Bundespatentgericht:
Urteil vom 14. November 2006
Aktenzeichen: 3 Ni 26/05

(BPatG: Urteil v. 14.11.2006, Az.: 3 Ni 26/05)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 11. August 1986 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten Patents 36 27 167. Das Streitpatent betrifft eine "Kompressions-Kältemaschine, insbesondere für Haushalts- Kühl- und Gefriergeräte" und umfasst nach der Streitpatentschrift (DE 36 27 167 C2) 3 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 wie folgt lautet:

"1. Kompressions-Kältemaschine, insbes. für Haushalts- Kühl- und Gefriergeräte, mit einem intermittierend arbeitenden, gekapselten Motorverdichter-Aggregat und einem Kältekreislauf, in dem hintereinander ein Kondensator, eine Drosselkapillare und ein plattenförmiger Verdampfer liegen, welcher mit einer an der obersten Stelle seines Kanalsystems liegenden Einspritz- und Ansaugstelle für das Kältemittel ausgestattet ist, wobei das sich im unteren Bereich des Verdampfers sammelnde flüssige Kältemittel eine Dampfsperre mit in den aufsteigenden Ästen der Kältemittelkanäle stehendem Flüssigkeitspegel bildet, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Befüllen der Kältemaschine ein nicht vernachlässigbarer Fremdgasanteil im Kältesystem vorhanden ist, dass die beiderseits der Dampfsperre liegenden senkrechten Äste (20, 21) durch einen oberhalb des im Betrieb erreichbaren höchsten Flüssigkeitspegels in der Verdampferplatte liegenden Verbindungskanal (22) verbunden sind, mit dessen Hilfe die sich während der Stehphase beiderseits der Dampfsperre einstellende Druckdifferenz ausgeglichen wird."

Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil er nicht neu sei, zumindest aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zur Begründung bezieht sich die Klägerin auf folgende Dokumente:

1. DD 218 162 A1 (NK1), 2. DE-PS 710 917 (NK2), 3. Stellungnahme zum Stand der Technik 1986 im Bereich von Kompressionskälteanlagen für Haushaltskühl- und Gefriergeräte von Prof. Dr.-Ing. L.R. Oellrich (NK3).

Die Klägerin beantragt, das Patent 36 27 167 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen;

hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent gemäß Schriftsatz vom 30. August 2006 mit einem einzigen Patentanspruch, der aus einer Kombination der Ansprüche 1, 2 und 3 bestehen soll.

Sie vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpatents eine patentfähige Erfindung darstelle.

Gründe

Die Klage ist zulässig.

Das mit dem Ende der Patentschutzdauer mit Ablauf des 11. August 2006 auf Seiten der Klägerin erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse ist aufgrund des mittlerweile vor dem OLG Karlsruhe anhängigen Verletzungsverfahrens, in dem die Nichtigkeitsbeklagte gegen die Nichtigkeitsklägerin Ansprüche aus dem Streitpatent geltend macht, gegeben (vgl. hierzu Schulte, Patentgesetz, 7. Aufl., § 81 Rdn. 45 f. m. w. N.).

Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund steht dem Streitpatent nicht entgegen (§ 22 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).

I.

1. Die Erfindung betrifft nach der Streitpatentschrift eine Kompressions-Kältemaschine, insbesondere für Haushalts- Kühl- und Gefriergeräte, mit einem intermittierend arbeitenden gekapselten Motorverdichter-Aggregat und einem Kältekreislauf, in dem hintereinander ein Kondensator, eine Drosselkapillare und ein plattenförmiger Verdampfer liegen, welcher mit einer an der obersten Stelle seines Kanalsystems liegenden Einspritz- und Ansaugstelle für das Kältemittel ausgestattet ist, wobei das sich im unteren Bereich des Verdampfers sammelnde flüssige Kältemittel eine Dampfsperre mit in den aufsteigenden Ästen der Kältemittelkanäle stehendem Flüssigkeitspegel bildet (Streitpatentschrift Sp. 1 Z. 3 bis 15).

In der Patentschrift ist weiter ausgeführt, bei bekannten Kompressions-Kältemaschinen der genannten Art sei es durchaus ausreichend und daher aus Gründen der Kosteneinsparung auch üblich, das im wesentlichen aus dem gekapselten Motorverdichter, dem Kondensator, der Drosselkapillare und dem Verdampfer gebildete Kreislaufsystem vor dem Einfüllen des Kältemittels von der Saugseite her zu evakuieren. Dabei nehme man bewusst in Kauf, dass wegen des hohen Strömungswiderstandes der Drosselkapillare nach dem Evakuieren im Kondensator ein gewisser Anteil an Restluft verbleibe. Diese Restluft wandere während des Betriebes im System der Kompressions-Kältemaschine mit und bilde mit dem Kältemitteldampf ein Gasgemisch, dessen Partialdrücke sich nach der Temperatur und dem Mengenverhältnis in den einzelnen Abschnitten des Systems einstelle (Streitpatentschrift Sp. 1 Z. 16 bis 31).

Im folgenden geht die Patentschrift auf die Vorgänge im Kreislaufsystem nach dem Abschalten des Verdichters ein und führt dann auftretende Gluckergeräusche auf verschiedene Ursachen zurück (Sp. 1 Z. 32 bis Sp. 2 Z. 15). Schließlich nennt sie als der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe, die bei Kompressions-Kältemaschinen der beschriebenen Art infolge der Druckdifferenz zwischen Restluft und Kältemittel im Verdampfer auftretenden Gluckergeräusche auf einfache Weise zu vermeiden (Sp. 2 Z. 26-30).

2. Zur Lösung dieser Aufgabe beschreibt Patentanspruch 1 eine 1. Kompressions-Kältemaschine, 2. mit einem intermittierend arbeitenden, gekapselten Motorverdichtungs-Aggregat und 3. einem Kältekreislauf, in dem hintereinander 3.1. ein Kondensator, 3.2. eine Drosselkapillare und 3.3. ein plattenförmiger Verdampfer liegen, 3.3.1 welcher mit einer an der obersten Stelle seines Kanalsystems liegenden Einspritz- und Ansaugstelle für das Kältemittel ausgestattet ist, 3.3.2 wobei das sich im unteren Bereich des Verdampfers sammelnde flüssige Kältemittel eine Dampfsperre mit in den aufsteigenden Ästen der Kältemittelkanäle stehendem Flüssigkeitspegel bildet, 4. wobei nach dem Befüllen der Kältemaschine ein nicht vernachlässigbarer Fremdgasanteil im Kältesystem vorhanden ist und 5. wobei die beiderseits der Dampfsperre liegenden senkrechten Äste durch einen oberhalb des im Betrieb erreichbaren höchsten Flüssigkeitspegels in der Verdampferplatte liegenden Verbindungskanal verbunden sind, mit dessen Hilfe die sich während der Stehphase beiderseits der Dampfsperre einstellende Druckdifferenz ausgeglichen wird.

II.

1. Als Fachmann ist im vorliegenden Fall in Übereinstimmung mit den Parteien ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus mit Erfahrungen in der Auslegung und Konstruktion von Kompressionskältemaschinen für Kühl- und Gefriergeräte, insbesondere im Haushaltsbereich, anzusehen.

2. Der Patentanspruch 1 des Streitpatents spezifiziert einen plattenförmigen Verdampfer bzw. eine Verdampferplatte (Merkmale 3.3 und 5 der vorstehenden Merkmalsgliederung). Diejenigen Angaben, die Bezug auf eine Anordnung im Raum nehmen, nämlich oberste Stelle, unterer Bereich und senkrechte Äste (Merkmale 3.3.1, 3.3.2 und 5) gelten offensichtlich für die in ein betriebsbereites Kühlgerät eingebaute Kompressionskältemaschine. Ebenfalls auf ein betriebsbereites Kühlgerät beziehen sich die Angaben zur Ausbildung einer Dampfsperre durch das sich im unteren Bereich des Verdampfers sammelnde flüssige Kältemittel und zu einem im Betrieb höchstens erreichbaren höchsten Flüssigkeitspegel (Merkmale 3.3.2 und 5), die der Fachmann auf diejenigen Betriebsphasen liest, in denen der Verdichter abgeschaltet ist (Sp. 3 Z. 37 bis 46 i. V. m. Sp. 4 Z. 5 bis 9). Bei dem Verdampfer der Kompressionskältemaschinen nach Patentanspruch 1 handelt es sich somit um einen senkrecht angeordneten Verdampfer in Form einer ebenen Platte, den das Kältemittel in einem Zuge durchströmt und dabei vollständig verdampft (so genannter trockener Verdampfer).

Die Merkmale 3.3.2 und 4, wonach das sich - in Stillstandsphasen des Verdichters - im unteren Bereich des Verdampfers sammelnde flüssige Kältemittel eine Dampfsperre mit in den aufsteigenden Ästen der Kältemittelkanäle stehenden Flüssigkeitspegeln bildet und wonach in der Kältemaschine ein nicht vernachlässigbarer Fremdgasanteil (Luft) vorhanden ist, sind nicht als Merkmale der Erfindung zu verstehen, sondern definieren Randbedingungen für das zugrunde liegende Problem, nämlich das Auftreten von Gluckergeräuschen, und seine erfindungsgemäße Lösung. Ob die durch die Dampfsperre hindurch tretenden und dabei die Gluckergeräusche verursachenden Blasen aus Fremdgas (Luft), Kältemitteldampf oder einer Mischung aus beiden bestehen, kann dahin gestellt bleiben (die Beschreibung des Streitpatents lässt darauf schließen, dass der Erfinder selbst keine klare Vorstellung davon hatte). Die von Lösungsansätzen befreite Aufgabe besteht jedenfalls darin, bei einer gattungsgemäßen Kompressionskältemaschine Gluckergeräusche nach dem Abschalten des Verdichters zu vermeiden, und die Lösung darin, oberhalb der sich bei abgeschaltetem Verdichter bildenden Dampfsperre einen Verbindungskanal zwischen senkrechten Ästen der Kältemittelkanäle vorzusehen.

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu.

In der Druckschrift DD 218 162 A1 (NK1) ist ein Verdampfersystem für Kältegeräte beschrieben, das einen Verdichter, einen Verdampfer und eine Drosselkapillare aufweist. Für den Fachmann versteht es sich von selbst und daher liest er dies auch in der Entgegenhaltung mit, dass eine komplette Kältemaschine auch einen Kondensator aufweist und dass Kondensator, Drosselkapillare und Verdampfer in Strömungsrichtung hintereinander liegen. Weiter wird er unterstellen, dass der Verdichter von einem Elektromotor angetrieben wird und dass Verdichter und Motor als gekapseltes Aggregat ausgebildet sind, weil dies die auch schon am Anmeldetag des Streitpatents übliche Bauweise für Haushaltskältegeräte war. Wie in der Entgegenhaltung auch ausgeführt ist, wird der Verdichter einer Kompressionskältemaschine für Haushaltsgeräte intermittierend betrieben. Die in der NK1 beschriebenen Verdampferausführungen weisen eine oder mehrere, durch Verbindungsleitungen 4 verbundene Platten bzw. Platinen auf, in denen das zu verdampfende Kältemittel mäanderförmig geführt ist (Figuren 1 bis 5). In Kühlgeräten mit nur einem auf einer einheitlichen Temperatur zu haltenden Kühlraum (Eintemperaturkühlschrank) ist nur eine Platte bzw. Platine vorhanden (Figuren 1 und 2). Die Zu- und Abfuhr des flüssigen und verdampften Kältemittels zum und vom Verdampfer kann mittels einer konzentrischen Anordnung von Kapillare und Dampfleitung in Form eines sog. Einrohranschlusses ausgeführt sein (S. 2 Z. 7). Somit entnimmt der Fachmann der Entgegenhaltung NK1 als bekannt eine Kompressionskältemaschine mit den Merkmalen 1 bis 3.3 gemäß der vorstehenden Merkmalsgliederung.

In der NK1 sind in erster Linie Zweitemperaturkühlgeräte, d. h. Kühlgeräte mit einem Tiefkühlfach und einem Normalkühlfach und entsprechenden Verdampfern, angesprochen, weil bei diesen die in der Druckschrift behandelten Probleme, die durch den beim Abschalten des Verdichters aus dem Kondensator (Verflüssiger) nachströmenden warmen Kältemitteldampf verursacht werden, besonders ausgeprägt sind, während sie bei Eintemperaturkühlschränken nur in abgeschwächter Form auftreten (S. 1 Mitte). Im Hinblick auf Zweitemperaturkühlschränke ist in der Entgegenhaltung ausgeführt, dass ein oben angeordneter Tiefkühlverdampfer eine Deckenplatte und eine Bodenplatte aufweist (Fig. 4) und auch U-förmig ausgebildet sein kann. Aus fertigungstechnischen Gründen ist die Deckenplatte des Verdampfers schräggestellt (S. 1 le. Abs.). Die Druckschrift enthält keinen Hinweis darauf, dass andere Verdampfersysteme als solche mit waagerecht, allenfalls leicht schräggestellten Verdampferplatten mit einem Überströmkanal versehen werden sollen. Das in der Druckschrift geschilderte Problem, dass der nach dem Abschalten des Kompressors aus dem Kondensator durch die Kapillare in den Verdampfer nachströmende Dampf das im Verdampfer vorhandene flüssige Kältemittel aus diesem herausdrückt, verbindet der Fachmann nach Auffassung des Senats ausschließlich mit zumindest annähernd horizontal angeordneten Verdampfern, da bei senkrecht oder stark geneigten Verdampferflächen mit den in Verdampfern üblichen Kanalquerschnitten die Schwerkraft das flüssige Kältemittel in tiefer gelegenen Teilen des Verdampfers halten und der Dampf in einem Teil des Querschnitts an dem flüssigen Kältemittel vorbeiströmen würde, ohne es gegen die Wirkung der Schwerkraft herauszudrücken. Der Fachmann wird daher auch die floskelhafte Bemerkung eingangs der Druckschrift, dass die Erfindung sich für die vielseitigsten Schalt- und Anordnungsformen der Verdampfersysteme eigne (S. 1 Abs. 2) so verstehen, dass Schaltungs- und Anordnungsformen mit waagerecht angeordneten Verdampferplatten gemeint sind.

Zwar waren zweifelsohne am Anmeldetag des Streitpatents Eintemperaturgeräte mit Platinenverdampfern in vertikaler Anordnung bekannt (vgl. Stellungnahme Prof. Oellrich - NK3 S. 5 Abs. 1). Der Fachmann wird aber nach Auffassung des Senats die Druckschrift NK1 dahin verstehen, das dort Eintemperaturkühlschränke nur insoweit angesprochen sind, als sie mit einer zumindest annähernd waagerecht angeordneten Verdampferplatine ausgerüstet sind. Da es ausschließlich darauf ankommt, wie der Fachmann die Entgegenhaltung versteht, kann die Ansicht der in der Entgegenhaltung genannten Erfinder zur Anordnung der Verdampferplatinen gemäß den Figuren 1 und 2 der NK1 dahin gestellt bleiben (vergl. Schrifts. der Klägerin v. 7. November 2006 S. 11 Abs. 4).

In der NK1 ist somit keine Kältemaschine offenbart, bei der ein senkrecht stehender plattenförmiger Verdampfer einen in der Verdampferplatte liegenden Verbindungskanal zwischen senkrechten Ästen des Kältemittelkanals aufweist.

In der nur zum Patentanspruch 3 genannten DE-PS 710 917 (NK2) ist beschrieben, dass bei einem Verdampfer für Kälteanlagen mit waagerecht verlaufenden, untereinander durch Krümmer verbundenen Rohrstücken diese über den Ansatz des Krümmers hinaus verlängert werden und die Verlängerungsstücke im Sammelbehälter münden. Somit handelt es sich dort um einen vom Verdampfer der streitpatentgemäßen Kältemaschine grundsätzlich verschiedenen Verdampfer.

4. Der Senat konnte nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Der in der DD 218 161 A1 (NK1) vorgeschlagene Überströmkanal zwischen Eingang und Ausgang des Verdampfersystems soll verhindern, dass der beim Abschalten des Verdichters in das Verdampfersystem nachströmende Kältemitteldampf dieses leer drückt, wodurch eine unerwünschte Verdampfererwärmung und Rückkondensation von Kältemittel während der Stillstandsphase des Verdichters vermieden werden soll. Es erscheint schon fraglich, ob der Fachmann aufgrund dieser Angaben in der Zusammenfassung auf der Titelseite der NK1 diese Druckschrift bei der Suche nach einer Lösung für das streitpatentgemäße Problem überhaupt in Betracht gezogen hätte. Aber auch eine weitere Durchsicht der Druckschrift lässt diese nicht relevanter erscheinen. Die in der Druckschrift dargestellte Lehre geht nämlich aus von Zweitemperaturkühlschränken mit in Reihe geschalteten Verdampferteilstücken, bei denen im allgemeinen Probleme hinsichtlich der Abtauung des Normalkühlfachverdampfers und der Einhaltung der geforderten Temperaturwerte im Tiefkühlfach auftreten sollen (S. 1 Abs. 3). Weiter wird ausgeführt, dass zur Lösung dieser Probleme elektrische Zusatzheizungen am Normalkühlfach vorgeschlagen worden seien. Bei einer anderen Lösung werde das flüssige Kältemittel zuerst in den Normalkühlfachverdampfer eingeleitet. Dies bewirke, dass nach dem Abschalten des Verdichters nachströmender warmer Dampf zuerst den Normalkühlfachverdampfer beaufschlage und dessen Abtauung fördere. Es stelle sich bei dieser Lösung allerdings durch stärkere Kühlung im Normalkühlfach bei anfänglicher Überhitzung im Tiefkühlfach eine schlechte Regelbarkeit ein. Es komme zu Störungen in der Temperaturverteilung (S. 1 Abs. 5). Prinzipiell wirke sich der nach dem Abschalten des Verdichters aus dem Kondensator in den Verdampfer nachströmende warme Kältemitteldampf bei allen Verfahren mit Einspritzung im Tiefkühlfach, also auch bei Gefriergeräten und bei Eintemperaturgeräten, nachteilig aus. Bei Zweitemperaturkältegeräten mit Tiefkühlfach bestehe weiterhin die Gefahr, dass durch den von der Druckseite überströmenden Dampf das noch im Tiefkühlfachverdampfer vorhandene flüssige Kältemittel in den Normalkühlfachverdampfer gedrückt werde, dort verdampfe und in dem Tiefkühlfachdampfer rückkondensiere. Prinzipiell bestünden diese Schwierigkeiten auch bei Verdampfersystemen für Eintemperaturkühlschränke, wenn auch in abgeschwächter Form (S. 1 Abs. 6 und 7). Vor diesem Hintergrund nennt die Entgegenhaltung als Ziel der Erfindung, eine unzulässige Verdampfererwärmung nach dem Abschalten und eine Rückkondensation von Kältemittel im Tiefkühlfachverdampfer während der Stillstandsphase des Verdichters zu vermeiden. Außerdem soll bei Zweitemperaturkühlschränken eine Verbesserung des Abtauverhaltens und zusätzlich noch eine günstigere Temperaturverteilung erreicht werden. Alle diese Ausführungen ergeben keine Anknüpfungspunkte bei der Suche nach einer Lösung für das streitpatentgemäße Problem. Dies gilt insbesondere auch, weil der allgemeine Hinweis auf das prinzipielle Bestehen der dargestellten Schwierigkeiten auch bei Verdampfersystemen für Eintemperaturkühlschränke nur verständlich ist, wenn man auch bei diesen, insoweit in Widerspruch zur Bezeichnung "Eintemperaturkühlschrank", das Vorhandensein eines Tiefkühlfaches voraussetzt, wie es in Abs. 6 auf S. 1 explizit formuliert ist.

Auch die weiteren Ausführungen zur Aufgabe der Erfindung in der NK1, wonach ein Leerdrücken des Verdampfers nach dem Abschalten des Verdichters vermieden werden und nachströmender warmer Kältemitteldampf bis zum Druckausgleich sofort in die Saugleitung bzw. in den Normalkühlfachverdampfer zu leiten sei, lassen keine Relevanz dieser Lehre für die dem Streitpatent zugrundeliegende Problematik erkennen. Ein Ausdrücken von flüssigem Kältemittel aus einem ebenen Verdampfer wird der Fachmann nur dann befürchten, wenn der Verdampfer zumindest annähernd waagerecht angeordnet ist. Bei einem senkrecht angeordneten Verdampfer mit oben angeordneter Zu- und Abführung des Kältemittels verhindert der geodätische Höhenunterschied ein Leerdrücken des Verdampfers durch den nach dem Abschalten des Verdichters aus dem Kondensator nachströmenden Dampf. Da ein die Zuström- und Abströmseite des Verdampfers verbindender Überströmkanal prinzipiell eine, wenn auch bei geeigneter Ausbildung geringe Verlustquelle darstellt, resultiert aus der NK1 auch keine unmittelbare Anregung dafür, in einem senkrecht angeordnetem Plattenverdampfer einen Überströmkanal vorzusehen, da er dann aus der Sicht der Lehre der Entgegenhaltung nicht erforderlich ist.

Erst bei tiefer gehender Analyse der zugrundeliegenden wärme- und strömungstechnischen Vorgänge im Kältemittelkreislauf beim intermittierenden Betrieb des Verdichters und beim Vergleich der streitpatentgemäßen Lösung mit dem Stand der Technik nach der NK1 werden die Gemeinsamkeiten im Nachhinein deutlich. Der Senat konnte aber nicht die Überzeugung gewinnen, dass der zunächst ohne Lösungsansätze vor der Aufgabe, Gluckergeräusche in einer Kältemaschine nach dem Abstellen des Verdichters zu vermeiden, stehende Durchschnittsfachmann ohne erfinderische Tätigkeit den in der Entgegenhaltung offenbarten Überströmkanal zwischen Zufuhr- und Abfuhrseite des Verdampfers als geeignete Lösung für diese Aufgabe erkennen konnte.

Dass der Fachmann der DE-PS 710 917 (NK2) eine Anregung für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents entnehmen könnte, ist nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden.

Bei dieser Sachlage war die Klage abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.






BPatG:
Urteil v. 14.11.2006
Az: 3 Ni 26/05


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