Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 10. Januar 2006
Aktenzeichen: 4b O 19/05

(LG Düsseldorf: Urteil v. 10.01.2006, Az.: 4b O 19/05)

Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

Trägerplatten aus folienartigem Kunststoff für einen plattenbekleideten Boden- oder einen Wandaufbau zum Erzielen einer Entkopplung zwischen dem Untergrund und der auf die folienartige Platte aufzubringenden Flächenbekleidung, wobei die Trägerplatte eine Strukturierung zum Ausbilden von Vertiefungen durch im Wesentlichen in einer Richtung verlaufende Ausprägungen (N1, N3, N5) auf einer Seite und auf der anderen Seite niveaugleiche, erhabene Bereiche aufweist, zwischen denen Kammern (M1-M3) zur Aufnahme eines zur Ausbildung einer Kontaktschicht mit der aufzubringenden Flächenbekleidung vorgesehenen aushärtenden Kontaktmittels, wie Mörtel oder Kleber, gebildet sind und wobei an der Unterseite der Platte ein netzartiges Gewebe oder ein Vlies vorgesehen ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Strukturierung aus mindestens einer weiteren Schar aus in einer weiteren Richtung verlaufenden und die Ausprägungen (N1, N3, N5) kreuzenden weiteren Ausprägungen (N2, N4, N6) besteht, wobei die gebildeten Kammern (M1-M3) umfänglich durch die zur anderen Seite der Trägerplatte hin offenen erhabene Stege (S1-S6) bildenden Ausprägungen (N1-N6) begrenzt sind und ein in eine Kammer (M1-M3) hineinragender Hinterschnitt (H1-H3) Teil eines Steges (S1-S6) bzw. einer Ausprägung (N1-N6) ist.

II.

Die Beklagte wird weiter verurteilt,

der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 06. Juli 2002 begangen hat, und zwar unter Angabe

a)

der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer;

b)

der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der einzelnen Angebotsempfänger;

c)

der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

d)

der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

wobei

der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger und nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage hin mitzuteilen, ob bestimmte Angebotsempfänger oder nichtgewerbliche Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten sind,

und die Angaben zu Ziffer d) nur für den Zeitraum ab dem 02.02.2004 zu machen sind.

III.

Die Beklagte wird des weiteren verurteilt, die in ihrem unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen unter Ziffer I. beschriebenen Trägerplatten zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

IV.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

a)

der Klägerin für die vorstehend unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 06.07.2002 - 01.02.2004 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

b)

der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. bezeichneten, seit dem 02.02.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

V.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

VII.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 500.000,-- € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents X (Anlage K7; nachfolgend: Klagepatent), dessen Anmeldung am 07. Februar 2001 und dessen Erteilung am 02. Januar 2004 veröffentlicht worden ist und das in Kraft steht. Die Patentanmeldung geht auf die als X veröffentlichte PCT-Anmeldung vom 15. April 1999 zurück, mit der die Priorität vom 22. April 1998 der deutschen Patentanmeldung X in Anspruch genommen worden ist. Die Klägerin ist ferner Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters X (Anlage K1), welches aus der europäischen Patentanmeldung X abgezweigt ist und eine Priorität vom 15. April 1999 in Anspruch nimmt. Das Gebrauchsmuster wurde am 02. Mai 2002 eingetragen, die Bekanntmachung der Eintragung erfolgte am 06. Juni 2002. Die Klägerin hat ihre Ansprüche zunächst auf beide erwähnten Schutzrechte gestützt und sodann in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Rechte aus dem Gebrauchsmuster in diesem Rechtsstreit nicht weiter zu verfolgen.

Gegen die Patenterteilung ist ein Einspruchsverfahren anhängig, dem die Beklagte beigetreten ist.

Der Löschungsantrag eines Dritten gegen das Gebrauchsmuster X vor dem Deutschen Patent- und Markenamt ist mit Beschluß vom 30. November 2004 zurückgewiesen worden, soweit er die mit Schriftsatz vom 19. Februar 2003 geänderten Ansprüche betraf (Anlage K6 und K12). Das Gebrauchsmuster ist mit Schutzansprüchen aufrechterhalten worden, die mit den Ansprüchen des Klagepatents wortgleich sind. Derzeit ist ein weiterer Löschungsantrag der Firma Isola as aus Norwegen anhängig, deren Lizenznehmerin die Beklagte ist. Die Lizenzgeberin nimmt die Klägerin in den Verfahren 4a O 385/05 und 4a O 464/05 vor dem erkennenden Gericht überdies wegen Verletzung ihrer Schutzrechte in Anspruch.

Das Klagepatent betrifft eine Trägerplatte aus folienartigem Kunststoff für einen plattenbekleideten Bodenaufbau oder eine Wand.

Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

"Trägerplatte aus folienartigem Kunststoff für einen plattenbekleideten Boden- oder einen Wandaufbau zum Erzielen einer Entkopplung zwischen dem Untergrund und der auf die folienartige Platte aufzubringenden Flächenbekleidung, wobei die Trägerplatte eine Strukturierung zum Ausbilden von Vertiefungen durch im wesentlichen in einer Richtung verlaufende Ausprägungen (N1, N3, N5) auf einer Seite und auf der anderen Seite niveaugleiche, erhabene Bereiche aufweist, zwischen denen Kammern (M1-M3) zur Aufnahme eines zur Ausbildung einer Kontaktschicht mit der aufzubringenden Flächenbekleidung vorgesehenen aushärtenden Kontaktmittel, wie Mörtel oder Kleber, gebildet sind und wobei an der Unterseite der Platte ein netzartiges Gewebe oder ein Vlies (2) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Strukturierung aus mindestens einer weiteren Schar aus in einer weiteren Richtung verlaufenden und die Ausprägungen (N1, N3, N5) kreuzenden weiteren Ausprägungen (N2, N4, N6) besteht, wobei die gebildeten Kammern (M1-M3) umfänglich durch die zur anderen Seite der Trägerplatte hin offenen erhabene Stege (S1-S6) bildenden Ausprägungen (N1-N6) begrenzt sind und ein in einer Kammer (M1-M3) hineinragender Hinterschnitt (H1-H3) Teil eines Steges (S1-S6) bzw. einer Ausprägung (N1-N6) ist."

Eine bevorzugte Ausführungsform ist aus der nachfolgend abgebildeten Fig. 1b in einer dreidimensionalen Schnittdarstellung ersichtlich.

Fig. 4 der Klagepatentschrift stellt die entsprechende Ausführungsform in der Einbausituation dar.

Die Beklagte vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung "X" eine Entkopplungsmatte und Verbundabdichtung für Fliesenbeläge, mit der die Verlegung auf Untergründen, die auf thermische bzw. Luftfeuchtigkeitsveränderungen reagieren, ermöglicht wird. Zur Verdeutlichung des Einsatzbereiches der streitgegenständlichen Entkopplungsmatte hat die Klägerin als Anlage K9 Produktinformationen aus dem Internetauftritt der Beklagten zur Gerichtsakte gereicht. Weiterhin hat sie als Anlage K10 ein Teilstück der angegriffenen Ausführungsform zur Akte gereicht. Die Matte wird in 100 cm breiten Rollen zu 5 m, 10 m und 25 m Länge angeboten.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent und nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Verpflichtung zur Entschädigung sowie zum Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen, wobei sie jedoch Auskunft

auch über die Herstellungsmengen und -zeiten ohne Wirtschaftsprüfervorbehalt der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns bereits ab dem 06.07.2002

begehrt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen hilfsweise, den Rechtsstreit auszusetzen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Einspruch gegen das X und das Gebrauchmusterlöschungsverfahren betreffend das deutsche Gebrauchsmuster X. sowie bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in den vor dem Landgericht Düsseldorf geführten Rechtsstreiten 4a O 385/05 und 4a O 464/05.

Die Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verletze nicht das Klagepatent. Sie stellt dessen Schutzfähigkeit in Abrede und nimmt Bezug auf den beim Deutschen Patent- und Markenamt erhobenen Einspruch. Sie ist der Auffassung, das Klagepatent werde im Einspruchsverfahren vernichtet werden, was jedenfalls den Aussetzungsantrag rechtfertige. Weiter ist sie der Auffassung, ihr stehe als Lizenznehmerin der Isola as an den älteren Schutzrechten X (Anlage L22; deutsche Übersetzung: X, Anlage L22a) und X (Anlage L26) ein positives Benutzungsrecht gegenüber dem Klagepatent zu.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten und dem Aussetzungsantrag entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist im wesentlichen begründet.

Mit dem Vertrieb der angegriffenen Entkopplungsmatte "X" macht die Beklagte widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Sie ist gegenüber der Klägerin deshalb im zuerkannten Umfang zur Unterlassung, zur Rechnungslegung, zur Vernichtung sowie zur Entschädigung und zum Schadenersatz verpflichtet. Anlaß, den Verletzungsrechtsstreit einstweilen auszusetzen, besteht nicht.

I.

Das Klagepatent betrifft eine Trägerplatte aus folienartigem Kunststoff für einen plattenbekleideten Bodenaufbau oder eine Wand zum Erzielen einer Entkopplung zwischen dem Untergrund und der auf die folienartige Platte aufzubringenden Flächenbekleidung.

Die Aufbringung von Bekleidungen, insbesondere Keramikplatten, im Inneren oder von außen an Gebäuden ist vielfach problematisch. Auf Grund unterschiedlicher Wärmeausdehnungen und den damit verbundenen Spannungen können Risse in der Bekleidung entstehen, auch das Ablösen von Bekleidungsplatten ist auf Grund solcher Spannungszustände feststellbar. Insbesondere Keramikplattenbeläge werden vielfach im sogenannten Dünnbettverfahren verlegt, bei dem ein geeigneter Kontaktkleber Verwendung findet. Dabei ergeben sich Schwierigkeiten in den unterschiedlichen Haftungsbedingungen an der Unterseite einer solchen Platte bzw. an dem Untergrund. Zusätzlich werden solche Problematiken auch noch durch Anforderungen an die Dichtheit des Aufbaus oder die Vorsehung einer Drainagefähigkeit beeinflußt.

Um in solchen Anwendungsfällen auftretende Spannungsunterschiede abzubauen bzw. den Aufbau bezüglich der auftretenden Spannung vom Untergrund zu entkoppeln, sind bereits Trägerplatten aus folienartigem Kunststoff vorgeschlagen worden, die auch als Drainageplatten mit entsprechenden Durchbrechungen ausgestaltet sein können. Eine entsprechende Platte ist im Stand der Technik aus der X (gemeint ist wohl: X; Anlage K3) bekannt. Durch abwechselnd nach beiden Plattenseiten hin offene schwalbenschwanzförmige Nuten ist dabei eine Trägerplatte vorgeschlagen worden, die sich bei Druck- und Zugbeanspruchung quer zum Verlauf dieser Nuten bewegen läßt. Wird eine solche Trägerplatte am Untergrund befestigt und darauf eine Bekleidung mit entsprechendem Kontaktmittel aufgebracht, so kann ein Spannungsausgleich in dieser angegebenen Richtung herbeigeführt werden, wenn sichergestellt ist, daß sich die gebildeten Nuten nicht mit dem Kontaktmittel, beispielsweise einem Kleber, vollständig ausfüllen. Um dieses Ausfüllen zu verhindern, ist bereits vorgeschlagen worden, solche Platten an einer oder an beiden Seiten mit netzartigen Textilien oder einem Vlies zu versehen, wodurch auch eine erhöhte Kontaktfähigkeit begünstigt wird. Solche Trägerplatten sind aber nur in einer bevorzugten Richtung dehnfähig bzw. zusammendrückbar, so daß mit solchen Platten ein notwendiger Spannungsabbau vielfach nicht möglich ist.

Aus der Tatsache, daß auf Grund unterschiedlicher Ausdehnungsspannungen Risse im Aufbau auftreten, ist es bekannt, daß sich diese Spannungen in Rißbildungen darstellen. Man hat daher auch bereits vorgeschlagen, Trägerplatten mit Strukturelementen so zu gestalten, daß bewußt die Ausbildung einer Vielzahl von solchen Spannungsrissen begünstigt, sozusagen initiiert wird. So sind in der X, wie die Beschreibung des Klagepatents anführt, Fußbodenverbundkörper mit vollvolumigen Trägerplatten aus Styropor oder dergleichen vorgeschlagen worden mit einer Vielzahl gleichmäßig über die Fläche verteilter Strukturelemente. Bei Auftreten von Spannungen im Fußbodenaufbau können sich an diesen Strukturelementen, insbesondere an deren Kanten und Ecken, Trennflächenscharen ausbilden, die Spannungen abbauen, so daß stärkere Rißbildungen, insbesondere im Bereich der Plattenbekleidung, vermieden werden.

Das Klagepatent bezeichnet es ausdrücklich als das der Erfindung zugrundeliegende technische Problem ("die Aufgabe"), eine Trägerplatte aus folienartigem Kunststoff für den plattenbekleideten Bodenaufbau oder eine entsprechende Wand vorzuschlagen, mit der in optimierender Weise bei deren entsprechendem Einsatz auftretende unterschiedliche Spannungen zwischen Untergrund und Bekleidung abgebaut bzw. entkoppelt werden.

Dazu schlägt das Klagepatent im Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Trägerplatte aus folienartigem Kunststoff für einen plattenbekleideten Boden- oder einen Wandaufbau zum Erzielen einer Entkopplung zwischen dem Untergrund und der auf die folienartige Platte aufzubringenden Flächenbekleidung;

2. die Trägerplatte weist auf einer Seite eine Strukturierung zum Ausbilden von Vertiefungen durch im Wesentlichen in einer Richtung verlaufende Ausprägungen (N1, N3, N5) auf;

3. die Trägerplatte weist auf der anderen Seite niveaugleiche, erhabene Bereiche auf, zwischen denen Kammern (M1-M3) zur Aufnahme eines zur Ausbildung einer Kontaktschicht mit der aufzubringenden Flächenbekleidung vorgesehenen aushärtenden Kontaktmittel, wie Mörtel oder Kleber, gebildet sind;

4. wobei an der Unterseite der Platte ein netzartiges Gewebe oder ein Vlies (2) vorgesehen ist;

5. die Strukturierung besteht aus mindestens einer weiteren Schar aus in einer weiteren Richtung verlaufenden und die Ausprägungen (N1, N3, N5) kreuzenden weiteren Ausprägungen (N2, N4, N6);

6. wobei die gebildeten Kammern (M1-M3) umfänglich durch die zur anderen Seite der Trägerplatte hin offenen erhabene Stege (S1-S6) bildenden Ausprägungen (N1-N6) begrenzt sind und ein in einer Kammer (M1-M3) hineinragender Hinterschnitt (H1-H3) Teil eines Steges (S1-S6) bzw. einer Ausprägung (N1-N6) ist.

II.

Zu Recht ist zwischen den Parteien unstreitig, daß die angegriffene Ausführungsform der Beklagten von den Merkmalen 2 bis 5 Gebrauch macht. Entgegen der Auffassung der Beklagten verletzt die angegriffene Ausführungsform auch die übrigen Merkmale des Klagepatents wortsinngemäß.

1.

Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht Merkmal 1 des Klagepatents wortsinngemäß.

Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um eine Trägerplatte aus folienartigem Kunststoff.

Der angesprochene Durchschnittsfachmann erkennt bei verständiger Lektüre des Klagepatents, dass er zur Herstellung einer patentgemäßen Trägerplatte keinesfalls eine dünne, flexible Kunststofffolie verwenden kann, wie es nach dem umgangssprachlichen Verständnis faßbar wäre. Für den Fachmann ist schon das im "X" enthaltene Verständnis weitaus näherliegend; entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Fachmann nämlich keineswegs Fachmann im Maurer-, Fliesenleger- oder Stukkateurhandwerk. Angesprochen ist vielmehr ein Hersteller des Materials, d. h. ein auf dem Gebiet der Kunststoffherstellung erfahrener Chemie- oder Verfahrenstechniker. Darüber hinaus bleibt der angesprochene Fachmann nicht dabei stehen, den Wortlaut der Ansprüche philologisch auszulegen, sondern ermittelt im Wege der Auslegung den Wortsinn der Anspruchsmerkmale. Im Rahmen der Auslegung sind die Beschreibung und Zeichnungen in der Patentschrift zur Auslegung des Schutzumfangs des Patentanspruchs heranzuziehen. Begriffe in den Patentansprüchen sind so zu deuten, wie der angesprochene Fachmann sie nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung, und zwar des technischen Gesamtzusammenhangs, den der Inhalt der Patentschrift dem Fachmann vermittelt, versteht (BGH GRUR 2001, 232 - Brieflocher). Maßgeblich ist dabei, welchen technischen Sinngehalt der Durchschnittsfachmann mit den Merkmalen des Anspruchs im einzelnen und in ihrer Gesamtheit verbindet, wobei der Fachmann den funktionalen Zusammenhang sämtlicher Anspruchsmerkmale berücksichtigt (BGH GRUR 2004, 845 - Drehzahlermittlung; LG Düsseldorf, InstGE 2, 253 - Wirbelkammer; InstGE 2, 82 - Lasthebemagnet).

Dem Durchschnittsfachmann ist dabei bewußt, daß Kunststofffolien in unterschiedlichen Dicken und vielfältigen Eigenschaften im Hinblick auf Elastizität bzw. Plastizität, Festigkeit und Biegsamkeit etc. verfügbar sind. Ausgehend von dem aus dem anspruchsgemäßen Verwendungszweck, nämlich einer Plattenbekleidung für den Boden- oder Wandaufbau zur Entkopplung der auf die Trägerplatte aufzubringenden Flächenbekleidung vom Untergrund, begrenzen sich für den Fachmann die im Hinblick auf ihre Eigenschaften in Betracht kommenden Materialien schon erheblich. Da er den Schutzrechtsansprüchen weiter entnimmt, dass mit dem Kunststoff Stege und Kammern gebildet werden sollen, bei denen die Kammern mit aushärtendem Kontaktmittel wie Mörtel oder Kleber gefüllt werden, die Stege dabei zur Unterseite hin offen sein und auch im gefüllten Zustand bleiben sollen, und diese Konstruktion schließlich eine Flächenbekleidung tragen soll, ist ihm klar, dass er ein stabiles und vergleichsweise dickes Material wählen muß. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass schon beim Einbringen des Kontaktmittels die Trägerplatte aufgrund mangelnder Stabilität ihre Form verliert.

Schon dem Wortlaut der Ansprüche entnimmt er zudem, dass es nicht um die Verwendung einer Folie im engen Sinne geht, sondern ein folienartiger Kunststoff Gegenstand der technischen Lehre ist. Seine anhand des Verwendungszwecks getroffenen Erwägungen werden dadurch bestärkt, denn es erschließt sich dem Fachmann aus der Formulierung, daß das Material nur gewisse Eigenschaften wie eine Folie aufweisen soll; dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform insbesondere insoweit der Fall, als es in Rollenform angeboten wird und auf die erforderliche Größe zurechtgeschnitten werden kann.

Auch der Begriff der ‚Trägerplatte’ veranlaßt ihn zu keinem anderen Verständnis. Aus der Gesamtschau mit den bereits erörterten Gesichtspunkten hinsichtlich des zu verwendenden Materials ist dem Fachmann klar, daß die ‚Platte’ eine gewisse Flexibilität aufweisen darf und nicht vollkommen starr sein muß. Entgegen der Ansicht der Beklagten veranlaßt ihn die Bezeichnung als Platte auch nicht zu der Annahme, dies schließe eine bahnförmige Ausgestaltung aus. Den Klageschutzrechten sind keine Angaben zur Größe zu entnehmen und der Fachmann erkennt ohne weiteres, daß diese für die Verwirklichung der technischen Lehre unmaßgeblich ist. Soweit die Beklagte darauf abstellt, der Fachmann erwarte die Verwendung mehrerer Platten nebeneinander, zumal auch die Beschreibung von Platten im Plural spricht, trifft dies auch auf die angegriffene Ausführungsform zu. Jedenfalls im Hinblick auf die Breite von 100 cm dürfte der Anwender nur in seltenen Fällen mit einer Bahn auskommen und regelmäßig eine weitere Platte anlegen müssen. Schließlich erkennt der Fachmann auch ohne weiteres, daß kein Vorteil damit verbunden wäre, wenn etwa jede Trägerplatte jeweils nur eine der in der Flächenbekleidung aufzubringenden Fliesenplatten tragen würde, sondern eine großflächige Entkopplung gewollt ist.

2.

Die angegriffene Ausführungsform weist auch einen Hinterschnitt auf. Der Fachmann entnimmt dem Patentanspruch, daß dieser lediglich das Vorhandensein von in die Kammer hineinragenden Hinterschnitten als Teil eines Steges verlangt. Er erkennt, daß dies im Rahmen der technischen Lehre des Klagepatents zur Verhakung der ausgehärteten Kontaktmittel innerhalb der Kammern dient. Der Fachmann entnimmt der Beschreibung der Klagepatentschrift (Sp. 2, Z. 8-12), daß dadurch die innige Verbindung zwischen Mörtelschicht und Trägerplatte herbeigeführt wird, mithin verhindert wird, daß die Flächenbekleidung mit dem ausgehärteten Kontaktmittel von der Trägerplatte abgehoben werden kann. Er erfährt weiter, daß es dem Klagepatent dabei auf eine formschlüssige Verklammerung ankommt (Beschreibung Sp. 3, Z. 48-52).

Für diese Funktion kommt es hingegen nicht auf eine bestimmte räumliche Ausgestaltung des Hinterschnitts an, entscheidend ist, daß überhaupt ein Hinterschnitt vorhanden ist. Es ist insofern unmaßgeblich, ob der Steg eine T-förmige Erweiterung aufweist oder ob der Querschnitt der Ausprägung dazu führt, daß die Stegkante über der Grundfläche der Kammer liegt. Letzteres ist bei einer schwalbenschwanzförmigen Ausgestaltung der Fall ist, von der auch die angegriffene Ausführungsform Gebrauch macht. Eine solche Ausgestaltung wird vom Klagepatent ausdrücklich als beispielhafte Ausführungsform erwähnt (Beschreibung Sp. 4, Z. 10-13). Entgegen der Ansicht der Beklagten lehrt das Klagepatent auch keineswegs eine "etwa schwalbenschanzförmige" Ausgestaltung in dem Sinne, daß diese sich nur an diese Form annähern darf. Sie erwähnt diese Ausgestaltung mit der Formulierung "etwa" als beispielhaft.

III.

Im Lizenzwege von der Schutzrechtsinhaberin Isola as erworbene Benutzungsrechte an älteren Schutzrechten, dem europäischen Patent X (Anlage L22; deutsche Übersetzung: X, Anlage L22a) und dem deutschen Gebrauchsmuster X (Anlage L26), verleihen der Beklagten kein positives Benutzungsrecht gegenüber dem Klagepatent. Zwar kann sich auch ein Lizenznehmer grundsätzlich auf ein solches Benutzungsrecht berufen, wenn dem Lizenzgeber des älteren Schutzrechts ein solches gegenüber dem Inhaber des jüngeren (Klage-)Schutzrechts zusteht (Kammer, Entscheidungen 1996, 24 - Rekombinantes Erythropoietin III). Dies setzt jedoch voraus, daß er ausschließlich die Lehre des älteren Patents benutzt und nicht von zusätzlichen Merkmalen Gebrauch macht, die sich erst in den Ansprüchen des jüngeren Patents finden (Kammer, aaO.). Dies ist nicht der Fall.

Dem Klagepatent gemäßen Ausführungsformen ist es zueigen, daß sie auf der Unterseite ein netzartiges Gewebe oder Vlies aufweisen, das das Eintreten von Kontaktmittel (Mörtel, Kleber) in die nach unten offenen Stege verhindert; dies ist ausdrücklicher Inhalt des Patentanspruches. Dadurch wird sichergestellt, daß die Trägerplatte auch nach dem Einbringen von Kontaktmittel in die sich auf der Oberseite bildenden Kammern in Richtung einer jeden ausgeformten Schar von Ausprägungen dehnbar bleibt.

Dagegen entspricht es dem von der Beklagten herangezogenen X, welches die Verwendung einer Platte schützt, daß gerade auf beiden Seiten der gebildeten Platte Verputzmaterial (210, 410) eingebracht wird. Dies entnimmt der Fachmann deutlich den Fig. 5 und 6 der Anlagen L22/22a; in gleicher Weise ist dies in den identischen Figuren des Gebrauchsmusters X (Anlage L26) zu erkennen. Die Beschreibungen sprechen zwar davon, daß die Platte auf einer geeigneten Seite mit einem Gitter versehen werden kann (Anlage L22/22a) oder versehen ist (Anlage L26). Dies ist jedoch weder Gegenstand der Schutzansprüche, noch wird der Zweck des Gitters erläutert. Insbesondere ist an keiner Stelle ersichtlich, daß das Gitter so feinmaschig sein soll, daß ein Eindringen von Kontaktmittel in die Ausprägungen verhindert wird. Vielmehr mißt der maßgebliche Durchschnittsfachmann, auf dessen Kenntnisse im Prioritätszeitpunkt der Lizenzschutzrechte abzustellen ist, dem Gitter die Funktion bei, eine bessere Befestigung der Platte auf dem Untergrund herbeizuführen; dieses Verständnis wird durch das grobmaschige Gitter in Fig. 3 der Lizenzschutzrechte gestützt. In diesem Zusammenhang versteht er auch die im Anspruch enthaltene Formulierung, das Verputzmaterial sei auf der Außenseite zur gleichen Zeit aufzutragen, in der es sich in den Cavitäten verankert, im Sinne einer beidseitigen Einbringung. Anhaltspunkte dafür, daß es vorteilhaft ist, wenn auf einer Seite, insbesondere der Unterseite kein Kontaktmittel eindringen kann, erhält er nicht. Dies ist ihm auch nicht schon deshalb klar, weil beim Dünnbettverfahren aufgrund der geringen Klebermenge ohnehin nicht genügend Material vorhanden ist, um die Ausprägungen auszufüllen, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat. Eine solche Betrachtung erfolgt offenkundig rückschauend in Kenntnis des Klagepatents, da die Lizenzschutzrechte sich - wie bereits ausgeführt - nicht zu einer Entkopplung verhalten und der Fachmann diese auch nicht als immanent erkennt.

Die X verfügt zwar nach dem Wortlaut des Schutzanspruchs auf einer Seite über ein Gitter, sieht dies aber nicht zwingend für die Ober- oder Unterseite vor. Auch der Zweck des Gitters bei den der technischen Lehre der Klageschutzrechte gemäßen Ausführungen findet sich in der Schrift nicht wieder. Insbesondere läßt diese auch zu, daß Verputzmaterial von unten in die hohlen Vorsprünge eintritt, wie sich aus Fig. 5 und 6 ergibt. Dies nimmt der Platte die Dehnfähigkeit, da diese auf dem Untergrund fixiert wird. Eine Entkopplung ist damit nicht möglich.

Beide Schutzrechte sehen den Kern der Erfindung in den hervorstehenden Noppen, während die Klageschutzrechte sich weitergehend die Bedeutung und Wirkung der Scharen von Ausprägungen mit Stegen und den daraus gebildeten Kammern zunutze machen. Die von der Beklagten angeführten Schutzrechte verhalten sich dagegen nicht zur Anordnung der Noppen, so daß keine Entstehung regelmäßiger Ausprägungen und Stege gelehrt wird. Wie sich aus Anlage L28 ergibt, ist die Ausbildung dieser Stege, die aber für die Entkopplung wesentliche Bedeutung haben, eher zufällig. Ebensowenig erschließt sich dies dem Fachmann entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Darstellung daraus, daß sich der Mörtel beim Aushärten zusammenzieht und die dadurch entstehenden Hohlräume eine Entkopplung bewirken können.

IV.

Da die Beklagte das Klagepatent widerrechtlich benutzt hat, ist sie der Klägerin gemäß Artikel 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet. Die Beklagte trifft ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Die Entschädigungspflicht der Beklagten folgt aus Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG. Die Schadenersatzpflicht der Beklagten folgt aus Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG. Da die genaue Entschädigungs- und Schadenshöhe derzeit noch nicht feststeht, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse daran, dass die Haftung der Beklagten auf Entschädigung und Schadenersatz zunächst dem Grunde nach festgestellt wird (§ 256 ZPO). Der Vernichtungsanspruch der Beklagten beruht auf § 140a PatG.

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Schadenersatzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte im zuerkannten Umfang verpflichtet, über ihre Verletzungshandlungen Rechnung zu legen (§ 140b PatG, §§ 242, 259 BGB).

Dagegen war die Klage insoweit abzuweisen, als die Klägerin Auskunft / Rechnungslegung in Bezug auf Herstellungsmengen und -zeiten begehrt. Eine solche ist von der Beklagten nicht geschuldet, da die Klägerin nicht behauptet, daß die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen selbst herstellt. Ebensowenig ist die Beklagte zur Auskunft über die Gestehungskosten und den erzielten Gewinn für den Zeitraum bis zum 01.02.2004 verpflichtet, da der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Entschädigung zusteht, für dessen Bemessung die begehrten Angaben unerheblich sind.

V.

Anlaß, den vorliegenden Rechtsstreit auszusetzen, besteht nicht (§ 148 ZPO). Der anhängige Einspruch bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht. Eine Vernichtung des Klagepatents in Bezug auf den Patentanspruch 1 erscheint nicht überwiegend wahrscheinlich.

Die Beklagte hält dem Klagepatent im Einspruchsverfahren im wesentlichen die Schriften X, X und X als neuheitsschädlich entgegen. Gegen einen Erfolg dieser Argumentation spricht bereits, daß diese als Entgegenhaltungen im Erteilungsverfahren des Klagepatents oder im ersten Löschungsverfahren gegen das parallele Gebrauchsmuster berücksichtigt worden sind, in welchem das Gebrauchsmuster wortlautgleich mit dem Klagepatent aufrechterhalten worden ist.

Die in der Einspruchsakte (Anlage L7) angeführten Entgegenhaltungen X und X (Anlagenkonvolut L8a, B26) stehen der Neuheit der Erfindung nicht entgegen. Die X war bereits als Entgegenhaltung E3 Gegenstand des ersten Löschungsverfahrens gegen das parallele Gebrauchsmuster. Aufgrund der sachkundigen Äußerung der Gebrauchsmusterabteilung ist davon auszugehen, daß sich dem Fachmann bei Lektüre dieser Schrift keinerlei Anregungen erschließen, die Ausprägungen zur Verbesserung des Spannungs- und Druckabbaus in einer weiteren Richtung vorzusehen, zumal dadurch die Dehnfähigkeit in der vorhandenen Richtung abnimmt.

Die Gebrauchsmusterschrift X, deren Priorität zu Unrecht in Anspruch genommen worden ist, betrifft eine Drainageplatte, die gattungsmäßig der X (Anlagenkonvolut L10, III E5) entspricht, die als Entgegenhaltung E5 ebenfalls bereits Gegenstand des abgeschlossenen ersten Löschungsverfahrens war, welches gegen das parallele Gebrauchsmuster geführt worden ist. Diese Entgegenhaltung ist aufgrund des Fehlens eines Vlieses als nicht zur Spannungsentkopplung und damit gattungsfremd angesehen worden. Die X erwähnt demgegenüber in ihrem Unteranspruch 7 zwar das Aufbringen eines wasserundurchlässigen Vlieses oder netzartigen Textilgewebes, ohne daß dies jedoch zur Spannungsentkopplung dienen würde. Vielmehr begründet die Beschreibung (Anlagenkonvolut L8, S. 3, Z. 13-17) die Anbringung mit der Begünstigung der Verwendungsfähigkeit im Wandbereich durch Verbesserung der Verklammerungsfähigkeit mit einem Belag oder dem Untergrund. Insbesondere wird ein solches Vlies oder Textilgewebe wahlweise für eine oder beide Seiten der Platte vorgeschlagen; dies aber führt den Fachmann nicht zur technischen Lehre des Klagepatents, für die es gerade wesentlich ist, daß das Vlies nur auf einer Seite vorhanden ist, um auf dieser die Öffnung der Stege zu gewährleisten, während sich auf der anderen Seite die Mörtelstützen in den Kammern ausbilden können müssen.

Die in Spalte 2, Z. 18-21 eingefügte Beschreibungsstelle stellt entgegen der Ansicht der Beklagten (Anlage L8, S. 3/4) keine unzulässige Erweiterung dar. Es ist nicht erkennbar, daß der Gegenstand der Anmeldung dadurch geändert wurde. Der Informationsgehalt der Anmeldung und das Patentbegehren des Anmelders sind unverändert geblieben, da die Hinzufügung für die Anweisung zum technischen Handeln keine Bedeutung hat und lediglich ein bekanntes technisches Phänomen beschreibt.

Zur Entgegenhaltung X - X - X (Anlagenkonvolut L8, S. 4-6) gelten die oben bereits zum positiven Benutzungsrecht angeführten Erwägungen in entsprechender Weise. Ebensowenig wie das Lizenzpatent der Beklagten ein positives Benutzungsrecht verleiht, erhielt der angesprochene Fachmann im Prioritätszeitpunkt Anregungen, die ihn zur technischen Lehre des Klagepatents führen.

Der Fachmann erhält auch weder aus der X allein (vgl. DPMA-Beschluß, Anlage K12, S. 5), noch in der Kombination mit der X die Anregung, die vorbekannten Ausprägungen in einer Richtung durch (mindestens) eine weitere Schar von Ausprägungen in anderer Richtung zu ergänzen, da dies mit dem Verlust der gelehrten Dehnfähigkeit einhergeht. Die X wird der Fachmann schon deshalb nicht heranziehen, weil diese eine vollkommen andere Wirkung und Funktion offenbaren. Die dort gelehrten Kanäle sind nach oben offen und werden daher vom Mörtel durchdrungen. Sie ermöglichen damit gerade keine Dehnfähigkeit und dienen auch nach der Beschreibung (Anlage L8a - B15, S. 3, Z. 27-31) zur großflächigen Verbindung der Folie mit dem Dünnbettmörtel zur möglichst gleichmäßigen Einleitung der auf den Fliesenbelag einwirkenden Gewichtskräfte in den Untergrund, also gerade nicht zur Entkopplung.

Die X war bereits Gegenstand des Erteilungsverfahrens und hat weder dort noch im Löschungsverfahren betreffend das Klagegebrauchsmuster zur Versagung der Schutzfähigkeit geführt. Wie die Klägerin zu Recht ausführt, dient die dort offenbarte Trägerplatte nicht der Spannungsaufnahme und dem Spannungsausgleich, sondern begünstigt lediglich die Bildung von Spannungsrissen in der Estrichschicht (K15, S. 6, 3. Abs.). Die bevorzugt ausgebildeten Stege unterstützen diese begünstigende Wirkung lediglich (vgl. aaO., S. 12, 3. Abs.). Bei den Klageschutzrechten geht es aber in keiner Weise um Schwächebereiche, sondern im Gegenteil um zwar dehnbare bzw. bewegliche, aber gleichwohl stabile und im wesentlichen formbeständige Ausprägungen und Stege. Auch aus dieser Entgegenhaltung erhält der Fachmann keine Anregungen in Richtung der technischen Lehre des Klagepatents.

Die behauptete offenkundige Vorbenutzung durch Vertrieb der Matte X, die sich aus der Preisliste Januar 1998 ergeben soll, sagt nichts zur Ausgestaltung im Vertriebszeitpunkt aus. Die Klägerin hat behauptet, die Gestaltung sei geändert worden und habe vorher der X entsprochen. Entsprechendes gilt für die behauptete offenkundige Vorbenutzung "X" Iserlohn und im Hinblick auf die von der Beklagten vorgetragenen, aus den Ausführungen der Klägerin auf ihrer Website zu entnehmende offenkundige Vorbenutzung bei den Bauvorhaben X, X, und X, X. Auch diesbezüglich ist die Ausgestaltung der eingebauten X zwischen den Parteien streitig. Die insoweit vorgelegte Anlage VIII läßt zur konkreten Ausgestaltung beim Hotel "X" ebensowenig etwas erkennen wie die vorgelegten Screenshots zu den Bauvorhaben X, X, und X, X. Auch ist die Ausgestaltung in keinem der Fälle im zugehörigen Text beschrieben. Die diesbezüglich erforderliche Beweisaufnahme steht einer Aussetzung entgegen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 709, 108 ZPO.

VII.

Der Streitwert wird auf 500.000,-- € festgesetzt.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 10.01.2006
Az: 4b O 19/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d6beee190231/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_10-Januar-2006_Az_4b-O-19-05




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