Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. März 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 30/00

(BPatG: Beschluss v. 01.03.2000, Az.: 26 W (pat) 30/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. März 1999 aufgehoben, soweit der Widerspruch bezüglich der Waren und Dienstleistungen

"09: Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, insbesondere solche mit Datenbanken für Linienflüge; 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere Datenbanken für Linienflüge"

zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Im übrigen ist der angegriffene Beschluß hinsichtlich der Dienstleistungen

"39: Transportwesen, Veranstaltung von Reisen"

wirkungslos.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren und Dienstleistungen

"09: Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, insbesondere solche mit Datenbanken für Linienflüge; 39: Transportwesen, Veranstaltung von Reisen; 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere Datenbanken für Linienflüge"

eingetragene Marke 396 12 461.5 bestbuyist Widerspruch erhoben worden aus der älteren Marke 395 52 110.6 siehe Abb. 1 am Endedie ua für die Waren und Dienstleistungen

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und/oder Bild und/oder elektronisch verarbeiteten Daten (soweit in Klasse 9 enthalten),...; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte, Computer,... (soweit in Klasse 9 enthalten); Computerprogramme (soweit in Klasse 9 enthalten)"

geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch mit Beschluß vom 10. März 1999 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt, selbst beim Anlegen strengster Maßstäbe hielten die beiden Marken den gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG erforderlichen Abstand ein. Zwar wiesen sie übereinstimmend das Markenwort "BESTBUY" auf, dennoch reichten die vorhandenen Abweichungen aus, um die Gefahr von Verwechslungen ausschließen zu können. Dafür spreche, daß der Begriff "BESTBUY" für die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend sei bzw stark beschreibende Anklänge aufweise. Das werde der angesprochene Verkehr, dem die beiden zum englischen Grundwortschatz gehörenden Worte "BEST" und "BUY" in ihrem deutschen Bedeutungsgehalt geläufig seien, auch ohne weiteres erkennen. Aus der beschreibenden Bedeutung der Bezeichnung "BESTBUY" im Sinne von "optimaler bzw bester Kauf" und der daraus resultierenden Kennzeichnungsschwäche ergebe sich aus Rechtsgründen ein eng zu bemessender Schutzumfang der Widerspruchsmarke, der sich auf ihre eintragungsbegründende Eigenprägung beschränke. Der Umstand, daß der Begriff "bestbuy" im Fall der angegriffenen Marke trotz seines beschreibenden Bedeutungsgehalts Eingang in das Markenregister gefunden habe, könne zwar im Rahmen eines Löschungsverfahrens Berücksichtigung finden, nicht aber in einer kollisionsrechtlichen Prüfung nachträglich den Schutzumfang der älteren Marke erweitern. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts weiche das jüngere Zeichen hinreichend von der Widerspruchsmarke ab.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die eine Verwechslungsgefahr für gegeben hält. Die zu vergleichenden Marken seien in klanglicher Hinsicht absolut identisch. Die Wortbestandteile der Widerspruchsmarke seien für deren Gesamteindruck maßgeblich, da diese für den Verkehr die einfachste Bezeichnung darstellten. Verzierungen oder Umrandungen einer Marke seien für die Feststellung der die Verwechslungsgefahr begründenden Markenähnlichkeit dagegen unerheblich. Die Auffassung der Markenstelle, der Schutz der Widerspruchsmarke sei auf deren bildliche Ausgestaltung beschränkt, sei deshalb unzutreffend, zumal auch der Wortbestandteil der bereits nach dem Inkrafttreten des Markengesetzes angemeldeten und geprüften Marke nicht völlig schutzunfähig sei, wie die Eintragung dieser Marke zeige. Es komme hinzu, daß die einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen der Klasse 9 und 42 größtenteils identisch bzw hochgradig ähnlich seien.

Die Widersprechende, die ihren Widerspruch gegen die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 39 zurücknimmt, beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich zur Beschwerde nicht geäußert. Gegenüber der Markenstelle hat er im wesentlichen die Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren in Zweifel gezogen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, da der Senat insoweit eine markenrechtlich erhebliche Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG als gegeben erachtet.

Die Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des EuGH umfassend unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, die zueinander in einer Wechselbeziehung stehen, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - sabèl/Puma; BGH GRUR 1995, 216, 219 - Oxygenol II).

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (vgl EuGH GRUR 1998, 922 - CANON). Weiterhin ist zu berücksichtigen, ob die beiderseitigen Waren bzw Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen hergestellt oder erbracht werden, ob sie in ihrer stofflichen Beschaffenheit Übereinstimmungen aufweisen, dem gleichen Verwendungszweck dienen und ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (BGH GRUR 1999, 198 - GARIBALDI; BlPMZ 1999, 382, 384 - LIBERO).

Hiervon ausgehend liegen gleiche Waren vor, soweit die angegriffene Marke Schutz für "Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, insbesondere solche mit Datenbanken für Linienflüge" beansprucht, da die Widerspruchsmarke für "Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und/oder Bild und/oder elektronisch verarbeiteten Daten" geschützt ist.

Soweit die angegriffene Marke für "Registrierkassen" eingetragen ist, besteht Warenähnlichkeit insbesondere mit "Rechenmaschinen", aber auch mit Computern und Datenverarbeitungsgeräten, denn "Registrierkassen" werden in erheblichem Umfang von denselben Unternehmen hergestellt wie "Rechenmaschinen" und "Computer", denn beide auch als "Rechner" bezeichneten Geräte besitzen eine Rechen- und Speicherfunktion. Außerdem bestehen moderne Registrierkassen häufig aus einem Rechner, einem Bildschirm und einer Tastatur, die weitgehend mit denen von Homecomputern übereinstimmen. Aufgrund dieser Übereinstimmungen ist von einer zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit der Waren "Registrierkassen" und "Rechenmaschinen" auszugehen. Demgegenüber greift der Einwand des Inhabers der angegriffenen Marke nicht durch, eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren sei zu verneinen, weil die Waren der älteren Marke ausschließlich für den privaten Gebrauch bestimmt seien, während sich die Waren der jüngeren Marke an professionelle Anbieter von Flugreisen richteten. Eine derartige Einschränkung kann dem Warenverzeichnis der jüngeren Marke nicht entnommen werden.

Im übrigen dürften keine Zweifel bestehen, daß heutzutage Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowohl im privaten wie auch gewerblichen Bereich gleichermaßen eingesetzt werden.

Entgegen der Auffassung der Markenstelle sind die beiderseitigen Marken auch so ähnlich, daß unter Berücksichtigung der Warengleichheit bzw durchschnittlichen Ähnlichkeit der Waren die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG angenommen werden muß.

Zwar unterscheidet sich die Widerspruchsmarke von der angegriffenen Marke (schrift-)bildlich durch ihren Rahmen sowie durch die ins Auge fallende - im Verhältnis zu den übrigen Buchstaben - doppelte Größe des Anfangsbuchstabens "B". Die Umrandung ist jedoch nicht geeignet, die Widerspruchsmarke zu prägen. Als ihr prägender Markenbestandteil kommt daher insbesondere bei mündlichen Bestellungen nur ihr Wortbestandteil in Betracht. Dieser wird zumindest von dem Teil des Verkehrs, der über englische Grundkenntnisse verfügt, in rechtserheblichem Umfang als die Wortfolge "BEST BUY" erkannt werden, da "EST Buy" bzw "BEST UY" keinen Sinn ergeben und die Vergrößerung eines zwei Wörtern gemeinsamen Anfangsbuchstabens in der Werbung häufig anzutreffen ist. Hiervon ist auch zutreffend die Markenstelle ausgegangen.

Soweit die Markenstelle allerdings dem Wortbestandteil "BESTBUY" der Widerspruchsmarke eine eigenständig kennzeichnende Funktion und damit eine den Gesamteindruck prägende Eigenschaft abgesprochen hat, weil er ausschließlich warenbeschreibend und nicht unterscheidungskräftig sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. In Ermangelung einer die beanspruchten Waren und Dienstleistungen konkret beschreibenden Sachaussage handelt es sich bei "BESTBUY" nicht um eine schutzunfähige Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Da auch eine Verwendung in der Werbung, die ein ausschließlich anpreisendes Verständnis des Verkehrs begründen könnte, nicht feststellbar ist, kann dieser Bezeichnung auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Somit kann dieser Bezeichnung aufgrund ihres warenanpreisenden Anklangs allenfalls eine reduzierte Kennzeichnungskraft zugesprochen werden, die eine Prägung der Widerspruchsmarke durch "BESTBUY" nicht ausschließt, zumal die weiteren Markenelemente ("Rahmen") äußerst schwach sind.

Da die angegriffene Bezeichnung "bestbuy" mit dem die Widerspruchsmarke prägenden Wortbestandteil "BEST BUY" klanglich und begrifflich vollständig übereinstimmt, kann eine klangliche Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht verneint werden.

Der Beschwerde war deshalb im erkannten Umfang stattzugeben.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.

Die Feststellung der Wirkungslosigkeit trägt der teilweisen Rücknahme des Widerspruchs Rechnung, wodurch die Grundlage des Widerspruchsverfahrens gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG iVm § 269 Abs 3 Satz 1 ZPO entfallen ist (vgl BGH Mitt 1998, 264 - Puma). Aus Gründen der Rechtsklarheit war daher auszusprechen, daß der angefochtene Beschluß insoweit hinsichtlich der Versagung der Eintragung wirkungslos ist.

Kraft Reker Eder Mr/prö

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)30-00.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 01.03.2000
Az: 26 W (pat) 30/00


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