur Bestimmung des Begriffs "Verwaltungstätigkeit" i. S. d. IFG NRW sind dabei die Kriterien anzulegen, die schon der Bestimmung des Begriffes der "Behörde" i. S. d. LPG NRW zugrundelagen.

Ebenso wie dort ist auch für den Informationsanspruch des IFG NRW Voraussetzung, dass sich das Informationsbegehren auf im öffentlichen Recht wurzelnde, mithin staatliche, Verwaltungstätigkeit bezieht. Soweit der Begriff der öffentlichen Stelle in §§ 1, 2 Abs. 1 S. 1 IFG NRW weiter als der Behördenbegriff des § 4 LPG NRW reicht, stellt § 2 Abs. 1 S. 1 IFG NRW mit dem Erfordernis der "Verwaltungstätigkeit" klar, dass auch von dem IFG NRW nur solches Handeln öffentlicher Stellen erfasst wird, das als staatliche Verwaltung ebenso dem Behördenbegriff des § 4 Abs. 1 LPG NRW unterfällt.

Für die Anspruchsverpflichtung des Beklagten nach dem IFG NRW können insoweit mit Blick auf Art. 5 I 2 GG keine anderen Kriterien als die für die Prüfung seiner Verpflichtung nach dem LPG NRW zu beachtenden gelten. Anderenfalls wäre der Beklagte in seiner Rundfunkfreiheit unterschiedlich stark geschützt, je nachdem, ob der Auskunftsanspruch von einem Journalisten oder von einem "normalen" Bürger geltend gemacht wird.

Tätigkeit, die dem Staat zuzuordnen ist, übt der Beklagte - wie bereits ausgeführt - nur in den Bereichen aus, in denen er hoheitlich handelt, d. h. in dem Bereich des Gebühreneinzugs und der Vergabe von Sendezeit an Dritte. Die von dem Kläger in Bezug genommene Tätigkeit des Beklagten im Bereich der Haushaltswirtschaft unterfällt nicht der hoheitlichen Tätigkeit des Beklagten und stellt nach dem IFG NRW keine "Verwaltungstätigkeit" dar

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die von dem Auskunftsbegehren des Klägers betroffenen Personen waren nicht nach § 65 Abs. 2 VwGO beizuladen. Nach dieser Vorschrift sind Dritte dann notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die begehrte Sachentscheidung des Gerichts nicht wirksam getroffen werden kann, ohne dass dadurch zugleich unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden. Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn eine einheitliche Entscheidung nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse des Falles oder logisch notwendig erscheint.

Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. A., § 65 Rn. 14 f.

Danach war keine Beiladung geboten. Die Erteilung der begehrten Auskunft würde allenfalls zu einer mittelbaren Betroffenheit führen, die nach den genannten Kriterien eine notwendige Beiladung nicht begründen kann.

Von einer Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO hat die Kammer abgesehen, da diese nicht zweckmäßig gewesen wäre.

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß §§ 124a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Die Durchführung eines Berufungsverfahrens gäbe Gelegenheit zu einer obergerichtlichen Klärung der - über den vorliegenden Fall hinaus relevanten - Frage, inwieweit eine öffentlichrechtliche Rundfunkanstalt Verwaltungstätigkeit i. S. d. IFG NRW ausübt und ein Auskunftsanspruch gegen sie nach dem IFG NRW geltend gemacht werden kann.






VG Köln:
Urteil v. 19.11.2009
Az: 6 K 2032/08


Link zum Urteil:
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