Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. August 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 7/01

(BPatG: Beschluss v. 20.08.2002, Az.: 27 W (pat) 7/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 5. Februar 1999 und 24. Oktober 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Bezeichnung EUROP soll als Wortmarke eingetragen werden für Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Waren aus Leder und Lederimitationen, Trinkflaschen, Schreibetuis und weitere Waren der Klassen 25, 18, 21 und 16 gemäß dem eingereichten Warenverzeichnis.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen und die Zurückweisung im wesentlichen damit begründet, dass "EUROP" als Abkürzung oder zumindest als wesensgleiches Zeichenwort für "Europa, europäisch" vom Verkehr lediglich als Herkunftsangabe für die beanspruchten Waren verstanden werde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die bereits im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geltend gemacht hatte, dass die angemeldete Bezeichnung als Abkürzung in dem von der Markenstelle genannten Sinne nicht verwendet werde. Das in Großbuchstaben ohne Abkürzungspunkt geschriebene "EUROP" sei als Hinweis auf einen europäischen Ursprung von Waren vielmehr völlig ungebräuchlich.

Wegen des weiteren Vorbringens der Anmelderin wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die angemeldete Bezeichnung hat in Bezug auf die beanspruchten Waren die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), auch ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) ist nicht gegeben.

Die Buchstabenfolge "EUROP" ist, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, in der Schreibweise "europ" als Abkürzung für "europäisch" lexikalisch nachweisbar und in vielfältigen Zusammenhängen gebräuchlich. Für die Vermutung indes, "EUROP" werde auch in der angemeldeten Form bei markenmäßiger Alleinstellung von beträchtlichen Teilen des Verkehrs im Sinne von "europäisch" verstanden, bestehen keine Anhaltspunkte. Als Adjektiv bedarf das Wort "europäisch", dessen Abkürzung üblicherweise mit einem Punkt versehen ist (europ.), notwendigerweise einer Ergänzung, die erkennen läßt, worauf sich dieser Begriff bezieht bzw was als "europäisch" bezeichnet wird. Für sich betrachtet ist das Wort "EU-ROP" in Großbuchstaben und ohne hinzugefügten Punkt in adjektivischer Bedeutung weder üblich noch verständlich.

Auch der von der Markenstelle herangezogene weitere Gesichtspunkt der Wesensgleichheit von "EUROP" mit dem deutschen Wort "EUROPA" bzw dem entsprechenden englischen und französischen Ausdruck "EUROPE" vermag den Versagungsgrund des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) nicht zu stützen. Die Abwandlung einer beschreibenden Angabe kann mit dieser nur dann als wesensgleich erachtet werden, wenn der Unterschied so geringfügig ist, daß er vom Verkehr gar nicht bemerkt wird und daher der Eindruck entstehen muß, es handele sich um die beschreibende Angabe selbst. Hiervon ist beispielsweise bei fremdsprachigen Wörtern oder geographischen Bezeichnungen auszugehen, deren genaue Schreibweise beachtlichen Teilen des deutschen Verkehrs möglicherweise nicht bekannt ist (vgl BPatGE 4, 74 - Champs elysee; BPatGE 44, 39, 45 - Lichtenstein). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die auf den Waren in markenmäßiger Alleinstellung angebrachte Kennzeichnung "EU-ROP" wird vom Verkehr ohne weitere Überlegung so aufgefaßt wie sie ihm entgegentritt, ohne daß der Gedanke aufkommt, "EUROP" stehe für "EUROPA" und weise auf die Art oder Herkunft der Waren hin. Dagegen spricht, daß die jedermann bekannte und auch in der englischen bzw französischen Schreibweise geläufige geographische Angabe "EUROPA" oder "EUROPE" durch das Weglassen des Schlußbuchstabens "A" bzw "E" ein eigenständiges Wort ergibt, das an "Europa" zwar anklingt, diesem aber ersichtlich nicht gleichsteht. Der Gedanke, der fehlende Schlußlaut könne als bloßer Druckfehler aufgefaßt werden, mag dann aufkommen können, wenn das Wort "Europa" in einem Textzusammenhang eindeutig als geographischer Begriff verwendet wird, liegt jedoch entgegen der Ansicht der Markenstelle bei der Verwendung von "EUROP" als Warenkennzeichnung fern.

Die angemeldete Marke ist entgegen der Ansicht der Markenstelle aber auch nicht wegen einer klanglichen Wesensgleichheit von "EUROP" mit "EUROPA" oder sogar Identität mit "EUROPE" (engl. und franz.) jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen. Einer Kennzeichnung kann zwar allein wegen ihrer klanglichen Wesensgleichheit oder Identität mit einer allgemein bekannten beschreibenden Angabe die Eignung als betriebliches Unterscheidungsmittel fehlen (vgl Fezer, Markenrecht, 3. Aufl, § 8 Rdn 44). Allerdings ist ein solcher Fall schon nach früherem Recht nur in engen Grenzen angenommen worden, zB bei Wesensgleichheit mit glatten Gattungsbegriffen (vgl BPatGE 17, 108 vileda; 27, 225, 227 - ZEN; GRUR 1987, 236, 237 - Balfast), und kann erst recht bei dem nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG gebotenen großzügigen Maßstab nur ganz ausnahmsweise die Verneinung der Unterscheidungskraft rechtfertigen. Abgesehen davon ist die Voraussetzung einer klanglichen Wesensgleichheit oder Identität von "EUROP" mit der allgemein bekannten Herkunftsangabe "Europa" auch nicht erfüllt, denn diese unterscheidet sich aufgrund des zusätzlichen Schlußlauts sowie auch der Betonung auf der Mittelsilbe deutlich von dem anfangsbetonten "EUROP". Aber auch die von der Markenstelle angenommene englische Aussprache wie "JUROP" oder französisch "ÖROP" ist nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen, weil sie für den inländische Verkehr aufgrund des eigenständigen Wortcharakters von "EUROP" fernliegt.

Unter diesen Voraussetzungen bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses an der angemeldeten Marke, zumal die Angabe "Europa" für sich allein betrachtet ohnehin nicht zu einer ohne weiteres verständlichen Beschreibung der angemeldeten Waren geeignet ist. Im übrigen kann etwaigen Behinderungen des Verkehrs im freien Gebrauch der Herkunftsangabe "Europa" in späteren Verfahrensabschnitten durch Berücksichtigung der Eigenprägung der Bezeichnung "Europ" bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr und durch eine sachgerechte Handhabung des Begriffs des markenmäßigen Gebrauchs begegnet werden (vgl stRspr. BGH GRUR 1984, 815 - Indorektal; 1985, 1053 - ROAL; 1989, 264 - REYNOLDS R1/EREINTZ).

Dr. Schermer Schwarz Dr. van Raden Pü






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Beschluss v. 20.08.2002
Az: 27 W (pat) 7/01


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