Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. April 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 170/03

Tenor

Auf die Beschwerden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 29 - vom 11. Februar 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühren wird angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die für Waren der Klassen 29, 30 und 32 am 7. Februar 1997 angemeldete Marke 397 05 402 "Optima" ist aus drei prioritätsälteren Marken Widerspruch eingelegt worden, nämlich aus der Marke 2 006 752 "OPRIMA" (Widerspruch 1), der Marke EM 588 640 "OPTIMA" (ursprünglich EM - Anmeldung, sodann umgewandelt in die deutsche Marke 399 56 457 - Widerspruch 2), sowie aus der Marke 396 53 246 "Oppina" (Widerspruch 3).

Der Widerspruch 1 ist im Beschwerdeverfahren zurückgenommen worden.

Der Widerspruch aus der Widerspruchsmarke 2 - einer an sich jüngeren Gemeinschaftsmarken-Anmeldung vom 15. Juli 1997 - war ausdrücklich gestützt auf die Waren "breakfast cereals and cereal preparations for human consumption" (Frühstückszerealien und Getreidepräparate für Nahrungszwecke), denn insoweit war die Priorität einer irischen Voranmeldung vom 16. Januar 1997 in Anspruch genommen worden. Das weitere Warenverzeichnis (Frühstückszerealien; Brot, Backwaren, Kekse und Konditorwaren) war prioritätsjünger. Im Verlauf des Verfahrens wurde der Antrag auf Eintragung der Gemeinschaftsmarke zurückgenommen und die Umwandlung der Marke in eine nationale Marke nach § 125 d MarkenG beantragt, was unter der Rollennummer 399 56 457 erfolgt ist.

Am 11. Februar 2003 hat die Markenstelle einen Beschluss erlassen, in dem sie die Löschung der jüngeren Marke wegen der Widersprüche 1 und 2 angeordnet hat. Das Verfahren über den Widerspruch 3 wurde ausgesetzt. In der Begründung hat die Markenstelle hinsichtlich des Widerspruchs 2 deren prioritätsjüngeres Warenverzeichnis zugrunde gelegt. Zudem wurde zwar die Löschung der gesamten Marke verfügt, ein Teil der Waren (nämlich: "geschälte Mandeln auch gemahlen, gehackt, gehobelt und gestiftet") findet im Tenor aber keine Erwähnung, so dass nicht bekannt ist, ob oder in Hinblick auf welchen Widerspruch auch diese Waren gelöscht werden sollten.

Des weiteren hat es die Markenstelle versäumt, die Markeninhaberin über die Umwandlung der GM-Anmeldung in eine nationale Marke zu informieren, obwohl diese in einem Schreiben ausdrücklich um Mitteilung gebeten hatte, sobald das nach § 29 Abs 2 MarkenV ausgesetzte Verfahren wieder aufgenommen wird. Das Schreiben der Widersprechenden 2, mit dem diese die Eintragung der nationalen Marke anzeigt, wurde der Markeninhaberin erst nahezu zwei Jahre später zusammen mit dem Beschluss übersandt. Die Markeninhaberin hatte also keine Kenntnis davon, dass ihre Marke (auch) aus einer nunmehr nationalen Marke gelöscht werden sollte.

Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Markeninhaberin als auch die Widersprechende 2 Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerden haben Erfolg, denn die Entscheidung der Markenstelle leidet an wesentlichen Mängeln, so dass die Sache nach § 70 Abs 3 Nr 1, 2 MarkenG zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen werden musste.

Die Markenstelle hat bei der Löschung ausdrücklich Waren berücksichtigt (Brot, Backwaren, Konditorwaren), die prioritätsjünger sind, was allein schon die Zurückverweisung rechtfertigt. Auch ist nicht ersichtlich, ob und aufgrund welchen Widerspruchs die Waren "geschälte Mandeln auch gemahlen, gehackt, gehobelt und gestiftet" gelöscht werden sollten. Zudem ist es mit den Grundsätzen eines offenen und fairen Verfahrens nicht vereinbar, dass die Markeninhaberin erst nach Erlass des Beschlusses von der Umwandlung der GM-Anmeldung in eine nationale Marken erfahren hat. Hätte die Markenstelle die Mitteilung der Widersprechenden 2 vom 7. März 2001, in dem diese die nationale Eintragung ihrer Marke mitteilt, an die Markeninhaberin weitergeleitet, so hätte diese gewusst, dass das Verfahren nunmehr seinen Fortgang nimmt. Dies hätte die Sachentscheidung im übrigen auch gefördert, denn die Markeninhaberin hätte sodann - wie im Beschwerdeverfahren geschehen - die Benutzung der Widerspruchsmarke 1 bestritten (sie wollte mit ihrem Bestreiten soweit möglich auch den zweiten Benutzungszeitraum abdecken), woraufhin diese ihren Widerspruch unverzüglich zurückgenommen hat.

Angesichts dieser Verfahrensfehler entsprach die Rückzahlung beider Beschwerdegebühren der Billigkeit (§ 66 Abs 5 Satz 3 MarkenG).

Bei seiner erneuten Entscheidung wird die Markenstelle zu berücksichtigen haben, dass bei klanggleichen Marken, wie es die Widerspruchsmarke 2 und die angegriffene Marke sind, schon eine geringe Ähnlichkeit der Waren für die Bejahung einer Verwechslungsgefahr ausreicht. Da es sich bei den "Frühstückszerealien und Getreidepräparaten" um Müsli- oder Cornflakesmischungen handeln kann, werden alle Nahrungsmittel und auch Getränkepulver betroffen sein, die sich zur Herstellung und Ergänzung derartiger Speisen eignen. Lediglich ganz spezielle Produkte (insbes Blaumohn für Backwaren, oder Kaffee- und Teepulver), deren Verwendung beim Herstellen von Frühstücksmüsli eher ungewöhnlich ist, werden vom Verbraucher nicht mehr der Produktverantwortlichkeit derselben Unternehmer zugerechnet werden. In bezug auf die Getränkezubereitungen jedoch müsste die Verwechslungsgefahr in Hinblick auf das ausgesetzte Verfahren über den Widerspruch 3 überprüft werden, denn diese Marke (396 53 246 "Oppina") ist für Waren der Klasse 32 eingetragen.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele






BPatG:
Beschluss v. 28.04.2004
Az: 28 W (pat) 170/03


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