Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. April 2010
Aktenzeichen: 35 W (pat) 406/09

(BPatG: Beschluss v. 14.04.2010, Az.: 35 W (pat) 406/09)

Tenor

1.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

2.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I Gegen das am 3. November 2004 angemeldete und am 23. März 2006 eingetragene Gebrauchsmuster 20 2004 017 182 war am 17. Januar 2007 Löschung beantragt worden. Das Deutsche Patentund Markenamt (Gebrauchsmusterabteilung I) hat am 8. Dezember 2008 die Löschung des Gebrauchsmusters 20 2004 017 182 beschlossen.

Gegen den Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts vom 8. Dezember 2008 richtet sich die am 19. Januar 2009 eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin.

Die Beschwerdeführerin (Antragsgegnerin) beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag in vollem Umfang zurückzuweisen, hilfsweise den Löschungsantrag im Umfang des in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2010 Hilfsantrags 2 und 3, nunmehr Hilfsantrag 1 und 2 zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 8. April 2009 (Bl. 16 d. A.).

Dem Beschwerdeverfahren liegen gem. Hauptantrag Schutzansprüche 1 bis 10, gem. Hilfsantrag 1 Schutzansprüche 1 bis 7 und gem. Hilfsantrag 2 Schutzansprüche 1 bis 5 zugrunde.

Der Schutzanspruch 1 gem. Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

1. U-förmiger Steckverbinder (1) aus Kunststoff zum Verbinden von Hohlprofilen, insbesondere von Abstandhalter-Hohlprofilen aus Metall, Kunststoff od. dgl. für Mehrscheiben-Isoliergläser, wobei der Steckverbinder (1) an seinen Seitenstegen

(3) mit nach außen gerichteten, entgegen der Einsteckrichtung nach hinten geneigten Lamellen (6) versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Steckverbinder (1) auf seiner äußeren Bodenfläche (2) als Widerhaken dienende Erhebungen (10,11) aufweist.

Der Wortlaut des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist wie folgt:

1. U-förmiger Steckverbinder (1) aus Kunststoff zum Verbinden von Hohlprofilen, insbesondere von Abstandhalter-Hohlprofilen aus Metall, Kunststoff od. dgl. für Mehrscheiben-Isoliergläser, wobei der Steckverbinder (1) an seinen Seitenstegen

(3) mit nach außen gerichteten, entgegen der Einsteckrichtung nach hinten geneigten Lamellen (6) versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Steckverbinder (1) auf seiner äußeren Bodenfläche (2) als Widerhaken dienende Erhebungen (10,11) aufweist, wobei die Erhebungen(10) als Auflaufschrägen in Aufsteckrichtung der Hohlprofile angeordnet sind und wobei die Erhebungen (10) entgegen der Einsteckrichtung wenigstens annähernd senkrecht zur Bodenfläche (2) hin abfallend ausgebildet sind und dass die als Widerhaken dienenden Erhebungen (10,11) ausschließlich im Bereich der Längskanten (3) der Bodenfläche (2) angeordnet sind.

Der Wortlaut des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist wie folgt:

1. U-förmiger Steckverbinder (1) aus Kunststoff zum Verbinden von Hohlprofilen, insbesondere von Abstandhalter-Hohlprofilen aus Metall, Kunststoff od. dgl. für Mehrscheiben-Isoliergläser, wobei der Steckverbinder (1) an seinen Seitenstegen

(3) mit nach außen gerichteten, entgegen der Einsteckrichtung nach hinten geneigten Lamellen (6) versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Steckverbinder (1) auf seiner äußeren Bodenfläche (2) als Widerhaken dienende Erhebungen (10,11) aufweist, wobei die Erhebungen(10) als Auflaufschrägen in Aufsteckrichtung der Hohlprofile angeordnet sind und wobei die Erhebungen (10) entgegen der Einsteckrichtung wenigstens annähernd senkrecht zur Bodenfläche (2) hin abfallend ausgebildet sind und dass die als Widerhaken dienenden Erhebungen (10,11) ausschließlichim Bereich der Längskanten (3) der Bodenfläche (2) angeordnet sind und dass eine Vielzahl von Erhebungen (10,11) in Längsrichtung hintereinander angeordnet ist.

Im Löschungsund Beschwerdeverfahren wurde folgender Stand der Technik zitiert:

D1: DE 297 22 771 U1 D2: GB2 297349A D3: EP1 076150A2 Wegen des Wortlauts der Unteransprüche nach geltendem Hauptbzw. Hilfsantrag 1 und 2 sowie weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, sie ist jedoch unbegründet.

2.

Für den Sachverhalt hier ist der zuständige Fachmann ein Techniker aus dem Bereich Fensterbau, der insbesondere mit der Entwicklung von Verbindungen für Hohlprofile befasst ist. Ein Kunststofftechniker, den die Beschwerdeführerin als zuständigen Fachmann ansieht, entwickelt nicht derartige Verbinder, sondern ist, wenn der Verbinder aus Kunststoff gefertigt werden soll, mit deren herstellungsgemäßer Verwirklichung befasst.

3.

Hauptantrag 3.1 Zulässigkeit der Ansprüche Der Anspruch 1 gem. Hauptantrag ist zulässig. Gegenteilige Aspekte sind auch von der Beschwerdegegnerin nicht geltend gemacht worden.

3.2 Schutzfähigkeit des Anspruchs 1 nach Hauptantrag Der U-förmige Steckverbinder aus Kunststoff zum Verbinden von Hohlprofilen mit den Merkmalen nach dem Anspruch 1 gem. Hauptantrag ist nicht neu.

Die D1 (DE 297 22 771 U1) zeigt u. a. in den Figuren 1 und 2 einen U-förmigen Steckverbinder 1 zum Verbinden von Hohlprofilen insbesondere von Abstandhalter-Hohlprofilen für Mehrscheiben-Isoliergläser. Der Steckverbinder 1 ist an seinen den Seitenstegen gem. dem Streitgebrauchsmuster entsprechenden Seitenwänden 6 mit nach außen gerichteten, entgegen der Einsteckrichtung nach hinten geneigten und den Lamellen entsprechenden Rückhalteelementen 8 versehen. Auf seinen äußeren Vertiefungen 11, die ein Teil der Bodenfläche sind, weist der Steckverbinder 1 als Widerhaken dienende Federnasen 9, 10 auf, die sich aus der äußeren Bodenfläche 11 erheben und damit den streitgebrauchsmustergemäßen Erhebungen entsprechen. Der durch die D1 bekannte U-förmige Steckverbinder kann gem. Seite 9, Zeilen 22, 23 aus einem beliebig geeigneten Material oder aus Verbundwerkstoff bestehen. Damit liest der Fachmann losgelöst vom Ausführungsbeispiel der D1 auch Kunststoff als geeignetes Material für einen solchen Verbinder ohne weiteres aus der D1 mit.

Der Schutzanspruch 1 gem. Hauptantrag hat somit mangels Neuheit seines Gegenstandes keinen Bestand.

4. Hilfsantrag 1 4.1 Zulässigkeit der Ansprüche Der Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 1 ist zulässig. Er besteht aus den Merkmalen der eingetragenen Ansprüche 1, 6, 7 und 8.

Die Beschwerdegegnerin ist zwar der Ansicht, dass nur "die Anordnung der als Widerhaken dienenden Erhebungen im Bereich der Längskanten der Bodenfläche" offenbart sei und nicht "ausschließlich im Bereich der Längskanten ...", aber sowohl die Figuren 2 und 5 als auch die Beschreibung Abs. [0034] offenbaren, dass nur an der Außenseite der Bodenfläche entlang den Längskanten eine Vielzahl von Erhebungen vorgesehen sind. Damit ist die Anordnung der als Widerhaken dienenden Erhebungen ausschließlich im Bereich der Längskanten der Bodenfläche in den Ursprungsunterlagen ausreichend deutlich offenbart.

4.2 Schutzfähigkeit des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 Der U-förmige Steckverbinder aus Kunststoff zum Verbinden von Hohlprofilen mit den Merkmalen nach dem Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 1 ist neu; er beruht jedoch nicht auf einem erfinderischen Schritt.

Die D3 (EP 1 076 150 A2) zeigt insbesondere in der Fig. 1 einen U-förmigen Steckverbinder aus Kunststoff zum Verbinden von Hohlprofilen, insbesondere von Abstandhalter-Hohlprofilen aus Metall, Kunststoff oder dgl. für Mehrscheiben-Isoliergläser. Der Steckverbinder hat an seinen den Seitenstegen entsprechenden Schenkeln 6 nach außen gerichtete, entgegen der Einsteckrichtung nach hinten geneigte Lamellen, die dort als Ausgleichsfedern 3 bezeichnet sind.

Hiervon unterscheidet sich der U-förmige Steckverbinder nach Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 1 dadurch, dass der Steckverbinder auf seiner äußeren Bodenfläche als Widerhaken dienende Erhebungen aufweist, wobei die Erhebungen als Auflaufschrägen in Aufsteckrichtung der Hohlprofile angeordnet sind und wobei die Erhebungen entgegen der Einsteckrichtung wenigstens annähernd senkrecht zur Bodenfläche hin abfallend ausgebildet sind und dass die als Widerhaken dienenden Erhebungen ausschließlich im Bereich der Längskanten der Bodenfläche angeordnet sind.

Die D2 (GB 2 297 349 A) zeigt u. a. in Fig. 1 und 3 einen weiteren U-förmigen Steckverbinder, der auf seiner äußeren Bodenfläche 10 als Widerhaken dienende Erhebungen 23 aufweist. Die Erhebungen 23 sind als Auflaufschrägen in Aufsteckrichtung der Hohlprofile angeordnet und sind entgegen der Einsteckrichtung wenigstens annähernd senkrecht zur Bodenfläche hin abfallend ausgebildet (vgl. Fig. 1).

Die als Widerhaken dienenden Erhebungen erstrecken sich von der einen Längskanten quer über die Bodenfläche bis zur anderen Längskante.

Wenn der Steckverbinder nach der D3 mit seinen an den Seitenstegen angeordneten Lamellen keine ausreichend sichere Verbindung ergibt, erhält der Fachmann unmittelbar und in naheliegender Weise aus der D2, wie zuvor ausgeführt, Lösungshinweise, die zusammen mit den Merkmalen des U-förmigen Steckverbinders nach der D3 zum Gegenstand nach Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 1 führen.

Denn ganz augenscheinlich erkennt der Fachmann, dass die Kombination der jeweiligen Festlegungsmittel für den U-förmigen Steckverbinder gem. der D3 bzw. D2 eine sichere Verbindung zwischen Hohlprofil und Steckverbinder bewirkt, die noch verbessert werden kann, wenn beide Lösungsvorschläge gemeinsam verwirklicht werden. Dabei müssen die als Widerhaken dienenden Erhebungen auf der Bodenfläche des Steckverbinders selbstverständlich nicht, wie in der D2 gezeigt, durchgehend sein. Denn, wenn im Hohlprofil die zur Verhakung vorgesehenen, regelmäßig angeordneten Unebenheiten in der Hohlprofilwandung aus Steifigkeitsgründen oder aus Gründen der Fertigung nur benachbart zu den Ecken des Hohlprofils vorgesehen sind, reicht es ganz offensichtlich aus, die Erhebungen auf der Bodenfläche des Steckverbinders auch nur dort, also im Bereich der Längskanten der Bodenfläche, vorzusehen.

Der Schutzanspruch 1 gem. Hilfsantrag 1 hat daher keinen Bestand.

5. Hilfsantrag 2 5.1 Zulässigkeit der Ansprüche Der Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 1 ist zulässig. Er besteht aus den Merkmalen der eingetragenen Ansprüche 1, 6, 7, 8 und 9. Im weiteren wird hierzu auf Punkt 4.1 verwiesen.

5.2 Schutzfähigkeit des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 Das Unterscheidungsmerkmal des U-förmigen Steckverbinders nach Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 2 besteht im Vergleich zum U-förmigen Steckverbinder nach Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 1 darin, dass eine Vielzahl von Erhebungen in Längsrichtung hintereinander angeordnet ist.

Diese Maßnahme kann den erfinderischen Schritt für den Gegenstand nach Anspruch 1 gem. Hilfsantrag 2 nicht begründen.

Denn der bekannte U-förmige Steckverbinder nach der D2 (GB 2 297 349) weist ebenfalls ein Vielzahl von in Längsrichtung hintereinander angeordneten Erhebungen auf (vgl. Fig. 1).

Somit ergibt sich unter Berücksichtigung des unter Punkt 4. 2 Ausgeführten der Uförmige Steckverbinder des Anspruchs 1 gem. Hilfsantrag 2 ebenfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik nach der D3 und der D2.

Der Schutzanspruch 1 gem. Hilfsantrag 2 hat daher keinen Bestand.

6.

Die jeweils auf den zugehörigen Anspruch 1 nach Hauptoder Hilfsantrag 1 oder 2 rückbezogenen Unteransprüche sind auch nicht bestandsfähig, da sie Merkmale beinhalten, die sich unmittelbar aus dem Stand der Technik ergeben bzw. im Rahmen des fachmännischen Könnens liegen.

7.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 3, S. 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2S.1 und2 PatG, § 97 Abs. 1ZPO.

Müllner Ganzenmüller Küestprö






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