Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Juli 2007
Aktenzeichen: 5 W (pat) 10/06

(BPatG: Beschluss v. 30.07.2007, Az.: 5 W (pat) 10/06)

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterstelle - vom 17. November 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe

I Das Gebrauchsmuster "Schutzhaube für Kraftfahrzeuge" ist am 23. Dezember 2003 von Herrn K... beim DPMA angemeldet und am 12. Mai 2005 eingetragen worden. Vertreten wurde der Anmelder bei der Anmeldung durch die Patentanwaltskanzlei R...

Die Anmeldung des Gebrauchsmusters wurde vom Anmelder und bisherigen Alleininhaber K... am 9. Juni 2004 aufgrund eines ebenfalls von der Patentan- waltskanzlei R... stammenden Antrags auf Herrn K... und Frau A... umgeschrieben.

Am 4. Juni 2004 ging vom selben Vertreter ein erneuter Umschreibungsantrag vom 3. Juni 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt ein, in dem beantragt wurde, namens und in Vollmacht von Frau A... und Herrn K... sowie der V... die Gebrauchsmusteranmeldung auf Frau A... und die V... umzuschreiben. Vollmachten oder weitere Unterlagen waren dem Antrag nicht beigefügt. Die Umschreibung erfolgte gemäß Verfügung vom 9. Juni 2004.

Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2004 beantragten die Rechtsanwälte S... namens und in Vollmacht der O... die Eintragung eines Rechtsüber- gangs. Dem Antrag war ein Schriftsatz des Beschwerdeführers Herrn K... vom 11. Juni 2004 beigelegt, in dem er den ihm formal verbliebe- nen Teil an der Gebrauchsmusteranmeldung der O... übertrug und die Umschreibung beantragte.

Die Gebrauchsmusterstelle teilte den Vertretern der O... durch Amtsbe- scheid vom 29. Juni 2004 mit, die beantragte Umschreibung könne nicht erfolgen. Nach der Umschreibung gemäß Antrag vom 4. Juni 2004 sei Herr K... nicht mehr der eingetragene Inhaber des Gebrauchsmusters bzw. der Anmeldung und könne daher auch nicht seinen Anteil an die Antragstellerin übertragen.

Daraufhin stellte der neue Vertreter von Herrn K..., Rechtsan- walt U..., namens und in Vollmacht seines Mandanten mit Schriftsatz vom 17. August 2004 den Antrag, das Gebrauchsmusterregister zu berichtigen und Herrn K... wieder als Inhaber des Gebrauchsmusters (bzw. der Gebrauchsmusteranmeldung) einzutragen.

Eine Umschreibung allein aufgrund des Schreibens der Patentanwaltskanzlei R... ohne weitere Erklärungen, insbesondere ohne entsprechende Erklärung von Herrn ..., habe ohne materiellrechtliche Grundlage nicht stattfinden dürfen.

Die Gebrauchsmusterstelle antwortete mit Bescheid vom 6. September 2005, es liege kein Fehler vor, weil die Umschreibung namens und in Vollmacht von Herrn K..., Frau A... und der V... beantragt wor- den sei, was nach Ziffer 1.1.1.1 der Umschreiberichtlinien für eine Umschreibung ausreiche; es habe kein Anlass für Zweifel an der Wirksamkeit des Rechtsübergangs bestanden.

Mit Beschluss vom 17. November 2005 der Gebrauchsmusterstelle erfolgte dann die Zurückweisung der Korrekturantrag von Herrn K... vom 17. August 2005 aus den Gründen des Amtsbescheid vom 6. September 2005.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers. Sie wird damit begründet, laut § 30 Absatz 3 Satz 1 PatG sei für die Umschreibung ein Nachweis der Inhaberänderung erforderlich, der grundsätzlich durch Urkunden zu erfolgen habe. Im vorliegenden Fall sei ein solcher Nachweis nicht erfolgt; nicht einmal die Vollmacht für die Umschreibung, wofür eine normale Vollmacht nicht ausreiche, liege vor. Des Weiteren sei die Rechtsprechung des 10. Senats des Bundespatentgerichts im Fall 10 W (pat) 1/04 zu berücksichtigen.

Im Übrigen sei wegen der gleichen Problematik zwischen den Verfahrensbeteiligten vor dem Landgericht Mannheim eine Zivilklage anhängig. Die Übertragungsbewilligung vom 19. April 2004 sei wegen arglistiger Täuschung angefochten worden. Außerdem ergebe sich bezüglich der Bewilligung der Übertragung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Rückforderungsanspruch nach §§ 812 ff. BGB des Antragstellers gegen die als Inhaber des Gebrauchsmusters Eingetragenen. Weiterhin wird auf im Verfahren vor dem Landgericht Mannheim vorgelegte Anlagen und Beweismittel verwiesen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Umschreibung der Gebrauchsmusteranmeldung rückgängig zu machen.

Die Antragsgegnerinnen beantragen übereinstimmend, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerinnen sind der Ansicht, der Vortrag betreffend das Klageverfahren vor dem Landgericht Mannheim sei nicht liquide, da die erforderlichen Beweismittel nicht beigefügt seien. Im Übrigen sei dieser Vortrag für das Umschreibungsverfahren auch nicht relevant, weil die Gebrauchsmusterstelle nicht verpflichtet sei, die materiellrechtliche Wirksamkeit der Übertragung vor der Umschreibung zu klären. Sei eine Umschreibung ohne materiellrechtliche Grundlage erfolgt, so sei dies in einem Verfahren vor dem Zivilgericht geltend zu machen. Im Übrigen sei vor dem Landgericht München ein Verfahren anhängig, in dem die O... die eingetragenen Inhaberinnen des Gebrauchsmusters auf Vindi- kation in Anspruch nehme und in dem der Beschwerdeführer Zeuge sei. Bei der Frage der Rechtsinhaberschaft handele es darum um eine komplexe Sach- und Rechtslage, mit der die Zivilgerichte befasst seien, so dass kein Platz mehr für eine rechtliche Bewertung im Umschreibungsverfahren sei.

Im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt, aber nicht begründet.

1. Es bestehen bereits Zweifel, ob - ein Fehler der Gebrauchsmusterstelle vorausgesetzt - überhaupt ein Fall vorliegt, in dem die Umschreibung rückgängig gemacht werden könnte.

Eintragungen, die auf Antrag erfolgt sind, können nach allgemeiner Meinung nicht schon rückgängig zu machen, wenn sie später als unrichtig erkennbar sind. Dies ist nur ausnahmsweise ohne Bewilligung des neu eingetragenen Inhabers möglich, nämlich nur dann, wenn die Umschreibung ohne Gewährung des erforderlichen rechtlichen Gehörs erfolgt ist, die Umschreibung hierauf beruht und der durch die fehlerhafte Umschreibung Begünstigte sich noch nicht darauf eingerichtet hat (vgl. dazu BGH GRUR 1969, 43 - Marpin; BPatG GRUR 1999, 982; BPatG BlPMZ 2001, 190; Bühring, Gebrauchsmustergesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 93). Da im vorliegenden Fall bei der fraglichen Umschreibung alle Verfahrensbeteiligten vom selben Anwalt vertreten worden sind, ist jedoch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht ersichtlich und von den Verfahrensbeteiligten auch nicht gerügt.

2. Jedenfalls aber liegt kein Fehler der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vor.

Das Deutsche Patent- und Markenamt braucht grundsätzlich die rechtliche, insbesondere die materiellrechtliche Wirksamkeit des Übertragungsgeschäfts nicht zu prüfen. Solchen Fragen nachzugehen ist im Umschreibungsverfahren nicht geboten. Denn dem Wesen des Registerverfahrens vor der Verwaltungsbehörde Patentamt entspricht es, den Rahmen der rechtlichen Nachprüfung nicht allzu weit zu ziehen, sondern schwierige Tat- und Rechtsfragen der Klärung durch die ordentlichen Gerichte im Rahmen einer Klage auf die streitige Umschreibungsbewilligung zu überlassen. Ergeben sich allerdings bei einer Überprüfung mit registerrechtlichen Mitteln berechtigte Zweifel, so ist die Umschreibung abzulehnen (st. Rspr., vgl. BGH a. a. O. - Marpin; BPatGE 46, 42, 44 - Umschreibung; Schulte, Patentgesetz, 7. Aufl., § 30 Rn. 33, 38; Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 30 PatG Rn. 13a; Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 30 PatG Rn. 58 ff.; Bühring, Gebrauchsmustergesetz, 7. Auflage, § 8 Rn. 90; vgl. auch, Deutsches Patent- und Markenamt, Richtlinien über die Umschreibung von Schutzrechten und Schutzrechtsanmeldungen in der Patentrolle, der Gebrauchsmusterrolle, dem Markenregister, dem Musterregister und der Topographierolle, Einleitung).

Für solche berechtigte Zweifel gab es hier keinen Anhaltspunkt. Zwar ist grundsätzlich eine Umschreibungsbewilligung des eingetragenen Inhabers und eine schriftliche Annahmeerklärung des Erwerbers erforderlich. Beantragen der Inhaber und der Erwerber jedoch gemeinsam die Umschreibung, so sind weitere Unterlagen grundsätzlich nicht vorzulegen (vgl. § 28 Abs. 3 DPMAV; Deutsches Patent- und Markenamt, Richtlinien über die Umschreibung von Schutzrechten und Schutzrechtsanmeldungen in der Patentrolle, der Gebrauchsmusterrolle, dem Markenregister, dem Musterregister und der Topographierolle, Nr. 1.1.1.1.), wobei Umschreibungsbewilligung und Umschreibungsantrag vom gemeinsamen Bevollmächtigten erfolgen können (vgl. Bühring, a. a. O., § 8 Rn. 84; BPatG 5 W (pat) 20/97).

Im vorliegenden Fall gab es für die Gebrauchsmusterstelle keinerlei Anlass, an Wirksamkeit und Umfang der Vollmacht zu zweifeln. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist für die Umschreibung keine besondere Vollmacht erforderlich. Die Anwaltsvollmacht, insbesondere die üblicherweise in Verfahren beim Deutschen Patent- und Markenamt und beim Bundespatentgericht eingereichten Formularvollmachten, sind in aller Regel so umfassend (vgl. auch Schulte, a. a. O., § 97 Rn. 16), dass das Recht zur Stellung von Umschreibungsanträgen inbegriffen ist. Außerdem braucht das Deutsche Patent- und Markenamt Vollmachten nicht nachzuprüfen, wenn als Bevollmächtigter ein Patent- oder Rechtsanwalt auftritt (§ 15 Abs. 4 DPMAV, vgl. auch § 97 Abs. 3 PatG; Bühring, a. a. O., § 28 Rn. 6). Hinzu kommt, dass der Umschreibeantrag vom als Bevollmächtigter von Herrn K... schon bei der Anmel- dung und bei der späteren Umschreibung auf den Antragsteller und die Antragsgegnerin 1. eingeführten Patentanwalt gestellt worden ist.

Auch unter dem Aspekt des § 181 BGB waren Zweifel der Gebrauchsmusterstelle nicht veranlasst. Zwar kann grundsätzlich eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens erforderlich sein, wenn ein Anwalt gleichzeitig beide Vertragsparteien vertritt. Es ist bereits fraglich, ob das Verbot des Selbstkontrahierens auch in Fällen gilt, in denen - wie hier - nur ein Umschreibeantrag gestellt wird, der für die Übertragung des Schutzrechts nicht konstitutiv ist. Vor allem aber zeigt der Umstand, dass ein Anwalt von sämtlichen Verfahrensbeteiligten bevollmächtigt ist, dass das Verbot des § 181 BGB konkludent ausgeschlossen wurde (vgl. dazu Bühring a. a. O., § 8 Rn. 78).

Soweit der Beschwerdeführer auf die Rechtsprechung des 10. Senats in der Sache 10 W (pat) 1/04 Bezug nimmt, führt dies ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis, denn es handelt es sich nicht um einen vergleichbaren Fall.

Bei der Entscheidung des 10. Senats war entscheidungserheblich, dass der Umschreibungsantrag nur vom Erwerber des Patents, nicht aber vom Inhaber gestellt worden war und dem Deutschen Patent- und Markenamt lediglich die Urkunde über das materiellrechtliche Geschäft vorgelegt wurde. Diese Unterlagen wurden dem eingetragenen Inhaber vom Deutschen Patent- und Markenamt nicht zugeleitet, so dass dieser keine Gelegenheit hatte, deren Unwirksamkeit bzw. Unvollständigkeit vor der Umschreibung geltend zu machen. Auch diesem Grund wurde vom 10. Senat die Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs angenommen und angeordnet, die auf Grund dieses fehlerhaften Verfahrens durchgeführte Umschreibung rückgängig zu machen.

Im vorliegenden Fall jedoch kann - wie schon oben ausgeführt - eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht vorliegen, weil der Anwalt, der den Umschreibungsantrag stellte, namens und in Vollmacht von Inhaber und Erwerber handelte und somit eine besondere Benachrichtigung eines Verfahrensbeteiligten nicht erforderlich war.

3. Auch die nach der Beschlussfassung der Gebrauchsmusterstelle eingegangenen Unterlagen bzw. der Vortrag zu den Rechtsverhältnissen zwischen den Beteiligten rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Der Vortrag ist streitig und nicht durch Beweismittel belegt. Außerdem sind die betreffenden Streitsachen Gegenstand von zivilgerichtlichen Verfahren. Wie bereits oben ausgeführt, entspricht es aber dem Wesen des Registerverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, den Rahmen der rechtlichen Nachprüfung nicht allzu weit zu ziehen, sondern schwierige Tat- und Rechtsfragen - wie sie hier vorliegen - der Klärung durch die ordentlichen Gerichte im Rahmen einer Klage auf die streitige Umschreibungsbewilligung zu überlassen. Angesichts der streitigen Rechtsverhältnisse, insbesondere der (behaupteten) Anfechtung des Umschreibungsantrags bzw. der Übertragungsbewilligung vom 19. April 2004, ergeben sich darum auch insoweit berechtigte Zweifel an der materiellrechtlichen Inhaberschaft des inzwischen eingetragenen Gebrauchsmusters, so dass eine Berichtigung des Registers im Wege der Rück-Umschreibung angesichts der unklaren Sach- und Rechtslage auch bei Berücksichtigung dieser neuen Unterlagen nicht möglich ist.

4. Die Kostenentscheidung in dem Umschreibungsrechtsstreit als einem echten Streitverfahren zu Lasten des Beschwerdeführers als dem Unterliegenden erfolgt aus Billigkeitsgründen (§ 18 Abs. 3 Satz 1 GebrMG i. V. m. § 80 Abs. 1 PatG).

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