Verwaltungsgericht Berlin:
Urteil vom 1. Juni 2012
Aktenzeichen: 2 K 177.11

(VG Berlin: Urteil v. 01.06.2012, Az.: 2 K 177.11)

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat und die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 12. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 12. März 2012 verpflichtet, dem Kläger Zugang zu folgenden Informationen in den Vorgängen der Beklagten zu den Anwendungsbeobachtungen für die Jahre 2008, 2009 und 2010 - im Wege der Akteneinsicht - zu gewähren, allerdings ohne personenbezogene Daten:

- die Anzahl der gemeldeten Anwendungsbeobachtungen, - die gemeldeten Arzneimittel, - die meldenden pharmazeutischen Unternehmen, - die Anzahl der gemeldeten teilnehmenden Ärzte, - die gemeldeten Honorare, - die Anzahl der gemeldeten Verträge.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger und die Beklagte können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Berlin, dessen Zweck in der weltweiten Korruptionsbekämpfung liegt. Er vertritt die Auffassung, dass die sog. Anwendungsbeobachtungen von Arzneimitteln - AWB - vornehmlich als ein Marketinginstrument der pharmazeutischen Unternehmen zur Steigerung des Absatzes ihrer Mittel eingesetzt würden. Die Beklagte ist die Dachorganisation der siebzehn Kassenärztlichen Vereinigungen. Sie gehört zu den Stellen, denen ein pharmazeutisches Unternehmen nach Maßgabe von § 67 Abs. 6 des Arzneimittelgesetzes € AMG - AWBen anzuzeigen hat. Zu den Pflichtangaben in der Anzeige an die Beklagte gehören Ort, Zeit, Ziel und Beobachtungsplan der AWB sowie die Namen der beteiligten Ärzte, ferner Art und Höhe der an die beteiligten Ärzte geleisteten Entschädigungen, soweit diese Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbringen.

Mit Schreiben vom 5. April 2011 beantragte der Kläger gegenüber der Beklagten, ihm im Wege der Akteneinsicht verschiedene Informationen zu den gemeldeten AWBen zur Verfügung zu stellen. Dies betraf die Frage, wie viele AWBen in den Jahren 2008 bis 2010 für welche Arzneimittel von welchen pharmazeutischen Unternehmen angezeigt worden seien, wo diese stattgefunden und wie lange diese jeweils gedauert hätten, wie viele Patienten pro Arzneimittel eingeschlossen und wie viel Ärzte beteiligt gewesen seien, welche Honorare pro Patient und Arzneimittel an die beteiligten Ärzte gezahlt worden seien und für wie viele AWBen €die Verträge nach § 67 Abs. 6 Satz 2 AMG zwischen Ärzten, pharmazeutischen Unternehmen und gesetzlichen Krankenkassen€ gemeldet bzw. zur Verfügung gestellt worden seien. Zusätzlich beantragte der Kläger die Erteilung von Auskünften dazu, wie viele der AWBen mit Arzneimitteln durchgeführt worden seien, deren Zulassung weniger als zwei Wochen (gemeint: zwei Jahre) zurück gelegen habe, für wie viele der gemeldeten AWBen vom pharmazeutischen Unternehmer Informationen über Auswertungen und Ergebnisse oder deren Publikation gegeben worden seien und ob Missbrauchsfälle, etwa in Gestalt von nicht gemeldeten AWBen, unvollständigen Angaben, von auffälligen, regionalen Schwerpunkten der Beteiligung oder in Gestalt von auffällig hohen Entschädigungsleistungen, bekannt geworden seien.

Die Beklagte übermittelte dem Kläger hierauf eine Liste von Präparaten und Wirkstoffen zu den im Jahre 2009 durchgeführten AWBen und teilte dem Kläger die Anzahl der in den Jahren 2008, 2009 und 2010 gemeldeten AWBen mit. Im Übrigen wies sie darauf hin, dass verschiedene der begehrten Informationen in den Anzeigen üblicherweise nicht mitgeteilt würden oder aber infolge uneinheitlicher Bezugsgrößen, etwa bei den Angaben zum Honorar, keinen Erkenntniswert hätten. Mit gesondertem Schreiben teilte die Beklagte mit, dass die Beantwortung der gestellten Fragen mögliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Unternehmen berühre und daher das Beteiligungsverfahren nach § 8 IFG eingeleitet worden sei.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2011 entsprach die Beklagte dem Antrag auf Informationszugang insoweit, als der Kläger €solche Daten begehrt, die nicht zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Anmelder von AWBen gehören, es sei denn, dass die pharmazeutischen Unternehmer in den Zugang€ eingewilligt haben€. In einer Tabelle stellte die Beklagte die €nach der Abfrage bei den Unternehmen€ weitergabefähigen Inhalte durch Fettdruck wie folgt dar:

Zur Begründung hieß es im Wesentlichen: Zwar besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Informationszugang. Nach Prüfung der eingeholten Stellungnahmen hätten sich jedoch Anhaltspunkte für entgegenstehende Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ergeben. So sei beispielsweise mitgeteilt worden, dass mit Klagen von anderen Marktteilnehmern gerechnet werden müsse, sobald eine Verknüpfung von AWB zu bestimmten Präparaten mit dem meldenden Unternehmen weitergegeben werde. Die pharmazeutischen Hersteller wollten im Zusammenhang mit den AWBen nicht namentlich genannt werden. Im Übrigen sei der Informationszugang nur insoweit möglich, als die begehrten Informationen der Beklagten auch tatsächlich zur Verfügung stünden. Der Informationszugang werde nicht im Wege der Akteneinsicht, sondern in einer schriftlichen Zusammenstellung der begehrten Informationen erteilt, da die Gewährung von Akteneinsicht einen erheblich höheren Verwaltungsaufwand bedeute. Die begehrten Informationen müssten aus verschiedenen Dokumenten mit weiteren Meldeinhalten, die nicht Gegenstand des Informationsbegehrens seien, aus datenschutzrechtlichen Gründen - so etwa bei den Namen der gemeldeten teilnehmenden Ärzten - getrennt und neu zusammengestellt werden.

Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 4. August 2011 Widerspruch ein. Nach Aufforderung durch die Beklagte begründete er seinen Widerspruch mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Oktober 2011 im Wesentlichen dahingehend, dass allein der Wunsch der pharmazeutischen Unternehmen an der Nichtweitergabe der Informationen kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis begründe. Für den Fall, dass nicht bis zum 5. November 2011 Zugang zu den beantragten Informationen gewährt werde, kündigte er die Erhebung einer Untätigkeitsklage an. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 4. November 2011 darauf hin, dass der Informationszugang erst erfolgen könne, wenn die Entscheidung den Dritten gegenüber bestandskräftig geworden oder deren sofortige Vollziehung angeordnet worden sei. Über den Widerspruch werde daher in angemessener Zeit entschieden.

Der Kläger hat am 10. November 2011 Untätigkeitsklage erhoben. Mit dieser hat er ursprünglich die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm Zugang zu folgenden Informationen zu erteilen:

- Wie viele AWBen sind der Beklagten in den Jahren 2008, 2009, 2010 für welche Arzneimittel von welchen pharmazeutischen Unternehmer angezeigt worden (Präparateliste),- wo haben diese AWBen stattgefunden,- wie lange haben sie gedauert,- wie viele Patienten wurden jeweils pro Arzneimittel eingeschlossen und wie viel Ärzte waren jeweils beteiligt,- welche Entschädigung (Honorar) wurde pro Patient und Arzneimittel an die beteiligten Ärzte gezahlt (Honorarliste),- für wie viele AWBen sind 2008, 2009 und 2010 €die Verträge nach § 67 Abs. 6 Satz 2 AMG zwischen Ärzten, pharmazeutischen Unternehmen und gesetzlichen Krankenkassen€ gemeldet bzw. zur Verfügung gestellt worden,- wie viele der AWBen wurden mit Arzneimitteln durchgeführt, deren Zulassung weniger als zwei Wochen (richtig: zwei Jahre) zurücklag,- für wie viele AWBen wurden Ihnen vom pharmazeutischen Unternehmen Informationen über Auswertungen und Ergebnisse oder deren Publikation gegeben,- sind der Beklagten Missbrauchsfälle bekannt geworden, z.B. in Form von nicht gemeldeten AWBen, unvollständigen Angaben, auffällige, regionale/ lokale Häufung von AWB - Beteiligungen, auffällig hohe Entschädigungsleistungen€Mit Bescheid vom 12. März 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und erklärte darin zugleich, dass die im Bescheid vom 12. Juli 2011 angekündigten Informationen insoweit zur Verfügung gestellt würden, als sie pharmazeutische Unternehmen beträfen, denen gegenüber der Bescheid vom 12. Juli 2011 in Bestandskraft erwachsen sei. Die entsprechenden Informationen waren dem Widerspruchsbescheid in Gestalt einer Anlage, darunter drei Listen mit den Produktnamen der in den Jahren 2008 € 2010 jeweils beobachteten Medikamente sowie einer Liste mit den Honoraren der AWBen 2010, beigefügt. Nicht zur Verfügung gestellt werden könne die Information, von welchem pharmazeutischen Unternehmen eine AWB mit einem bestimmten Arzneimittel durchgeführt worden sei. Fragen nach dem finanziellen Aufwand, nach der Auswahl der Ärzte oder nach dem Zeitraum der durchgeführten AWB beträfen strategisch-planerische Entscheidungen des Unternehmens, die nur diesem selbst bekannt seien. Insbesondere sei die Entscheidung über die Höhe der an die Ärzte gezahlten Vergütung eine unternehmerische Entscheidung. Insgesamt seien die Informationen geeignet, ein Profil über die von einem Unternehmen durchgeführten AWBen zu erstellen, was zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber anderen pharmazeutischen Unternehmen führen könne. In einer Auflistung stellte die Beklagte sodann diejenigen Informationen, die der Beklagten €nicht bekannt€ seien, wie folgt dar:

- Es lägen keine €auswertbaren Angaben€ zu dem Ort der AWB vor, obgleich insoweit eine Anzeigepflicht bestehe. Denn in der Regel beschränke sich die Anzeige auf den Hinweis, dass die AWB deutschlandweit durchgeführt werde.- Entsprechendes gelte für die Dauer der AWB, die nicht gem. § 67 Abs. 6 AMG mitzuteilen und der Beklagten auch nicht aus anderen Quellen bekannt sei.- Auch die Angabe der Anzahl der Patienten je AWB sei gem. § 67 Abs. 6 AMG nicht verpflichtend und der Beklagten auch nicht aus anderen Quellen bekannt,- Die Anzahl der gemeldeten Verträge zwischen Ärzten, pharmazeutischen Unternehmen und gesetzlichen Krankenversicherungen könne nicht mitgeteilt werden, da nicht bekannt sei, an welchen Verträgen die gesetzlichen Krankenversicherungen beteiligt seien.- Informationen über Auswertungen, Ergebnisse, Publikationen sowie etwaige Missbräuche seien der Beklagten nicht bekannt bzw. würden von dieser nicht ausgewertet.Eine Informationsbeschaffungspflicht der Beklagten bestehe nicht. Der dem Akteneinsichtsgesuch entgegengehaltene höhere Verwaltungsaufwand ergebe sich aus der Notwendigkeit, die Namen der Ärzte in den Dokumenten zu schwärzen.

Der Kläger hat den Widerspruchsbescheid in das laufende Verfahren einbezogen und mit Schriftsatz vom 22. März 2012 folgende Prozesserklärungen abgegeben: Der Rechtsstreit werde für erledigt erklärt, €insofern die streitgegenständlichen Fragen von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2012 beantwortet worden€ seien. Die Klage werde zurückgenommen, €insofern die Beklagte €in ihrem o.g. Schriftsatz behaupte[t], dass sich die Informationen nicht bei ihr befänden€. Im Übrigen werde die Klage aufrecht erhalten, da Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Unternehmen nicht ersichtlich seien und auch ein Anspruch auf Akteneinsicht bestehe. Die Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung des Klägers angeschlossen.

Der Kläger beantragt nunmehr noch,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 12. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 12. März 2012 zu verpflichten, ihm Zugang zu folgenden Informationen in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten zu den AWBen für die Jahre 2008, 2009 und 2010 - im Wege der Akteneinsicht - zu gewähren:

- die gemeldeten AWBen in den Jahren 2008, 2009 und 2010, - die gemeldeten Arzneimittel, - die meldenden pharmazeutischen Unternehmen, - die gemeldeten teilnehmenden Ärzte, - die gemeldeten Honorare, - die gemeldeten Verträge (mit Ausnahme der gesetzlichen Krankenkassen), - der gemeldete Ort der Anwendungsbeobachtungen, - die gemeldeten Patientenzahlen,ferner,die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eine Zusammenstellung der im Beteiligungsverfahren vorgebrachten Einwendungen der pharmazeutischen Unternehmen vorgelegt, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 113 € 117 der Streitakte verwiesen wird. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den beigezogenen Verwaltungsvorgang sowie das Terminsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 1. Juni 2012 (Bl. 119 € 120 R der Streitakte) verwiesen.

Gründe

Das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat und die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen hat die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Soweit der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung an seinem Begehren festgehalten hat, die Beklagte zur Informationsgewährung im Wege der Akteneinsicht hinsichtlich des Ortes der gemeldeten AWBen sowie der jeweiligen Patientenzahlen zu verpflichten, ist die Klage allerdings unzulässig. Denn dieser Streitstoff war von der teilweisen Klagerücknahme umfasst. Die mit Schriftsatz vom 22. März 2012 abgegebene Prozesserklärung des Klägers ist nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB in diesem Sinne auszulegen. Sie bezog sich bei objektiver Betrachtung pauschal auf die im Widerspruchsbescheid vom 12. März 2012 enthaltene Auflistung derjenigen Informationen, die der Beklagten nach ihren eigenen Angaben €nicht bekannt€ waren. Mit einer Einschränkung, dass innerhalb dieser klar abgegrenzten Auflistung nur solche Informationen erfasst sein sollten, die auch tatsächlich nicht bei der Beklagten vorhanden sind, hatte der anwaltlich vertretene Kläger seine Erklärung nicht versehen. Gegen ein solches enges Verständnis spricht auch die Formulierung, dass die Klage zurück genommen werde, soweit die Beklagte das Nichtvorhandensein der Informationen €behaupte€, was nach prozessualen Grundsätzen eine Situation beschreibt, in der dies streitig bzw. offen bleibt. Daher ist es unerheblich, dass die Beklagte, unter dem Punkt der €nicht bekannten€ Informationen auch solche Informationen erfasste, die nach ihrer Bewertung für die Zwecke der Klägerin nicht hinreichend aussagekräftig waren.

Im Übrigen ist die Klage als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig.

Das gilt zunächst für das Begehren, die Beklagte zum auf die Anzahl der gemeldeten Verträge bezogenen Informationszugang im Wege der Akteneinsicht zu verpflichten. Dem steht nicht entgegen, dass die Information zur Anzahl der gemeldeten Verträgen zwischen Ärzten, pharmazeutischen Unternehmen und gesetzlichen Krankenversicherungen in der oben genannten Auflistung der Beklagten enthalten und damit gleichfalls als €nicht bekannt€ bezeichnet worden war. Denn der mit Schreiben vom 5. April 2011 gestellte Antrag auf Informationszugang der Klägerin war ungeachtet seiner missverständlichen Formulierung nicht auf solche Verträge beschränkt, bei denen die Träger der gesetzlichen Krankenkassen selbst unmittelbar Vertragspartner im Zusammenhang mit der Durchführung der AWB geworden waren. Vielmehr bezog er sich ersichtlich auf alle Verträge, die der Beklagten deshalb zu übermitteln sind, weil die beteiligten Ärzte Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen. Dies ergibt sich schon aus der zwar fehlerhaft zitierten, in der Sache aber zur Erläuterung des Antrags aufgeführten Bestimmung des § 67 Abs. 6 Satz 4 AMG, welche als Voraussetzung der Verpflichtung zur Übermittlung einer Vertragsausfertigung diese Belastung der gesetzlichen Krankenversicherung formuliert. Die entsprechende teilweise Rücknahme der Klage ging damit ins Leere.

Soweit der Kläger die Klage nicht zurück genommen hat, ist Streitstoff ungeachtet der übereinstimmenden Teilerledigungserklärungen der Beteiligten ferner die Art des Informationszugangs - Akteneinsicht - und nicht lediglich Auskunftserteilung - geblieben. Allerdings ist die entsprechende Prozesserklärung des Klägers vom 22. März 2012 auch in diesem Punkte auslegungsbedürftig. Denn da die Begehren vom 5. April 2011 durchgehend als Fragen formuliert waren, konnte die Erklärung, der Kläger erkläre €den Rechtsstreit für erledigt, insofern die streitgegenständlichen Fragen von der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 12. März 2012 beantwortet worden€ seien, bei isolierter Betrachtung auch dahingehend verstanden werden, dass sich der Kläger mit den hierzu jeweils erteilten Auskünften zufrieden geben wollte. Bei einer Gesamtschau des Klageziels wird jedoch noch hinreichend deutlich, dass sich die Teilerledigungserklärung nur auf den Teil des Informationsbegehrens beziehen sollte, der nach dem Antrag vom 5. April 2011 (allein) im Wege der Auskunft erfüllt werden sollte und den die Beklagte erfüllt hatte, nämlich hinsichtlich der Frage nach der Anzahl der AWBen mit Arzneimitteln, deren Zulassung länger als zwei Jahre zurück lag. Denn dem Kläger ging es ersichtlich darum, nicht lediglich isolierte Informationen zu Teilaspekten der AWBen zu erhalten, sondern diese Informationen zu den einzelnen AWBen zusammenzuführen. Dies ist nur im Wege der Akteneinsicht möglich. Dementsprechend bezog sich die im Schriftsatz vom 22. März 2012 gegebene Begründung für die Aufrechterhaltung der Klage, der Kläger habe einen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen, nicht allein auf den Teil des Informationsbegehrens, bezüglich dessen der Beklagte sich bereits dem Grunde nach auf entgegenstehende Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen hatte, sondern auf das gesamte Informationsbegehren.

Die Verpflichtungsklage ist, soweit zulässig, begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die im Tenor näher bezeichneten Informationen im Wege der Akteneinsicht und wird durch die Ablehnung daher in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 VwGO.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Darüber hinaus richtet sich der Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG gegen sonstige Bundesorgane und Bundeseinrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Die Beklagte zählt zu den nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG grundsätzlich informationspflichtigen Behörden des Bundes. Sie ist eine auf Bundesrecht beruhende, der Aufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit unterliegende Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. §§ 77 Abs. 5, 78 Abs. 1 SGB V) und damit eine Stelle, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt (vgl. für die Kassenärztliche Vereinigung des Landes Nordrhein-Westfalen nach dem IFG NRW VG Düsseldorf, Urteil vom 14. Februar 2012 - 26 K 1653.11 -, juris, Rn. 21). Bei der in § 67 Abs. 6 AMG bundesgesetzlich begründeten (Mit-) Zuständigkeit für die Erfassung der Anzeigen von AWBen handelt es sich nach materiellen Kriterien um die Wahrnehmung einer solchen öffentlichen Aufgabe. Denn die AWBen dienen der systematischen Sammlung von Kenntnissen und Erfahrungen zu Risiken und Nebenwirkungen sowie der Wirksamkeit der untersuchten Präparate. Diese Erkenntnisse sind relevant bei der Beurteilung von Erfahrungsberichten für neue Arzneimittel, die der Verschreibungspflicht unterliegen, und sind im Rahmen der Berichtspflicht bei Verlängerungsanträgen nach § 31 Abs. 2 AMG zu berücksichtigen (vgl. dazu Delewski, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG Kommentar, 2012, § 67, Rn. 47). Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner gemäß § 28 Abs. 3a AMG die Durchführung einer AWB anordnen. Es geht damit um den öffentlichen Zweck der Arzneimittelsicherheit.

Ausschlussgründe stehen dem Informationsbegehren des Klägers nicht entgegen.

Das gilt zunächst mit Blick auf den Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG, wonach Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden darf, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Bei der Auslegung des Begriffs €personenbezogene Daten€ ist nach der Rechtsprechung der Kammer (VG Berlin, Urteil vom 10. Oktober 2007 - VG 2 A 102.06 -, juris, Rn. 38) die Definition des § 3 Abs. 1 BDSG heranzuziehen. Danach sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Einzelangaben zu juristischen Personen, wie hier die Namen der jeweiligen pharmazeutischen Unternehmen und den mit diesen Unternehmen in Verbindung stehenden AWBen, deren Gegenstand sowie die Art und Höhe der hierfür jeweils geleisteten Entschädigungen, sind danach schon im Ausgangspunkt nicht von der Bestimmung des § 5 Absatz 1 Satz 1 IFG erfasst. Informationszugang zu den Namen der beteiligten Ärzte, der Patienten oder sonstiger an der AWB beteiligter Dritter € hierauf bezieht sich die in den Tenor zur Klarstellung aufgenommene Beschränkung des klägerischen Informationsanspruchs € hat der Kläger demgegenüber nicht beantragt.

Auch die Bestimmung des § 6 Satz 2 IFG kann dem Informationsanspruch des Klägers nicht entgegen gehalten werden. Nach dieser Vorschrift darf Zugang zu Betriebs-und Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis werden allgemein alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis setzt danach neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zugrunde liegenden Informationen ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087, 2111.03 - BVerfGE 115, 205 [230 f.]; BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 2009 - BVerwG 7 C 18.08 -, juris, Rn. 12 f.).

Maßstab für die Prüfung von Ausschlussgründen ist, ob deren Vorliegen von der Behörde plausibel dargelegt werden kann; dabei müssen die Angaben nicht so detailliert sein, dass Rückschlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Vorliegen von Ausschlussgründen geprüft werden kann (vgl. Urteile der Kammer vom 31. Mai 2007 - VG 2 A 93.06 - juris, Rn. 21, und vom 10. September 2008 - VG 2 A 167.06 -). Dass es bei § 6 Satz 2 IFG um einen materiell-rechtlichen Geheimhaltungsgrund geht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2010 - BVerwG 20 F 1.10 -, juris), ändert an diesen Anforderungen zum Sachvortrag nichts. Auch in diesem Fall genügt es regelmäßig nicht, wenn lediglich das Vorliegen des Geheimhaltungsgrundes behauptet wird. Vielmehr müssen auch insoweit Tatsachen dargelegt werden, die die Annahme des Geheimhaltungsgrundes rechtfertigen können (vgl. Urteil der Kammer vom 11. November 2009 - VG 2 K 35.10 -, juris).

Hieran fehlt es. Soweit die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 31. Mai 2012 eine Liste der €im Bescheid zu berücksichtigende[n] Berufs- und Geschäftsgeheimnisse€ übersandt hat, handelt es sich hierbei lediglich um eine Zusammenstellung der im Beteiligungsverfahren nach § 8 Abs. 2 IFG abgegebenen, zusammengefassten Stellungnahmen der pharmazeutischen Unternehmen. Gegenstand dieser Stellungnahmen sind, soweit ersichtlich, ganz überwiegend allgemeine Erwägungen, die sich überhaupt nur zum Teil mit dem Vorliegen eines Betriebs-oder Geschäftsgeheimnisses befassen. Im erheblichen Umfang handelt es um im Rahmen von § 6 Satz 2 IFG unerhebliche Bedenken, wenn es etwa unter der lfd. Nr. 3 heißt, Informationen seien €Eigentum der Sponsoren€, unter der lfd. Nr. 4, das Unternehmen wolle die Art der Beantwortung der Anfrage selber kontrollieren und bitte darum, dass sich der Kläger direkt an das Unternehmen wende, wenn unter der lfd. Nr. 6 € 10, 25 darauf hingewiesen wird, dass keine Weitergabe personenbezogener Daten erfolgen dürfe oder wenn unter der lfd. Nr. 16 pauschal geltend gemacht wird, man sei mit der Weitergabe der Informationen nicht einverstanden, da diese bereits auf freiwilliger Basis in einer öffentlich zugänglichen Datenbank eingestellt würden. Zum Teil beziehen sich die Einwände auf Informationen, deren Weitergabe der Kläger gar nicht beantragt hat. Dies gilt beispielsweise für die lfd. Nr. 11, wonach Kundenlisten, Vertragspartner, Konditionen und andere Inhalte mit kaufmännischem Wissen nicht weitergegeben werden dürften, sowie für die lfd. Nr. 25, wonach Namen der Vertragsparteien nicht genannt und die Verträge nicht offenbart werden dürften. Soweit es das auf die Verträge bezogene Informationsbegehren des Klägers betrifft, bezieht sich dieses € entsprechend seinem ursprünglichen Antrag vom 5. April 2011 € allein auf die Anzahl der Verträge, nicht auf Einzelheiten der jeweiligen vertraglichen Regelungen.

Unabhängig hiervon gilt für jede der Stellungnahmen, auch soweit sie sich näher mit dem Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses befassen und beispielsweise neben den bereits dargestellten Umständen geltend machen, dass aus der Anzahl sowie dem Umfang nichtinterventioneller Untersuchungen Schlussfolgerungen und Erkenntnisse in Bezug auf die Bedeutung einzelner Arzneimittel sowie im Hinblick auf die Strategie beim Ausbau von Zulassungen geschlossen werden könnten (lfd. Nr. 12), dass diese keinen erkennbaren Bezug zu einer bestimmten AWB haben. Sie ermöglichen es der Kammer daher nicht, jeweils konkret und bezogen auf den einzelnen Anwendungsfall die Berechtigung des Ausschlussgrundes zu prüfen. Soweit es die Namen der pharmazeutischen Unternehmen betrifft, welche AWBen durchführen oder durchführen lassen, weist die Beklagte im Übrigen selbst darauf hin, dass von den Arzneimittelnamen in der Präparateliste ohne Weiteres auf die jeweiligen Unternehmen geschlossen werden kann. Auch vor diesem Hintergrund drängt sich das Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnis insoweit nicht auf.

Der Anspruch des Klägers ist schließlich auch nicht nach § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ausgeschlossen. Danach ist - bei einem zum Teil bestehenden Anspruch - dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Es kann dahin stehen, ob die Vorschrift auch die Fälle erfasst, in denen der Antragsteller - wie hier - seinen Informationsanspruch von vornherein beschränkt (vgl. zur Suche nach bestimmten Informationen VG Berlin, Urteil vom 12. Oktober 2009 - VG 2 A 20.08 -, juris, Rn. 65). Denn jedenfalls kann auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten nicht davon ausgegangen werden, dass der Informationszugang hier nur mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand verwirklicht werden kann.

Von einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ist etwa dann auszugehen, wenn der technisch-organisatorische Aufwand in einem Missverhältnis zu dem zu erwartenden Erkenntnisgewinn der Allgemeinheit bzw. zum Erkenntnisgewinn des Einzelnen steht. Zweck der Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ist es allein, die Behörde vor einer institutionellen Überforderung durch die Verwirklichung des Informationszugangs zu schützen (vgl. Schoch, IFG, Kommentar, 2009, § 7 Rdnr. 59); es soll vermieden werden, dass die Funktionsfähigkeit der Behörde und damit die Wahrnehmung ihrer eigentlichen Sachaufgaben blockiert wird. Bei der Prüfung des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands lässt sich zwar keine generelle Aussage darüber treffen, ab welcher Größenordnung der Informationszugang mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Behörde verbunden ist (vgl. die Nachweise im Urteil der Kammer vom 12. Oktober 2009 - VG 2 A 20.08 -, juris, Rn. 46). Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Auf Seiten der Behörde ist jedoch entscheidend, ob durch den Arbeitsaufwand deren Funktionsfähigkeit beeinträchtigt wird und eine sachgerechte Aufgabenerledigung nicht mehr möglich ist. Dabei ist der Umfang des Informationsbestandes, zu dem der Antragsteller Zugang begehrt, ebenso zu berücksichtigen wie die Art der Speicherung der Informationen (elektronisch oder in Papierform) und die damit einhergehende Recherchemöglichkeit. Von Bedeutung kann auch der Personalbestand der Behörde sein, der für die Erfüllung der eigentlichen Sachaufgaben zur Verfügung steht.

Nach diesen Maßstäben ergibt sich Folgendes: Ausweislich der Angaben der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung bestehen die Informationen zu den AWBen der Jahre 2008 € 2010 aus insgesamt 73 Leitz-Ordnern mit einer Blattzahl von jeweils 400 € 500. Dies ist ein noch überschaubarer Bestand. Hinzu kommen zwar elektronisch gespeicherte Daten in einem erheblichen Umfang von 90 Gigabyte. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Daten nicht lediglich die hier streitgegenständlichen Zeiträume, sondern sämtliche AWBen seit dem Jahre 1999 umfassen. Legt man die Angaben der Beklagten zur Anzahl der Erstmeldungen von AWBen in deren Schreiben vom 11. April 2008 zugrunde, so handelt es sich für die Jahre 2008 € 2010 um eine Gesamtzahl von noch 613 AWBen. Die Suche nach den hierzu vorhandenen elektronischen Informationen ist dabei über eine Anwendung möglich, welche durch die Eingabe geeigneter Parameter über eine Kreuzverknüpfung zu den jeweiligen Angaben führt. Auf Frage der Kammer, welcher Arbeitsaufwand mit der Sichtung des Datenmaterials verbunden sei, vermochte der Vertreter der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung lediglich einen allgemeinen €Erfahrungswert€ von 40 Arbeitstagen für eine Vollzeitkraft zu benennen. Für die Aufbereitung der 73 Ordner einschließlich des Schwärzens und Kopierens zum Zwecke der Akteneinsicht benötige eine Vollzeitkraft etwa zwei weitere Monate. Mit dieser pauschalen Schätzung ist noch keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit der Beklagten belegt. Zwar sind nach den Angaben der Beklagten lediglich zwei Personen - davon eine in Vollzeit sowie eine mit einer Arbeitskraft von 70 % - mit der Erfassung und Dokumentation von AWBen befasst. Insgesamt verfügt die Beklagte jedoch über eine Gesamtzahl von 302 Mitarbeitern. Es ist daher nicht ersichtlich, dass der vermehrte Arbeitsanfall nicht durch organisatorische Vorkehrungen innerhalb der Behörde vorübergehend kompensiert werden könnte. Dies gilt umso mehr, als der begehrte Informationszugang eine der Beklagten gesetzlich nach § 67 Abs. 6 AMG auferlegte Dokumentationspflicht betrifft. Das Informationsinteresse des Klägers bzw. der Allgemeinheit sind vor diesem Hintergrund von besonderem Gewicht.

Aus den vorgenannten Gründen steht dem Informationsbegehren im Wege der Akteneinsicht schließlich nicht § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 IFG entgegen. Danach darf, wenn der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs begehrt, dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden, wobei als wichtiger Grund insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand gilt. Die Darlegungslast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes trägt € schon wegen des Regel-Ausnahmeverhältnisses von Antragsbegehren und wichtigem Grund € auch insoweit die Behörde. Hat eine Behörde keine wichtigen Gründe dargelegt, die der begehrten Akteneinsicht entgegenstehen, dann besteht auch ein Rechtsanspruch auf Akteneinsicht (vgl. VG Berlin, Urteil vom 17. Dezember 2009 € 2 A 109.08 -, juris, Rn. 37). So liegt der Fall hier. Allein der Umstand, dass der technisch-organisatorische Aufwand für eine Auskunft in der Regel geringer sein dürfte als der für eine Akteneinsicht, bei der etwa in Gestalt erforderlicher Anonymisierungen zusätzliche Vorbereitungsmaßnahmen anfallen, reicht zum Beleg eines deutlich höheren Verwaltungsaufwandes im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 3 IFG nicht aus. Denn damit würde das gesetzlich begründete Regel-Ausnahme-Verhältnis in sein Gegenteil verkehrt. Dass mit der Gewährung von Akteneinsicht gerade im vorliegenden Fall besondere Schwierigkeiten verbunden wären, kann vor dem Hintergrund fehlender substanziierter Angaben der Beklagten nicht angenommen werden. Im Hinblick darauf, dass die zu sichtenden und für die Akteneinsicht vorzubereitenden Informationen dem durch § 67 Abs. 6 AMG vorgegebenen Muster folgen, sich auf vorgegebene Punkte beschränken und ganz überwiegend in standardisierter elektronischer Form übermittelt worden sind, dürften die nicht von der Akteneinsicht erfassten Informationen hier jedenfalls nicht aufwändiger zu ermitteln und zu anonymisieren sein als im €Normalfall€ einer Akteneinsicht vergleichbaren Umfangs.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, soweit seine Klage als unzulässig abgewiesen worden ist und er die Klage zurückgenommen hat. Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Danach entspricht es der Billigkeit, dass der Kläger auch insoweit die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Denn seine Erledigungserklärung kommt einer verdeckten Klagerücknahme gleich. Seine Prozesserklärung vom 22. März 2012, wonach der Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt werde, insofern die streitgegenständlichen Fragen von der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 12. März 2012 €beantwortet€ worden seien, betraf nach den vorstehenden Ausführungen die Frage, wie viele der AWBen mit Arzneimitteln durchgeführt worden sind, deren Zulassung weniger als zwei Jahre zurück gelegen hat. Da diese Frage bereits im Ausgangsbescheid vom 12. Juli 2011 und nicht erst mit dem Widerspruchsbescheid vom 12. März 2012 beantwortet worden war, war die hierauf bezogene Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses von Anfang an unzulässig. Eine andere Kostenverteilung folgt hier auch nicht aus der Bestimmung des § 161 Abs. 3 VwGO, wonach in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last fallen, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Letzteres war nicht der Fall. Obgleich der Kläger seinen Widerspruch - trotz Ankündigung, dass eine Begründung nachfolgen sollte - erstmals mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27. Oktober 2011 begründet hatte, setzte er der Beklagten darin zur Bescheidung eine Frist bis zum 5. November 2011 und verband dies mit der Erwartung, dass innerhalb dieses Zeitraums zugleich tatsächlicher Zugang zu den begehrten Informationen zu gewähren sei. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass der Kläger weder innerhalb der gesetzten Frist von gerade einer Woche noch innerhalb des seitdem bis zur Erhebung der Klage verstrichenen Zeitraums von einer weiteren Woche ernstlich mit einer Bescheidung seines Widerspruchs rechnen konnte. Auch war er durch Schreiben der Beklagten vom 4. November 2011 zu Recht darauf hingewiesen worden, dass der begehrte tatsächliche Informationszugang mit Blick auf das nicht abgeschlossene Beteiligungsverfahren nach § 8 Abs. 2 Satz 2 IFG ohnehin noch nicht möglich war.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist nicht nach § 161 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Nach der genannten Bestimmung ist die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Bevollmächtigten im Vorverfahren - anders als die von Anwaltskosten im gerichtlichen Verfahren (§ 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO) - nicht automatisch, sondern je nach Lage des Einzelfalls nur unter der Voraussetzung der konkreten Notwendigkeit anzuerkennen. Die Notwendigkeit ist unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nur dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeiten der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen (BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 6 B 46/09 -, juris Rn. 6 m.w.N. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2011 - OVG 10 N 47.09 -, juris Rn. 5). Das war hier nicht der Fall. Die Geltendmachung von Informationsansprüchen gegenüber Behörden ist eine Angelegenheit, die zum Vereinszweck des Klägers gehört. Dementsprechend verfügt er, wie auch sein Antragsschreiben vom 5. April 2011 und die Einschaltung des Bundebeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit im laufenden Verfahren belegen, über entsprechend geschulte Mitarbeiter. Das Vorverfahren betraf auch keine Aspekte des Informationsfreiheitsgesetzes, die rechtlich besonders schwierig erschienen und gerade aus diesem Grunde die Inanspruchnahme anwaltlichen Sachverstandes erfordert hätten.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Ziff. 1, 711 ZPO.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO bezeichneten Gründe vorliegt (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes auf 5.000,00 Euro festgesetzt.






VG Berlin:
Urteil v. 01.06.2012
Az: 2 K 177.11


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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d1680cbd6782/VG-Berlin_Urteil_vom_1-Juni-2012_Az_2-K-17711


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