Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 181/02

(BPatG: Beschluss v. 22.01.2004, Az.: 25 W (pat) 181/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Cefacorist am 15. Dezember 1997 unter der Nummer 397 30 679 in das Markenregister eingetragen worden und beansprucht nach einer Teillöschung Schutz noch für "Arzneimittel, nämlich pflanzliches Koronartherapeutikum".

Gegen die Eintragung hat die Inhaberin der älteren Marke 2 105 217 Cefopordie seit dem 19. November 1998 für "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, Fungizide, Herbizide" in das Markenregister eingetragen ist, Widerspruch erhoben.

Im Verfahren vor der Markenstelle hat die Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1998 pauschal und zeitlich unbeschränkt die Benutzung der älteren Marke bestritten.

Die Markenstelle für Klasse 5 hat zunächst in einem Erstbeschluß vom 5. August 1999 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes den Widerspruch wegen mangelnder Verwechslungsgefahr der Marken zurückgewiesen. Die Nichtbenutzungseinrede sei wegen der zugunsten der älteren Marke noch laufenden Schonfrist unzulässig. Auch wenn sich wegen der daher zu berücksichtigenden Registerlage eine mögliche Warenidentität ergebe, würden die strengen Anforderungen an den markenrechtlichen Abstand eingehalten. Zu berücksichtigen sei auf medizinischem Gebiet zudem das neue Verbraucherleitbild, wonach der Verbraucher kritisch und umsichtig prüfe und dem Unterschiede in den Vergleichsmarken deshalb auffielen.

Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat der Erinnerungsprüfer mit Beschluß vom 6. Mai 2002 den angegriffenen Beschluß aufgehoben und wegen markenrechtlicher Verwechslungsgefahr die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke erhobenen Nichtbenutzungseinrede sei nach wie vor unzulässig, nachdem die Widerspruchsmarke erst am 19. November 1998 eingetragen worden und die fünfjährige Benutzungsschonfrist daher noch nicht abgelaufen sei. Nach der danach maßgeblichen Registerlage bestehe für die jeweils geschützten Präparate keine Rezeptpflicht, so dass die allgemeinen Verkehrskreise berücksichtigt werden müssten. Wegen klanglicher und schriftbildlicher Annäherungen in Wortanfang und -ende sowie in der Silbenzahl bestehe Verwechslungsgefahr. Der beschreibende Anklang "Cef-" als Hinweis auf das Antibiotikum Cefalosporin könne bei den Waren der angegriffenen Marke vernachlässigt werden, weil sich hier kein beschreibender Zusammenhang ergebe. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Serienzeichenbestandteil "Cefa-" seien unerheblich, da der Stammbestandteil einer jüngeren Marke sich nicht zu Lasten der älteren Marke auswirken könne. Die Abweichungen der Markenwörter in der Vokalfolge und im konsonantischen Aufbau könnten dem verwechselbaren Gesamteindruck aus der Erinnerung heraus nicht entgegen wirken. Schließlich seien Verwechslungen auch nach dem schriftbildlichen Vergleich der Marken zu befürchten.

Hiergegen hat die Inhaberin der angegriffenen Marke Beschwerde mit dem sinngemäßen Antrag eingelegt, den Beschluß der Markenstelle vom 6. Mai 2002 bezüglich der Widerspruchsmarke 2 210 217 aufzuheben und den Widerspruch aus dieser Marke zurückzuweisen.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin handelt es sich um sehr kurze, überschaubare Wörter, bei denen die Buchstaben "a,c" bzw "o,p" insbesondere wegen der Unterlänge für einen ausreichenden Abstand sorgten. Auch die Klangbilder seien für eine ausreichende Unterscheidbarkeit durch die Mittel- und Endsilben eigentümlich genug. Es sei zudem darauf hinzuweisen, dass der Bestandteil "-cor" der angegriffenen Marke für Koronar-Arzneimittel verbraucht sei, wie sich aus der Roten Liste ergebe.

Die Widersprechende, der die Beschwerdebegründung am 27. November 2002 zugestellt worden ist, hat sich bislang nicht zur Sache geäußert oder Anträge gestellt.

Die Beteiligten sind zur mündlichen Verhandlung am 22. Januar 2004 nicht erschienen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Markenstelle ist in ihrem Beschluß vom 6. Mai 2002 zutreffend von der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken ausgegangen. Der Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke konnte demgegenüber nicht zu einer anderen Beurteilung führen.

1. Als Grundlage für die Beurteilung der Warenähnlichkeit ist von der Registerlage auszugehen. Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1998 im Verfahren vor der Markenstelle unbeschränkt erhobene Nichtbenutzungseinrede war zu diesem Zeitpunkt unzulässig, weil die Widerspruchsmarke nach Abschluß des Widerspruchsverfahrens, § 26 Abs 5 MarkenG, erst am 19. November 1998 eingetragenen worden und die ab diesem Zeitpunkt beginnende Benutzungsschonfrist nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG deshalb noch nicht abgelaufen war.

Im Beschwerdeverfahren hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der älteren Marke nicht erneut bestritten, auch wenn die Einrede der Nichtbenutzung nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG mittlerweile zulässig wäre. Das - zunächst unzulässige - Bestreiten der Benutzungslage im Verfahren vor der Markenstelle führt auch nicht automatisch dazu, die Nichtbenutzungseinrede im Beschwerdeverfahren aufleben zu lassen (s BPatG GRUR 2000, 1052 - Rhoda-Hexan / Sota-Hexal; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 43, Rdnr 40). Es ist nicht erkennbar, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke die mangelnde Benutzung der Widerspruchsmarke tatsächlich erneut bestreiten wollte. Hierzu hätte - falls beabsichtigt - aus Sicht des Senats Anlaß bestanden, da die Markenstelle in dem von der Inhaberin der jüngeren Marke angegriffenen Beschluß vom 6. Mai 2002 ausdrücklich auf die noch laufende Benutzungsschonfrist und die daraus folgende Unzulässigkeit der Einrede hingewiesen hatte.

Die pauschale Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren vor der Markenstelle eingereicht wurden und in denen die Nichtbenutzungseinrede erhoben wurde, reicht ebenfalls nicht aus, um die Einrede der Nichtbenutzung in der Beschwerdeinstanz wiederaufleben zu lassen. Es muß für die Widersprechende hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der älteren Marke bestreiten will, so dass diese ihrerseits den Obliegenheiten zum Nachweis der Benutzung der älteren Marke nachkommen kann, ohne im unklaren darüber zu bleiben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dies erforderlich ist. Im Hinblick auf die Darlegungen der Markenstelle im angegriffenen Beschluß vom 6. Mai 2002 war ein Hinweis des Senats auf die Benutzungslage auch nicht veranlasst (vgl BGH WRP 2003, 1115 - MINKAS / Minka).

2. Nach der Registerlage können sich teilweise ähnliche , zum Teil sogar identische Präparate gegenüberstehen, die zudem keiner Rezeptpflicht unterliegen. Die allgemeinen Verkehrskreise sind daher in die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr mit einzubeziehen. Auszugehen ist dabei von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware oder Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (s BGH MarkenR 2000, 140 - ATTACHÉ / TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942 - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, Abs 26 - Lloyd/Loints; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9, Rdnr 157). Insbesondere mit Waren, die mit der Gesundheit zusammenhängen, pflegen Verbraucher eher aufmerksam umzugehen (s BGH GRUR 1995, 50 - Indorektal/Indohexal).

Unter diesen Umständen sind an den markenrechtlichen Abstand insgesamt eher strenge Anforderungen zu stellen, wobei der Senat eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der älteren Marke zugrunde legt. Umstände, die für eine erhöhte Kennzeichnungskraft und einen gesteigerten Schutzumfang der Widerspruchsmarke sprechen, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

3. Den danach gebotenen großen Abstand hält die angegriffene Marke nicht ein, so dass die Markenstelle die Löschung der angegriffenen Marke wegen der Gefahr von Verwechslungen insbesondere in klanglicher Hinsicht zu Recht angeordnet hat, § 9 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

So stimmen bei den jeweils aus 7 Buchstaben bzw 3 Silben bestehenden Markenwörtern die für den klanglichen Gesamteindruck wichtige Vokalfolge sowie die Lautfolge "CefÑor" überein, wobei die in der regelmäßig weniger beachteten Wortmitte enthaltenen, abweichenden Vokale "a" bzw "o" und die an sich unterschiedlichen Konsonanten "c" bzw "p" als Sprenglaute selbst wiederum klanglich ähnlich sind. Im Gegensatz zur Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke handelt es sich nicht um sog Kurzwörter, die aus drei oder höchstens vier Buchstaben bestehen und bei denen erfahrungsgemäß Abweichungen stärker ins Gewicht fallen (s hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9, Rdnr 192). Dies führt dazu, dass die Abweichungen im klanglichen Verlauf nicht mehr derart deutlich zutage treten, um den Markenwörtern ein insgesamt unterschiedliches Gepräge zu geben und sie im täglichen Geschäftsverkehr als verschieden in Erinnerung zu behalten ( s Ströbele/Hacker, aaO, § 9, Rdnr. 195).

Daß den Endsilben "-cor" bzw "-por" ein bestimmter Sinngehalt innewohnt und entsprechende Bestandteile häufig in Arzneimittelkennzeichen verwendet werden, kann der Verwechslungsgefahr hier nicht ausreichend entgegenwirken. Auch insoweit sind die klanglichen Überschneidungen zu stark, als dass ein unter Umständen unterschiedlicher Sinngehalt oder eine vergleichbare Merkhilfe - "Herz" bzw "Pore" - erfasst würde. Hinzu käme zudem, dass solche eher kennzeichnungsschwachen Endungen dazu führen würden, die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf die jeweiligen Wortanfänge zu lenken, die zudem stärker beachtet werden (vgl Ströbele/Hacker, MarkenR, 7. Aufl, § 9, Rdnr. 184, 188). Finden sich an dieser Stelle jedoch bereits Übereinstimmungen, reichen die im weiteren Wortverlauf eventuell vorhandenen Abweichungen nicht mehr aus, um den klanglichen Gesamteindruck nachhaltig zu beeinflussen und eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Dass in der Widerspruchsmarke mit der Vorsilbe "Cef" ein Hinweis auf den in Antibiotika enthaltenen Wirkstoff Cefalosporin verbunden sein könnte, der sich auf die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auswirken könnte, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, da sich für die Waren der angegriffenen Marke, die keine Antibiotika umfassen, und den nach der Registerlage möglicherweise identischen Waren der älteren Marke kein warenbezogener Zusammenhang ergibt (s BGH GRUR 1999, 587 - Cefallone). Für pflanzliche Therapeutika steht der beschreibende Hinweis auf ein Antibiotikum nicht im Vordergrund, so dass die Kennzeichnungskraft hiervon insoweit nicht berührt wird.

Auch der Hinweis der Inhaberin der angegriffenen Marke, die Lautfolge "Cefa" in ihrer Marke sei Stammbestandteil und weise auf ihren Geschäftsbetrieb hin, führt nicht zum Erfolg. Im Rahmen eines Kollisionsverfahrens kann sich dieses Argument weder zu Lasten der Inhaberin der Widerspruchsmarke noch zugunsten der Inhaberin der jüngeren Marke auswirken. Zwar ist umstritten, inwieweit die auf eine Zeichenserie hinweisenden Merkmale ausnahmslos bei der älteren Marke vorliegen müssen. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Widersprechende nicht nur dagegen geschützt ist, dass die jüngere Marke ihrem Geschäftsbetrieb zugeordnet wird, sondern auch dagegen, dass ihre Marke irrtümlich mit dem Geschäftsbetrieb der Inhaberin der angegriffenen Marke in Verbindung gebracht wird (vgl hierzu Ströbele/Hacker, aaO, § 9 Rdnr. 39; 478 mwN). Maßgeblich für die Beurteilung sind daher die älteren Rechte der Widerspruchsmarke sowie die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Kriterien wie Übereinstimmungen hinsichtlich der Waren oder Dienstleistungen und der Marken sowie die Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu einer rechtserheblichen Verwechslungsgefahr im Verkehr führen können.

Ob zwischen den Marken die Gefahr auch von schriftbildlichen Verwechslungen besteht, kann daher offen bleiben.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Kliems Engels Sredl Ko






BPatG:
Beschluss v. 22.01.2004
Az: 25 W (pat) 181/02


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