Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg:
Beschluss vom 31. Mai 2010
Aktenzeichen: 3 Ta 5/10

(LAG Baden-Württemberg: Beschluss v. 31.05.2010, Az.: 3 Ta 5/10)

Eine Klage auf angemessene Vergütung nach § 32 Abs. 1 S. 2 UrhG betrifft keine vereinbarte Vergütung im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. b ArbGG. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ist daher für eine solche Klage nicht gegeben.

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 27.10.2009 - 11 Ca 4845/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Beschwerde hat der Kläger zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten mit seinem Hauptantrag die Zahlung einer Vergütung für die Nutzung von Schulungsmaterial, das er erstellt hat.

Der Kläger war bis 14.08.2008 bei der Beklagten beschäftigt und führte im Rahmen dieser Tätigkeit auch Schulungen durch. In diesen verwendete er Schulungsmaterialien, im Wesentlichen Power-Point-Präsentationen, die er zu diesem Zweck erstellt hatte. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellte er fest, dass diese Materialien jedenfalls teilweise von der Beklagten weiter verwendet werden.

Der Kläger meint, ihm stehe deswegen ein Vergütungsanspruch gegen die Beklagte zu. Ein Vergütungsanspruch bestehe, wenn das Gericht zur Überzeugung gelange, es sei zwischen den Parteien zu einem konkludenten Nutzungsvertrag hinsichtlich der Schulungsmaterialien gekommen, denn in diesem Falle gelte gemäß § 32 UrhG eine angemessene Vergütung als vereinbart.

Die Beklagte rügt die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts. Sie meint, das Arbeitsgericht sei nur zuständig, wenn ausdrücklich eine Vergütung vereinbart worden wäre. Der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts stehe zudem entgegen, dass auch die Frage zu klären sei, ob überhaupt urheberrechtsfähige Leistungen vorlägen und was gegebenenfalls die angemessene Höhe der Vergütung sei.

Mit Beschluss vom 27.10.2009 hat das Arbeitsgericht Stuttgart den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Stuttgart verwiesen. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei nicht gegeben, weil es sich nicht um eine Urheberrechtsstreitigkeit handle, bei der es ausschließlich um die Zahlung einer vereinbarten Vergütung gehe. Eine arbeitsvertragliche Regelung bestehe aber gerade unstreitig nicht.

Gegen diesen, dem Kläger nicht vor dem 11.11.2009 zugegangenen Beschluss, legte der Kläger mit am 23.11.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde ein. Zur Begründung führte er aus, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass sich der Kläger auf eine konkludente Vergütungsvereinbarung berufe. Auch hierbei handle es sich um eine vereinbarte Vergütung im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. b ArbGG.

Das Arbeitsgericht entschied mit Beschluss vom 28.01.2010, der Beschwerde nicht abzuhelfen, denn es bestehe weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Vergütungsvereinbarung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zutreffend für unzulässig erklärt.

Gemäß § 2 Abs. 2 Buchst. b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen auch zuständig für Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die als Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeitsverhältnissen ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben. Diese Regelung entspricht der Zuständigkeitsregelung von § 104 Satz 2 UrhG. Gemäß § 104 Satz 1 UrhG sind im Übrigen für Urheberrechtsstreitigkeiten die ordentlichen Gerichte zuständig (BAG 12.03.1997 - 5 AZR 669/95 - NZA 1997, 765).

Der Hauptantrag des Klägers betrifft keinen Anspruch auf Leistung einer vereinbarten Vergütung im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. b ArbGG. Unstreitig besteht zwischen den Parteien neben dem vereinbarten Arbeitsentgelt keine ausdrückliche Vereinbarung über die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Leistungen. Der Kläger stützt seinen Zahlungsanspruch vielmehr auf einen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden konkludenten Nutzungsvertrag und einer auf diesem beruhenden Vergütungspflicht nach §§ 43, 32 Abs. 1 Satz 2 UrhG.

Derartige Vergütungsansprüche aus dem Urheberrechtsgesetz werden aber von der Zuständigkeitsregelung der §§ 2 Abs. 2 Buchst. b ArbGG, 104 Satz 2 UrhG nicht erfasst (ebenso LAG Hamm 30.06.2008 - 2 Ta 871/07 -; vgl. Schwab/Weth/Walker, ArbGG, 2. Aufl. Rn. 177; GK-ArbGG/Schütz, § 2 Rn. 200). Auch wenn nach § 32 Abs. 1 Satz 2 UrhG bei einer berechtigten Nutzung für den Fall, dass die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist, die angemessene Vergütung als vereinbart gilt, begründet diese urheberrechtliche Fiktion nicht eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.

Die Ausnahmeregelung der §§ 2 Abs. 2 Buchst. b ArbGG, 104 Satz 2 UrhG beruht auf dem Umstand, dass insbesondere in den Arbeitsverhältnissen, die auf die Schaffung von urheberrechtlich geschützten Werken gerichtet sind, die vereinbarte Arbeitsvergütung auch die Nutzungsrechte des Arbeitnehmers als Urheber abgilt soweit der Arbeitgeber die im Rahmen der Verpflichtungen des Arbeitnehmers geschaffenen Werke zu betrieblichen Zwecken nutzt (BGH 23.10.2001 - X ZR 72/98, GRUR 2002, 149; vgl. Möhring/Nicolini/Spautz, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl. § 43 Rn. 11; Wandtke/Bullinger/Wandtke, Urheberrecht, 3. Aufl., § 43 Rn. 134 ff. mwN). Unabhängig davon, ob es sich bei der arbeitsvertraglichen Vergütung um eine nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung handelt oder diese auch leistungsbezogene Elemente enthält, steht diese in einem synallagmatischen Verhältnis zu den zu schaffenden urheberrechtlichen Werken. Daher kann im Arbeitsverhältnis hinsichtlich der vereinbarten Vergütung in vielen Fällen nicht zwischen urheberrechtlicher und arbeitsrechtlicher Vergütung differenziert werden. Über die arbeitsvertraglich vereinbarte Gegenleistung für die Tätigkeit eines Arbeitnehmers und den von ihm geschaffenen Werken sollen daher nach der Gesetzessystematik die Gerichte für Arbeitssachen entscheiden. Soweit dagegen die begehrte Vergütung von der arbeitsvertraglich geregelten Vergütung nicht umfasst wird, sind die ordentlichen Gerichten zur Entscheidung berufen.

Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger gerade ein zusätzliches, über die vereinbarte arbeitsvertragliche Vergütung hinausgehendes, Entgelt. Ob dies gemäß §§ 32 ff. UrhG gerechtfertigt ist, ist durch die ordentlichen Gerichte zu entscheiden.

III.

Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Beschwerdeverfahrens zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.






LAG Baden-Württemberg:
Beschluss v. 31.05.2010
Az: 3 Ta 5/10


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