Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Juni 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 186/03

(BPatG: Beschluss v. 08.06.2004, Az.: 27 W (pat) 186/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat am 21. November 2001 die Löschung der am 21. August 1999 im Register für

"Elektrische Apparate und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Rechtsberatung und Vertretung, wissenschaftliche und industrielle Forschung, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"

eingetragenen Wortmarke

"SPIONLADEN"

wegen Bestehens absoluter Schutzhindernisse beantragt.

Der Antrag wurde von der Markenabteilung mit Einschreiben an die im Register eingetragene S... GmbH Abhörschutz und Überwachungstechnik (im Folgenden: S... GmbH) unter der dort vermerkten Anschrift übersandt. Nachdem das Einschreiben an das Patentamt zurückgeleitet worden war, sandte dieses den Antrag mit Einschreiben vom 24. Januar 2002 an eine über die Deutsche Telekom ermittelte Adresse, unter der damals tatsächlich der (jetzige) Markeninhaber sein Geschäft mit der Bezeichnung "Spionladen" betrieb. Über das Vermögen der Markeninhaberin war bereits mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 11. September 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Mit Schreiben vom 20. März 2002, beim Patentamt eingegangen am 23. März 2002, legte der jetzige Markeninhaber gegen den Löschungsantrag unter gleichzeitiger Beantragung der Umschreibung der Marke auf sich Widerspruch ein. Den Umschreibungsantrag begründete er mit dem Erwerb der Marke von einem B..., der wiederum Rechtsnachfolger der im Register eingetragenen Inhaberin S... GmbH sei, und legte hierzu von dem früheren Geschäftsführer der S... GmbH sowie von B... unter dem 15. Juli 2002 unterzeichnete Erklärungen vor, die auszugsweise wie folgt lauten:

"Hiermit bestätige ich S1..., ehemaliger Geschäftsführer der S... GmbH, dass ich die Nutzungsrechte bzw. die Marke Nr. 396 07 736.6/09 (SPIONLADEN) am 30. Mai 2000 der Fa. B..., B1...str. in W... (aktuelle Adresse) überlas- sen bzw. übertragen habe.

(gez.) S1...

Hiermit bestätige ich B..., (...) dass ich die Nutzungs- rechte der Marke Nr. 396 07 736.6/09 (SPIONLADEN) am 30. Mai 2000 von der Firma S... GmbH (...) erworben habe, und der Fa. Y..., (...) zur Nutzung über- lassen habe. (...)

(gez.) B...

Hiermit übertrage ich B... (...) die Marke Nr. 396 07 736.6/09 (SPIONLADEN) an die Fa. Y... (...)

(gez.) B...".

Die Umschreibung der angegriffenen Marke auf den jetzigen Markeninhaber wurde am 1. August 2002 im Register vermerkt.

Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Löschungsantrag mit dem angegriffenen Beschluss vom 1. März 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke sei sowohl im Eintragungszeitpunkt als auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag als unterscheidungskräftig, nicht freihaltebedürftig und nicht täuschend anzusehen gewesen. Der Begriff "SPIONLADEN" sei- anders als seine Einzelbestandteile "Spion" und "Laden" - kein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, Es sei zudem nicht sprachregelgerecht, sondern ungewöhnlich gebildet, da es richtig "Spionageladen" heißen müsse. Die Bedeutung sei verschwommen; es bedürfe daher einigen Nachdenkens um herauszufinden, was unter einem Spionladen zu verstehen sei; hierzu neige der Verkehr aber nicht. Die angegriffene Marke beschreibe nicht die beanspruchten Waren, sondern gebe allenfalls einen Hinweis auf deren Verkaufsstätte. Dasselbe gelte auch für die beanspruchten Dienstleistungen, zu denen die mögliche Bedeutung des Wortes "SPIONLADEN" noch sehr viel weiter entfernt sei. Gegen die Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke sprächen auch nicht die Beanstandungen von ähnlichen Anmeldungen des Geschäftsführers der Antragstellerin durch die Markenstelle, da diese mit der hier in Rede stehenden Marke nicht zu vergleichen seien. Da der Löschungsantrag unbegründet sei, bestehe auch kein Grund zu der ebenfalls beantragten Rückzahlung der Löschungsantragsgebühr.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie hält den Widerspruch des Markeninhabers für unzulässig, da er zum Zeitpunkt des Widerspruchs im Register nicht als Inhaber der Marke eingetragen gewesen sei und diese auch nicht später erworben habe. Nach den vorgelegten Erklärungen seien ihm lediglich einfache Nutzungsrechte übertragen worden. Weiter ist sie der Auffassung, die Marke sei löschungsreif, weil sie nicht unterscheidungskräftig und freihaltungsbedürftig sei und daher nicht hätte eingetragen werden dürfen.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Marke "SPIONLADEN" zu löschen, hilfsweise die Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt zur Durchführung des Löschungsverfahrens.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt seine Berechtigung zum Widerspruch unter Hinweis auf eine behauptete mündliche, jedenfalls aber spätere schriftliche Übertragung der Marke auf ihn und hält die angegriffene Entscheidung der Markenstelle auch in der Sache selbst für zutreffend.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat die gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 beantragte Löschung der Marke zu Recht abgelehnt.

1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die angegriffene Marke nicht bereits deshalb zu löschen, weil es an der Voraussetzung eines gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zulässigen Widerspruchs gegen den Löschungsantrag fehlt. Die Markenabteilung hat den Löschungsantrag mit Einschreiben vom 17. Dezember 2001 an die im Register eingetragene S... GmbH gesandt und nach Unzustellbarkeit dieses Einschreibens einen nochmaligen Zustellungsversuch an die über die Deutsche Telekom ermittelte Adresse "E...straße in S2..." gerichtet, ohne davon Kenntnis zu haben, dass die eingetragene Markeninhaberin, über deren Vermögen bereits mit Beschluss des Amtsgerichts vom 11. September 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, unter beiden Zustellungsadressen keinen Geschäftsbetrieb mehr unterhielt. Tatsächlich betrieb unter der Adresse E...straße der jetzige Markeninhaber, dem der Lö- schungsantrag übergeben worden ist, seinen als "Spionladen" bezeichneten Geschäftsbetrieb. Damit ist die gemäß § 28 Abs. 3 MarkenG notwendige Zustellung des Löschungsantrags an die eingetragene Markeninhaberin nicht wirksam erfolgt und folglich die zweimonatige Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG nicht in Lauf gesetzt worden. Daher konnte der Widerspruch in dem anhängigen Löschungsverfahren noch jederzeit erklärt werden.

Der von Y..., dem jetzigen Markeninhaber, mit Schriftsatz vom 20. März 2002 unter gleichzeitiger Beantragung der Umschreibung der angegriffenen Marke auf sich erklärte Widerspruch gegen den ihm zugeleiteten Löschungsantrag mag zwar nicht wirksam gewesen sein, weil - ungeachtet der formellen Widerspruchsberechtigung von Y... gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 MarkenG - seine materielle Rechtsinhaberschaft im damaligen Zeitpunkt im Hinblick auf die erst nachfolgend, und zwar unter dem 15. Juli 2002 abgegebenen Übertragungserklärungen des Geschäftsführers der S... GmbH und des B... widerlegt erscheint. Aus den Übertragungserklärungen ergibt sich aber in Verbindung mit dem Inhalt des von der Antragstellerin vorgelegten Dokuments vom 30. Mai 2000 mit der Überschrift "Kaufvertrag" zur Überzeugung des beschließenden Senats, dass der jetzige Markeninhaber jedenfalls seit dem 15. Juli 2002 materiell berechtigter Inhaber der angegriffenen Marke war und daher als Rechtsnachfolger widerspruchsberechtigt ist.

Ursprüngliche Markeninhaberin war unstreitig die S... GmbH. Diese hat die Rechte an der Marke, und zwar vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S... GmbH am 11. September 2000, nämlich bereits mit Erklärung vom 30. Mai 2000, auf B... übertragen. Dieser hat die Marke wiederum am 15. Juli 2002 an den jetzigen Markeninhaber übertragen. Die zur Darlegung der Rechtekette notwendigen Willenserklärungen der beteiligten Personen ergeben sich zwar nicht schon ohne weiteres und zweifelsfrei aus den von dem jetzigen Markeninhaber im Original vorgelegten schriftlichen Erklärungen, die jeweils am 15. Juli 2002 seitens des ehemaligen Geschäftsführers der S... GmbH, S1..., und des Zwischenerwerbers B... abgegeben wor- den sind. Aus der genannten Erklärung des S1... lässt sich nämlich nicht zwei- felsfrei entnehmen, ob er, wie dort behauptet, als Geschäftsführer der S... GmbH die Marke selbst oder lediglich die Nutzungsrechte an der Marke auf B... übertragen wollte, denn in der Erklärung vom 15. Ju- li 2002 ist - nicht widerspruchsfrei - einerseits die Rede von der Übertragung der Marke selbst und andererseits von einem - in rechtlicher Hinsicht davon zu unterscheidenden - Erwerb der bloßen Nutzungsrechte an der Marke, die den Nutzungsberechtigten zu einer Weiterübertragung der Marke nicht berechtigen würde. Die rechtswirksame Übertragung der Rechte an der Marke durch die S... GmbH auf B... am 30. Mai 2000 ergibt sich jedoch in der Gesamt- schau der Erklärungen vom 15. Juli 2002 mit dem von der Antragstellerin vorgelegten, lediglich von dem ehemaligen Geschäftsführer der S... GmbH am 30. Mai 2000 unterzeichneten Kaufvertrag zwischen jenem Unternehmen und B.... Dieser Kaufvertrag enthält unter Nr. 3 Willenserklärungen betref- fend die Veräußerung und Übertragung der hier zur Beurteilung stehenden Marke seitens der damaligen Markeninhaberin auf B.... Bei verständiger Würdigung der Gesamtheit der vorgelegten Dokumente ergibt sich unter Berücksichtigung des wirklichen bzw. mutmaßlichen Willens der Vertragsparteien, dass die S... GmbH bereits in dem genannten Kaufvertrag am 30. Mai 2000 eine Einigung mit B... über den Verkauf und die Übertragung der Marke erzielt hat. Wenngleich ein von beiden vertragsschließenden Parteien unterzeichnetes Exemplar des Vertrages nicht vorgelegt worden ist, ergibt sich ein Rechtsbindungswille auch des B... betreffend die Erklärungen vom 30. Mai 2000 mit hinreichender Sicherheit jedenfalls aus seiner vom jetzigen Markeninhaber eingereichten Erklärung vom 17. Juli 2002, in der er bestätigt, dass er am 30. Mai 2000 die "Nutzungsrechte" an der Marke von der S... GmbH erworben habe. Soweit B... dort unter Bezugnahme auf die an dem genannten Tage geführten Verhandlungen entgegen dem Vertragstext nur die Übertragung von "Nutzungsrechten" erwähnt, ist davon auszugehen, dass es sich insoweit um eine unschädliche Falschbezeichnung eines juristischen Laien handelt, während der Vertragstext den tatsächlichen Willen der vertragsschließenden Parteien, nämlich (u.a.) die Übertragung der Marke selbst, wiedergibt. Ebenfalls mit Erklärung vom 17. Juli 2002 hat der Zwischenerwerber B... die Marke wiederum an den jetzigen Markeninhaber abgetreten, der die Abtretung zwar nicht schriftlich angenommen hat, wohl aber in der Folge seinen Willen zur Ausübung seiner materiellen Befugnisse an der Marke durch den erfolgreichen Umschreibungsantrag und die Verteidigung der Marke gegen den Löschungsantrag während des gesamten Löschungsverfahrens eindeutig zum Ausdruck gebracht hat. Es ist daher von einem wirksamen Widerspruch gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG auszugehen.

2. Der Löschungsantrag ist von der Markenabteilung zu Recht zurückgewiesen worden. Es besteht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Veranlassung, die eingetragene Marke zu löschen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin greift der Löschungsgrund des § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG nicht ein, weil die angegriffene Marke nicht entgegen der Vorschrift des § 8 MarkenG eingetragen worden ist. Die Marke "SPIONLADEN" ist vielmehr unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Ware erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihr die Unterscheidungskraft (vgl. BGH WRP 1999, 1169, 1171 - FOR YOU; WRP 1999, 1167, 1168 - YES; GRUR 2002, 64, 65 - INDIVIDUELLE; 2002, 816, 817 - Bonus II); Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen ist der angegriffenen Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine gerade noch ausreichende geringe Unterscheidungskraft zuzusprechen. Es handelt sich um eine sog. sprechende Marke. Sie weist eine Wortbildung auf, die zwar einen deutlichen Bezug auf die unter ihr vertriebenen Waren und angebotenen Dienstleistungen nimmt. Sie ist dennoch nicht als rein beschreibend anzusehen, weil sie einen gewissen sprachlichen Witz besitzt, den die angesprochenen Verkehrskreise auch erkennen. Zu den angesprochenen Verkehrskreisen sind, was die Antragstellerin als solches nicht in Abrede stellt, so gut wie ausschließlich Privatpersonen oder Unternehmen zu zählen, die die unentdeckte Beobachtung oder Überwachung von Personen oder Ausforschung von Gegenständen oder Sachverhalten zu ihrem eigenen Schutz bzw. Nutzen beabsichtigen und zu diesen Zwecken die unter der Marke "Spionladen" vertriebenen Waren erwerben oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen wollen. Diese Verkehrskreise werden - anders als bei der eindeutigen Bezugnahme der ins Auge gefassten Abnehmerkreise etwa bei den Bezeichnungen "Handwerkerladen", "Musikerladen" oder "Jägerladen", die herkömmliche Berufsbezeichnungen enthalten - in prosaischer Form als "Spione" angesprochen. Einer derartigen "Berufsgruppe" sind die angesprochenen Verkehrskreise aber nicht zuzurechnen. Spione sind laut DUDEN "heimliche Kundschafter". Derartige Personen gehen nach Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise nicht etwa einer Tätigkeit wie ein Detektiv nach, der einem in der Regel wenigstens gerade noch anzuerkennenden schützenswerten Interesse seines Auftraggebers dient. Spione verrichten nach dem allgemeinen Verständnis vielmehr eine - regelmäßig unter Anwendung illegaler Mittel und Wege zu illegalen Zwecken und damit meist strafrechtlich relevante - Spionagetätigkeit im Sinne einer heimlichen Kundschaftertätigkeit zum - wenn nicht beabsichtigten, so aber doch in Kauf genommenen - beachtlichen Schaden des von ihnen Beobachteten. Ihre "Arbeitsmittel" und das dazugehörige Knowhow werden sie nicht in einem erkennbar konventionell betriebenen und von den dazu gesetzlich berufenen Personen jederzeit revisiblen Geschäft wie das von dem Markeninhaber betriebenen erwerben, sondern hierzu jedenfalls bevorzugt illegale und verschwiegene, wenn nicht gar geheime Beschaffungskanäle benutzen. Ebenso wenig wie in einem "Spionladen" Spione im erörterten Sinne anzutreffen sein werden, würde nach der Verkehrsauffassung in dem vergleichbaren Fall der Benennung einer auf den Vertrieb von Kriminalromanen spezialisierten Buchhandlung mit der Geschäftsbezeichnung "Mörderladen" erwartet werden, dass dort potenzielle Mörder als Abnehmerkreise angesprochen würden oder dort gar Kontakt zu potenziellen Mördern aufgenommen werden könnte. Eher vergleichbar ist die angegriffene Marke der Bezeichnung "Wildschützladen" für Jagdbedarf, die eine nicht gängige Bezeichnung für der Jagd nachgehende Personen in prosaischer Form darstellt.

Das nach den vorgelegten Unterlagen (Internet-Seite) erkennbare Marketing der Markeninhabers bestätigt diese Auffassung insofern, als illegale Waren oder Dienstleistungen, die etwa den "echten" Spion zur Begehung eines strafrechtlich relevanten Geheimnisverrats oder einer anderen strafbewehrten Verletzung des vertraulich gesprochen Wortes oder des Rechtes am eigenen Bild interessieren könnten, um im Geheimen erfolgreich tätig zu werden, gerade nicht beworben werden.

Die beantragte Löschung kann auch nicht erfolgreich auf ein etwaiges Freihaltungsbedürfnis gestützt werden, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass das Wort "Spionladen" zur Zeit von anderen Personen als dem Markeninhaber selbst oder mit ihm verbundenen Unternehmen benutzt wird. Zwar ist auch ein aktuell noch nicht bestehendes, jedoch aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit prognostizierbares zukünftiges Freihaltungsbedürfnis zu berücksichtigen (BGH, GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE). Es ist aber mangels konkreter Anhaltspunkte nicht erkennbar, dass Mitbewerber des Markeninhabers im Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke zur Beschreibung von Waren der geschützten Art auf die Verwendung der Bezeichnung "SPIONLADEN" angewiesen gewesen wären. Dagegen sprechen - abgesehen von ihrer begrifflichen Eigentümlichkeit im deutschsprachigen Raum - auch die Grundsätze der von der Markenabteilung zutreffend herangezogenen "HOUSE OF BLUES"-Entscheidung (vgl. BGH GRUR 1999, 989).

Die angegriffene Marke ist auch in Bezug auf die eingetragenen Dienstleistungen nicht zu einer Beschreibung ihres Gegenstands oder Inhalts geeignet, denn der Begriff "Spionladen" weist - wie im übrigen auch von der Antragstellerin nicht näher dargetan - keinen erkennbaren Sachbezug zu einem Unternehmen auf, das Werbung für Dritte erbringt oder sich mit Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten, Rechtsberatung, wissenschaftlicher Forschung oder dem Erstellen von Programmen für Dritte befasst.

III.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

Dr. Schermer Dr. van Raden Prietzel-Funk Na






BPatG:
Beschluss v. 08.06.2004
Az: 27 W (pat) 186/03


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