Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. September 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 136/02

(BPatG: Beschluss v. 28.09.2004, Az.: 27 W (pat) 136/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde einer Antragstellerin gegen einen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts zurückgewiesen. Die Antragstellerin hatte die Löschung einer zu Gunsten einer anderen Firma eingetragenen Marke beantragt. Die Marke enthielt den Buchstaben "D" in den Farben schwarz, rot und gelb. Die Antragstellerin argumentierte, dass diese Darstellung zwei staatliche Hoheitszeichen enthalte und daher gegen das Markenrecht verstoße. Das Bundespatentgericht kam jedoch zu dem Schluss, dass weder eine Staatsflagge noch ein anderes staatliches Hoheitszeichen in der Marke enthalten sei. Auch die Verwendung der Bundesfarben stelle kein staatliches Hoheitszeichen dar. Daher wies das Gericht die Beschwerde der Antragstellerin zurück. Es führte weiter aus, dass auch kein Löschungsgrund aufgrund mangelnder Unterscheidungskraft der Marke bestehe. Das Gericht lehnte auch den vom Antragsgegner behaupteten Rechtsmissbrauch der Antragstellerin sowie eine Verkehrsdurchsetzung der Marke ab. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 28.09.2004, Az: 27 W (pat) 136/02


Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Mai 2002 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat am 13. Oktober 2000 die Löschung der am 18. Oktober 1995 zunächst zugunsten der Firma TopWare PD-Service GmbH für die Waren und Dienstleistungen

"Software; Datenträger, Bildträger, Tonträger (CD-ROM); Telekommunikation; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Datenverarbeitung, Informationsdienstleistungen"

eingetragenen und am 5. Januar 2001 auf die Antragsgegnerin umgeschriebenen Marke 395 30 135 beantragt. Die Marke ist wie folgt (farbig) ausgestaltet:

Grafik der Marke 39530135.1

(das "D" weist in absteigender Reihenfolge die Farben schwarz, rot und gelb auf, die übrigen Markenbestandteile sind einheitlich grün gehalten). Die Antragstellerin hat das Löschungsbegehren auf § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG gestützt und zur Begründung unter Bezugnahme auf ein Privatgutachten Prof. S... zur Frage des Bestehens des geltend gemachten Löschungsgrundes vom 2. Februar 2001 vorgetragen, die Marke sei entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG eingetragen worden, denn sie enthalte zwei staatliche Hoheitszeichen. In dem in den bundesdeutschen Farben Schwarz-Rot-Gold gestalteten "D" sei eine Staatsflagge, nämlich die Bundesflagge, abgebildet. Zudem enthalte die Marke als weiteres staatliches Hoheitszeichen die Bundesfarben. Jedenfalls liege eine Nachahmung von Hoheitszeichen im Sinne des § 8 Abs. 4 S. 1 MarkenG vor. Sie hat die Auffassung vertreten, die Verwendung von Staatsfarben sei nur zu anderen Zwecken als zu Kennzeichnungszwecken frei. § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG diene dem Schutz des verfassungsgemäßen Staatssymbols der Bundesflagge gemäß Art. 22 GG. Vorliegend erfülle die Darstellung des Buchstabens "D" alle Merkmale einer Flagge nach Art. 22 G. Ferner sei ein staatliches Emblem in Gestalt des Buchstabens "D", der ohnehin auf die Bundesrepublik Deutschland hinweise, mit den Bundesfarben durchaus vorstellbar. Wenn es nach Auffassung der Literatur möglich sei, dass in die Bundesflagge ein Zeichen eingefügt werden könne, so müsse es auch möglich sein, dass die Konturen der Flagge durch ein Zeichen, hier ein "D", umschrieben würden. Die Verwendung einer derartigen Konfiguration der Bundesflagge müsse jedoch den staatlichen Stellen vorbehalten bleiben.

Die Antragsgegnerin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die Landesfarben als solche stellten nicht die Staatsflagge dar. Die Farben seien vielmehr frei verwendbar, wenn nicht die konkrete Ausgestaltung der Landesfarben als eine Nachahmung der Staatsflagge erscheine. Das "D" erscheine nicht als ein Hoheitssymbol der Bundesrepublik Deutschland. Der Sinn der farblichen Ausgestaltung des "D" in der streitgegenständlichen Marke bestehe darin, den Interessenten zu verdeutlichen, dass die angebotenen Informationen auf den territorialen Bereich der Bundesrepublik Deutschland beschränkt seien. Sie hat zudem geltend gemacht, das Löschungsverfahren mit dem hier geltend gemachten absoluten Schutzhindernis hätte innerhalb der Frist von 2 Jahren im Sinne des § 50 Abs. 3 MarkenG eingeleitet werden müssen. Selbst wenn ein Löschungsanspruch bestehe, sei er daher verwirkt. Dies gelte darüber hinaus auch deswegen, weil die Antragstellerin - treuwidrig - den streitgegenständlichen Verstoß erstmals nach Ablauf von 5 Jahren nach Eintragung der angegriffenen Marke gerügt habe, nachdem die Antraggegnerin daran einen wertvollen Besitzstand erlangt habe. Zudem könne sie Bestandsschutz nach § 242 BGB verlangen, weil die Marke verkehrsdurchgesetzt sei, wie die Antragsgegnerin unter Berufung auf ein von ihr eingeholtes und zu den Akten gereichtes Gutachten des Infas-Instituts ohne (erkennbares) Datum, das eine Meinungsumfrage für den Markennamen "D-Info" zum Gegenstand hat, behauptet hat.

Die Markenabteilung hat durch den angegriffenen Beschluss den Löschungsantrag zurückgewiesen. Sie ist zunächst - unter näherer Begründung im Einzelnen - davon ausgegangen, dass dem Löschungsverfahren weder die Frist des § 50 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe, noch dass die Antragstellerin ein Recht zur Geltendmachung von Löschungsgründen verwirkt habe oder ein wertvoller Besitzstand der Antragsgegnerin, der gegebenenfalls eine Löschung verhindern könne, nachgewiesen worden sei. Letzteres hat sie dahinstehen lassen, weil jedenfalls ein Eintragungshindernis, das einen Löschungsantrag gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG begründen könnte, nicht bestehe. Zwar sei bei dem Begriff der "Staatsflagge" entsprechend der Auslegung und Anwendung des Art. 22 GG von einem erweiterten Flaggenbegriff auszugehen, unter den nicht nur die Flagge im einschlägigen fachsprachlichen Sinne zu verstehen sei, sondern auch schwarzrotgoldene Tuchsymbole, die erkennbar und offiziell als deutsche Flaggen geführt würden, wie etwa Fahnen, Standarten, Stander, Wimpel und dergleichen, die jeweils bei bestimmten Anlässen und zu bestimmten Zwecken verwendet würden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin führe dies jedoch nicht dazu, dass jedes Symbol in den typisch angeordneten Bundesfarben auch eine Staatsflagge darstelle. Maßgeblich sei vielmehr, dass trotz gegebenenfalls abweichender Größenverhältnisse oder Darstellungsformen der Eindruck einer Flagge als Hoheitssymbol erweckt werde, was der Fall sein werde, wenn die Landesfarben in der typischen rechteckigen Flaggenform angeordnet oder in einer sonst typischen Form der genannten Tuchsymbole gestaltet seien. Dem hier in Frage stehenden Markenbestandteil "D" fehle jedoch die Flaggenform. Auch innerhalb der Umrisse dieses Markenbestandteils sei nicht eine Bundesflagge dargestellt, sondern lediglich in leicht bewegter Form in Teilen angedeutet. Daher erscheine diese konkrete Ausgestaltung auch nicht als "Nachahmung" einer Staatsflagge im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG. Der Markenbestandteil "D" wiederum sei auch nicht als "anderes staatliches Hoheitszeichen" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG anzusehen. Zwar stellten die Bundesfarben Staats- bzw. Bundessymbole dar. Jedoch falle nicht jedes Hoheitszeichen unter den Begriff des staatlichen Hoheitszeichens im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG. Dies gelte nur, soweit es sich um Darstellungen handele, die ein Staat als Hinweis auf die Staatsgewalt verwende bzw. die die amtliche Hoheitsgewalt öffentlich und autoritativ zum Ausdruck bringen sollten. Die bloße Darstellung der Landesfarben könne daher Teil von Bild- oder Wort/ Bildmarken sein, sofern sie nicht den Eindruck einer Staatsflagge erweckten. Dies gelte auch hier, denn innerhalb der Gesamtmarke sei in dem Markenbestandteil "D" in der konkreten Ausgestaltung lediglich ein solch beschreibender Hinweis mittels Landesfarben zu sehen.

Soweit daneben wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes weitere Schutzhindernisse von Amts wegen zu prüfen seien, führe dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Wenn auch im Hinblick auf den sich aufdrängenden Sinngehalt der Marke "Deutschland-Information" von einem schlagwortartigen Hinweis auf den Inhalt der Waren bzw. den Gegenstand der Dienstleistungen, für die angegriffenen Marke eingetragen ist, ausgegangen werden könne, könne der Marke jedenfalls wegen ihrer grafischen Ausgestaltung nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Auf die von der Antragsgegnerin vorgetragene Verkehrsdurchsetzung komme es daher ungeachtet der Frage, ob diese vorliegend nachgewiesen sei, nicht mehr an.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie führt zur Begründung aus, abweichend von der Auffassung der Markenstelle werde durch die grafische Gestaltung des "D" der Eindruck einer Flagge als Hoheitssymbol erweckt, denn die Bundesfarben würden in leicht bewegter Form dargestellt. Dieser Eindruck werde noch dadurch verstärkt, dass ausschließlich der auf die Bundesrepublik Deutschland hinweisende Großbuchstabe "D" in den Bundesfarben dargestellt sei. Jedenfalls liege aber eine Nachahmung einer Staatsflagge vor, weil der Verkehr in dem Zeichen eine Anspielung auf eine Staatsflagge sehe. Aber auch die Verwendung der Bundesfarben sei ein "anderes staatliches Hoheitszeichen" iSv § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG, denn die Bundesfarben stellten immer einen Hinweis auf die Staatsgewalt dar.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Marke 395 30 135 zu löschen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend und verteidigt ihn unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens, insbesondere zur Frage des Rechtsmissbrauchs durch die Antragstellerin. Die Antragsgegnerin hält zudem die Beschwerde nicht für ordnungsgemäß begründet.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der zwischen den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die von den Verfahrensbeteiligten aufgenommenen Vergleichsverhandlungen haben nicht zum Erfolg geführt.

II. A.

Die Beschwerde ist zulässig. Ohne Erfolg rügt die Antragsgegnerin insbesondere eine unzureichende Begründung der Beschwerde durch die Antragstellerin. Im Markenbeschwerdeverfahren ist eine Begründungspflicht - im Gegensatz zum Berufungsverfahren nach der Zivilprozessordnung, für das in § 520 Abs. 1 ZPO ausdrücklich eine Begründung der Berufung vorgeschrieben ist - schon grundsätzlich nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerde vorgesehen (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 66 Rn. 37; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 66 Rn.68). Nach dieser Maßgabe ist aber eine - angeblich - substanzlose Begründung der Beschwerde erst recht unschädlich.

Die Antragsgegnerin rügt zudem erfolglos das Fehlen eines Antrags in der Beschwerdeschrift. Auch insoweit gilt - anders als für die Berufung gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO - keine formelle Antragspflicht (Ingerl/Rohnke, aaO; Ströbele/Hacker, aaO). Allerdings muss der Inhalt des Rechtsmittelbegehrens klar umrissen oder jedenfalls durch Auslegung zweifelsfrei zu ermitteln sein. Dies ist vorliegend ohnehin angesichts des nachgeholten eindeutigen Beschwerdeantrags der Antragstellerin unproblematisch.

B.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Markenstelle hat den Löschungsantrag der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen, weil ein Nichtigkeitsgrund nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG, der die Löschung der Marke wegen Vorliegens eines absoluten Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 MarkenG rechtfertigen würde, nicht vorliegt.

1)

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG, der Art. 3 Abs. 1 lit.h Markenrechtsrichtlinie umsetzt, sind Marken von der Eintragung in das Markenregister ausgeschlossen, die Staatswappen, Staatsflaggen, andere staatliche Hoheitszeichen oder bestimmte inländische Wappen enthalten. Dabei genügt es, wenn die Marke lediglich in einem ihrer Bestandteile ein derartiges staatliches Hoheitszeichen hinreichend deutlich aufweist (Ströbele/Hacker, aaO, Rn. 624).

Vorliegend ist keine der in Betracht kommenden Tatbestandsalternativen erfüllt.

a)

Die angegriffene Marke enthält entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Staatsflagge im Sinne der genannten Vorschrift, insbesondere nicht die Bundesflagge. Entgegen der in dem von der Antragstellerin eingereichten Privatgutachten vertretenen Auffassung kann der grafisch ausgestaltete Großbuchstabe "D" nicht als Wiedergabe der Staatsflagge angesehen werden. Durch § 8 Abs. 2 Nr. 6(-8) MarkenG sollen nach dem Willen des Gesetzgebers Marken bei Übereinstimmung mit den dort genannten Hoheits- und anderen Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen werden (Begründung zum MarkenG, BT-Drucks. 12/6581 vom 14.1.1994, S. 70). Für die Fälle der nicht identischen Abbildung gilt dagegen § 8 Abs. 4 S. 1 MarkenG, der Staatssymbole und andere Hoheitszeichen gegen Nachahmung in einer Marke schützt. Eine Übereinstimmung des Großbuchstabens "D" im Sinne einer Identität mit der Bundesflagge liegt jedoch ersichtlich hier nicht vor. Nach der Anordnung des Bundespräsidenten über die deutschen Flaggen vom 13. Nov. 1996 (BGBl. I S. 1729) besteht die Bundesflagge aus drei gleich breiten Querstreifen, oben schwarz, in der Mitte rot, unten goldfarben, Verhältnis der Höhe zur Länge des Flaggentuches wie 3 zu 5. Eine identische Wiedergabe dieser Bundesflagge in der Marke ist ersichtlich nicht vorhanden.

b)

Auch bei Zugrundelegung eines erweiterten Flaggenbegriffs enthält die angegriffene Marke keine "Staatsflagge" iSv § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG. Entsprechend dem Sinn und Zweck von § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG, der der ungerechtfertigten Ausnutzung staatlicher Hoheitszeichen zu kommerziellen Zwecken entgegenwirken will (Fezer, MarkenG, 3. Aufl., § 8 Rn. 60; Ströbele/Hacker, aaO, § 8 Rn.624), kann zwar mit der Auffassung der Antragstellerin insoweit ein erweiterter Flaggenbegriff zugrunde gelegt werden, als von ihm auch Fahnen, Standarten, Stander, Wimpel und dergleichen, die jeweils bei bestimmten Anlässen und zu bestimmten Zwecken verwendet werden und wie Fahnen und Flaggen das Staatsganze darstellen sollen, umfasst werden (vgl. Maunz/Dürig/Herzog, Grundgesetz, Stand Feb. 2004, Art. 22 Rn. 16). Hieraus folgt jedoch vorliegend nichts anderes. Denn ersichtlich handelt es sich vorliegend bei dem bildlich ausgestalteten "D" selbst bei weitester Sichtweise nicht um die identische Abbildung eines derartigen, einer Flagge gleich zu erachtenden Gegenstandes.

c)

Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf das von ihr eingeholte Privatgutachten meint, in der Ausgestaltung des Großbuchstabens "D" liege jedenfalls eine Nachahmung der bundesdeutschen Staatsflagge im Sinne von § 8 Abs. 4 S. 1 iVm Abs. 2 Nr. 6 MarkenG, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Ob in der Marke ein staatliches Hoheitszeichen nachgeahmt wird, ist nicht durch Prüfung einer etwaigen Ähnlichkeit oder einer Gefahr der Verwechslung der betreffenden Marke mit staatlichen Hoheitszeichen zu ermitteln. Diese Begriffe bestimmen allein das Markenkollisionsrecht in Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Sie reichen insoweit über das engere Schutzbedürfnis der besonderen Zeichenkategorie der staatlichen Hoheitszeichen und kommunalen Wappen hinaus (amtlBegr. MarkenG, BT-Drucks. 12/6581 vom 14.1.1994, S. 71). Der Begriff der Nachahmung iSv § 8 Abs. 4 S. 1 MarkenG knüpft vielmehr an den in Art. 6ter Abs. 1 PVÜ enthaltenen Begriff der "Nachahmung im heraldischen Sinne" an (amtl. Begr., aaO). Hierunter fallen ohne weiteres solche Nachahmungen, die gerade die charakteristischen heraldischen Merkmale aufweisen (Ströbele/Hacker, aaO, Rn. 626; vgl. auch EuGH aaO), wie auch die Antragstellerin nicht anzweifelt. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil die heraldische Bezeichnung der deutschen Bundesflagge nach der bereits zitierten Anordnung des Bundespräsidenten über die deutschen Flaggen vom 13. Nov. 1996 eine rechteckige Tuchform voraussetzt, mit der der hier in Frage stehende Großbuchstabe "D" ohne weiteres ersichtlich keinerlei Ähnlichkeit aufweist. Der Tatbestand der Nachahmung setzt begrifflich die Existenz eines Vorbildes bzw. eines Originals voraus, an das eine möglichst enge Anlehnung möglich und beabsichtigt ist. Ein Großbuchstabe "D" in den Bundesfarben existiert jedoch unstreitig als staatliches Hoheitszeichen nicht. Soweit die Antragstellerin in dieser Hinsicht unter Berufung auf das Privatgutachten die Auffassung vertritt, ein staatliches Emblem in Gestalt eines Buchstabens "D", der ohnehin auf die Bundesrepublik Deutschland hinweise, mit den Bundesfarben sei jedenfalls durchaus vorstellbar, unterliegt eine solche theoretische Möglichkeit mangels Vorliegens eines Originals nicht dem Schutz gegen Nachahmung gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG.

d)

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der Ausschließungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG auch nicht im Hinblick auf die für die Gestaltung des Großbuchstabens "D" verwendeten Bundesfarben schwarzrotgold erfüllt. Die Bundesfarben als solche werden von der Literatur zwar überwiegend den unter Art. 22 GG fallenden Staatssymbolen zugeordnet (Maunz/Dürig/Herzog, aaO, Rn. 5; Stern, Staatrecht, I, § 9 II 1 c; a.A.: v.Münch, GG, Art. 22 Rn. 7). Das bedeutet aber nicht, dass sie unter den Begriff der "anderen staatlichen Hoheitszeichen" i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG fallen. Die aufgrund der revidierten Pariser Übereinkunft vom 2. Juni 1911 zum Schutze des gewerblichen Eigentums in das damalige Warenzeichengesetz - zusätzlich zu den bereits geschützten Staatswappen - aufgenommenen "anderen staatlichen Hoheitszeichen" sind in der Gesetzesbegründung (BlPMZ 1913, 176, 177) definiert als "sinnbildliche Darstellungen, die vom Staate als Hinweis auf die Staatsgewalt verwendet werden". Neben Fahnen, Flaggen und Wappenbestandteilen, die losgelöst vom Wappenganzen wappenartige Geltung besitzen, sind in der Gesetzesbegründung auch öffentliche Abzeichen und Ehrenzeichen genannt. Sinn und Zweck des Eintragungsverbots staatlicher Hoheitszeichen besteht in dem Schutz des Rechtes des Staates, die Verwendung der Symbole seiner Hoheitsgewalt zu kontrollieren und außerdem eine Irreführung des Verkehrs über den Ursprung der mit solchen Marken gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu verhindern (vgl. EuG GRUR 2004, 773, 775 - Bildmarke ECA; BGH Report 2003, 966, 968 - Magischer Würfel). Die staatlichen Hoheitszeichen sind damit grundsätzlich einer Verwendung als oder in einer Marke entzogen, unabhängig davon, ob die konkrete Markengestaltung tatsächlich unter dem Gesichtspunkt einer missbräuchlichen oder irreführenden Verwendung eines staatlichen Hoheitszeichens zu Kennzeichnungszwecken zu beanstanden wäre, etwa nach § 8 Abs. 2 Nr. 4, 5, oder 9 MarkenG. In Literatur und Rechtsprechung wird die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG - über Staatswappen, Flaggen, Staats- und Amtssiegel, Orden und Ehrenzeichen hinaus - nach ihrem Sinn und Zweck teilweise auch auf Nationaldevisen, Abbildungen von Münzen und Geldscheinen, Briefmarken und Verkehrszeichen für anwendbar gehalten (vgl Fezer, MarkenG, 2. Aufl., § 8 Rn. 360; Ströbele/Hacker, MarkenG, 2. Aufl., § 8 Rn. 637; Busse, WZG, 6. Aufl. § 4 Rn. 79; Baumbach/Hefermehl, WZG, 12. Aufl., § 4 Rn. 119; ferner BPatG Mitt. 1981, 122 - Posthorn). Inwieweit diese weite Auslegung des Begriffs der "anderen staatlichen Hoheitszeichen" gerechtfertigt ist, kann hier dahin gestellt bleiben. Jedenfalls sind die Bundesfarben als solche - entsprechendes gilt für die Landesfarben - kein Hoheitszeichen, dessen sich der Staat als Symbol und zur Repräsentation des Staatsganzen bedient oder das er als Zeichen der Ausübung seiner Hoheitsgewalt einsetzt (vgl Maunz/Dürig/Herzog, aaO, Rn. 21, 22). Es bedarf vielmehr der Gestaltung der Bundesfarben als Fahne oder Flagge oder der Einbindung in Amtsschilder, Dienstsiegel oder -abzeichen, Kokarden udgl., um von einem Bundessymbol zu einem Hoheitszeichen zu werden, das den absoluten Schutz gegen eine Verwendung in einer Marke genießt. Werden die Bundesfarben als solche in einer Marke nur als dekoratives Bildelement verwendet - hier: zur Ausschmückung des Buchstabens "D" - liegt kein das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG auslösender Sachverhalt vor. Dies entspricht auch der - soweit ersichtlich - einhelligen Meinung in Literatur (vgl. Fezer, aaO; Ströbele/Hacker, aaO, Rn. 635; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 8 Rn. 309; Baumbach/Hefermehl, aaO; Busse, aaO; v. Gamm, Warenzeichengesetz, 1965, § 4 Rn. 88) und Rechtsprechung (vgl LG Hamburg GRUR 1990, 196- BP-CARD; BPatG 32 W(pat) 11/01 - Bodensee-Arena; 29 W(pat) 110/92 - schräge Streifen in blauweißroter Farbgebung; jeweils zitiert auf der PAVIS CD-ROM). Das bedeutet allerdings nicht, dass im Einzelfall andere Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG, gegebenenfalls iVm § 37 Abs. 3 MarkenG, vorliegen können. Solche hat die Antragstellerin mit ihrem Löschungsantrag aber selbst nicht geltend gemacht.

2.

Soweit die Markenabteilung von Amts wegen den Löschungsgrund der mangelnden Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke geprüft und im Ergebnis verneint hat (§ 50 Abs. 1 Nr. 3 iVm § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), ist ihren Ausführungen beizutreten, da entgegenstehende Gründe nicht ersichtlich sind und von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren auch nicht vorgetragen worden sind.

3.

Nach alledem kommt es nicht mehr auf die Frage des von der Antragsgegnerin behaupteten Rechtsmissbrauchs der Antragstellerin sowie auf eine etwaige Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke an. Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass er im Entscheidungsfalle im Hinblick auf den behaupteten Rechtsmissbrauch insoweit den Ausführungen im angefochtenen Beschluss ohne weiteres folgen würde.

III.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

IV.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war, § 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert, § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Soweit ersichtlich, besteht über die Auslegung der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG in der bisherigen Rechtsprechungspraxis Übereinstimmung. Aus denselben Gründen hat der Senat davon abgesehen, dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamtes gemäß § 68 Abs. 2 MarkenG den Beitritt zum Beschwerdeverfahren anheim zu geben.

Schermer Schwarz Prietzel-Funk Ja






BPatG:
Beschluss v. 28.09.2004
Az: 27 W (pat) 136/02


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