Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Mai 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 33/05

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Marke 301 70 706 Grafik der Marke 30170706.5

(schwarz, gelb, türkis) u.a. für die Waren der Klasse 28:

Spiele und Spielzeug; Plüsch- und Stofftiere; Puppen; Spielfiguren aus Kunststoff oder Holz; Scherzartikel; Christbaumschmuck;

ist - beschränkt auf diese Waren - Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 1 038 406 HEKTOR, die für die Waren der Klasse 28:

Spielwaren (ausgenommen für sportliche Zwecke), insbesondere Spielfigureneingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 8. März 2004 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die von der Markeninhaberin zulässigerweise erhobene Einrede der mangelnden rechtserhaltenden Benutzung der Marke greife durch. Die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen reichten nicht für eine entsprechende Glaubhaftmachung aus. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung der Widersprechenden sowie ihren Antrag auf Erstattung der Erinnerungsgebühr hat die Markenstelle mit Beschluss vom 4. Januar 2005 durch einen Beamten des höheren Dienstes zurückgewiesen. Sie hat die Benutzung der Widerspruchsmarke dahinstehen lassen, weil nach ihrer Auffassung trotz der sich in einem markenrechtlich relevanten Bereich, teilweise sogar identisch gegenüberstehenden Waren und selbst bei Anlegung strenger Maßstäbe jedenfalls eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden könne. Der Gesamteindruck beider Marken sei hinreichend unterschiedlich. Bei dem Bestandteil "Ideas you have to have" des jüngeren Zeichens handele es sich lediglich um einen anpreisenden Werbeslogan, deshalb würden sich die angesprochenen Verkehrskreise bei der Benennung des Zeichens ausschließlich an dem auch grafisch dominierenden Markenwort "VECTOR" orientieren. Trotz der klanglichen Übereinstimmungen in vier von fünf Buchstaben sei die Abweichung am jeweiligen Wortanfang aber für einen durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher ausreichend, um die Gefahr von Verwechslungen zwischen den sich gegenüberstehenden Markenwörtern ausschließen zu können. Letztere differierten durch den abweichenden Anfangskonsonanten sehr prägnant. Die rein formalen Übereinstimmungen in einzelnen Wortteilen könnten demgegenüber selbst bei ungünstigen Übermittlungsbedingungen keine Verwechslungsgefahr begründen. Die Abweichung bleibe nicht unbetont und stimmlos, sondern trete hinreichend deutlich in Erscheinung. Eine Verwechslungsgefahr in schriftbildlicher Hinsicht liege wegen der grafischen Ausgestaltung der angegriffenen Marke ebenfalls nicht vor.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, der erforderliche große Abstand der Marken sei in klanglicher Hinsicht nicht eingehalten. Die sich gegenüberstehenden Marken unterschieden sich lediglich in den jeweils klangsschwachen Anfangskonsonanten, der verbleibende Unterschied sei nicht ausreichend, um ein Verhören auszuschließen. Es sei auch nicht auf den kritisch prüfenden Verbraucher abzustellen. Vielmehr wendeten die Verbraucher angesichts der Vielzahl von Spielwarenimporten unterer Preisklasse keine allzu große Sorgfalt bei der Auswahl nach Marken mehr an. Zudem bestehe nicht nur die Gefahr der Rufausbeutung, sondern auch der Verwässerung. Zur weiteren Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke legt sie weitere Unterlagen vor.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der Marke 301 70 706 anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Rechtsauffassung der Markenstelle und ist der Auffassung, eine Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben, weil die sich gegenüberstehenden Marken ohne Weiteres von einander unterschieden werden könnten.

Die Widersprechende hat den zunächst gestellten Hilfsantrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nach Zustellung der Ladungsverfügung zurückgenommen. Der Termin zur mündlichen Verhandlung ist danach aufgehoben worden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i. S. d. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend verneint. Aus diesem Grunde kann die Frage dahinstehen, ob die von der Widersprechenden vorgetragene konkrete Verwendungsform der Widerspruchsmarke eine rechtserhaltende Benutzung i. S. d. §§ 43 Abs. 1, 26 Abs. 3 MarkenG darstellt.

Nach §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2005, 427, 428 - Lila-Schokolade; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May).

Nach diesen Grundsätzen kann eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die durch die Vergleichsmarken jeweils geschützten Waren - bis auf den allenfalls entfernt ähnlichen "Christbaumschmuck" hochähnlich bis identisch sind, kann eine Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auch bei Anlegung strenger Maßstäbe an den erforderlichen Abstand der Marken nicht bejaht werden.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)gehalt ist von dem Grundsatz auszugehen, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen ankommt (EuGH GRUR 1998, 387, 390 Tz. 23 - Sabl/Puma; BGH GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud; GRUR 2003, 712, 714 - Goldbarren; GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd). Dass die Vergleichsmarken in bildlicher Hinsicht nicht verwechslungsfähig sind, greift die Widersprechende mit der Beschwerde zu Recht nicht an, eine begriffliche Ähnlichkeit macht sie ebenfalls zu Recht nicht geltend. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden ist aber auch eine Verwechslung der Marken unter dem Gesichtspunkt einer klanglichen Nähe nicht zu erwarten. Akustisch unterscheiden sich die beiden Marken hinreichend, so dass nicht erwartet werden kann, dass die eine Marke für die andere gehalten wird. Die Markenwörter weisen zwar die Buchstabenfolge "-ector" identisch auf. Die beiden Anfangsbuchstaben "h" und "v" unterscheidet beide Marken aber in unüberhörbarer Weise, denn selbst bei schlechten Übermittlungsbedingungen kann der Konsonanten "v" entgegen der Auffassung der Widersprechenden nicht für den Konsonanten "h" gehalten werden. Verbleibende klangliche Unterschiede der gegenüberstehenden Bezeichnungen werden vom Verkehr zudem wesentlich schneller erfasst, wenn eine der gegenüberstehenden Bezeichnungen einen für jedermann verständlichen Sinngehalt aufweist, so dass es im Verkehr gar nicht erst zu Verwechslungen kommt (vgl. BGH GRUR 1975, 441, 442 - Passion; GRUR 1982, 611, 613 - Prodont; GRUR 1986, 253, 256 - Zentis; GRUR 1992, 130, 132 - BALL/BALLY). Das gilt auch hier. Das Markenwort "Vector" ist klanglich mit dem deutschen Begriff "Vektor", einem Grundbegriff der Geometrie im Sinne eines gerichteten Pfeils, identisch. Dieser erkennbare Sinngehalt der angegriffenen Marke bietet dem Verkehr einen beachtlichen Wiedererkennungswert, der es ihm ohne Weiteres ermöglicht, dieses Wort von ähnlichen Wörtern zu unterscheiden. Hinzu kommt, dass auch die Widerspruchsmarke selbst einen Sinngehalt aufweist, denn "Hektor" ist nicht nur ein (ehemals) beliebter Name für Hunde, wie ihn auch die Widersprechende selbst für den von ihr hergestellten Plüschhund verwendet, sondern auch der Name einer Gestalt aus der griechischen Mythologie. Unter Berücksichtigung dieser Begriffsinhalte erscheint es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Verkehr die beiden Markennamen miteinander verwechselt. Dabei ist entgegen der Auffassung der Widersprechenden auf den durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher abzustellen. Anderes gilt auch nicht deswegen, weil der Spielwarenmarkt, wie die Widersprechende vorträgt, eine Vielzahl von Produkten unterer Preisklasse aufweist. Hieraus allein lässt sich eine besonders geringe Aufmerksamkeit des Verbrauchers gerade gegenüber den Angeboten auf dem Spielwarenmarkt nicht herleiten; vielmehr werden Spielwaren in der Regel auf Sicht und nach Prüfung von Qualität und Beschaffenheit erworben.

Eine mittelbare Verwechslungsgefahr hat die Widersprechende nicht geltend gemacht. Es bestand objektiv auch keine Veranlassung, dieser Frage nachzugehen.

III.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.






BPatG:
Beschluss v. 03.05.2006
Az: 26 W (pat) 33/05


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