Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Januar 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 117/00

(BPatG: Beschluss v. 23.01.2002, Az.: 26 W (pat) 117/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 23. Januar 2002 (Aktenzeichen 26 W (pat) 117/00) die Beschwerde der Anmelderin erfolgreich gegen die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts eingereicht. Die Markenstelle hatte die Wortmarke "move it" für die Ware "Möbel" aufgrund ihres beschreibenden Inhalts und fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Markenstelle argumentierte, dass die englische Bezeichnung "move it" vom deutschen Verkehr als Werbeslogan oder bloße Kaufaufforderung verstanden werde und keine Hinweise auf die betriebliche Herkunft der Waren enthalte. Die Anmelderin argumentierte, dass die Bezeichnung keine Eigenschaft der Möbel beschreibe und nicht im deutschen Möbelmarkt gebräuchlich sei. Das Bundespatentgericht stimmte der Anmelderin zu und hob die Beschlüsse der Markenstelle auf. Es entschied, dass die Bezeichnung "move it" weder ausreichend konkret noch beschreibend für die beanspruchte Ware sei. Zudem fehle der Bezeichnung nicht jegliche Unterscheidungskraft. Der Beschluss des Bundespatentgerichts bestätigt somit die Schutzfähigkeit der Marke "move it" für Möbel.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 23.01.2002, Az: 26 W (pat) 117/00


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. September 1998 und 2. Februar 2000 aufgehoben.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Ware

"Möbel"

angemeldete Wortmarkemove itsowie die Erinnerung der Anmelderin zurückgewiesen, weil die angemeldete Marke für die beanspruchte Ware wegen ihres beschreibenden Inhalts freihaltungsbedürftig sei und jeglicher Unterscheidungskraft entbehre (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Zur Begründung hat sie ausgeführt, die mit "ergreif es" bzw. "fahr es" zu übersetzende englischsprachige Bezeichnung "move it", die vom deutschen Verkehr ohne weiteres in diesem Sinne verstanden werde, weil sie aus Wörtern des englischen Grundwortschatzes gebildet sei, sei ein bloßer Werbeslogan, den der Verkehr auch nur als solchen bzw. als bloße Kaufaufforderung ansehen werde. Einen darüber hinausgehenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren werde er ihm hingegen nicht entnehmen. Als Werbeslogan sei die angemeldete Wortfolge auch für die Mitbewerber der Anmelderin freizuhalten.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, zu deren Begründung sie insbesondere vorträgt, die Markenstelle habe nicht begründet, welche Eigenschaft der beanspruchten Ware mit der angemeldeten Bezeichnung beschrieben werde. Die Bezeichnung "move it" sage nichts über die Beschaffenheit von Möbeln aus. Es handele sich bei ihr auch nicht um eine für Möbel oder andere Waren in Deutschland gebräuchliche Wendung der Alltagssprache. Überhaupt sei die englische Sprache auf dem Möbelmarkt in Deutschland weder Fach- noch Handelssprache. Bei dieser Sachlage könne der angemeldeten Marke die Eintragung auf der Grundlage der aktuellen Rechtsprechung des EuGH und des BGH nicht abgesprochen werden.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. September 1998 und 2. Februar 2000 aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der Bezeichnung "move it" als Marke für "Möbel" stehen die in § 8 Abs. 2 MarkenG aufgeführten Schutzhindernisse entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Ansicht nicht entgegen.

Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich insbesondere nicht um eine Angabe, die i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale von Möbeln geeignet ist.

Der rechtlichen Beurteilung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zugrunde zu legen ist die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit (BGH BlPMZ 2001, 55 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ein Schutzhindernis i.S.d. genannten Vorschrift liegt daher nur dann vor, wenn die angemeldete Wortfolge "move it" insgesamt für die beanspruchte Ware als eindeutige und konkret beschreibende Sachaussage dienen kann (BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU) und sie überdies entweder bereits als beschreibende Sachaussage benutzt wird oder eine Benutzung als Sachaussage auf Grund konkret feststellbarer tatsächlicher Umstände in Zukunft zu erwarten ist (BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH).

Bei der englischsprachigen Bezeichnung "move it" handelt es sich bereits nicht um eine hinreichend eindeutige und konkrete Sachangabe. Die am nächsten liegende Übersetzung, die wegen der Hauptbedeutung von "(to) move" nach Überzeugung des Senats "beweg es" lautet, enthält für den potentiellen Käufer keinen konkreten Hinweis darauf, was an den so gekennzeichneten Möbeln in welcher Weise und zu welchem Zweck bewegt werden kann, soll oder gar muss. Gegen ein lediglich warenbeschreibendes Verständnis sowie einen Einsatz als rein warenbeschreibende Sachangabe spricht zudem die gewählte Imperativform der angemeldeten Wortfolge.

Der Bezeichnung "move it" fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft i.S.d. genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrunde liegenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer im Inland geläufigen Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU). Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an deren Unterscheidungskraft gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart von Wortfolgen nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden (BGH MarkenR 2001, 209 - Test it.).

Da es sich bei der angemeldeten Wortfolge "move it", wie im Rahmen der Begründung zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgeführt wurde, nicht um eine Angabe handelt, die zur konkreten und eindeutigen Bezeichnung von Merkmalen der von der Anmelderin beanspruchten Waren dienen kann, käme eine Zurückweisung der Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach den vom BGH aufgezeigten Grundsätzen nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass es sich bei ihr um eine ganz einfache, dem Verkehr geläufige Anpreisung handelte. Davon kann jedoch deshalb nicht ausgegangen werden, weil - wie die ergänzenden Ermittlungen des Senats unter Einbeziehung des Internets ergeben haben - die angemeldete Wortfolge als Warenanpreisung bisher, abgesehen von der von der Markenstelle festgestellten Werbung eines Herstellers von Kraftfahrzeugen, bei denen allerdings die (Fort-)Bewegung deutlicher im Vordergrund steht als bei Möbeln, in Deutschland nicht gebräuchlich ist und weil ihr wegen der bereits dargelegten Interpretationsfähigkeit und Kürze eine gewisse betriebskennzeichnende Prägnanz jedenfalls im Hinblick auf die Ware "Möbel" nicht abgesprochen werden kann. Deshalb kann auch die auf § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gestützte Zurückweisung der Anmeldung keinen Bestand haben.

Für das Vorliegen eines der weiteren Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 MarkenG fehlt es ebenfalls an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten.

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BPatG:
Beschluss v. 23.01.2002
Az: 26 W (pat) 117/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/d1c0d9ae09bd/BPatG_Beschluss_vom_23-Januar-2002_Az_26-W-pat-117-00




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