Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 11. April 2003
Aktenzeichen: 11 L 619/03

(VG Köln: Beschluss v. 11.04.2003, Az.: 11 L 619/03)

Tenor

1.) Der Antrag der Antragstellerin vom 19. März 2003, die aufschiebende Wirkung der Klage ( 11 K 1655/03) gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Februar 2003 gegenüber der Beigeladenen(= Blatt 498 der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge) und gegen die Verfügung € ohne Datum € Nr. 9/2003 "Aussetzung der Verpflichtung zur Sicherstellung der Betreiberauswahl bei Ortsgesprächen aus technischen Gründen" (veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 5. März 2003, Seite 306 ff, = Blatt 519 ff der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge) wird gem. § 154 Abs. 1 VwGO auf Kosten der Antragstellerin, die gem. § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen hat, abgelehnt.

2.) Der Wert des Streitgegenstandes wird gem. § 13 Abs. 1, § 20 Abs. 3 GKG auf 500.000,00 EURO festgesetzt.

Gründe

Der Antrag hat aus mehreren, prozessualen (1) wie materiellen (2), Gründen keine Aussicht auf Erfolg.

(1) a) Das Gericht lässt dahingestellt, ob beide im Antrag genannten Maßnahmen der Antragsgegnerin den Charakter von belastenden Verwaltungsakten haben, gegen die ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist. Bedenken bestehen nicht zuletzt aus den im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 3. April 2003 (dort S. 2) und den im Schriftsatz der Beigeladenen vom 7. April 2003 (dort Seite 4f) dargelegten Gründen, denen das Gericht aber nicht weiter nachgeht, weil jedenfalls die Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Februar 2003 gegenüber der Beigeladenen belastende Regelungswirkung hat, gegen die ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt werden kann. Ob ein solcher allerdings auch seitens der Antragstellerin statthaft ist - was zwischen den Beteiligten ebenfalls umstritten ist -, mag letztlich auf sich beruhen, weil der Antrag schon aus anderen prozessualen Gründen - wie nachstehend ausgeführt - erfolglos bleibt.

b) Prozessuale Bedenken ergeben sich nämlich schon insoweit, ob das Rechtsschutz- ziel der Antragstellerin, das nach der Klarstellung im Schriftsatz vom 10. April 2003 (dort Seite 2 unter 1) sinngemäß dahin geht,

die gleichzeitige Einführung der Betreiberauswahl im Einzelwahlverfahren und der Betreibervorauswahl (§ 43 Abs. 6 Satz 1 TKG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Oktober 2002 , BGBl I S. 4186, "Callbycall" bzw. "Preselection" genannt) im Ortsnetz und zwar zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt, zu dem eine gleichzeitige Einführung möglich ist, zu erreichen,

überhaupt mit einem Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO durchsetzbar ist.

Dies würde voraussetzen, dass bei einem erfolgreichen Aussetzungsantrag sich unmittelbar aus § 43 Abs. 6 TKG eine zeitgleiche Einführung der Betreiberauswahl im Einzelwahlverfahren und der Betreibervorauswahl, und zwar zum frühestmöglichen Zeitpunkt, ergibt. Daran bestehen Zweifel, wie dies auch von der Beigeladenen geäußert wird (vgl. Schriftsatz vom 7. April 2003, dort Seite 9 unter 4). Zu fordern wäre, dass § 43 Abs. 6 Satz 1 TKG mit der Formulierung "sicherzustellen" eine Verpflichtung der Betreiber von Telekommunikationsnetzen begründen würde, ohne dass dies einer konkretisierenden Verfügung durch die Antragsgegnerin bedürfte. Nur bei einem sich gleichsam selbst vollziehenden Gesetz könnte die Antragstellerin aber ihr Rechtsschutzziel mit einem bloßen Aussetzungsantrag (gegen welche der beiden Maßnahmen auch immer) erreichen. Schon der Wortlaut des § 43 Abs. 6 Satz 1 TKG, der im zweiten Halbsatz die "Sicherstellung" an die "Maßgabe des Satzes 3", in dem von einem "Rahmen der Ausgestaltung der zur Erfüllung dieser Verpflichtung erforderlichen Netzzusammenschaltung" unter weiteren Voraussetzungen die Rede ist, und der Wortlaut des § 43 Abs. 7 TKG, der "Zur Durchsetzung der Verpflichtungen nach (...) Abs. 6 Satz 1" von "Anordnungen" der Antragsgegnerin spricht, zeigen, dass der Zeitpunkt und die Frage der Gleichzeitigkeit einer Einführung der Betreiberauswahl im Einzelwahlverfahren und der Betreibervorauswahl einer konkretisierenden Verfügung der Antrags- gegnerin bedürfen.

Dann aber ist das gewählte Rechtsschutzziel nicht im Wege eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern nur über § 123 VwGO durch die einstweilige Sicherung eines Verwaltungsaktes mit anderem Regelungsgehalt (zeitgleiche Einführung zu einem genau bestimmten Zeitpunkt) zu erreichen. Ein solcher Verwaltungsakt war noch nicht Gegenstand eines zuvor durchlaufenen Verwaltungsverfahrens. Er müsste von der Antragstellerin oder einem anderen Verfahrensbeteiligten zuvor zur Genehmigung gestellt werden. Da dies nicht der Fall zu sein scheint, kommt die von der Antragstellerin angeregte Umdeutung des einstweiligen Rechtsschutzantrages (Schriftsatz vom 10. April 2003, dort Seite 4) aus prozessualen Gründen nicht in Betracht.

c) Ließe man gleichwohl eine Umdeutung in einen Antrag nach § 123 VwGO zu, erscheinen dessen prozessuale Hürden für die Antragstellerin nicht überwindbar.

Begehrt würde eine Anordnung der Antragsgegnerin nach § 43 Abs. 6 Satz 5 TKG gegenüber der Beigeladenen und damit einer Dritten, die zudem in das pflichtgemäße Ermessen der Antragsgegnerin gestellt ist (jedenfalls dann, wenn vom Wortlaut des § 43 Abs. 6 Satz 5 TKG ausgegangen wird und man nicht den Zweifeln der Antragsgegnerin (Schriftsatz vom 3. April 2003, Seite 10) und der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen (Schriftsatz vom 07.04.2003, dort Seite 13 unter b) aa) folgt, diese Norm eröffne trotz ihres Wortlauts kein Ermessen). Dieser nach § 123 VwGO umzudeutende Antrag käme einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich. Eine solche wäre prozessual allenfalls zulässig, wenn ohne Vorwegnahme der Hauptsache das Rechtsschutzziel der Antragstellerin leer liefe und die Hauptsache in einer Weise spruchreif wäre, dass nur noch die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung gegenüber einem Dritten sich als ermessenfehlerfreie Entscheidung auch zugunsten der Antragstellerin darstellen würde. Die Kammer hat keine Veranlassung zur Annahme, dass in diesem Sinne bereits jetzt Spruchreife vorliegt. Dagegen sprechen gewichtige Argumente materiellen Rechts (dazu unter (2)), die von den Beteiligten schriftsätzlich (Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 3. April 2003 und dem der Beigeladenen vom 10. April 2003 ) ausführlich dargestellt worden und von der Antragstellerin in deren schriftsätzlichen Äußerungen zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls derzeit nicht widerlegt worden sind.

(2) Die Antragstellerin hat nicht darzulegen vermocht, dass die zeitversetzte Umsetzung der Betreiberauswahl im Einzelwahlverfahren und der Betreibervorauswahl nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 43 Abs. 6 Satz 5 TGK gedeckt ist und zu ihren Gunsten nur eine zeitgleiche Einführung der Betreiberauswahl im Einzelwahlverfahren und der Betreibervorauswahl mit § 43 Abs. 6 Satz 5 TKG vereinbar ist. Es spricht vielmehr alles dafür, dass die von der Antragsgegnerin vorgenommene Auslegung der "solange und soweit" Formulierung des Gesetzes (Schriftsatz vom 3. April 2003, Seite 10) auch eine zeitversetzte Einführung gestattet; es handelt sich um technisch voneinander unabhängige Prozesse, deren Realisierung unterschiedlich lange dauern kann.

Derzeit hat die Kammer auch keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass gewichtige technische Gründe vorliegen, wie sie § 43 Abs. 6 Satz 5 TKG zur tatbestandlichen Voraussetzung einer unterschiedlich langen Aussetzung macht. Die sich hierzu verhaltenden Ausführungen der Antragsgegnerin in deren Schriftsatz vom 3. April 2003 (dort Seite 8 ff ) und der Beigeladenen (dort Seite 3 ff) sind von der Antragstellerin nicht überzeugend widerlegt worden. Die von ihr geäußerten Zweifel mögen aus ihrer Sicht berech- tigt sein; bloße Zweifel können das Gericht aber nicht dazu veranlassen, der Antragsgegnerin im Wege einstweiligen Rechtsschutzes andere Modalitäten der Sicherstellung der Betreiberauswahl im Einzelwahlverfahren und der Betreibervorauswahl aufzugeben. Angesichts des eindeutigen Wortlautes des § 43 Abs. 6 Satz 5 TKG, der die Aussetzung der Verpflichtung zur Sicherstellung der Betreiberauswahl im Einzelwahlverfahren und die Betreibervorauswahl auf "technische Gründe" beschränkt, kommt es ohnehin nicht auf die von der Antragstellerin befürchteten Wettbewerbsverzerrungen an, die sich aus einer zeitversetzten Umsetzung ergeben sollen. Dass diese Befürchtungen im übrigen nicht zwingend von allen Wettbewerbern geteilt werden, wird allein schon durch den Umstand belegt, dass mit der U. GmbH ein anderer Mitbewerber die Beiladung zum Verfahren beantragt hat, aber anders als die Antragstellerin&.151;offensichtlich die zeitversetzte Einführung begehrt und darin wohl keine Wettbewerbsverzerrung sieht.

Nicht weiter für erörterungsbedürftig hält das Gericht nach alledem die weitere Frage, ob die Antragstellerin überhaupt zum Kreis der "Nutzer" im Sinne des § 43 Abs. 6 TKG gehört und damit in die Nähe eines subjektiv-öffentlichen Rechts auf Erlass einer Verfügung (gebundenen Rechts oder der Ermessensverwaltung) gegenüber der Antragsgegnerin kommt. Auch hierauf haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene mit gewichtigen Bedenken hingewiesen (Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 3. April 2003, Seite 3 ff; Schriftsatz der Beigeladenen vom 07.04.2003, Seite 6 ff). Gestützt wird diese Sicht auch durch den Gesetzentwurf zur Änderung des § 43 Abs. 6 TKG vom 3. Juni 2002 (BT-Drs. 14/9194), der eingangs unter "B. Lösung" zwischen einem "Anspruch der Telefonkunden auf Betreibervorauswahl und Betreiberwahl" einerseits und den "Unternehmen am Markt" andererseits differenziert. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1, § 20 Abs. 3 GKG. Sie berücksichtigt die von der Antragstellerin hervorgehobene wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für sie sowie die Tatsache, dass die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt wird.






VG Köln:
Beschluss v. 11.04.2003
Az: 11 L 619/03


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