Anwaltsgerichtshof Rostock:
Beschluss vom 19. November 2010
Aktenzeichen: AGH 3/09 (I/2)

(AGH Rostock: Beschluss v. 19.11.2010, Az.: AGH 3/09 (I/2))

Der Begriff der angemessenen Vergütung i. S. v. § 53 Abs. 10 S. 4 und 5 BRAO ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Die Bestimmung liegt nicht im Ermessen der Rechtsanwaltskammer. Wenn die Abwicklung der Kanzlei nur einen bestimmten, überschaubaren, kurzfristigen Zeitraum in Anspruch nimmt, kann die Stundenpauschale festgesetzt werden, die je nach Kammerbezirk zwischen 50,00 € und 100,00 € liegt.

Tenor

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Gegenstandswert wird auf 3.625,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller (AST) wehrt sich gegen einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Antragsgegnerin (AGin) zugunsten seines Krankheitsvertreters in persona des Herrn RA A. G., R.-D..

Der Vertreter war vom 31.05.07 bis 31.07.07 wegen einer plötzlichen, lebensbedrohenden Erkrankung des AST von der AGin bestellt worden. Nach eigenen Angaben war er schließlich in der Funktion als Krankheitsvertreter vom 30.05.07 bis 20.07.07 tätig.

Nach vorausgegangenen Vermittlungsversuchen der AGin hatte mit Festsetzungsantrag vom 23.06.08 RA G. beantragt, seine Vergütung für eine Tätigkeit über eine Gesamtdauer von 72,5 Stunden zu einem Stundensatz von 75,00 Euro festzusetzen.

Im Ergebnis des Antrags wurde die Vergütung seitens der AGin mit Bescheid vom 03.04.09 in Höhe der geltend gemachten Stunden aber lediglich zu einem Stundensatz von 50,00 Euro, mithin über einen Betrag von 3.625,00 zzgl. 19 % MwSt. festgesetzt. Im Übrigen gab sie dem Antrag nicht statt, soweit der Vertreter zuletzt die Festsetzung eines Stundensatzes von 75,00 Euro beantragt hatte.

Der Vertreter, RA G., hatte die einzelnen, geltend gemachten Tätigkeiten mit Schreiben vom 28.08.07 gegenüber der AGin belegt und nochmals mit seinem Antrag vom 23.06.08 gegenüber der AGin erläutert.

Gegen die vorgenannte Festsetzung der AGin richtet sich der Antrag des AST auf gerichtliche Entscheidung vom 12.04.09.

Der AST hält die Gesamtvergütung für überhöht.

Er meint, dass die Höhe der Vergütung nicht im Ermessen der AGin stehe. Er meint weiter, dass die AGin eine geringere Gesamtvergütung nach Monaten hätte ermitteln müssen. Eine Stundenvergütung hätte allenfalls zu einem Stundensatz von 25,00 Euro festgesetzt werden dürfen.

Er bestreitet außerdem, dass die Stunden, wie beantragt, angefallen sind. Außerdem sei der Schwierigkeitsgrad der Vertretung niedrig gewesen. Vertreter und AST hätten seinerzeit in einer Bürogemeinschaft zusammengearbeitet. Sie hätten sich Mitarbeiter geteilt, die in die Akten des AST eingearbeitet gewesen seien. Eine materielle Aktenbearbeitung habe der Vertreter nicht geleistet. Er habe lediglich den Posteingang beaufsichtigt und Termine verschieben lassen. Außerdem sei der Vertreter aufgrund der Bürogemeinschaft verpflichtet gewesen, unentgeltlich zu arbeiten und Vertretungen in der Vergangenheit seien üblicherweise nicht zu vergüten gewesen bzw. wie er in der Verhandlung erläutert, nicht vergütet worden. Zum Beleg überreicht er in der Verhandlung einen Vertrag über die Handhabung der Bürogemeinschaft, der zum Protokoll genommen wurde. Jedenfalls habe eine sich aus der Bürogemeinschaft folgende Solidargemeinschaft zu einer Verringerung des Stundensatzes führen müssen.

In seinem Schriftsatz vom 20.07.09 konkretisiert der AST seine Auffassung dahingehend, dass bereits keine amtliche Bestellung hätte erfolgen dürfen, da in dem Vertrag zwischen Vertreter und AST zur Bürogemeinschaft unter dessen § 7 geregelt sei, dass man sich bei Urlaub und Krankheit gegenseitig vertrete.

In den Jahren der Zusammenarbeit von 2003 bis 2006 sei selbst bei bis zu einer einmonatigen Vertretungsdauer keine wechselseitige Vergütung bezahlt worden.

Auch in der Vergangenheit habe die im Rahmen der Bürogemeinschaft geleistete Vertretung nur eine organisatorische aber keine inhaltliche Bearbeitung bedeutet. Jedenfalls sei der Stundensatz von 50,00 Euro überhöht, da er bei 8 Tagesstunden und 22 Arbeitstagen einen Monatsumsatz von 8.800,00 Euro bedeute.

Der Vertreter habe, da der Betrieb des AST weitergelaufen sei, keine Kosten zu tragen gehabt. Der Vater des AST habe die RENOFachkraft Fr. R. angewiesen an 4 Tagen der Woche in der Zweigstelle der Kanzlei des AST in R. auszuhelfen. Die in der R.-er Kanzlei beschäftigte Mitarbeiterin Frau H. hätte dafür den wesentlichen Teil ihrer Arbeitskraft auf den Vertreter verwenden können.

Aufgrund der durchschnittlichen Einkommensverhältnisse der Anwälte im Beitrittsgebiet hätte der zuerkannte Stundensatz allenfalls 18,00 Euro betragen dürfen. Dies korrespondiere auch mit den in der Rechtsprechung anerkannten 25,00 Euro.

Die AGin hätte auch nicht pauschal 50,00 Euro zuerkennen dürfen, sondern hätte je Einzelfall die angemessene Vergütung ermitteln müssen. Keinesfalls sei diese Vergütung für lediglich einfache Verwaltungstätigkeit gerechtfertigt. Außerdem seien teilweise die Mandate T. und T. von RAin Ry. bearbeitet worden. RAin Ry. sei in der Kanzlei des AST beschäftigt gewesen und hätte die Angelegenheiten des AST im wesentlichen bearbeitet und lediglich dem Vertreter zur Unterschrift vorgelegt. Bei eingehenden Schriftsätzen habe RAin Ry. lediglich Fristverlängerungen beantragt und zu Gerichtsterminen Verlegungsanträge gestellt. Von den seitens des Vertreters in den ersten 4 Vertretungswochen reklamierten 19 Stunden seien mindestens 8 Stunden von RAin Ry. geleistet worden.

Zu den Einzelheiten der seitens des AST monierten Tätigkeiten seines Vertreters wird auf die Seiten 4 ff. seines Schreibens vom 20.7.09 an das Gericht verwiesen.

Der Antragsteller begehrt

die Aufhebung des Bescheids der Rechtsanwaltskammer Mecklenburg-Vorpommern vom 03.04.2009, zugestellt am 04.04.09.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 12.04.2009 zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass die von ihr vorgenommene Festsetzung der seit Jahren von der Kammer praktizierten Handhabung entspricht, Vergütungen für Abwicklungen und Vertretungen festzusetzen.

In Abwicklungsangelegenheiten werde üblicherweise eine Pauschale von 15,00 Euro pro bearbeiteter Akte festgesetzt. Kanzleivertretungen bedeuteten jedoch einen höheren Aufwand, da es gilt die Kanzlei im Bestand zu sichern. Auch die eigene Erfahrung von Vorstandskollegen mit vergleichbaren Vertretungen habe zu dem Ansatz der Stundenpauschale von 50,00 Euro geführt. Die AGin lasse sich dabei auch von der Vorstellung leiten, dass zwar eine derartige Pauschale nicht wirtschaftlich auskömmlich sei, aber die Vertretungstätigkeit als solidarische Berufspflicht im Interesse des Standes von jedem Anwalt erwartet werde.

An der angegebenen Stundenzahl habe die AGin keine Zweifel. Sie folge der Stellungnahme des Vertreters, dass es sich bei der Erkrankung um ein plötzliches schweres Krankheitsereignis gehandelt habe, dessen Dauer im Zeitpunkt der Bestellung nicht absehbar gewesen sei. Es habe zum Zeitpunkt der Bestellung, die Befürchtung bestanden, dass der AST die Krankheit nicht werde überleben können. Der Vater des AST habe den Vertreter gar persönlich gebeten, sich um die Angelegenheiten seines Sohnes zu kümmern. Von vertraglichen Abreden über den Vertretungsfall sei der AGin nichts bekannt gewesen. Gesetzlich sei die Vertretung innerhalb einer Bürogemeinschaft jedenfalls nicht geregelt. Die AGin wertet die damalige Situation mit "Gefahr im Verzug". Die Interessen der Mandanten des AST schienen gefährdet, so dass die AGin handeln musste.

Die Vergütung sei im Lichte des § 53 Abs. 10 BRAO als angemessen zu werten. Die AGin habe den Antrag des Vertreters eingehend geprüft. Die Einwendungen des AST seien berücksichtigt worden. Die AGin habe über Jahre durch ihre Vorstandsmitglieder Selbstversuche unternommen, um auch die Plausibilität des Stundensatzes zu ermitteln. Diese Plausibilität sei an der Erfahrung des Vertreters, seinem fachlichen Können und der technischen Ausstattung seines Büros zu messen und letztlich nicht zu beanstanden. Nach den vom Vorstand der AGin gemachten eigenen Erfahrungen seien die vom Vertreter vorgelegten Stundennachweise nachvollziehbar. 72,5 Stunden in zwei Monaten Vertretung entspricht einer monatlichen Stundenzahl von 36 und einer wöchentlichen Stundenzahl von 8,6 Stunden. Dies sei angemessen, wenn man bedenke, dass der Vertreter sich angesichts seiner Verantwortung und des übernommenen Haftungsrisikos grundsätzlich in jede Akte einarbeiten müsse. Zu berücksichtigen sei auch gewesen, dass der AST seine Aktenführung sowohl im Computer (außergerichtlicher Schriftverkehr) als auch in der Akte (gerichtlicher Schriftverkehr) - getrennt - vorgenommen habe. Für den Vertreter, der sich in neue Lebenssachverhalte einarbeiten muss, um diese weiter bearbeiten zu können, habe dies zeitliche Mehrarbeit verursacht. Es könne dem Vertreter nicht vorgeworfen werden, nicht jede Minute erfasst und sofort notiert zu haben. Pauschalisierungen bei der Zeiterfassung seien nicht zu beanstanden.

Der AST habe im Übrigen bereits 1.000,00 Euro an den Vertreter vor dessen Vermittlungsantrag gezahlt. Dies werte die AGin als Anerkenntnis dahingehend, dass der Vertreter entgegen der Darstellung des AST seine Tätigkeit nicht kostenlos zu erbringen hatte und ihm mithin ein Anspruch auf Vergütung zustehe.

Der Begriff "angemessene Vergütung" stelle einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der zutreffenderweise der gerichtlichen Nachprüfung (BGH NJW 1993, 1334) unterliege. Im vorliegenden Fall sei der Vertreter zur Zeit seiner Bestellung rund acht Jahre als Rechtsanwalt zugelassen gewesen. Den Schwierigkeitsgrad der Vertretung wertet die AGin als durchschnittlich. Probleme seien nicht mitgeteilt worden. Die Vergütung entspricht einer Monatspauschale von 1.812,50 Euro bei ca. 36 Stunden Monatsarbeitszeit. Dies orientiere sich an der Rechtsprechung des BGH und der Handhabung der BRAK, die bei einer Vollzeitbeschäftigung (40 Stundenwoche) von einem Gehalt eines angestellten Anwalts zwischen 3.000,00 DM und 6.000,00 DM, somit zwischen 1.530,00 Euro und 3.000,00 Euro ausgehen. Soweit sich der Antragsteller selbst auf die Ergebnisse der STAR-Umfragen des Instituts für freie Berufe in Nürnberg beziehe, ergibt deren Auswertung 2008 für das Jahr 2006 ein durchschnittliches Jahresgehalt angestellter Rechtsanwälte in Mecklenburg-Vorpommern von 33.000 Euro, mithin einen Monatswert von 2.750,00 Euro.

Der Vertreter war nach eigener Darstellung wöchentlich 8,6 Stunden tätig. Die AGin befinde sich mit der Höhe der Festsetzung damit in den Grenzen des vom BGH gesteckten Rahmens.

In seiner Stellungnahme vom 23.06.08 legt der Vertreter dar, dass der AST nicht damit gehört werden könne, dass eine Vergütungspflichtigkeit während der Dauer der Vertretung ausgeschlossen worden sei. Dies sei nämlich nicht der Fall. Zwischen AST und Vertreter sei auch keine Kostenfreiheit anlässlich wechselseitiger Vertretung vereinbart worden. Dies liege bereits daran, dass eine wechselseitige Vertretung wegen Urlaub und Krankheit zwischen den Partnern der Bürogemeinschaft keineswegs regelmäßig stattgefunden habe. Der Vertreter selbst verfügte über wesentlich mehr Personal, zwischenzeitlich 2 angestellte Rechtsanwälte, mehrere Sekretärinnen, Referendare, Praktikanten und Auszubildende. Bei Abwesenheit des Vertreters seien dessen Pflichten von dessen Personal erledigt worden. Einer Inanspruchnahme des AST hätte es nie bedurft.

Wegen der Einzelheiten der Einwände des Vertreters wird auf dessen Schreiben v. 23.06.08 (Bl. 93 ff. d. Akten) und auf die Abrechnung v. 28.08.07 (Bl. 20 ff. d. Akten) Bezug genommen.

In der Verhandlung v. 15.10.10 erhalten die Parteien noch Gelegenheit zur weiteren, vertiefenden Stellungnahme. Der Vertreter, RA G., wird per Beschluss beigeladen. Der AST überreicht weiteren Schriftsatz vom 15.10.10 nebst Kopie des Vertrages v. 07.07.03 über die ehemalige Bürogemeinschaft mit dem Vertreter und Beigeladenen, RA G..

II.

Der nach § 40 Abs. 1 S.1, 2. HS VWGO i.V.m. § 223 Abs. 1 u. 4, § 37 BRAO a.F. zulässige Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet.

Nach § 215 BRAO war für die Beurteilung der vom AST beantragten Entscheidung das bis zum 31.08.09 geltende Recht anzuwenden.

Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 03.04.09 die Vergütung für den amtlich bestellten Vertreter des Antragstellers angemessen festgesetzt.

Nach § 53 Abs. 10 S. 4 u. 5 BRAO hatte der Vorstand der Rechtsanwaltskammer auf Antrag des Vertreters eine angemessene Vergütung festzusetzen, da sich trotz vorangegangener Vermittlungsbemühungen die Beteiligten über die Höhe der Vergütung nicht hatten einigen können.

Die AGin hatte in Abweichung vom Antrag des Vertreters die Vergütung auf insgesamt 3.625,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer festgesetzt, dabei nur eine Stundenpauschale von 50,00 Euro als angemessen gewertet.

Dem AST ist beizupflichten - dies stellt auch die AGin nicht in Abrede -, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Bestimmung der Vergütung nicht im Ermessen der Rechtsanwaltskammern steht.

Der Begriff der angemessenen Vergütung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (BGH, NJW 1993, 1334).

Die RA-Kammern der Bundesländer legen üblicherweise für die Festsetzung einer angemessenen Vergütung in erster Linie den Zeitaufwand, sodann die berufliche Erfahrung und Stellung des Vertreters und schließlich die Schwierigkeit und Dauer der Abwicklung zugrunde. Am häufigsten wird eine pauschale Festsetzung dergestalt vorgenommen, dass entweder ein bestimmter Pauschalbetrag je Monat oder ein bestimmter Pauschalbetrag je aufgewandter Arbeitsstunde festgelegt wird. Bei der Festlegung eines monatlichen Pauschalbetrages wird entweder als Bemessungsgrundlage die angemessene Vergütung eines Angestellten oder eines sogenannten freien Mitarbeiters in einer Anwaltspraxis gewählt, wobei die Höhe sich hier nach den üblichen Vergütungssätzen im jeweiligen Kammerbezirk richtet. Oder es wird, namentlich dann, wenn es sich um einen jungen Rechtsanwalt handelt, die Vergütung für einen Angestellten gemäß BAT II a zugrunde gelegt. Die monatliche Vergütung schwankt dabei zwischen ca. 1.500,00 Euro und 3.000,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer, wobei hier von einem 8-Stunden-Arbeitstag ausgegangen wird.

Stundenpauschalen werden aber dann festgesetzt, wenn die Abwicklung nur einen bestimmten, überschaubaren, kurzfristigen Zeitraum in Anspruch nimmt. Sie betragen je nach Kammerbezirk zwischen 50,00 und 100,00 Euro (vgl. RAK Stuttgart).

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist die Zugrundelegung eines Stundensatzes zwar bei umfangreichen, länger andauernden Vertretungen kein geeigneter Ansatzpunkt für die Bemessung der angemessenen Vergütung. Es erscheine dann angebracht, eine Gesamtvergütung für einen längeren Zeitraum, etwa einen Monat oder mehrere Monate festzusetzen (BGH, BRAK-Mitt. 1993, 44; AGH Koblenz, Beschl. vom 17.07.1997 - 2 AGH 1/96).

In vorliegendem Fall aber setzte die Antragsgegnerin die Vergütung aufgrund der Stundenabrechnung des amtlich bestellten Vertreters in nicht zu beanstandender Weise und nicht zu beanstandender Höhe fest.

Die Bestellung erfolgte vom 31.05.07 bis zum 31.07.07, mithin für etwa zwei Monate. Tatsächlich war der Vertreter aber "nur" vom 30.05.07 bis 20.07.07 tätig. Der der Festsetzung zugrundeliegende Zeitraum war - zunächst - überschaubar und wurde auch nicht etwa verlängert. Eine Abrechnung per Monatspauschale war auch in Ansehung der vorgenannten BGH-Rechtsprechung nicht zwingend geboten.

Der amtlich bestellte Vertreter legte mittels nachvollziehbarer und plausibler Aufwandserfassung dar, dass er im Zeitraum der Vertretung an 72,5 Stunden für den Vertretenen tätig war, und zwar ca. 36 Stunden pro Monat bzw. an 8-9 Std. pro Woche.

Nach der oben ausgeführten Rechtsprechung hätte die Monatspauschale laut Darstellung der BRAK aus dem Jahre 1991 bei einer Vollzeitbeschäftigung zwischen 3.000,00 DM und 6.000,00 DM - mithin zwischen 1.533,88 Euro und 3.067,75 Euro betragen können.

Die dem Vertreter hier zuerkannte Vergütung entspräche einer Monatspauschale von 1.812,50 Euro bei ca. 36 Stunden Monatsarbeitszeit. Dies orientiert sich noch an der Rechtsprechung des BGH und der Handhabung der BRAK, die bei einer Vollzeitbeschäftigung (40 Stundenwoche) von einem Gehalt eines angestellten Anwalts zwischen 1.530,00 Euro und 3.000,00 Euro ausgegangen waren.

Gemäß der oben bereits ausgeführten Bewertungskriterien (berufliche Erfahrung, Stellung des Vertreters, Schwierigkeit und Dauer der Abwicklung) ist der Satz angesichts der Geldentwicklung seit 1991 noch als durchaus angemessen anzusehen.

Die in der Verhandlung durch den AST vertieften Rechtsstandpunkte rechtfertigen keine andere Beurteilung. Auch die unstreitige Existenz des Vertrages über die gemeinsame Zusammenarbeit zwingt nicht zu einer anderen Sichtweise, als zum einen dieser schon nach seinem Vertragstext keine Unentgeltlichkeit vorsieht und zum anderen die zivilrechtliche Auslegung zwischen den Vertragsparteien streitig ist. Es ist auch nicht erkennbar, dass die AGin verpflichtet wäre, diesen Auslegungskonflikt zu lösen, obschon sie im Vorfeld durchaus versucht hatte, zwischen den Parteien zu vermitteln.

Dem Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung muss daher der Erfolg versagt bleiben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 201 I, 40 IV BRAO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 202 II BRAO, 30 II KostO.






AGH Rostock:
Beschluss v. 19.11.2010
Az: AGH 3/09 (I/2)


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