Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. März 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 148/00

(BPatG: Beschluss v. 05.03.2001, Az.: 30 W (pat) 148/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe I.

In das Markenregister eingetragen ist unter der Rollennummer 395 47 754 die Marke FLUTED FIN als Kennzeichnung für die Waren

"Kühlkörper zur Wärmeableitung von elektrischen und elektronischen Bauteilen und Schaltungen".

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren Marke 1 092 182 siehe Abb. 1 am Endedie unter anderem für die Waren

"Flüssigkeits- und Luftkühler, Filterkühler, Wärmetauscher"

eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent(- und Marken)amts hat in zwei Beschlüssen eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zwar seien die Waren wegen ihres Einsatzzwecks ähnlich, die Marken würden sich aber in ihrer Gesamtheit sowohl in (schrift)-bildlicher als auch klanglicher Hinsicht deutlich unterscheiden. Eine Gegenüberstellung der Worte "FLUTEC" und "FLUTED" komme nicht in Betracht, denn die jüngere Marke werde nicht durch den Bestandteil "FLUTED" geprägt. Dieses Wort sei die Bezeichnung für "geriffelt, gerippt, kanneliert" und für die geschützten Waren ebenso beschreibend wie das zweite Markenwort "FIN", das so viel wie "Rippe, Kühlrippe" bedeute. Der Verkehr habe deshalb keinen Anlaß, den zweiten Markenbestandteil "FIN" außer Betracht zu lassen.

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben. Sie ist der Ansicht, der Markenteil "FLUTED" werde nicht als warenbeschreibend erkannt werden, denn es handle sich um ein Wort, das bei der jüngeren Marke gegenüber der beschreibenden Angabe "FIN" allein kennzeichnungskräftig sei.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und (sinngemäß) die jüngere Marke zu löschen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie stellt in Abrede, daß dem Markenwort "FLUTED" eine größere Kennzeichnungskraft als dem Bestandteil "FIN" zukomme; der Betrachter werde in der gesamten Marke vielmehr einen phantasievollen Begriff erblicken.

Im übrigen bestreitet die Markeninhaberin die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke mit Nichtwissen.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie auf die patentamtlichen Beschlüsse Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, so daß es auf die Benutzung der Widerspruchsmarke nicht ankommt.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (stRspr zB EuGH MarkenR 1999, 20 - CANON; BGH MarkenR 2000, 359 - BAYER/BeiChem). Die sich gegenüber stehenden Waren sind deutlich ähnlich, wobei auch eine Warengleichheit nicht ausgeschlossen ist. Die Kühlkörper auf Seiten der angegriffenen Marke dienen der Wärmeableitung bei erhitzten elektrischen und elektronischen Bauteilen und Schaltungen. Erfolgt die Kühlung dabei mittels Luft, kann das Gerät durchaus als Luftkühler bezeichnet werden. Auch unterfallen Apparate und Einrichtungen, die von gasförmigen Medien unterschiedlicher Temperatur durchströmt werden und bei denen die wärmere thermische Energie an die kältere abgegeben wird, dem Oberbegriff Wärmeaustauscher (vgl Brockhaus, Naturwissenschaften und Technik, 5. Bd, S 234). Bei dieser großen Warennähe bzw Warenidentität ist - ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke - ein deutlicher Markenabstand für die Verneinung der Verwechslungsgefahr notwendig. Dieser liegt hier jedoch vor.

Bei der älteren Marke wird bei Benennungen die (geringe) grafische Gestaltung vernachlässigt werden und sie wird mit "FLUTEC" benannt werden, was im übrigen auch dem Firmennamen der Widersprechenden entspricht. Stehen sich die Marken in ihrer Gesamtheit gegenüber, so ist eine Verwechslung nicht zu besorgen, denn ein Auseinanderhalten ist durch den zusätzlichen Zeichenteil FIN auch auch bei identischen Waren sicher genug möglich. Aber auch aus anderen Gründen scheidet eine Verwechslungsgefahr aus. Eine solche käme nur in Betracht, wenn sich "FLUTEC" und "FLUTED" gegenüber stünden, was aber voraussetzt, daß die jüngere Marke durch diesen Bestandteil geprägt wird. Ein solches selbständig kennzeichnendes Hervortreten eines Markenteils mit der Folge, daß der Gesamteindruck durch diesen Bestandteil allein bestimmt wird, ist die Ausnahme und nur dann anzunehmen, wenn der andere Markenteil z. B. wegen seiner Kennzeichnungsschwäche in den Hintergrund tritt (BGH MarkenR 2000, 20 - RAUSCH/ELFI RAUCH; MarkenR 2000, 321 - PAPPAGALLO). Es folgt auch nicht bereits aus der Stellung des kollisionsbegründenden Markenteils (vgl BGH GRUR 1996, 775, 776 - Sali Toft). Sind beide Markenteile in etwa gleich kennzeichnungskräftig oder kennzeichnungsschwach, so ist ein Abweichen von der Regel, daß eine Marke durch all ihre Bestandteile bestimmt wird, nicht angezeigt. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden haben beide Markenbestandteile - wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat - einen deutlich beschreibenden Inhalt. "Fluted" ist die englische Bezeichnung für "gerieft, geriffelt, gefurcht, kanneliert" (vgl Oppermann, Wörterbuch der modernen Technik, 1990, S 777; Dr. Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik, Englisch-Deutsch, 1985, S 484; Pons-Collins, Großwörterbuch, 1991, S 252). Es gibt in der Technik eine Reihe von Fachbegriffen, die mit "fluted" zusammengesetzt sind, z. B. "fluted filter" (Faltenfilter), "fluted surface" (geriffelte Oberfläche), "fluted foller" (Riffelzylinder), "fluted funnel" (Rippentrichter; vgl jeweils Oppermann, Wörterbuch der modernen Technik, Dr. Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik, aaO). "Fin" ist die englische Bezeichnung für "gratförmige Erhebung, Flosse, mit Rippen versehen, Kühlrippe, Leitblech, Kühllamelle" usw (vgl Oppermann aaO S 743; Dr. Ernst aaO S 459; A. Kucera, Compact Wörterbuch der exakten Naturwissenschaften und der Technik, Bd 1, 1989, S 433). Die Marke beschreibt mit beiden Bestandteilen die Kühlkörper, denn es kann sich dabei um "geriffelte Kühlrippen" handeln, womit das Aussehen und die Wirkungsweise der Ware umschrieben ist. Bei zwei derart beschreibenden Markenworten wird der Verkehr keinen Anlaß haben, die eigentliche Kennzeichnung der Marke in nur einem Bestandteil zu sehen. Dies gilt soweit dem jeweiligen Verbraucher - bei dem es sich um den Fachverkehr und den technisch interessierten Laien handelt - die deutsche Bedeutung der Worte bekannt ist. Kann er die englischen Worte keinem deutschen Begriff zuordnen, so wird er von einer Phantasiebezeichnung ausgehen und ohnehin keinen der beiden Markenteile vernachlässigen. Für die Meinung der Widersprechenden, das angesprochene hier eher Fachpublikum erkenne nur FIN nicht aber auch FLUTED als Fachbegriff, fehlen hinreichend sichere Anhaltspunkte.

Eine Verwechslungsgefahr mit der älteren Marke scheidet damit in jedem Fall aus.

Die Beschwerde ist ohne Erfolg.

Für die Kosten gilt § 71 Abs 1 MarkenG.

Dr. Buchetmann Winter Schwarz-Angele Mü/Ja Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D42772.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 05.03.2001
Az: 30 W (pat) 148/00


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