Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 5. März 2010
Aktenzeichen: I-2 W 14/10

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 05.03.2010, Az.: I-2 W 14/10)

Tenor

I.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 23. Dezember 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 27. November 2009 wird zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III.

Der Beschwerdewert wird auf 33.894,77 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagte, ein in Frankreich ansässiges Unternehmen, ist von der Klägerin wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents (Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen sowie auf Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Leistung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch genommen worden. Durch Urteil vom 9. Juni 2009 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es der Klägerin auferlegt.

Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat die Rechtspflegerin auf einen Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 30. Juni 2009 (Bl. 177 - 178 GA) die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. Juli 2009 (Bl. 185 - 186 GA) auf insgesamt 82.520,-- EURO nebst Zinsen festgesetzt, darunter Kosten des deutschen Patentanwalts der Beklagten in Höhe von 41.260,-- Euro.

Durch weiteren Kostenfestsetzungsantrag vom 14. September 2009 (Bl. 190 - 191 GA) hat die Beklagte die Festsetzung weiterer Kosten in Höhe von 39.479,09 Euro begehrt, darunter Reisekosten ihres deutschen Patentanwalts zum Verhandlungstermin nebst Abwesenheitsgeld in Höhe von insgesamt 967,30 Euro sowie Kosten ihres französischen Patentanwalts in Höhe von 37.411,77 Euro, nämlich eine 1,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 3400 VV RVG in Höhe von 16.496,-- Euro, eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3402 VV RVG in Höhe von 19.795,20 Euro, eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,-- Euro und Reisekosten in Höhe von 1.103,57 Euro. Durch Kostenbeschluss vom 27. November 2009 (Bl. 228 - 229 GA) hat die Rechtspflegerin die von der Klägerin zu erstattenden weiteren Kosten auf insgesamt 5.528,50 EURO festgesetzt. Dabei hat sie die Reisekosten des deutschen Patentanwalts der Beklagten mit 931,48 Euro festgesetzt. Hinsichtlich der angemeldeten Kosten für den französischen Patentanwalt der Beklagten hat die Rechtspflegerin nur "fiktive Übersetzungskosten/Kosten einer Informationsreise/Kosten für die Teilnahme der Partei am Verhandlungstermin" in Höhe von insgesamt 3.500,-- Euro berücksichtigt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die angemeldeten Kosten des französischen Patentanwalts nur in Höhe ersparter fiktiver Kosten erstattungsfähig seien. Auch eine ausländische Partei habe keinen grundsätzlichen Anspruch auf Erstattung der Kosten eines Korrespondenzanwalts. Die Kosten mehrerer Patentanwälte seien auch für ausländische Parteien nicht erstattungsfähig. Erstattungsfähig seien anstelle der insoweit angemeldete Kosten nur die berücksichtigten fiktiven Kosten.

Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2009 sofortige Beschwerde eingelegt, mit welcher sie die Festsetzung weiterer Kosten in Höhe von 33.894,77 Euro begehrt. Die Beklagte macht geltend, dass die Kosten ihres französischen Patentanwalts neben den Kosten des deutschen Patentanwalts erstattungsfähig seien. Ihr französischer Patentanwalt habe umfangreich und von Anfang an in dem Verfahren mitgewirkt. Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin seien in Patentverletzungssachen die Kosten eines ausländischen Patentanwalt als Verkehrsanwalt ohne weiteres zu erstatten. Die Kosten des französischen Patentanwalts seien im Übrigen aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles erstattungsfähig.

Die Klägerin bittet um Zurückweisung der sofortigen Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass die in Rede stehenden Kosten des französischen Patentanwalts der Beklagten nicht erstattungsfähig seien.

II.

Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3, 567 ZPO, 569 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg. Zu Recht hat die Rechtspflegerin die Festsetzung der mit der Beschwerde weiterverfolgten Kosten für den französischen Patentanwalt der Beklagten abgelehnt.

1. Die von der Rechtspflegerin nicht berücksichtigten Kosten für einen weiteren Patentanwalt sind nicht nach § 143 Abs. 2 PatG erstattungsfähig.

Zwar hat neben dem deutschen Patentanwalt auch der französische Patentanwalt der Beklagten im vorliegenden Patentverletzungsrechtsstreit mitgewirkt, was die Beklagte bereits in ihrer Klageerwiderung (Bl. 72 GA) angezeigt hat. Gemäß § 143 Abs. 3 PatG sind in einer Patentstreitsache jedoch nur die Kosten eines Patentanwalts sowie dessen notwendige Auslagen zu erstatten. Die Kosten und Auslagen eines der auf Seiten der Beklagten mitwirkenden Patentanwälte, nämlich des deutschen Patentanwalts, hat die Rechtspflegerin zugunsten der Beklagten festgesetzt.

2. Die von der Rechtspflegerin nicht berücksichtigten Kosten des zusätzlichen Patentanwalts sind auch nicht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig.

Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei (hier: Klägerin) die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Was die Kosten für mehrere Rechtsanwälte anbelangt, bestimmt § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO, dass diese nur insoweit zu erstatten sind, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. Für die Kosten mehrerer Patentanwälte kann prinzipiell nichts anderes gelten. Auch insoweit greift der Rechtsgedanke des § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO, dass die Kosten mehrerer Anwälte im Regelfall nur bis zur Höhe der Kosten eines Anwaltes zu erstatten sind. Dabei kann dahinstehen, ob in Patentverletzungsverfahren die Kosten für die Mitwirkung mehrerer Patentanwälte - abgesehen vom Fall des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO und der notwendigen Beauftragung eines Patentanwalts als Verkehrsanwalts (dazu sogleich) - überhaupt erstattungsfähig sein können. Jedenfalls im Streitfall war die Beauftragung von zwei Patentanwälten nicht notwendig.

Die Beklagte ist durch auf dem Gebiet des Patentrechts versierte und erfahrene Rechtsanwälte vertreten worden und hat außerdem einen deutschen Patentanwalt mit der Mitwirkung im vorliegenden Rechtsstreit beauftragt. Neben dieser "Doppelvertretung" war die Hinzuziehung eines weiteren Patentanwalts nicht nötig. Dass die Beklagte Einspruch gegen das Klagepatent beim Europäischen Patentamt eingelegt hatte und im Einspruchsverfahren von ihrem französischen Patentanwalt vertreten wurde, machte dessen Mitwirkung im vorliegenden Patentverletzungsrechtsstreit neben der Mitwirkung des deutschen Patentanwalts nicht erforderlich. Selbstverständlich wäre es der Beklagten auch ohne die Mitwirkung des französischen Patentanwalts möglich gewesen, im vorliegenden Rechtsstreit zur Frage der Rechtsbeständigkeit des Klagepatents substantiiert Stellung zu nehmen. Dass sich der Beklagte im Patentverletzungsprozess mit dem Einwand der mangelnden Rechtsbeständigkeit des Klagepatents verteidigt, ist der Regelfall. Beauftragt die beklagte Partei im Verletzungsrechtsstreit einen anderen Patentanwalt als im Einspruchsverfahren, muss sich dieser Kenntnis über den Gang des Einspruchsverfahrens und den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze verschaffen. Dies kann dadurch geschehen, dass die Partei ihren Patentanwalt unter Vorlage der im Einspruchsverfahren gewechselten Schriftsätze unmittelbar unterrichtet. Außerdem kann der Patentanwalt die Gerichtsakte des europäischen Einspruchsverfahrens einsehen. Dies ist in Patentverletzungsverfahren durchaus üblich und gehörte zu den Aufgaben des Patentanwalts, der hierfür seine Vergütung erhält. Soweit das Einspruchsverfahren in einer anderen Verfahrenssprache geführt wird, welcher der Patentanwalt nicht oder nicht hinreichend mächtig ist, müssen er oder die Prozessbevollmächtigten die dort gewechselten Schriftsätzen notfalls übersetzen lassen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Mitwirkung eines ausländischen Patentanwalts, der einen Einspruch gegen das Klagepatent betreut, in einem Patentverletzungsrechtsstreit neben der Mitwirkung eines deutschen Patentanwalts deshalb keinesfalls grundsätzlich als notwendig anzusehen.

3.

Die Kosten des französischen Patentanwalts der Beklagten sind auch nicht gemäß §§ 91 Abs. 1, 103 ZPO als Verkehrsanwaltskosten erstattungsfähig, und zwar auch nicht zumindest in Höhe einer 1,0 Gebühr nach Nr. 3400 VV RVG.

a) Dabei kann dahinstehen, ob der französische Patentanwalt der Beklagten hier als Verkehrsanwalt zur Führung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten oder aber zu dessen Unterstützung im Zusammenhang mit den im Verletzungsprozess auftretenden technischen Fragen beauftragt worden ist (vgl. hierzu OLG Frankfurt, OLGR 2007, 147). Die von dem französischen Patentanwalt der Beklagten tatsächlich entfaltete Tätigkeit ging allerdings deutlich über die eines Verkehrsanwalts hinaus. Die Beklagte trägt selbst vor (Schriftsatz v. 25.01.2010, S. 2 [Bl. 242 GA]), dass ihr französischer Patentanwalt umfangreich am Verfahren mitgewirkt und während des gesamten Verfahrens mehrfach Stellungnahmen zur Frage der Rechtsbeständigkeit des Klagepatents und zur Verletzungsfrage abgegeben hat. Unstreitig ist der französische Patentanwalt sogar im Verhandlungstermin anwesend gewesen. Aufgabe des Verkehrsanwalts am Sitz der Partei ist es hingegen nur, die Korrespondenz mit dem Prozessbevollmächtigten am Gerichtsort zu führen, nicht jedoch neben diesem die mündliche Verhandlung wahrzunehmen. Auch ist es nicht Aufgabe eines Verkehrsanwalts im Rahmen eines Patentverletzungsprozesses eigene Stellungnahmen zur Rechtsbeständigkeit des Klagepatents und/oder der Verletzungsfrage zu verfassen. Das bedarf jedoch keiner weiteren Vertiefung.

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 10.11.2008 - I-2 W 62/08) sind Verkehrsanwaltskosten nur ausnahmsweise erstattungsfähig, weil die Einschaltung eines Verkehrsanwaltes in der Regel nicht erforderlich ist. Ein Verkehrsanwalt führt lediglich den Verkehr der Partei mit dem Prozessbevollmächtigten, RVG-VV Nr. 3400. Hierfür besteht nur ausnahmsweise ein rechtfertigender Grund, namentlich dann, wenn es der Partei etwa wegen Krankheit oder sonstiger persönlicher Unfähigkeit unmöglich oder unzumutbar ist, den Prozessbevollmächtigten am entfernten Gerichtsort persönlich, schriftlich oder telefonisch zu informieren (vgl. BGH, NJW 2006, 301, 302 m. w. Nachw.). Dieser Grundsatz gilt nach zutreffender, vom Senat geteilter Auffassung auch für eine an einem inländischen Verfahren beteiligte ausländische Partei (vgl. BPatG, Beschl. v. 31.03.2000 - 2 ZA (pat) 35/98; OLG Düsseldorf [10. ZS], NJW-RR 2007, 428, 429; NJW-RR 1997, 126, MDR 1983, 560; vgl. a. BPatG, Beschl. v. 03.07.2000 - 3 ZA (pat) 16(00). Die Notwendigkeit, einen Verkehrsanwalt zu beauftragen, ergibt sich - jedenfalls bei juristischen Personen des Privatrechts und Handelsgesellschaften - für eine Partei nicht automatisch aus ihrer bloßen Ausländereigenschaft. Vielmehr ist die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Verkehrsanwalts nach dem Einzelfall zu beurteilen (vgl. BPatG, Beschl. v. 31.03.2000 - 2 ZA (pat) 35/98; OLG Düsseldorf [10. ZS], NJW-RR 2007, 428, 429; NJW-RR 1997, 126; MDR 1983, 847; OLG München, NJW-RR 1998, 1692, 1693 m. w. N.). Kosten eines ausländischen Verkehrsanwalts sind als notwendige Kosten erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung geboten war (vgl. BGH, NJW 2005, 1373, 1374). Abzustellen ist darauf, ob es der Partei auf Grund der besonderen Problematik eines Falles nicht mehr zugemutet werden kann, mit dem Prozessbevollmächtigten direkt zu korrespondieren (vgl. BPatG, Beschl. v. 31.03.2000 - 2 ZA (pat) 35/98; OLG Düsseldorf [10. ZS], NJW-RR 2007, 428, 429). Für eine ausländische Partei können hierbei Sprachhindernisse, große Entfernung zum Gerichtsort und mangelnde Vertrautheit mit dem fremden Rechtskreis die Inanspruchnahme eines Verkehrsanwaltes erforderlich machen (vgl. OLG Düsseldorf [10. ZS], NJW-RR 2007, 428, 429 m. w. Nachw.).

c)

Dass die von der Beklagten angemeldeten Kosten ihres französischen Patentanwalts nach diesen Kriterien als Verkehrsanwaltskosten erstattungsfähig sind, zeigt die Beklagte nicht schlüssig auf.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen, das ihre Produkte in die Bundesrepublik Deutschland einführt, wo sie über eine deutsche Vertriebspartnerin der Beklagten vertrieben werden (LG-Urteil, S. 3 [Bl. 165 GA]). Dass es sich bei der Beklagten nur um ein kleineres Unternehmen handelt, ist nicht dargetan. Dagegen spricht, dass der Streitwert des vorliegenden Rechtsstreits vom Landgericht auf immerhin 5 Mio. Euro festgesetzt worden ist. Ebenso ist nicht dargetan, dass die Beklagte über keine eigene Patent- und/oder Rechtsabteilung verfügt. Zu Sprachhindernissen, die einer sachgerechten Unterrichtung ihrer Prozessbevollmächtigten durch sie selbst entgegengestanden haben, trägt die Beklagte ebenfalls nicht vor. Soweit die Beklagte Sprachprobleme anspricht, betreffen diese allein ihren deutschen Prozessbevollmächtigten sowie ihren deutschen Patentanwalt, welche nach ihren Angaben der französischen Sprache nicht in einem solchen Maße mächtig sind, dass sie die Akten des in französischer Sprache geführten Einspruchsverfahrens hätten auswerten und bearbeiten können. Die Beklagte selbst ist immerhin in der Lage, mit ihrer deutschen Vertriebspartnerin zu korrespondieren. Dass es der Beklagten vorliegend wegen anderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten, insbesondere wegen des Umfangs und der damit verbundenen schwierigen rechtlichen Beurteilung der Sache, unmöglich oder aus persönlichen Gründen unzumutbar war, ihre Prozessbevollmächtigten selbst zu informieren, ist ebenfalls nicht feststellbar. Aus dem Umstand, dass es sich bei dem vorliegenden Rechtsstreit um ein Patentverletzungsverfahren handelte, ergibt sich dies nicht. Auch die patentrechtliche Spezialmaterie rechtfertigt grundsätzlich nicht die Einschaltung eines Korrespondenzanwalts (Senat, Beschl. v. 10.11.2008 - I-2 W 62/08; BPatG, Beschl. v. 31.03.2000, 2 ZA (pat) 35/98). Es muss vielmehr darauf abgestellt werden, ob es der Partei auf Grund der besonderen Problematik eines Falles nicht (mehr) zugemutet werden kann, mit dem Prozessbevollmächtigten direkt zu korrespondieren. Die in der patentrechtlichen Spezialmaterie begründeten Schwierigkeiten werden regelmäßig durch die Beauftragung auf diesem Gebiete versierter und erfahrener Prozessbevollmächtigter sowie durch die Mitwirkung eines fachspezifisch ausgebildeten Patentanwaltes ausgeglichen. Neben dieser "Doppelvertretung" bedarf es regelmäßig nicht noch der zusätzlichen Einschaltung eines auf das Patentrecht spezialisierten Korrespondenzanwalts vor Ort.

d) Letztlich kommt es im Streitfall hierauf allerdings nicht entscheidend an. Die weiteren Patentanwaltskosten, deren Festsetzung die Beklagte mit der Beschwerde begehrt, sind jedenfalls deshalb nicht erstattungsfähig, weil es hier ausgereicht hätte, nur den französischen Patentanwalt mit der Mitwirkung im vorliegenden Patentverletzungsrechtsstreit zu beauftragen.

Der französische Patentanwalt der Beklagten hat - wie ausgeführt - nicht nur die Funktion eines Verkehrsanwalts ausgeübt, sondern er hat nach dem eigenen Vortrag der Beklagten umfangreich und von Anfang an in üblicher Weise zur Unterstützung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit mitgewirkt. Er hat während des gesamten Verfahrens mehrfach Stellungnahmen zu Fragen der Rechtsbeständigkeit des Klagepatents und zur Verletzungsfrage abgegeben. Außerdem ist er auch im Verhandlungstermin anwesend gewesen.

Der französische Patentanwalt ist mit dem Klagepatent und dem Stand der Technik vertraut gewesen. Denn er hat die Beklagte in dem das Klagepatent betreffenden Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt vertreten.

Offensichtlich ist der französische Patentanwalt der Beklagten auch der deutschen Sprache mächtig. Denn er hat nach den Angaben der Beklagten auch die Funktion eines Verkehrsanwalts ausgeübt. Er konnte sich damit offenbar mit dem deutschen Prozessbevollmächtigten und dem deutschen Patentanwalt der Beklagten, die der französischen Sprache nur bedingt mächtig sind, in deutscher Sprache verständigen. Unstreitig fand auch eine Besprechung mit dem französischen Patentanwalt statt. Dass diese nicht in deutscher Sprache geführt worden ist, behauptet die Beklagte nicht.

Unter diesen Umständen hätte es vorliegend zur sachgerechten Rechtsverteidigung vollkommen ausgereicht, den französischen Patentanwalt mit der Mitwirkung im Patentverletzungsrechtsstreit zu betrauen. Zwar darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist jedoch gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. z. B. BGH, GRUR 2007, 999, 1000 - Consulente in marchi). Diese hätte hier in der alleinigen Beauftragung des französischen Patentanwalts gelegen.

Die hierdurch entstandenen Kosten wären im Umfang des § 143 Abs. 3 PatG zu erstatten gewesen. Die Vorschrift gilt zwar unmittelbar nur für im Inland zugelassene Patentanwälte. Sie ist jedoch entsprechend anwendbar, wenn es sich

um einen EU-ausländischen Patentanwalt handelt, sofern er nach seiner Ausbildung und Qualifikation sowie nach seinem im Heimatstaat gesetzlich zugewiesenen Aufgabengebiet einem deutschen Patentanwalt im Wesentlichen vergleichbar ist (vgl. BGH, GRUR 2007, 999, 1000 - Consulente in marchi [zu § 140 Abs. 3 MarkG]; OLG Düsseldorf [10. ZS], GRUR 1988, 761, 762 [zu § 32 Abs. 5 WZG]; OLG Frankfurt/Main, GRUR 1994, 852 [zu § 32 Abs. 5 WZG]; GRUR-RR 2006, 422, 423; Beschl. v. 30.05.2006 - 6 W 31/06 [jew. zu § 140 Abs. 3 MarkG]; KG, GRUR-RR 2008, 373 [zu § 140 Abs. 3 MarkG]; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG/GebrMG, 10. Aufl., § 143 PatG Rdnr. 22; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 143 Rdnr. 410; Schulte, PatG, 8. Aufl., § 143 Rdnr. 29). Das gilt insbesondere für beim Europäischen Patentamt nach Art. 134 EPÜ zugelassene Vertreter (OLG Karlsruhe, GRUR 2004, 888; Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 143 PatG Rdnr. 22; Schulte, a.a.O., § 143 Rdnr. 29). Denn die Zulassung beim Europäischen Patentamt erfordert eine Eignungsprüfung, die sicherstellt, dass dort zugelassene Vertreter über eine Befähigung verfügen, die der nach der Patentanwaltsordnung für eine Zulassung vorausgesetzten vergleichbar ist. Die stärkere Ausrichtung der Eignungsprüfung auf die Vertretung in Verfahren des Europäischen Patentamtes steht dem nicht entgegen, weil sich die in diesen Verfahren stellenden insbesondere technischen Fragen von den technischen Problemen nationaler Verfahren weder nach Qualität noch Quantität unterscheiden (OLG Karlsruhe, GRUR 2004, 888).

Soweit die Beklagte geltend macht, sie habe als vor einem deutschen Gericht verklagte Partei das Recht, sich von einem inländischen Rechtsanwalt und einem inländischen Patentanwalt vertreten zu lassen, bleibt ihr dies unbenommen. Es steht einer im Ausland ansässigen Partei, die im Inland einer Verletzungsprozess führt, selbstverständlich frei, inländische Rechts- und Patentanwälte hinzuzuziehen (vgl. hierzu Senat, InstGE 11, 177 - Reisekostenfestsetzung). Dass die Beklagte neben ihrem französischen Patentanwalt zusätzlich noch einen deutschen Patentanwalt beauftragt hat, ist ihr ebenfalls unbenommen. Sie muss entsprechend nur bereit sein, die durch die Einschaltung von zwei Patentanwälten entstehenden Mehrkosten zu übernehmen. Für die Frage, ob die Gegenseite diese Kosten zu tragen hat, kommt es allein darauf an, ob die Besonderheiten des Falles die Beauftragung eines weiteren Patentanwaltes erforderlich machten, was hier mangels besonderer Umstände zu verneinen ist. Die Beklagte ist durch einen deutschen Prozessbevollmächtigten vertreten worden, der mit der Rechtsprechung und Praxis der hiesigen Gerichte vertraut war. Bei dem Klagepatent handelte es sich um den deutschen Teil eines europäischen Patents. Dessen Auslegung und Rechtsbeständigkeit waren nach dem materiellen Recht des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) zu beurteilen, mit dem auch der französische Patentanwalt der Beklagten als europäischer Patentanwalt vertraut war. Der zusätzlichen Hinzuziehung eines deutschen Patentanwalts neben dem französischen Patentanwalt bedurft es insoweit nicht. Zwar konnten im Rahmen des Rechtsstreits auch Fragen des deutschen Rechts (PatG, ZPO) eine Rolle spielen. Hierfür stand der Beklagten jedoch ihr deutscher Prozessbevollmächtigter zur Seite.

Im Falle der Beauftragung nur des französischen Patentanwalts wären keine höheren Kosten angefallen, als sie die Rechtspflegerin unter Berücksichtigung der in die Kostenfestsetzung einbezogenen Gebühren des deutschen Patentanwalts und dessen Auslagen sowie den darüber hinaus in Ansatz gebrachten fiktiven Kosten für Übersetzungen, für eine Informationsreise sowie für die Teilnahme der Partei am Verhandlungstermin bereits festgesetzt hat. Gegenteiliges macht die Beklagte auch nicht geltend.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht.






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 05.03.2010
Az: I-2 W 14/10


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